Danke schön, Herr Professor Waschler. Als nächster Redner steht Kollege Dr. Kränzlein auf der Liste – der ist nicht da.
Damit verfällt der Redebeitrag. Als Nächster hat Herr Professor Piazolo von den FREIEN WÄHLERN das Wort. Bitte schön.
Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Wie heißt es so schön: Willst du für ein Jahr vorausplanen, so baue Kartoffeln an. Willst du für ein Jahrzehnt vorausplanen, so pflanze Bäume. Willst du für ein Jahrhundert vorausplanen, so bilde Menschen. - Wir reden über Bildungspolitik. Ich habe im Zitat des chinesischen Philosophen nur das Wort "Reis" durch das Wort "Kartoffeln" ausgetauscht, damit es näher an Bayern dran ist. Wir FREIE WÄHLER stehen für Bayern als Bildungsland – ganz bewusst und seit vielen Jahren. Wir wollen – damit sind wir beim Haushalt – mehr sicheres Geld. Uns geht es nicht nur um das Geld für ein Jahr oder für zwei Jahre, sondern um Nachhaltigkeit. Wenn Sie gerade den Hochschulhaushalt anschauen, ist sehr viel durch den Hochschulpakt kurzfristig garantiert, aber nicht langfristig. Wir sind dafür, die Grundfinanzierung der Hochschulen anzuheben und die Lehrenden langfristig zu unterstützen. Langfristige Planung ist sicher und wichtig.
Wir wollen, dass bei den Hochschulbauten mehr passiert. Dort ist wenig geleistet worden. Dort bröselt der Mörtel. Dächer sind leck. Wir wissen schon lange, seit der Zeit von Staatsminister Goppel, dass 4 Milliarden Euro fehlen – ein Manko, das wir ständig vor uns hertragen. Im Haushalt ist viel zu wenig eingestellt worden. Wir haben wesentlich mehr gefordert.
Ich sage Ihnen ganz deutlich: Wenn in dieser Haushaltsdebatte sinnvolle Anträge anderer Fraktionen gestellt werden und Sie als CSU geschlossen alle Anträge zur Bildungspolitik ablehnen, ist das ein Armutszeugnis für die Demokratie.
Ich sage Ihnen ganz deutlich: Der Kluge erkennt, dass auch einmal ein anderer recht hat. Wir stimmen – auch ich persönlich – einigen Ihrer Anträge zu, und das sehr sehr häufig. Wir stimmen über 70 % Ihrer Anträge zu. Tun Sie das auch einmal.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir sind für nachhaltige Bildung. Der Bologna-Prozess stopft zu viel in zu kurzer Zeit in die Köpfe hinein. Aber: Die Katze, die einen Kanarienvogel gefressen hat, kann noch lange nicht singen. Insofern macht kurzfristiges Wissen wenig Sinn.
Wir FREIE WÄHLER – das sage ich deutlich – stehen für ein vielfältiges Bayern. Dafür brauchen wir eine hohe Mobilität und Internationalität. Herr Spaenle hat in diesem Zusammenhang gesagt: Dieser Punkt des Bologna-Prozesses ist gescheitert. Wir brauchen mehr Förderung und mehr Aufklärung. Das haben wir gefordert. In den letzten Tagen haben Sie jedoch über ein erschreckendes Beispiel an Zipfelmützigkeit diskutiert. Sie fordern, dass Ausländer auch in der Familie deutsch sprechen sollen. Ich sage Ihnen: Glauben Sie, dass internationale Forscher nach Deutschland und Bayern kommen, wenn Sie hören, dass sie mit ihrer Familie deutsch sprechen sollen? Glauben Sie, dass Sie damit einen Harvard-Professor gewinnen? Glauben Sie, dass Sie damit Facharbeiter aus China gewinnen? Ich sage Ihnen ganz deutlich: Das ist ein deutsch-nationaler Politikansatz, der den bayerischen Hochschulen in ganz entscheidender Art und Weise schadet.
Wir FREIE WÄHLER stehen für ein gerechtes Bayern. Deshalb haben wir damals ein Volksbegehren gegen die Studiengebühren initiiert. Nachdem deutlich wurde, dass die Mehrheit des Volkes hinter uns steht, haben Sie das übernommen. Ich höre jedoch immer wieder – Herr Minister, das gebe ich Ihnen mit auf den Weg –, dass die Kompensationsmittel, die Sie eingestellt haben, nicht reichen. Häufig wird an den Hochschulen die Entschuldigung gebraucht, dass durch die Abschaffung der Studiengebühren kein Geld vorhanden sei. Möglicherweise ist kein Geld vorhanden. Wenn Kompensationsmittel vorhanden sind – das glaube ich –, sollten Sie mit den Hochschulen reden und ihnen deutlich machen, dass man dieses Argument nicht verwenden kann; denn dieses Argument fällt auf uns alle zurück.
Wir FREIE WÄHLER stehen für ein Bayern der Chancengleichheit: Stadt und Land – Hand in Hand. Wir wollen den ländlichen Raum zu einem Raum des Wissens weiterentwickeln. Das darf nicht nur die Stadt sein, es muss auch das Land sein. Dazu haben wir entsprechende Anträge gestellt, die aber abgelehnt worden sind.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir stehen auch für ein demokratisches Bayern. Wir wollen die
Rechte der Studierenden stärken – und das schon seit vielen Jahren. Wir wollen, dass sie ein eigenes Budgetrecht haben. Hierzu haben wir ebenfalls Anträge gestellt, die abgelehnt worden sind. Ich sage Ihnen aber ganz deutlich: Liebe CSU-Kollegen, das ist bei Ihnen noch nicht in den Köpfen angekommen. Wer die Redezeiten der Opposition begrenzt, lässt auch die Studierenden an den Hochschulen nicht mitreden. Das ist der gleiche Geist.
Wir haben unseren Gesetzentwurf zum Rundfunkrat schon vor zwei Wochen eingebracht. Wer hier eine Debatte nicht zulässt, wer dagegenstimmt, obwohl wir gestern noch eine Stunde Zeit gehabt hätten, schafft kein Klima für eine offene Dialogkultur an den Hochschulen. Das ist nicht der Geist, den wir uns vorstellen. Wer Kritik scheut, wird die eigenen Fehler nicht erkennen und an der Arroganz der Macht scheitern.
Bildung ist das höchste Gut, das wir unseren Kindern zu bieten haben. Das hat diesmal nicht ein Philosoph, sondern Cat Stevens gesagt. Aus den Siebziger- und Achtzigerjahren werden Sie ihn unter diesem Namen noch kennen.
Bayerns Zukunftshoffnung sind die Menschen, die hier leben, vor allem aber die jungen. In Köpfe zu investieren, heißt Zukunft zu schaffen. Auf Vielfalt zu setzen heißt Hoffnung zu geben. Gerechtigkeit zu schaffen, wie wir es einfordern, heißt Gleichheit zu gewährleisten. Und Demokratie zu wagen, heißt nachhaltig zu denken. Wir FREIE WÄHLER haben konkrete Vorstellungen von einem Bildungsland Bayern. Wir werden diese Vorstellungen der Gerechtigkeit, der Vielfalt und der Investitionen in Bildung mit aller Entschiedenheit in den nächsten vier Jahren verfolgen und uns dann entschieden dem Wahlkampf stellen und dafür kämpfen.
Danke sehr, Kollege Piazolo. Als nächste Rednerin hat sich Frau Kollegin Osgyan vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gemeldet. – Bitte schön.
Sehr verehrter Präsident, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Erst einmal vielen Dank an meinen Kollegen Thomas Gehring, der schon erklärt hat, dass die Bildung in Bayern unterfinanziert ist. Das gilt leider auch für die Hochschulen.
Danke schön auch an meinen Kollegen Piazolo, der darauf hingewiesen hat, dass das sprachliche Doppelspiel um die Redezeiten auch etwas mit Demokratie an Hochschulen zu tun hat. Dem kann ich mich nur anschließen.
Aber zurück zum Haushalt und zu den positiven Aspekten. Bayern kann zu Recht auf eine vielfältige Hochschullandschaft stolz sein. Unsere Universitäten und Hochschulen für angewandte Wissenschaften erfreuen sich wachsender Beliebtheit. Seit dem letzten Doppelhaushalt haben wir einen großen Schritt zu mehr Bildungsgerechtigkeit gemacht, nämlich mit der Abschaffung der Studienbeiträge, aber dazu – das ist schon gesagt worden – hat es erst einmal ein Volksbegehren gebraucht.
Jetzt haben wir wieder durch die Übernahme der BAföG-Zahlungen durch den Bund die Chance, pro Jahr zusätzlich 155 Millionen Euro komplett in die Bildung und in die Hochschulen zu investieren. Das ist auch bitter nötig; denn trotz aller Exzellenzinitiativen sind wir von exzellenten Studienbedingungen und exzellenter Lehre in der ganzen Breite immer noch meilenweit entfernt. Es besteht allerorten Nachholbedarf. Ich rede nicht nur von herabbröckelnden Decken; ich weiß, wovon ich spreche. Ich komme aus der Erlanger Gegend.
Marode Bauten und Baustellen gibt es auch in vielen anderen Regionen. Überfüllte Hörsäle und fehlende Seminarplätze sind leider immer noch die Regel.
Was tut die Staatsregierung? - Die frei werdenden BAföG-Mittel werden an den verschiedensten Stellen zweckentfremdet für Projekte, die mit der Verbesserung der Kernaufgabe unseres Hochschulsystems wenig bis nichts zu tun haben. Ich nenne als Beispiel den Bauunterhalt. Er ist zwar sehr wichtig, aber er ist Aufgabe des Innenministeriums. Da ist das Geld, das jetzt frei wird, wirklich ein Tropfen auf den heißen Stein. Ich nenne das Zentrum für Digitalisierung, für das noch gar kein Konzept erarbeitet ist. Ich nenne die Nordbayern-Initiative. Sie selbst nennen sie ganz offen wissenschaftsgestützte Strukturpolitik. Das mag alles nicht schlecht sein, aber dann müssen die Mittel dafür auch transparent aus dem jeweiligen Etat aufgebracht werden.
Ich habe den Verdacht, dass die BAföG-Mittel einfach zum Stopfen von Löchern missbraucht werden, damit Sie sich andernorts für die Wohltaten auf die Schul
tern klopfen können. Wahnsinnig geärgert hat mich dabei, wie wir Abgeordnete selbst auf Nachfragen mit Informationen kurzgehalten werden. Ich habe eine Anfrage gestellt, auf die ganz lapidar geantwortet wurde, man könne nicht genau auflisten, wo die BAföG-Mittel im Einzelnen hinfließen, das seien 500 Haushaltstitel. Liebe Staatsregierung, dieser Aufwand muss doch möglich sein. Ich erinnere Sie gerne daran: Wir, das Parlament, haben die Haushaltshoheit. So wie es ausschaut, schürt das bei mir kein Vertrauen, Herr Spaenle, dass die BAföG-Mittel wirklich komplett in die schulische Bildung und die Grundausstattung der Hochschulen fließen werden.
Deshalb fordern wir Sie auf, dass die 280 Millionen Euro frei werdenden BAföG-Mittel für die Hochschulen wie folgt eingesetzt werden: für eine Aufstockung der Grundfinanzierung – wie wichtig das ist, haben wir vorhin schon gehört – um 90 Millionen Euro im Jahr 2015 und 120 Millionen Euro im Jahr 2016 sowie für eine Erhöhung der Ausgaben nach dem Programm zur Aufnahme zusätzlicher Studienanfänger um 70 Millionen Euro. Dafür, dass das nötig ist, habe ich ein paar sehr belastbare Zahlen: Zwischen 2000 und 2011 ist die Drittmittelquote an bayerischen Hochschulen von 18,1 % auf 32,9 % gestiegen. Neuere Zahlen haben wir leider nicht. An manchen Hochschulen liegt sie nahe bei 50 %. Es ist relativ klar: Eine so hohe Abhängigkeit von Drittmitteln gefährdet nicht nur die Freiheit der Wissenschaft, sondern fördert prekäre Arbeitsbedingungen an bayerischen Hochschulen. 70,4 % des wissenschaftlichen Personals sind nur noch befristet beschäftigt. Das bringt unseren akademischen Nachwuchs so unter Druck, dass eine wissenschaftliche Karriere zunehmend unattraktiv wird. Von mangelnder Vereinbarkeit von Beruf und Familie mag ich gar nicht reden.
Wir waren vor Kurzem mit einer Delegation unseres Ausschusses in Boston. Wir haben mit deutschen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern geredet. Sie haben unisono gemeint, die schlechten Bedingungen gerade für den akademischen Mittelbau hätten maßgeblich mit dazu beigetragen, dass sie ihr Glück in Amerika gesucht hätten. Da müssen wir dringend gegensteuern. Deshalb ist eine Aufstockung der Grundfinanzierung mehr als notwendig. Baden-Württemberg hat das getan. Da können wir von unseren Nachbarn etwas lernen.
Der nächste Schwachpunkt ist der mangelhafte Studienplatzausbau, der auf längst überholten Prognosen fußt. Der Anteil der Studierenden im Masterstudium
beträgt in Bayern 4,7 %. Damit sind wir in Deutschland absolutes Schlusslicht. Diese Probleme erledigen sich einfach nicht von selbst. Im Gegenteil: Nach einer aktuellen Umfrage planen 61 % der Studierenden, nach dem Bachelor noch den Master zu machen. Das heißt, der Master wird mittelfristig wohl oder übel ein Regelabschluss. Das kann man nicht wegdiskutieren. Man sieht, die Absolventinnen und Absolventen des Bachelorstudiums haben aktuell noch schlechtere Chancen. Deshalb ist völlig klar, dass sie das suchen, was ihnen die beste Zukunft bringt. Was macht Bayern? - Hier wird immer noch von einem Bachelor/ Master-Verhältnis von drei zu eins gesprochen. Da hat sich die Staatsregierung bei der Bildung wieder einmal gründlich verrechnet.
Eine systematische Bedarfserhebung, die es in Baden-Württemberg längst gibt, fehlt hier immer noch. Deshalb sind die in Bayern eingeplanten 30 Millionen für Masterstudienplätze längst nicht genug. Herr Spaenle, Sie haben letzte Woche im Ausschuss berichtet, Bayern sei mit dem Start in den Bologna-Prozess sehr spät dran gewesen. Das sei mit schuld an der niedrigen Masterquote. Das mag so sein, aber das ist doch gerade ein Argument dafür, dass wir jetzt powern, damit wir unseren Studierenden die gleichen Ausgangschancen geben und dadurch eine bessere Mobilität innerhalb Deutschlands und auch international fördern. Geben Sie sich einen Ruck und stocken Sie den Etat auf!
Ich glaube, exzellente Lehre heißt noch mehr. Studieren bedeutet nicht nur, an der Uni zu sein, sondern auch wohnen und sich ernähren zu müssen. Auch Beratungs- und Kinderbetreuungsangebote werden benötigt. Wir brauchen deshalb mehr Mittel für die Studierendenwerke. Auch das haben wir letztens in einer Anhörung gehört: Gerade diese flankierenden Angebote sind für den Studienerfolg maßgeblich. Auch da hinken wir dem angelsächsischen Raum noch Jahre hinterher. Dort ist es ganz selbstverständlich, dass die Studierenden auf dem Campus leben und lernen.
Exzellente Lehre heißt letztlich auch, bessere Lernbedingungen für Studierende mit Behinderung zu schaffen. Wir müssen die UN-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderung endlich umsetzen. Dazu brauchen wir zusätzliches Personal. Wir brauchen Mittel für Beratung und behindertengerechte Neu-, Um- und Erweiterungsbauten.
Ein Letztes noch; denn das kann ich nicht so stehen lassen. Es gibt eine weitere unerledigte Hausaufgabe, die mittlerweile ein unrühmlicher Dauerbrenner ist. Das ist die schlechte Situation der Lehrbeauftragten an den bayerischen Musikhochschulen. Wir hatten 2012 einen Bericht gefordert und auch bekommen, der gezeigt hat, dass an einzelnen Musikhochschulen in Bayern mehr als die Hälfte des Lehrangebots durch Lehrbeauftragte abgedeckt wird. Das heißt, sie ergänzen das Unterrichtsangebot nicht, sondern sie halten ganz einfach das Regelangebot am Laufen. Dennoch haben sie keinen Anspruch auf Lohnfortzahlung im Krankheitsfall oder auf Mutterschutz. Sie müssen über ihre Stunden jedes Semester neu verhandeln. Sie haben keinerlei Planungssicherheit, auch wenn sie schon viele Jahre an derselben Hochschule arbeiten. So verfestigen sich prekäre Arbeitsbedingungen von Jahr zu Jahr mehr.
Im vorliegenden Entwurf des Doppelhaushalts fehlen erneut die Mittel, die damals vom Ministerium als Minimallösung vorgeschlagen wurden. Die vorgesehene Erhöhung der Vergütungssätze reicht einfach nicht aus. Wir brauchen jetzt feste Stellen. Bitte unterstützen Sie uns dabei! Vielen Dank.
Danke schön, Frau Kollegin Osgyan. Für die CSU-Fraktion hat sich Herr Kollege Freller gemeldet. Bitte schön.