Protokoll der Sitzung vom 29.01.2015

Ich könnte die Aufzählung dieser Mängelliste noch eine ganze Weile fortsetzen. Mich erreichen täglich Berichte aus der Praxis, und ich übertreibe nicht, wenn ich sage, zu 100 % kritische. Wir brauchen daher eine schnelle Korrektur der Mindestlohnregelungen wie auch des Vollzugs. Schon nächsten Dienstag werden wir im Kabinett unsere gesammelten

Forderungen und die zur Durchsetzung notwendigen Schritte beschließen. Wir wollen der überzogenen Bürokratie zulasten unserer Wirtschaft einen gewaltigen Riegel vorschieben. – Ich danke für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CSU)

Vielen Dank, Frau Staatsministerin. Damit ist die Aktuelle Stunde beendet.

Bevor ich in der Tagesordnung fortfahre, möchte ich bekannt geben, dass wir heute technische Probleme im Haus haben. Es gibt Probleme mit der Übertragung der Sitzung in die Büros. Wir hoffen, dass die Probleme – an der Lösung wird fieberhaft gearbeitet – bis Mittag behoben sind.

Jetzt rufe ich Tagesordungspunkt 2 a auf:

Erste Lesungen zu Gesetzentwürfen, die ohne Aussprache an die federführenden Ausschüsse überwiesen werden sollen:

In der Tagesordnung sind die zur Überweisung anstehenden Gesetzentwürfe mit den als federführend angesehenen Ausschüssen aufgeführt. Gibt es hinsichtlich der Überweisungsvorschläge noch Änderungswünsche? – Das ist nicht der Fall. Dann kommen wir zur Beschlussfassung über die Überweisungen. Wer mit der Überweisung an die zur Federführung vorgeschlagenen Ausschüsse einverstanden ist, den bitte ich um das Handzeichen. – Gegenstimmen bitte ich anzuzeigen. – Keine. Stimmenthaltungen? – Auch keine. Damit werden die Gesetzentwürfe den entsprechenden Ausschüssen zur federführenden Beratung zugewiesen.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 2 b auf:

Gesetzentwurf der Abgeordneten Hubert Aiwanger, Florian Streibl, Prof. Dr. Michael Piazolo u. a. und Fraktion (FREIE WÄHLER) zur Änderung des Bayerischen Rundfunkgesetzes und des Bayerischen Mediengesetzes (Drs. 17/4584) - Erste Lesung

Der Gesetzentwurf wird vonseiten der Antragsteller begründet. Ich darf auf die Redezeiten nach den neuen Regeln der Geschäftsordnung hinweisen. Die CSU hat acht Minuten Redezeit, die SPD sechs Minuten, die FREIEN WÄHLER haben fünf Minuten, die Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN hat fünf Minuten und die Staatsregierung acht Minuten. Ich darf die Aussprache eröffnen. Als Erster hat Herr Pro

fessor Dr. Piazolo das Wort. – Bitte schön, Herr Kollege.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir reden über Medien. Aufblende: Der Heimatminister ist im ländlichen Raum steckengeblieben. Die dunkle Audi-Limousine ist am Straßenrand abgestellt.

(Jürgen W. Heike (CSU): Ganz schön neidisch!)

Was für ein Bild? Die Klappe auf, aber kein Antrieb.

(Heiterkeit und Beifall bei den FREIEN WÄH- LERN)

Ich meine natürlich das Auto und nicht den Minister. Doch halt: Eine freundliche Frau im roten Auto – leider ein rotes Auto – schleppt ihn ab. Zum Dank textet nun der Gute die arme Frau mit CSU-Wahlwerbung zu. Dahoam is Dahoam!

(Zuruf von der CSU: Die Wahrheit!)

800.000 Zuschauer des Vorabendprogramms auf dem Sofa lauschen dem Ministerpräsidenten in spe – 800.000!

(Jürgen W. Heike (CSU): Toll!)

Product Placement vom Feinsten ist das, und das auch noch ungekennzeichnet. Normalerweise wird im Fernsehen jede Müslischachtel abgeklebt, hier aber wird Wahlwerbung pur gemacht.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Gegenwärtig müssten Sie – ich habe es ausgerechnet – 10.000 Euro zahlen, wenn Sie über die gleiche Zeit Werbung senden würden. Ich möchte die CSU dazu ermuntern, diese 10.000 Euro aus der Parteikasse dem Bayerischen Rundfunk zu überweisen.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Der Rundfunkrat als Aufsichtsgremium – jetzt sind wir beim Thema -, der zu mehr als einem Drittel mit staatsnahen Personen, mehrheitlich von der CSU, besetzt ist, schweigt. – Abblende.

(Jürgen W. Heike (CSU): Dann müsst ihr halt mehr erkämpfen!)

Ist es ein Wunder? Der Intendant des BR ist ein CSUMitglied. Der Präsident der BLM ist ein CSU-Mitglied.

(Jürgen W. Heike (CSU): Ist das eine Schande?)

- Nein, das ist keine Schande, aber das ist auch keine Staatsferne. Beide sind direkt aus Regierungsämtern in diese Positionen gewechselt. Das ist einmalig.

(Widerspruch des Abgeordneten Markus Blume (CSU))

- Nein, zwei Monate lagen dazwischen. Das ist einmalig in der Geschichte Bayerns und einmalig in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland. Der Medienrat und der Rundfunkrat sind in ihren staatsnahen Positionen mehrheitlich von der CSU besetzt. Entsprechend haben sie schwarz gewählt.

Kurze Zeit später – inzwischen ist es ein Jahr her – sagt das Bundesverfassungsgericht im ZDF-Urteil deutlich, der staatliche Einfluss in den Aufsichtsgremien der öffentlich-rechtlichen Anstalten sei zu groß. Der Anteil der Staatsvertreter darf allerhöchstens ein Drittel betragen. Das ist die absolute Obergrenze. Die haben wir sowohl beim Rundfunkrat als auch beim Medienrat überschritten.

Die Reaktion der CSU-Fraktion darauf: seit beinahe einem Jahr keine! Es schleicht sich übrigens immer mehr ein, dass höchstgerichtliche Entscheidungen nicht mehr berücksichtigt werden. Man wartet einfach ab und denkt sich, das Gericht kann nichts machen. So kann es nicht sein. Auf solche Urteile muss schnell reagiert werden. Es gab übrigens – die Kollegin Gote hat dies angestoßen – einen Antrag auf Einsetzung einer Kommission. Das liegt beinahe ein Jahr zurück. Die CSU hat dem nicht zugestimmt. Deshalb handeln wir jetzt. Nur deshalb handeln wir jetzt alleine, weil Sie nicht reagiert haben.

Damit haben wir schon einen ersten Erfolg erzielt. Jetzt besteht zumindest die Bereitschaft, eine Anhörung zu machen. Das begrüße ich. Das finde ich richtig. Wir handeln, und schon kommt Bewegung in die Sache. Insofern ist unser Gesetzentwurf sicherlich der richtige Schritt.

Wie handeln wir? - Das möchte ich jetzt vorstellen. Was ist Ziel dieses Gesetzentwurfs? – Die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts werden berücksichtigt. Das ist der Einstieg. Der Einfluss der Politik soll gesenkt werden. Das Gebot der Staatsferne steht im Gesetzentwurf. Ich komme gleich auf die Einzelheiten zu sprechen. Vielfalt soll gesichert werden. Das heißt, moderne Entwicklungen sollen berücksichtigt werden. Der Frauenanteil soll erhöht werden. Die Dynamik der Zusammensetzung soll erhöht werden. Das sind fünf Ziele, die in unserem Gesetzentwurf enthalten sind.

Was heißt das im Einzelnen? - Der Anteil der Personen im Medienrat, die staatsnahe Positionen haben, soll auf ein Fünftel gesenkt werden. Die Zahl der Ver

treter des Landtags soll von 12 auf 5 gesenkt werden. Hintergrund ist nämlich, dass die Mitglieder, die aus dem Landtag entsandt werden, als einzige nach der Größe der Gruppierung entsandt werden. Alle anderen entsenden ein Mitglied pro Gruppierung; denn die Idee des Rundfunkrates und des Medienrates ist es, unterschiedliche Interessen nicht nach der Stärke der Gruppierung abzubilden, sondern jede Gruppierung stellt ein Mitglied. Alle relevanten Gruppen sollen vertreten sein. Relevanz statt Masse! Das ist, glaube ich, sowieso ein gutes Prinzip, das wir hier stärker einführen sollten: Relevanz statt Masse!

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Zusätzlich sollen Gruppierungen, die in Bayern wichtige Funktionen ausüben, in den Gremien vertreten sein: Wohlfahrtsverbände, Verbraucherschützer, Behindertenverbände, Religionsgemeinschaften, die noch nicht vertreten sind, wollen wir in diesem Gremium vertreten sehen. Ich hoffe, dass wir mit Ihnen darüber auch diskutieren können.

Ich sage es ganz offen: Ich habe Verständnis dafür und kann es auch nachvollziehen, dass die CSU diesem Gesetzentwurf nicht zustimmt. Mit diesem Gesetzentwurf würde sie an Einfluss verlieren. Wenn man statt sieben Mitgliedern plötzlich nur eines oder zwei entsenden darf, ist man sicherlich nicht begeistert. Sie sollten aber über das Grundprinzip nachdenken. Das Grundprinzip heißt, dass jede Gruppe, die im Rundfunkrat oder im Medienrat vertreten ist, nur einen Vertreter entsendet, um ihre spezifischen Interessen zu vertreten. Das ist das Grundprinzip. Das hat nichts damit zu tun, wie stark eine Fraktion aufgrund der Wählerstimmen im Landtag ist. Das ist das Grundprinzip. Dem sollten wir auch folgen.

Für mich ist ganz entscheidend, dass wir das Verfassungsgericht ernst nehmen und sein Urteil schnell berücksichtigen sollten. Die Beispiele von vorher haben auch gezeigt, dass der Rundfunkrat und der Medienrat Kontrollfunktionen haben und die Gesellschaft widerspiegeln müssen. Diese Prinzipien sind in unserem Gesetzentwurf berücksichtigt. Bei der Zusammensetzung ist es geboten, Regeln einzuführen, um den Frauenanteil zu erhöhen. Dies sollten wir auf alle Fälle tun. Wir brauchen auch eine Dynamik, damit wir einen Wechsel bekommen. All das ist in unserem Gesetzesvorhaben angelegt.

Ich freue mich auf die Diskussion und gebe hiermit der Frau Präsidentin, die dankenswerterweise zwei Kollegen bei der vorherigen Diskussion hat länger reden lassen, diese zwei geschenkten Minuten wieder zurück.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN und den GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Kollege. – Für die CSU-Fraktion darf ich Herrn Kollegen Blume das Wort erteilen. – Bitte schön, Herr Kollege.

Frau Präsidentin, Hohes Haus! Lieber Herr Kollege Dr. Piazolo, ich habe mir nicht vorstellen können, dass Ihnen der Auftritt des Finanzministers bei "Dahoam is Dahoam" so nahegeht. Mich hat das an ein altes Busch-Zitat erinnert. Er hat einmal gesagt: "Der Neid ist die aufrichtigste Form der Anerkennung."

(Beifall bei der CSU)

Insofern werte ich das für Markus Söder sehr positiv.

(Dr. Paul Wengert (SPD): Ist der Ruf erst ruiniert, lebt es sich ganz ungeniert!)

Ich habe gedacht, Sie würden mit Ihrem Gesetzentwurf ein ernsthaftes Anliegen verfolgen. Tatsächlich geht es Ihnen aber nur um Ihre parteipolitische Propaganda und um den Versuch, Dinge in eine Ecke zu drängen, in der sie noch nie gestanden haben. Richtig ist: Das Verfassungsgericht hat im Normenkontrollverfahren geurteilt, dass wesentliche Bestimmungen des ZDF-Staatsvertrags verfassungswidrig sind. Das betrifft das Gebot der Staatsferne, die Vielfalt und die Transparenz. Richtig ist auch, dass sich daraus für uns ein mittelbarer Handlungsbedarf ableitet. Das steht völlig außer Frage. Herr Kollege Dr. Piazolo, besteht schneller Änderungsbedarf? – Ich glaube nicht.

(Markus Rinderspacher (SPD): Doch, bis zum Juni 2015!)

Handlungsbedarf besteht dann, wenn die neue Zusammensetzung der Gremien ansteht. Vorher besteht kein Handlungsbedarf. Wir haben also ausreichend Zeit. Besteht ein großer Änderungsbedarf, wie Sie das versucht haben nahezulegen? – Ich meine: Nein. In Bayern erfüllen der Rundfunkrat und der Medienrat bereits heute wesentliche Vorgaben des Verfassungsgerichts. Das haben Sie nicht gesagt. So darf der Anteil von Vertretern der Staatsregierung und des Parlaments ein Drittel nicht überschreiten.