Protokoll der Sitzung vom 03.02.2015

nicht nur auf die Energieerzeugung, sondern auch auf den Verkehr zurückzuführen. Hier beklagt die SPD, dass Bayern im Bundesländerindex Mobilität 2013 schlecht abgeschnitten habe, und fordert nun die Staatsregierung auf, ein Konzept zur Reduzierung der CO2-Emissionen im Verkehr vorzulegen.

Dazu zwei Anmerkungen: Erstens. Das bayerische Abschneiden beim Mobilitätsindex beruht auf einer verzerrten Darstellung. Dieser Index ist ein Länderranking des Interessenverbandes "Allianz pro Schiene". Das schlechte Abschneiden, das hier moniert wird, ist nicht auf fehlendes Engagement des Freistaates zurückzuführen, sondern darauf, dass wir an dem Ranking gar nicht teilgenommen haben. Ebenfalls nicht teilgenommen haben Brandenburg, Hamburg und Niedersachsen, mit Bayern also insgesamt ein Viertel der deutschen Bundesländer. Das ist nicht aussagekräftig. Das ist genauso, wie wenn in der Formel 1 Sebastian Vettel gar nicht mitfahren würde, keine Punkte bekäme und in der Fahrerwertung auf dem letzten Platz landet. Was sagt das über die Fahrkünste des Weltmeisters aus? – Nichts!

Auch dem Hinweis auf eine Statistiklücke muss widersprochen werden. Es gibt nämlich zwei unterschiedliche Erhebungsmodalitäten, das sind die Verursacherbilanz und die Quellenbilanz. Die Bayerische Staatsregierung hat sich ganz bewusst für die Quellenbilanz entschieden. Diese weist auf der Basis des bayerischen Energieverbrauchs die realen CO2-Emissionen in Bayern aus. Wenn wir wie die EU die Quellenbilanz als Grundlage haben, woanders aber die Verursacherbilanz verwendet wird, dann haben wir zwei unterschiedliche Projekte, die wir nicht miteinander vergleichen können. Zu meinem zweiten Punkt. Es gibt bereits ein Konzept für die Reduzierung der CO2-Emissionen im Verkehr. Dessen Ziel, mit dem Zeithorizont 2020, ist es, die Energieeffizienz im Verkehr nachhaltig zu steigern, sodass der Ausstoß von Klimagas reduziert und gleichzeitig die Mobilität im Personen- und Güterverkehr gewährleistet wird. Dies geschieht bereits. Deshalb können wir, auch wenn der Ansatz positiv ist, den beiden Anträgen nicht zustimmen.

(Beifall bei der CSU)

Frau Kollegin, bleiben Sie bitte am Rednerpult. Herr Kollege Florian von Brunn möchte eine Zwischenbemerkung machen.

Liebe Frau Kollegin, Sie haben darauf hingewiesen, dass Bayern im Moment noch - ich betone: im Moment noch - eine relativ gute CO2-Bilanz hat. Das ist unter anderem der Tatsache geschuldet, dass seit dem Jahr 1900 die Wasserkraft

in Bayern ausgebaut worden ist. Das ist keine Errungenschaft, die sich die CSU zuschreiben kann. Darauf sollte man im Zusammenhang mit der Aktuellen Stunde doch verweisen. Ein weiterer Grund für die relativ gute CO2-Bilanz ist der Umstand, dass wir einen Atomstromanteil von 46 % haben. Mich würde interessieren, ob Sie eine Einschätzung abgeben können, wo Bayern im Hinblick auf die CO2-Bilanz stehen würde, wenn Sie in Bayern die Atomkraftwerke abschalten.

Ich sage ganz ehrlich: Ich kann diese Frage mit Zahlen nicht beantworten. Da müsste ich nachfragen. Ich meine aber, dass Bayern nicht unabhängig von den CO2-Emissionen ist, die in den Ländern um uns herum entstehen. Diese Emissionen kommen ebenfalls bei uns an. Deshalb müssen die CO2-Emissionen in Gesamtdeutschland gesehen werden, auch die Emissionen in den anderen Bundesländern. Wenn Sie die Zahl, nach der Sie gefragt haben, wirklich haben möchten, besorge ich sie Ihnen gerne.

(Beifall bei der CSU)

Danke schön. – Jetzt kommt Herr Kollege Zierer. Bitte.

Sehr geehrtes Präsidium, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Wenn der Klimaschutz nach der Anwesenheit der Abgeordneten gewichtet würde, dann gute Nacht, Welt! Ich sage deutlich: Nicht nur gute Nacht Bayern, sondern gute Nacht Welt.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN und der SPD)

Der Anteil der energiebedingten Emissionen an den gesamten Treibhausgas-Emissionen der Europäischen Union liegt bei ungefähr 80 %. Der wirksamste Schutz und die wirksamste Maßnahme ist daher die Umstellung auf erneuerbare Energien. Von der bayerischen Energieministerin, die jetzt leider nicht da ist, verlautete zuletzt, dass sie immer skeptischer gegenüber erneuerbaren Energiequellen werde, da deren Beitrag zu einer sicheren Grundversorgung zu gering sei. Was will uns die Ministerin damit sagen? – Doch keine Energiewende? Weiter mit Atomstrom? Diese Fragen muss sie beantworten.

Das Problem sind doch nicht die erneuerbaren Energien, sondern die unflexiblen Energien, zum Beispiel Kernkraftwerke, die auf wechselnde Wetterbedingungen einfach nicht schnell genug reagieren können. Was wir sicherlich nicht brauchen, sind unflexible Grundlastkraftwerke. Wir brauchen jedoch relativ

schnell eine mutige Politik, Entscheidungen und Wegweisungen, wie es weitergehen wird. Wir brauchen kein Drücken vor der Verantwortung und keine Politik nach dem Motto: Schau‘n wir mal, wo wir keinem wehtun. Wir brauchen kein Handeln nach dem Motto: Wir wollen es jedem recht machen. Das geht nicht. Das wird nie funktionieren.

Die Staatsregierung bezeichnet sich selbst gerne als Vorreiter beim Ausbau der erneuerbaren Energien in Deutschland. Bei was denn? – Tatsache ist doch, dass Bayern hier immer mehr den Anschluss verliert. In Schleswig-Holstein liegt der Anteil der erneuerbaren Energien beim Stromverbrauch bereits bei 90 %. In Mecklenburg-Vorpommern liegt er bei 88 %. In Bayern sind es nur 35 %, und das auch nur, wenn die jahrzehntealten Wasserkraftwerke dazugerechnet werden. Wir dürfen nicht vergessen, dass gerade bei Wasserkraftwerken viele Betriebsgenehmigungen bis 2025 auslaufen werden. Was dann? Wenn ich mir die Auflagen der Naturschutzbehörden und der Umweltverbände ansehe, stelle ich fest, dass es noch wesentlich weniger werden.

Der Gipfel der Frechheit ist die 10-H-Regelung. Was damit an den erneuerbaren Energien verbrochen wird, kann ich im Rahmen meiner Redezeit überhaupt nicht beschreiben.

Wie soll es eigentlich nach dem Jahr 2021 weitergehen? Die Ausbauziele bei den erneuerbaren Energien enden alle im Jahre 2021. Zu diesem Zeitpunkt werden wir erst einen Anteil von 50 % beim Strom erreicht haben. Ich erwarte mir von der Staatsregierung eindeutige Aussagen. Sie soll endlich einmal erklären, mit welchen erneuerbaren Energien sie eine 100-prozentige regenerative Stromerzeugung erreichen will. Sie sollten dabei nicht nur das Jahr nennen, sondern auch das Jahrhundert. Dies wäre sehr wichtig.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Einer der wichtigsten Bausteine für den Klimaschutz wäre ein wirksamer Emissionshandel. In der letzten Legislaturperiode wurde in den Landtag ein Antrag eingebracht, mit dem die Staatsregierung aufgefordert wurde, sich endlich dafür einzusetzen, dass das Überangebot an CO2-Zertifikaten verringert wird. Dies hat die CSU-Fraktion leider abgelehnt. Damit können die Betreiber von Kohlekraftwerken weiterhin schmutzige Braunkohle zu Dumpingpreisen einspeisen.

Wir alle wissen: Die Kohle ist Klimakiller Nummer 1. Liebe Kolleginnen und Kollegen von der SPD, deshalb wäre es schön, wenn Sie einmal mit Ihren Parteifreunden in Brandenburg und in Nordrhein-Westfalen über den Klimaschutz sprechen würden; denn diese

setzen sich dort vehement für den Kohleabbau und für die Kohleverstromung ein. Das ist einfach so.

Für den Klimaschutz wäre neben der Stromwende die Wärmewende mindestens genauso wichtig. Rund 35 % der CO2-Emissionen in Bayern entfallen auf den Gebäude-Sektor. Die CSU ist seit neun Jahren im Bund an der Regierung, und noch immer gibt es kein Programm zur Förderung der steuerlichen Absetzbarkeit von energetischen Gebäudesanierungen. Das ist bedauerlich und schade. Ein Antrag dazu wurde auch abgelehnt. Wir FREIEN WÄHLER fordern seit Langem ein Förderprogramm für die energetische Sanierung kommunaler Gebäude. Bei den Haushaltsberatungen wurde dieser Antrag leider abgelehnt.

Nun komme ich zu den Anträgen der SPD. Sie fordern ein Konzept. Das ist absolut richtig. Sie fordern ein Monitoring. Das ist auch richtig. Nur, mit einem Konzept und einem Monitoring allein werden wir nichts einsparen. Sie müssen auf Ihre Bundespartei einwirken, dass in Bonn die richtigen Beschlüsse dazu gefasst werden.

(Florian von Brunn (SPD): In Berlin!)

- In Berlin, Entschuldigung. – Entscheidend ist natürlich die Umsetzung von konkreten Maßnahmen. Hier gibt es enorm viel zu tun. Dies sollten wir alle, die wir hier sitzen, tun.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Jetzt erteile ich Herrn Kollegen Martin Stümpfig das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte zu Beginn auf meine Vorrednerin, Frau Schorer-Dremel, eingehen, da sich für mich noch einige Fragen stellen. Sie sagen, es wäre wichtig, dass die Ziele auf der Landesebene festgelegt würden. Das ist aber äußerst problematisch und nicht umsetzbar; denn völkerrechtlich ist die Bundesregierung für den Klimaschutz verantwortlich. Damit sind wir wieder bei der Bundesregierung. In der Aktuellen Stunde waren wir auch schon so weit. Ich kann es nicht mehr hören.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Auch beim Klimaschutz schieben wir die Verantwortung an den Bund weiter. Sie sagen: Wir haben in Bayern keine vergleichbare Bilanz, deshalb kämen wir in Bayern schlechter weg; unsere Bevölkerung nimmt nichts ab, und wir haben eine Industrie, die sehr viel verbraucht; mit einer vergleichbaren Bilanz könnten wir uns jedoch darstellen und uns gut mit anderen

Ländern vergleichen. Dann könnten wir endlich einmal zu einer gewissen Ehrlichkeit kommen.

Momentan sind wir das einzige Bundesland, das immer noch mit der Quellenbilanz arbeitet, also nach dem Verursacherprinzip bilanziert, und nicht parallel auch nach dem Verbraucherprinzip. Es wäre ehrlich, wenn wir endlich einmal sagen würden, was wir verbrauchen. Das müssten wir bilanzieren.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Es ist schwer, jemandem beizubringen, dass den Strom, der durch die Verstromung der Braunkohle in Brandenburg gewonnen und zu uns geliefert wird, das Land Brandenburg bilanzieren soll. Erklären Sie mir einmal, wo hier die Gerechtigkeit bleibt.

Das Beste war, als Sie auf die Nachfrage der SPD eingegangen sind. Wenn mehr Erdgas verstromt wird, wollen Sie es doch wieder deutschlandweit bilanzieren, dann möchten Sie wieder umschalten auf das Verbraucherprinzip. Sie picken sich die Rosinen heraus und haben nicht den Mut, einmal zu sagen: Das ist unsere Bilanz; da stehen wir; wo geht’s weiter?

(Beifall bei den GRÜNEN)

In der Aktuellen Stunde hatten wir bereits eine Diskussion zum Thema Gaskraftwerke/Klimaschutz; hier noch einmal unsere klare Botschaft: Klimaschutz und ein massiver Einsatz von Gaskraftwerken gehen nicht zusammen. So werden wir die Klimaschutzziele nicht erreichen, die besagen, dass wir als Industrieland im Jahr 2050 95 % weniger Kohlendioxid emittieren sollen. Das heißt: Wir müssen in allen Bereichen konsequent sparen. Im Strombereich ist es am allereinfachsten; bei Wärme und Mobilität werden wir noch sehr große Herausforderungen haben. Deswegen sage ich: Wir scheitern schon an den "low hanging fruits". Ich hoffe, dass Sie nicht mehr an der Regierung sind, wenn’s ans Eingemachte geht.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Mit der Ablehnung aller fünf Anträge der SPD, die heute vorgestellt wurden und die ich wirklich sehr begrüße, leisten Sie einen Offenbarungseid; denn diese fünf Anträge wären wirklich konkret umgesetzter Klimaschutz; es geht um eine ehrliche Bestandsaufnahme, eine regelmäßige Erfassung, um Monitoring, um Vergleichbarkeit. Ich habe gerade dargestellt, dass wir uns als einziges Bundesland noch dagegen sträuben. Die Anträge kann man eigentlich nicht guten Gewissens ablehnen; mit Ihrer Ablehnung ist für mich der Offenbarungseid geleistet: Sie wollen keinen Klimaschutz; Sie wollen so wie bisher weitermachen. Herr Huber hat eben schon gesagt: Bayern ist spitze,

Bayern ist toll, die CSU hat Bayern erfunden – ja super. Alles andere interessiert uns nicht.

(Florian von Brunn (SPD): Das ist doch total unglaubwürdig!)

- Genau. – Im Antrag II der SPD wird ein integriertes Energie- und Klimaschutzkonzept gefordert. Ich würde sehr begrüßen, wenn das auch partizipativ gemacht würde, also gemeinsam mit den Bürgern erarbeitet würde. Zudem wäre eine Zielvorgabe gut, beispielsweise könnte man sagen: Bis zum Jahr 2017 soll das Ziel erreicht werden. Ganz wichtig wären auch Teilschritte; man sollte nicht immer nur bis 2050 schauen. Das geht uns alles relativ locker von den Lippen; denn 2050 sind nur noch wenige von denen da, die heute hier sitzen. Die Reihen sind heute ohnehin nicht besonders dicht besetzt; der Saal ist relativ leer. Dann wird er auf jeden Fall ganz leer sein.

(Harry Scheuenstuhl (SPD): Das wollen wir aber nicht hoffen; dann werden doch wohl neue Abgeordnete da sein!)

Wir brauchen klare Ziele, wohin es gehen soll, und Zwischenetappen. Da begrüße ich das Vorbild von Baden-Württemberg sehr: Dort hat man es geschafft, auch die Bereiche Landwirtschaft/Landnutzung in ein integriertes Klimaschutzkonzept einzubeziehen und klar Stellung zu beziehen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Die Klimaallianz soll fortgeführt und ausgebaut werden, steht hier geschrieben. Wir können dabei durchaus auf vielem aufbauen; es wurde einiges getan. Herr Marcel Huber – er war gerade noch anwesend – ist da durchaus zu loben. Momentan fehlen hier aber komplett die Initiativen. Das Ganze ist eingeschlafen; das bedauern wir sehr. Sie als CSU müssten wirklich das Heft wieder in die Hand nehmen und das Ganze vorantreiben.

Uns ist wichtig: Wir brauchen ehrliche Bilanzen, eine zum Verursacherprinzip und eine zum Verbraucherprinzip. Wir müssen in Bayern wissen, an welchen Stellschrauben zu drehen ist, um Klimaschutz betreiben zu können. Der Verkehrsbereich wurde gerade schon andiskutiert; momentan trägt der Verkehr 50 % zum Endenergieverbrauch bei. Wenn man das runterbricht, ergibt sich damit ungefähr ein Drittel der Kohlendioxidemissionen. Wir haben also im Verkehrsbereich enorm hohe Emissionen, die nicht zurückgehen, wie ein Blick auf die Entwicklung der letzten Jahre zeigt. Da sind wir in Bayern im Vergleich mit anderen Bundesländern wirklich das Schlusslicht; da müssen wir anpacken. Eine Klimabilanz würde uns zeigen, wo die großen Stellschrauben sind, um das Richtige zu

tun und um die Mittel richtig einzusetzen. Die 170 Millionen, die eben von meiner Vorrednerin, Frau Schorer-Dremel, schon erwähnt wurden, finden sich irgendwo im Haushalt; aber in den Bereich Effizienz oder Gebäudedämmung haben Sie nur zehn, fünfzehn Millionen eingestellt. Das sind etwa 0,02 % des bayerischen Haushalts. Das ist ein Witz; so wird Klimaschutz nicht gelingen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Deshalb müssen wir den Klimaschutz auf allen Ebenen anpacken. Wir dürfen nicht immer nur sagen: Der Bund soll machen. Der Bund muss natürlich auch handeln, das ist klar. Aber wir müssen hier in Bayern, in den Landkreisen, in den Kommunen unsere Hausaufgaben erledigen. Der kommunale Klimaschutz muss gestärkt werden; das ist uns ganz wichtig. Da erwarten wir von Ihnen, dass Sie Maßnahmen auflegen, dass Sie die Ergebnisse des Energiedialogs ernst nehmen. Wir haben heute ein paar Mal gehört, wie toll er war – nehmen Sie die Meinungen der Experten also ernst; setzen Sie sie um! Eine Ablehnung aller fünf Anträge der SPD finde ich wirklich bodenlos. Deswegen geht mein klarer Appell an Sie: