Die Energiewende – darin sind wir uns sicherlich einig – ist das größte gesellschaftliche Projekt, das wir in Bayern und in ganz Deutschland seit der Wiedervereinigung zu realisieren haben.
Deswegen kann es kein Konzept in dem Sinne geben, dass jemand vom Start weg sagt, er wisse schon alles, sondern dann muss es von Zeit zu Zeit erlaubt sein, die Ansätze gemeinsam weiterzuentwickeln. Genau dieser Prozess des gemeinsamen Weiterentwickelns hat in den vergangenen drei Monaten intensiv stattgefunden. Ich möchte mich hier nicht hinstellen und nur mit meinen eigenen Worten behaupten, dass er erfolgreich war, sondern finde es fairer, wenn man die Beteiligten zu Wort kommen lässt. Herr Hartmann, Sie waren in der letzten Sitzung nicht anwesend, aber Kollege Stümpfig aus Ihrer Fraktion hat Ihnen sicherlich berichtet, dass unisono zu hören war:
Wenn Sie es nicht glauben, bringe ich an dieser Stelle nur drei Zitate von Menschen, die nicht in dem Verdacht stehen, unser Parteibuch zu haben.
Der BN-Chef Dr. Hubert Weiger hat gesagt: "Es war ein Erfolg. Wir erwarten uns, dass der Energiedialog mit dem heutigen Tag nicht beendet ist, sondern weitergeht." – Welch größeres Zeichen des Zuspruchs kann es überhaupt geben, wenn jemand sagt, dass es das richtige Format war, und sich eine Fortsetzung wünscht.
Oder der IG-Metall-Bezirksleiter Jürgen Wechsler: Die IG Metall Bayern war von Anfang an beteiligt. Jetzt müssen die Schlüsse daraus gezogen und umgesetzt werden.
Meine Damen und Herren, Sie können es drehen und wenden, wie Sie wollen – und Sie können schreien, wie Sie wollen, Frau Bause –, eines können Sie nicht leugnen: Der Energiedialog war ein erfolgreiches Format.
Auch Sie waren nicht dabei. – Der Energiedialog hat selbstverständlich Ergebnisse gebracht. Gestern ist von den Beteiligten – übrigens von Beteiligten, die früher nicht einmal miteinander gesprochen haben, obwohl das bei der Energiewende dringend notwendig ist – frank und frei eingeräumt worden, dass man Positionen auch verändert hat.
Liebe Ministerin Aigner, es ist ein großes Verdienst, dass es gelungen ist, im Rahmen dieses Dialogs eine gemeinsame Faktenbasis zu schaffen, damit wir wissen: Wo stehen wir, und wo müssen wir hin? – Bisher ist hier im Hohen Haus gerade von Ihrer Seite vieles bestritten worden, aber nun steht unzweifelhaft fest: Was passiert in den Jahren 2022 und 2023? Wie groß ist die Kapazitätslücke? Gibt es eine Versorgungslücke? Wenn ja, wie kann man sie schließen? – In Bezug auf diese Fragen, auf die von Ihnen bisher immer mit halbseidenen Argumentationen reagiert wurde, gibt es jetzt eine Faktenbasis, die im Wesentlichen von allen Teilnehmern mitgetragen wird.
In diesem Zusammenhang halte ich es nicht nur für ein gutes Ergebnis, sondern auch für einen großen Erfolg, dass es neue Gesprächsbereitschaft gibt. Ohne zu viel hineinzuinterpretieren, will ich doch darauf hinweisen, dass man hinsichtlich einzelner Energieerzeugungsformen – ich nenne die Wasserkraft – eine neue Gesprächsbasis gefunden hat. Man bemüht sich gemeinsam, Grenzen zu überschreiten, was in den vergangenen Monaten oder Jahren vielleicht nicht möglich war, und zu Lösungen zu kommen. Auch das stimmt mich zuversichtlich.
Es ist auch deutlich geworden, dass es keine einfachen Lösungen gibt. Uns war vorher klar, dass die Mühsal der Maßnahme im Detail liegt. Dass es aber möglich war, mit dem Input aller Beteiligten zu dem wichtigen Bereich der Energieeffizienz einen so umfangreichen Katalog zusammenzustellen, halte ich tatsächlich für etwas Großes. Wenn es gelingt, die Ansätze im Rahmen einer Energieeffizienzoffensive tatsächlich umzusetzen und im Rahmen einer Speicheroffensive auch die Speicherforschung voranzubringen, dann sind das zählbare Ergebnisse.
Meine Damen und Herren, nach dem Energiedialog ist klar – das ist im Grunde das Ergebnis –, wo wir in Bayern bei der Energiewende stehen und welche Rahmenbedingungen bzw. Leitplanken für das weitere Vorgehen es gibt.
Um aber auch das klar zu sagen: All denjenigen, die nun versuchen, das Gesprächsformat des Energiedialogs auf einen Trassendialog zu reduzieren, sei entgegnet: Das war nie Aufgabe des Energiedialogs; zumindest war es nicht das entscheidende Thema. Es geht auch um Versorgungssicherheit.
Nächster Punkt – das kann ich Ihnen nicht ersparen -: Die Schrittfolge des Energiedialogs ist durchaus wichtig. Zu dem Energiedialog in Bayern ein gemeinsames Verständnis herzustellen, war der erste Schritt. Der zweite Schritt muss selbstverständlich dort erfolgen, wo letztlich die Energiewende im Ganzen gesteuert wird: auf Bundesebene.
Man kann heute feststellen: Bayern hat auch insoweit seine Hausaufgaben gemacht. Nun ist tatsächlich der Bund dran.
Ich sage das ohne jegliche Schuldzuweisung. Das ist eine ganz normale Schrittfolge. Ich erinnere mich gut,
wie in der ersten Sitzung der Vertreter des Bundeswirtschaftsministeriums gesagt hat: Das Format passt, die Taktung passt. Selbstverständlich wird das, was im Rahmen dieses Dialogs besprochen wurde, Eingang in die Beratungen in Berlin finden.
Auch in der gestrigen Sitzung hat die Vertreterin des Wirtschaftsministeriums den Dialog begrüßt und zugesagt, dass sämtliche Ergebnisse in die Beratungen auf Bundesebene Eingang finden werden. Wenn daraus jetzt etwas konstruiert wird, dass Bälle irgendwo hingespielt würden, dann bringt uns das bei der Energiewende keinen Millimeter weiter.
Es geht jetzt darum, die Planungen zu den Szenarien zu aktualisieren, den neuen Szenariorahmen als wichtige Datengrundlage festzulegen und dann den Rahmen für Anreizmechanismen zu schaffen, damit sich die notwendigen Ersatzkraftwerke am Markt behaupten können. Dazu gehört die Reservekraftwerksverordnung bzw. deren Weiterentwicklung. Dazu gehört aber mittelfristig auch das neue Strommarktdesign. Zu klären ist zudem das Ausschreibungsdesign für alle erneuerbaren Energien – auch dies ein wichtiges Element auf Bundesebene.
Jenseits der Rahmensetzung muss der regulatorische Rahmen, müssen die konkreten Gesetze angepasst werden. Dazu hat gestern das Bundeswirtschaftsministerium eine ganze Reihe von Punkten genannt, die man nun im Dialog gemeinsam angehen muss: das Bundesbedarfsplangesetz, das Erdkabelgesetz, das Gesetz zum Ausbau von Energieleitungen, das KWKGesetz. Diese Punkte müssen aber eben auf Bundesebene angegangen werden.
Mir ist unklar, wie man angesichts dieser Gesamtkonstellation fordern kann, es müsse jetzt in Bayern etwas entschieden werden. Die Energiewende können wir in Bayern allein nicht realisieren; das wissen Sie doch alle, meine Damen und Herren. Jetzt mit dem Bund ins Gespräch zu treten, ist genau der richtige Schritt.
In Richtung der SPD-Fraktion – Frau Kohnen, Sie werden nachher noch das Wort ergreifen -: Ich finde es lustig, dass Sie Sorge haben, weil nun auch der zuständige Bundeswirtschaftsminister mit dem Thema befasst sein wird; Sie befürchten wohl, er werde zum "bad cop". Ich habe da offensichtlich etwas mehr Vertrauen in den Bundeswirtschaftsminister als Sie. Ich bin mir ganz sicher, dass er ein "good cop" sein wird. Wenn ich mir anschaue, was er in seinem Wahlkreis durchgesetzt hat - die Erdverkabelung für die dortige
Bevölkerung -, dann bin ich zuversichtlich, dass er auch die bayerischen Interessen im Blick haben wird.
Sie, lieber Herr Hartmann, haben gestern eine sehr bemerkenswerte Pressemeldung verschickt, die der Normalbürger wohl gar nicht verstanden hat. Sie haben davon gesprochen, was Fetisch der bayerischen Energiepolitik sei. Ich sage Ihnen einmal, was Ihr Fetisch ist, Herr Hartmann: Ihr Fetisch ist, Bayern und die Energiewende in Bayern ständig schlechtzureden.
Bayern steht bei der Energiewende besser da als alle anderen Bundesländer. Wir haben dies auch gestern wieder bestätigt bekommen.
Herr Hartmann – ich sage das auch in Richtung der Opposition insgesamt -, hören Sie auf herumzuheulen! Hören Sie auf, die Dinge in Bayern schlechtzureden und die Anliegen der bayerischen Bevölkerung madig zu machen! Helfen Sie mit, die Energiewende in Berlin gut voranzubringen!
Danke schön, Herr Kollege. – Als Nächste hat Frau Kollegin Natascha Kohnen von der SPD das Wort. Bitte schön.
Herr Blume, es wundert mich ein bisschen: Sie tun ja gerade so, als ob wir bei dem Energiedialog bei null angefangen hätten. Ich habe Ihnen einmal das bayerische Energiekonzept von 2011 mitgebracht. Daran waren dieselben Teilnehmer wie auch schon beim Energiedialog beteiligt. Sie haben über 80 Seiten ein Konzept entwickelt. Es waren fast alle dabei; nur die Trassenbefürworter und -gegner waren nicht eingeladen. Aber Sie wollen ja wohl nicht behaupten, dass das bereits damals, 2011, nicht konsensual über alle Parteigrenzen, alle Institutionen und Organisationen hinweg erarbeitet wurde.
Wir sollten also nicht so tun, als ob gestern in der finalen Sitzung im Energiedialog alles neu erfunden worden wäre.
Wirklich verblüfft hat mich das, was die Frau Energieministerin gestern in ihrer Presseerklärung konstatierte: "Wir haben heute ein klareres Bild von Bayerns Energiezukunft als zuvor."
Ist das so? – Laut Frau Aigner brauchen wir in Zukunft 2 minus x Trassen. X ist aber eine Unbekannte. Frau Aigner hat auch nicht die Definitionsmenge von x festgelegt. Wir wissen also nicht, ob sie für x von 0 bis 2 geht oder unter Umständen sogar bis 3, was ich der CSU inzwischen fast schon zutrauen würde. Ein minus 1 wäre bei Herrn Seehofer sicherlich auch möglich.
Schauen wir uns doch einmal an, lieber Herr Seehofer, wie das Bild von Bayerns Energiezukunft im bayerischen Energiekonzept von 2011 aussah, ob das unklarer war als heute. Dort steht auf Seite 28 – ich zitiere -:
Die Übertragungsnetze ("Stromautobahnen") müssen ausgebaut werden, um insbesondere große Windstrommengen aus der norddeutschen Küstenregion und Offshore-Anlagen in die süddeutschen Verbrauchszentren zu transportieren.
Na so was! Denn nach der letzten Plenarsitzung kamen Sie relativ erregt zu mir und haben gesagt: Frau Kohnen, die Basis für das letzte Energiekonzept waren nicht Stromtrassen. Das Wort "Stromtrassen" kommt gar nicht vor. - Stimmt, das Wort "Stromtrassen" kommt nicht vor, aber es kommt das Wort "Stromautobahnen" vor, lieber Herr Seehofer.
(Ministerpräsident Horst Seehofer: Nein! Sie haben gesagt, die Stromtrassen sind da drin! Nicht tricksen!)