Protokoll der Sitzung vom 03.03.2015

Ich habe meine Stichpunkte selbst aufgeschrieben; mir hat niemand meine Rede vorformuliert.

(Beifall bei der CSU)

Das ist Punkt 1. – Punkt 2: Sie können versichert sein, dass ich mit Ihnen der Meinung bin, dass die Praxis unglaublich wichtig ist. Aber reden Sie einmal mit den Universitäten, den jungen Didaktik-Professoren. Dann sehen Sie, wie die auftreten, welche Erfahrung sie mitbringen. Sie kommen nicht nur einfach von der Universität und haben keinerlei Erfahrung, was draußen an den Schulen los ist. Hier passiert vielmehr unglaublich viel. Selbst im Studium für das Lehramt

an Gymnasien wird unglaublich viel in diesem Bereich getan.

Zu den Praktika, die Sie angesprochen haben: Wenn ein Lehrer, dem sechs oder sieben Studenten zugeteilt werden, wie Sie sagten, nach vier Wochen noch nicht einmal deren Namen kennt, muss ich bezweifeln, dass er sich mit seiner Aufgabe intensiv auseinandergesetzt hat. - Ich gehe davon aus – das wurde mir auch von verschiedenen Universitäten gesagt -, dass zwischen den Universitäten und den Schulen ganz besondere Beziehungen bestehen.

(Beifall bei der CSU – Eva Gottstein (FREIE WÄHLER): Das können Sie doch alles glatt vergessen!)

- Wenn Sie der Meinung sind, dass das alles nur auf dem Papier steht und dass man das alles vergessen kann, nun gut. Ich habe diesbezüglich mit Vertretern der Universitäten gesprochen.

(Eva Gottstein (FREIE WÄHLER): Reden Sie doch mit den Praktikern aus den Schulen, nicht mit den Leuten aus den Universitäten!)

Die haben mir versichert, dass das sehr, sehr gut funktioniert.

(Eva Gottstein (FREIE WÄHLER): Gar nicht funktioniert das!)

- Wenn Sie hier andere Erfahrungen haben, tut mir das leid. Ich habe hier sehr, sehr positive Erfahrungen mit den Universitäten gemacht.

(Beifall bei der CSU)

Danke schön. Jetzt bitte ich Frau Kollegin Margit Wild zum Rednerpult.

(Beifall der Abgeordneten Isabell Zacharias (SPD))

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Die Lehrerausbildung, die Lehrerbildung und die Eignung für den Lehrberuf sollten sachlich diskutiert werden. Bei diesem Thema sollten wir die Emotionen im Interesse der Sache etwas zurückfahren.

Der Kollege Lederer hat die verschiedenen Möglichkeiten für die angehenden Lehrerinnen und Lehrer dankenswerterweise ausführlich dargestellt. Es ist halt ganz einfach immer die Frage, wann wir mit der Beratung ansetzen. Ich gebe dem Kollegen Lederer recht, wenn er sagt, dass es möglicherweise zu Beginn eines Studiums schwierig ist; denn die jungen Frauen

und Männer, die mehr oder weniger frisch von der Schule kommen, haben ein bestimmtes, begrenztes Berufsbild vor Augen, das sich vor allem aus der eigenen Erfahrung speist, die sie in ihrer Schulzeit gemacht haben. Die kann sehr unterschiedlich sein. So mancher junge Mann, so manche junge Frau sagt möglicherweise: Das ist für mich ein sehr gut geeigneter Beruf. Es kann aber auch sein, dass erst während des Studiums festgestellt wird – bei dem einen oder anderen dauert es einfach länger -, dass das vielleicht doch nicht der richtige Weg ist. Eine studienbegleitende Beratung ist außerordentlich wichtig, weil man dabei gewisse Erfahrungen bespricht, die man etwa im Studium oder bei bestimmten Praktika gemacht hat, in denen man sich in der Lehrsituation gut ausprobieren kann. Ich sage auch als Pädagogin: Ein entscheidendes Moment ist hierbei die Fähigkeit zur Selbstreflexion. Man braucht einfach eine gewisse Erfahrung, um überhaupt reflektieren zu können.

Jetzt komme ich zum Online-Test SeLF, der noch relativ neu ist. Dieses Verfahren setzt meines Erachtens voraus, dass der Betreffende in der Lage ist, sich selber kritisch zu erkennen, wahrzunehmen und zu beurteilen. Wie gehe ich mit einer Klasse um? Bin ich eher ruhig oder eher ein lebhafter Typ? Bin ich eher kommunikativ oder eher zurückhaltend? Wie gehe ich mit Konfliktsituationen um? Bin ich bereit, auch mal Schwächen und Fehler einzugestehen? – Dieser Online-Test SeLF erfordert ein hohes Maß an Selbstreflexion, und ich weiß nicht, ob das immer der wahre Weg ist. Aber da sind wir noch am Anfang.

Auch das Modell, das die Universität Passau hierzu anbietet, wird immer wieder erwähnt. Wir haben letztes Jahr schon darüber gesprochen; dieses Verfahren ist ebenfalls erst relativ jung. Aber Kollege Lederer und auch die anderen Kollegen werden mir zustimmen, wenn ich sage, dass dieses Verfahren sehr interessant ist. Das Assessment-Center bringt den Betreffenden in bestimmte, pädagogisch belastende Situationen, in denen er dann reagieren muss. Hinterher wird der Betreffende darüber beraten, wie er mit der jeweiligen Situation umgegangen ist. Dieses Instrument ist noch ausbaufähig.

In Gesprächen mit den Lehrerbildungszentren über diese Thematik kommt immer wieder zur Sprache – das ist unseres Erachtens ein sehr wichtiger Punkt -, dass derzeit noch kein Verfahren richtig gut evaluiert ist.

Das ist für mich schon wichtig; denn ich möchte die jungen Menschen nicht in Verfahren schicken, nach deren Abschluss sie mit ernüchternden Ergebnissen konfrontiert werden der Art: Sie sind für diesen Beruf

nicht geeignet. – Eine solche Beratung ist, meine ich, eine sehr sensible Sache.

Zu den Kollegen der FREIEN WÄHLER sage ich: Ich finde es wichtig, dass man bestimmte Dinge immer wieder thematisiert. Aber ich halte in diesem Fall gar nichts davon, die Teilnahme an einem eignungsdiagnostischen Verfahren verpflichtend vorzuschreiben. Ich kann mich nicht an in Berufsausbildungen oder Studiengängen verpflichtend vorgeschriebene Verfahren mit beratendem Charakter erinnern, in denen über Eignung oder Nichteignung entschieden wird. Das gibt es nicht.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der Abge- ordneten Ingrid Heckner (CSU))

Ich weiß auch, dass zunächst einmal das Fachwissen genannt wird, wenn ich Ihnen oder uns jetzt hier die Frage stelle, was wir von einem guten Pädagogen erwarten. Er braucht fachliche Kompetenz, er muss gerecht sein, er muss empathisch sein und muss seinen Schülerinnen und Schülern Wertschätzung entgegenbringen. Er muss mit Menschen demokratisch umgehen können, und er muss vor allem auch über diagnostische Verfahrensweisen Bescheid wissen. Er muss meines Erachtens eine sehr ausgereifte Persönlichkeit sein. - Wenn man das wirklich ernst nimmt, muss man sich hinsetzen und überlegen, wie man diesen sehr wichtigen Punkt innerhalb der gesamten Lehrerausbildung behandelt, wie man ihn einbaut, wie man mit ihm umgeht; denn die Eignung für den Beruf ist einfach sehr, sehr wichtig.

Ein Gesamtkonzept kann ich noch nicht erkennen, liebe Kolleginnen und Kollegen. Ich sage ganz einfach: Lasst uns damit doch noch ein bisschen Zeit. – Ich halte nichts davon, etwas über das Knie zu brechen; denn dafür sind diese jungen Menschen wirklich viel zu wertvoll. Man braucht ein gutes Instrument und nicht etwas, woran man unter Zwang teilnimmt. Ich glaube, es gibt bereits gute Ansätze, beispielsweise die Begleitung im Referendariat. Vielen ist es sehr wichtig, dass sie in dieser Zeit gut begleitet, quasi an die Hand genommen werden und Reflexionsmöglichkeiten bekommen. Zwangs- und Eignungsdiagnosen, liebe Kolleginnen und Kollegen, halten wir für etwas verfehlt.

Liebe Kollegin, kommen Sie bitte zum Ende?

Ja, ich bin schon am Ende, sehr geehrte Frau Präsidentin.

Danke schön.

Wie schon gesagt, wir haben im Bildungsausschuss ausführlich diskutiert. Ich kann auch jetzt nur zu dem Fazit kommen: Das Ganze ist gut gemeint, aber noch nicht wirklich geeignet. – Wir werden den Antrag auch heute ablehnen.

(Beifall bei der SPD)

Danke schön. – Jetzt bitte ich Herrn Kollegen Gehring.

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen, lieber Herr Ministerpräsident, lieber Herr Kultusminister! Auf die Lehrerinnen und Lehrer kommt es an; denn die Qualität einer guten Schule hängt tatsächlich davon ab, ob es gute und engagierte Lehrerinnen und Lehrer an dieser Schule gibt. In diesem Zusammenhang wird häufig die Studie von John Hattie zitiert, in der er sagt, es kommt auch auf die Lehrer an. Aber man muss noch genauer hinschauen. Hattie sagt: It matters what the teacher does. - Es kommt also darauf an, was die Lehrerin oder der Lehrer im Unterricht tut, was sie oder er leistet. Das heißt, das hat sehr viel mit diagnostischer Kompetenz zu tun, mit didaktischer Kompetenz. Das ist aber etwas, was man im Laufe eines Studiums erlernen und im Verlauf einer Lehrerbiografie durch Weiterbildung verbessern kann.

Frau Kollegin Wild hat schon darauf hingewiesen, dass Lehrer zu sein auch eine Frage der Persönlichkeit, der Haltung ist. Es ist auch eine Frage der Fähigkeit, zuhören zu können, liebe Kolleginnen und Kollegen von der CSU. Es geht darum, den Schülerinnen und Schülern zuzuhören. Es geht auch darum, offen zu sein gegenüber den unterschiedlichen jungen Menschen. Und schließlich geht es auch um Empathie, die man den jugendlichen Menschen, den Schülerinnen und Schülern entgegenbringt, eine Empathie übrigens, die nicht nur die Schülerinnen und Schüler erfahren müssen, die nett sind, sondern auch die, die schwierig sind, die stören, die vielleicht auch Ärger machen. Ein gutes Lehrerstudium muss deshalb auch die Persönlichkeitsentwicklung des Lehrers bzw. der Lehrerin zum Thema haben und in den Mittelpunkt stellen. Allerdings bringen junge Menschen im Alter von 19 oder 20 Jahren auch schon ein Gutteil Persönlichkeit mit, wenn sie dieses Studium beginnen. Deshalb sind Verfahren zu Beginn des Studiums hinsichtlich der Eignungsfeststellung und der Frage, wie jemand für dieses Studium motiviert ist, sicherlich gut. Das unterstützen wir. Dafür gibt es auch ein paar gute Beispiele an bayerischen Hochschulen und Universitäten.

Wir stimmen diesem Antrag der FREIEN WÄHLER trotzdem nicht zu, weil wir es für einen Schnellschuss

halten, wenn man durch eine Änderung in der Lehrerprüfungsordnung I diese Möglichkeit an den Universitäten verpflichtend einführen will. Wir glauben, hier muss noch viel getan werden. Lieber Herr Kollege Lederer, wir lehnen den Antrag der FREIEN WÄHLER nicht ab, weil wir glauben, dass es in Bayern schon so viel Tolles gibt, sondern wir lehnen diesen Antrag ab, weil wir glauben, es muss bei der Lehrerbildung in Bayern noch viel getan werden.

(Beifall bei den GRÜNEN)

In der Tat gibt es gute Beispiele, darauf haben Sie hingewiesen. Man muss aber genauer hinschauen und prüfen, wie viele Studentinnen und Studenten tatsächlich in den Genuss dieser Angebote kommen. Wie viele gehen tatsächlich in die Lernlabors, die es an den Hochschulen gibt? Wie viele machen denn die Coaching-Programme mit, die es dort gibt? - Das ist nur ein kleiner Teil. Man muss insgesamt sagen, an vielen Hochschulen ist die Lehrerbildung nach wie vor das fünfte Rad am Wagen. Wir müssen deshalb überlegen, liebe Kolleginnen und Kollegen, wie wir die Hochschulen dazu bringen und wie wir sie dabei unterstützen, sich mehr und besser um die Lehrerbildung zu kümmern. Mein Eindruck ist: Manchmal fällt die Lehrerbildung zwischen der Abteilung für Bildung und Kultus einerseits und der Abteilung für Wissenschaft und Kunst andererseits einfach durch. Die eine Abteilung verweist auf die andere, obgleich beide Abteilungen mittlerweile ein Ministerium bilden. Eigentlich wäre also die Chance gegeben, jetzt wirklich einmal ein Konzept zur Lehrerbildung vorzulegen. Wir warten darauf; im Moment sehe ich aber noch nichts. Wir sind gespannt.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Wir müssen überlegen, wie wir die Hochschulen unterstützen können. Ich denke, die Änderung der Lehrerprüfungsordnung ist dafür nicht der richtige Weg. Die Frage ist, ob wir über Zielvereinbarungen die Hochschulen dazu bringen können. Wenn wir nämlich als Land, als Kultusministerium, als Wissenschaftsministerium klar definieren, was wir unter guter Lehrerbildung verstehen, dann müssen wir das von den Hochschulen einfordern.

Schließlich komme ich noch zum Thema Geld. Gute Forschung und gute Lehre brauchen Geld. Wir brauchen mehr staatliche Drittmittel für gute Forschung und Lehre in der Lehrerbildung. Ich könnte mir einen Forschungsetat beim Kultusministerium vorstellen, aus dem konkrete Projekte an den Hochschulen in Auftrag gegeben werden.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Jetzt haben wir eine Chance dafür; denn - und das muss man sagen - der Bund stellt 500 Millionen Euro für die "Qualitätsoffensive Lehrerbildung" zur Verfügung. Damit soll gerade im Bereich der Lehrerbildung geforscht werden. Ich hoffe, dass die bayerischen Universitäten – davon bin ich eigentlich überzeugt – sich mit guten Konzepten bewerben, sodass dann viel Geld nach Bayern kommt. So würden gute Dinge auf den Weg gebracht. Ich bin sicher, dass darunter gute Modelle zur Eignungsdiagnostik und zur weiteren Begleitung sein werden, die dann weiterentwickelt werden können.

Wir werden den Antrag der FREIEN WÄHLER also ablehnen. Wir sind aber dankbar dafür, dass Sie dieses Thema auf die Tagesordnung gebracht haben. Sie können sicher sein, wir, die GRÜNEN-Fraktion, werden das Thema Lehrerbildung noch öfter auf die Tagesordnung des Hauses bringen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Danke schön. – Jetzt bitte ich Herrn Staatsminister Dr. Spaenle zum Rednerpult.

Frau Präsidentin, Hohes Haus! Die Lehrerbildung ist eine der zentralen Aufgaben der Landesuniversitäten. Vor etwa zehn Jahren haben wir die Zentren für Lehrerbildung und Lehrerfortbildung geschaffen, die der Lehrerbildung an den bayerischen Universitäten eine - wenn Sie so wollen - inhaltliche Adresse geben. Weil die Lehrerbildung einen so hohen Querschnittscharakter hat, ist sie eine ganz besondere Herausforderung für die Landesuniversitäten.

In einem ist Herrn Kollegen Gehring recht zu geben: Die Lehrerbildung hat bei der strategischen Planung der Universitäten nicht immer in der ersten Priorität gestanden. Das hat sich aber geändert, und das ändert sich weiterhin. Die Chance, die das Staatsministerium für Bildung und Kultus, Wissenschaft und Kunst in seiner jetzigen Form hat, ist die Zusammenschau. Wir haben die Frage, wie wir jungen Menschen möglichst früh helfen können, den richtigen Weg zu finden, zu einem ganz zentralen Thema gemacht.

Da ist zum einen die Frage, mit welchen Instrumenten man das tut. Die LPO I ist dafür aber schlicht und einfach der falsche Platz. Hinsichtlich der Eignungsfeststellung gibt es einen durchaus interessanten Ansatz an der Universität Passau. Insgesamt gesehen haben wir aber das Problem, dass Eignungsfeststellungen mit zugangshinderndem Charakter letzten Endes rechtlich angreifbar sind, nicht zuletzt durch die Grundrechtsthematik des Artikels 12 des Grundgeset

zes, der auch die Freiheit des Zugangs zum akademischen Studium zum Inhalt hat. Wir sind nun auf dem Weg, die Universitäten und Hochschulen zu ermächtigen, in ihrem Wirkungsbereich - und das gilt dann auch für Lehramtsstudiengänge - eine verpflichtende Eignungsberatung als Voraussetzung zur Immatrikulation zu verlangen. Die jungen Menschen müssten sich dieser besonderen Studienberatung für das Lehramtsstudium stellen, wenn sie diesen Studiengang aufnehmen möchten. In der Studienberatung sollte die Frage erörtert werden, ob ein Bewerber für einen solchen Weg geeignet ist. So würde das Thema frühzeitig angegangen.

Es stellt sich auch die fachliche Frage, ob die Eignungsfeststellungsverfahren so, wie sie bislang in Anwendung sind, Prognosesicherheit bieten. Ohne Zweifel ist die Frage notwendig, ob der Studiengang, ob das Berufsfeld für den Studierenden geeignet ist. Aber bietet eine Prüfung, ob jemand für einen Lehramtsstudiengang geeignet ist, eine sichere Prognose? - Das ist es, was Herr Kollege Lederer auch herausgearbeitet hat.