Vielen Dank. – Ich darf bekannt geben, dass die CSU-Fraktion zum aufgerufenen Tagesordnungspunkt namentliche Abstimmung beantragt hat. – Wir fahren in der Rednerliste fort. Frau Kollegin Gote, bitte schön.
Herr Präsident, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Es ist jetzt ziemlich genau 16 Jahre her, dass ich in meiner ersten Legislaturperiode hier mit der Kollegin Petra Münzel einen Antrag zur Einführung des islamischen Religionsunterrichts gestellt habe. Seit 16 Jahren, Kolleginnen und Kollegen, verweigern Sie den muslimischen Kindern und Jugendlichen ihr verfassungsrechtlich verbrieftes
Seit 16 Jahren tun Sie dies. Sie folgen dabei immer der gleichen Argumentation. Momentan tun Sie dies auch. Sie richten sich klar nach dem Scheuer‘schen Bekenntnis: Wir wollen das Christentum weiterhin privilegieren; die Gleichstellung der Religionen ist uns völlig egal. - Kolleginnen und Kollegen, das kann so aber nicht weitergehen; denn es ist, wie ich schon ausführte, ein verbrieftes Recht in der Bayerischen Verfassung und des Grundgesetzes.
- Herr Freller, während ich rede, kann ich Ihnen gar nicht zuhören. Bitte lassen Sie das doch einfach. Reden Sie, wenn ich fertig bin. Dann können wir uns alle besser verstehen.
Der Religionsunterricht ist ordentliches Lehrfach aller Volksschulen, Berufsschulen, mittleren und höheren Lehranstalten. Er wird erteilt in Übereinstimmung mit den Grundsätzen der betreffenden Religionsgemeinschaft.
Sie haben in den vergangenen 16 Jahren nichts getan, um diesen Verfassungsanspruch umzusetzen. Sie tun hingegen alles, um die muslimischen Kinder und Jugendlichen mit einem Islamunterricht, der ein Religionsunterricht zweiter Klasse ist, abzuspeisen. Sie führen immer wieder neue Argumente ins Feld, warum es angeblich nicht möglich ist, einen ordentlichen Religionsunterricht auch für diese Kinder einzuführen.
Bayern ist mitnichten ein Vorreiter in Sachen Islamunterricht, wie unser Kultusminister so gern behauptet – mitnichten! Andere Bundesländer haben die von Ihnen viel zitierten und aufgebauschten verfassungsrechtlichen Hindernisse längst bewältigt. Sie haben pragmatische Lösungen gefunden, die vom Verfassungsgericht bestätigt wurden. Man kann sehr wohl einen verfassungsgemäßen Religionsunterricht ein
Ich frage Sie jetzt: Was haben Sie und Ihre Staatsregierung in den letzten 16 Jahren getan, um einen Ansprechpartner zu gewinnen? Was haben Sie zur Umsetzung des Verfassungsgrundsatzes getan? Sie stellen sich immer nur hier hin und sagen: Wir warten; es kommt keiner; es kommt keine islamische Religionsgemeinschaft; was sollen wir machen? Andere Länder haben Ihnen vorgemacht, wie es geht. Hessen hat es vorgemacht. Niedersachsen hat es vorgemacht. Nordrhein-Westfalen hat es vorgemacht. Baden-Württemberg wird es tun. Hamburg hat es gemacht.
Sogar Hamburg hat bessere Lösungen als Sie gefunden. Von Beginn an haben wir Behinderungen erlebt. Schließlich hat man den Islamunterricht erfunden. Dann wurde das Problem mit Modellversuchen ausgesessen. Ich sage Ihnen eines: Mittlerweile ist es die islamische Community leid. Das Islamforum Bayern hat in seiner letzten Sitzung ausdrücklich zu diesem Thema getagt und gefordert, einen Weg zu einem ordentlichen Religionsunterricht zu finden.
Übrigens gibt es eine islamische Religionsgemeinschaft Bayern. Haben Sie sich mit denen befasst? Haben Sie überprüft, ob das Ansprechpartner sein könnten? Es liegt ebenfalls ein Antrag von DITIB zur Anerkennung als Religionsgemeinschaft vor. Wie geht man damit um? Das hätten Sie längst machen können. In anderen Bundesländern sind die Aleviten als Religionsgemeinschaft anerkannt. All das ist möglich. Somit kann man einen Religionsunterricht einführen.
Entgegen dem, was Herr Freller immer behauptet, wollen wir GRÜNE eine fundierte religiöse Bildung an den Schulen für alle Kinder. Der Religionsunterricht für Muslime ist nicht in erster Linie ein Integrationsprojekt, er ist ein grundgesetzlich verbrieftes Recht. Es handelt sich um einen Religionsunterricht. Wir wollen religiöse Bildung, aber gleichzeitig religiöses Wissen für Kinder aller Glaubensrichtungen und für Kinder aus Elternhäusern ohne Bekenntnis fördern. Deshalb brauchen wir mehr religionskundliche Bildung. Wir brauchen an den Schulen interreligiöses und interkulturelles Lernen. Außerdem brauchen wir einen vernünftigen Ethikunterricht. In den letzten Jahrzehnten haben Sie auf diesen Feldern kläglich versagt. Bayern ist überhaupt nicht zukunftsfähig. Es wird Zeit, die Ansprüche, die unsere Kinder an eine Werteerziehung, an Ethikunterricht und religiöse Bildung haben, in Bayern umzusetzen.
Dem Antrag der SPD können wir nicht zustimmen, weil er an dem Modellversuch "Islamischer Unterricht" festhält und keinen Religionsunterricht fordert. Der Antrag geht uns schlichtweg nicht weit genug. Deshalb werden wir uns der Stimme enthalten.
Einen Moment, Frau Kollegin. Herr Kollege Lederer hat sich zu einer Zwischenbemerkung gemeldet. Herr Lederer, bitte schön.
Frau Kollegin Gote, Sie haben uns gesagt, wie es in anderen Bundesländern aussieht. Sie haben Nordrhein-Westfalen und Hessen angeführt und gesagt, wie weit die alle schon seien. Sie haben gesagt, Bayern falle weit zurück. Können Sie mir ein Bundesland nennen, in dem mehr Schüler islamischen Unterricht haben als in Bayern? Das würde mich interessieren. Mir liegen die Zahlen von Nordrhein-Westfalen vor: 6.500 Schüler. Mir liegen ebenfalls die Zahlen von Hessen vor: 1.180 Schüler. Ich weiß, dass wir in Bayern über 11.000 Kinder beschulen.
Herr Kollege, ich finde es traurig, dass Sie meinen Ausführungen anscheinend überhaupt nicht folgen konnten.
Es gibt eine ganz einfache Antwort auf Ihre Frage: In allen Bundesländern, die einen islamischen Religionsunterricht eingeführt haben, werden mehr Kinder unterrichtet als in Bayern. In Bayern gibt es schlichtweg keinen islamischen Religionsunterricht. Es gibt nur einen Islamunterricht. Das ist kein islamischer Religionsunterricht. Das haben wir hier gehört.
Kolleginnen und Kollegen, diese Reaktion zeigt, wie Ihr Herz in dieser Angelegenheit wirklich schlägt. Sie äußern sich in dieser Sache unflätig.
Das zeigt ganz klar, dass es Ihnen nicht um die Rechte der muslimischen Kinder und Jugendlichen geht.
Danke schön, Frau Kollegin Gote. – Jetzt wollen wir der Staatsregierung in Person von Staatssekretär Eisenreich Gelegenheit zur Stellungnahme geben.
Herr Präsident, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Frau Kollegin Gote, es war unnötig, diese Schärfe in die Debatte hineinzubringen.
Uns sind insbesondere die Persönlichkeitsentwicklung und die Werteerziehung der Schülerinnen und Schüler ein wichtiges Anliegen. Selbstverständlich gehört die religiöse Bildung dazu. Selbstverständlich sind wir noch nicht am Ziel angelangt. Wir werden den guten Weg, auf dem wir uns befinden, jedoch konsequent weitergehen und die Angebote, die wir in Bayern haben, ausweiten.
Der Modellversuch "Islamischer Unterricht" hat sich in der ersten Phase der Durchführung sehr gut bewährt. Der islamische Unterricht ist modern. Er ist integrativ. Er ist wertbildend.
Entschuldigen Sie, Herr Staatssekretär. Meine Damen und Herren, in diesem Haus herrscht eine große Unruhe. Vielleicht sollte sich die Fraktion des Herrn Staatssekretärs ein bisschen mehr konzentrieren. - Danke schön.