Protokoll der Sitzung vom 22.04.2015

Gefährdet sind die Wiesenbrüter auch durch drei Punkte: Erstens durch unser Freizeitverhalten. Besonders Spaziergänger mit freilaufenden Hunden sind hier ein Problem.

Zweitens durch Verbuschung. Grünland muss offen bleiben und bildet durch die Sicht auch einen besseren Schutz vor Räubern.

Drittens. Auch ein ungünstiger Witterungsverlauf, zum Beispiel Trockenheit während der Brutzeit, übermäßige Niederschläge während der Aufzucht und gegebenenfalls schlechte Witterungsbedingungen im Überwinterungsquartier, scheint einen negativen Einfluss zu haben.

Eine weitere große Gefahr für unsere Wiesenbrüter liegt außerhalb Bayerns, da den meisten Arten in anderen Ländern während der Zugzeit gezielt nachgestellt wird. Regionale Artenhilfsprogramme und -projekte haben aber bereits den Weg aufgezeigt, wie wir hier eine Trendwende erreichen können. In Gebieten, in denen durch engagierte Verbände oder aber über staatlich finanzierte Fachleute eine intensive Betreuung der Landwirte und anderer Akteure sowie eine fachliche Begleitung der Umsetzung von Maßnahmen gewährleistet ist, ist die Bilanz positiv oder sind die

Bestände stabil. Das gelingt durch Maßnahmen wie zum Beispiel Betretungsregelungen – es werden Feldwege während der Brutzeit gesperrt – und Besucherlenkungen besonders in Naturschutzgebieten. Bei der Mahd ist wichtig, dass von innen nach außen gemäht wird, um den Jungvögeln die Chance zu geben, von der Fläche zu flüchten.

Ich meine, hier muss man einen ganz herzlichen Dank an unsere Bauern und an die Staatsregierung für die Bereitstellung der notwendigen Mittel anbringen.

(Beifall bei der CSU)

Wir müssen uns um den Schutz unserer heimischen Wiesenbrüter auch in Zukunft intensiv kümmern. Deshalb ist er auch in unserem Biodiversitätsprogramm Bayern 2030 vorgesehen. Das Bayerische Landesamt für Umwelt hat bereits eine Koordinierungsstelle zur Umsetzung des Artenhilfsprogramms "Wiesenbrüter" geschaffen, um neue Impulse für den Schutz der Wiesenbrüter auf Basis dieser Studie geben zu können. Jetzt muss die Studie schnell fertiggestellt werden.

Dem Antrag kann somit in der umformulierten Fassung des Umweltausschusses zugestimmt werden. Wir freuen uns auf die Berichterstattung des Bayerischen Umweltministeriums im Ausschuss für Umwelt und Verbraucherschutz, und wir bedanken uns ganz herzlich bei den Mitarbeitenden.

(Beifall bei der CSU)

Danke schön. – Für die Fraktion der FREIEN WÄHLER folgt Herr Kollege Zierer. Bitte sehr.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Vor Kurzem hat das Landesamt für Umwelt einen Zwischenbericht der Wiesenbrüterkartierung vorgelegt, die in diesem Jahr noch weitergehen soll. In der Zusammenfassung liest man bei den einzelnen Vogelarten Schlagworte wie: Abwärtstrend hat sich fortgesetzt, der Brutbestand hat sich verringert, Bestand ist reduziert oder bestenfalls: Er hält sich auf niedrigem Niveau. Dies allein zeigt, dass es beim Schutz der Wiesenbrüter noch viel zu tun gibt.

Das Landesamt für Umwelt hat Ende 2013 das Artenhilfsprogramm "Wiesenbrüter" gestartet. Die Kartierung ist ein Teil davon. Wenn es darum geht, konkrete Schritte in die Wege zu leiten, muss die sogenannte Wiesenbrüter-Agenda in dieses Programm mit einfließen. Der Landesbund für Vogelschutz hat diese Agenda Ende 2011 fertiggestellt. Danach ist sie offenbar in irgendeiner Schublade im Ministerium ver

schwunden. Wir müssen schauen, dass wir sie wiederfinden.

Mich würde interessieren, wie dieser Bericht die Ursachen dafür bewertet, dass sich die Bestände nicht erholen, und was er zum Beispiel darüber aussagt, welche Rolle eine Vielzahl der Feinde dieser Vögel und Gelege spielt. Wir wissen, bei einer Zunahme der Rabenvögel, bei einer Zunahme von vielen dieser Beutegreifer - dazu gehört auch der Habicht - sind die Verbände aufgrund ihrer Verantwortung unbedingt gefordert, gerade darauf zu schauen. Wenn sich die Raben und die Habichte in einem Übermaß in unserer Natur bewegen, suchen sie Nahrung. Wo finden sie die Nahrung? - Bei Jungvögeln, in Gelegen. Wo denn sonst? - Genau deshalb muss man abwägen, wem man hier die Schuld gibt. Die Verantwortung muss auch bei den Naturschutzverbänden und den Vogelschutzverbänden gesucht werden.

(Lachen)

Sie brauchen nicht zu lachen. Ein Rabe wird zum Vogel des Jahres erklärt!

(Zuruf von der SPD: Das ist doch die Ente des Jahres!)

Nein, das ist nicht die Ente des Jahres. - Schauen Sie doch einmal, was sich herumtreibt und auf diese Gelege losgeht. Das ist doch nichts anderes. Die Schuld auf andere, beispielsweise die Landwirte, zu schieben, ist eine billige Ausrede. Man sollte auch selber schauen, wie man mit seiner Politik etwas verbessern kann.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Es geht unter anderem darum, in der Praxis die Agrar- und Umweltmaßnahmen flexibler zu gestalten. Dabei handelt es sich um praktische Anregungen. Zum Beispiel sollte der Zeitpunkt der Mahd regional angepasst werden; denn Witterung und Vegetation sind in Nordbayern anders als in Südbayern. Auch hier sollte man flexibler agieren. Nachdem das Artenhilfsprogramm bereits angelaufen ist, wird es höchste Zeit, dass wir weiterarbeiten und die Agenda fertigstellen. Deshalb bitten wir um Zustimmung zu diesem Antrag.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Ich danke, Herr Kollege Zierer. – Herr Kollege Dr. Magerl, bitte sehr.

(Volkmar Halbleib (SPD): Die letzte Bemerkung war gut! – Hubert Aiwanger (FREIE WÄHLER): Christian, gib zu, dass die Krähen alles zammfressn! )

Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Ich mache es kurz. Ich hätte zwar gute Lust zu replizieren. Aber wir haben es hier mit einem einstimmig beschlossenen Antrag zu tun – auch das muss man einmal mit Klarheit und Deutlichkeit sagen –, der in erster Linie die Umsetzung einer Agenda, in zweiter Linie einen Bericht über diese Agenda fordert. Der richtige Zeitpunkt, um diese Thematik zu diskutieren, ist dann, wenn der Bericht gegeben wird. Als Ausschussvorsitzender kann ich garantieren, dass wir den Bericht im Umweltausschuss in allen Facetten ausführlich diskutieren werden.

Damit man sieht, wo wir stehen, möchte ich nur ein Zitat bringen; denn es ist bereits auf die neue Wiesenbrüterkartierung verwiesen worden. Dort ist der Handlungsbedarf klar und deutlich aufgezeigt worden. Die Situation ist dramatisch. Ich erinnere an die erste Wiesenbrüterkartierung aus dem Jahr 1980 und daran, was ich damals in der Region Freising/Erding noch an Beständen kartiert habe und was davon querbeet durch alle Arten heute übrig geblieben ist. Was hier in unserer Landschaft passiert ist, ist dramatisch. Es wäre längst an der Zeit gewesen, dass wir so eine Agenda bekommen. Allerdings muss ich auch sagen: In dieser Woche ist der Atlas der Brutvögel Deutschlands neu ausgeliefert worden. Wer dort hineinschaut, stellt fest, dass den Verbreitungskarten zufolge auch bei den Wiesenlimikolen klar und deutlich national Handlungsbedarf besteht. Wer sich darüber hinaus die Rückgänge bei einigen Arten in den Überwinterungsgebieten ansieht, stellt auch internationalen Handlungsbedarf fest, damit diese Arten bei uns nicht ganz verschwinden.

Damit Sie sehen, wie schlimm die Situation ist, möchte ich nicht nur auf die Wiesenbrüterkartierung, sondern auch auf eine Arbeit verweisen, die im März 2015, also erst vor wenigen Wochen, mit der Überschrift "Bilanz – Vögel in einer Urlaubs- und Gesundheitsregion am Nordrand der Alpen" erschienen ist. Dabei geht es um den Raum Garmisch-Partenkirchen, Murnauer Moos und Staffelsee, also um ein Gebiet, das normalerweise unter dem Begriff "Vorstufe zum Paradies" läuft. Es handelt sich also um ein Gebiet im Voralpenland, in dem, so meint man, die Welt noch in Ordnung sei. Der Autor dieser Arbeit ist kein Geringerer als Einhard Bezzel, der langjährige Leiter der Vogelschutzwarte in Garmisch-Partenkirchen, der dort seit den Achtzigerjahren bis jetzt die Kartierungen erstellt hat. Bezzel kommt klar zu dem Ergebnis, dass sich in der Lage die Auswirkungen der intensiven Dauergrünlandnutzung zeigen. Hauptursache ist also eine intensive Nutzung als Wiese oder Weide. Wie

senbrüter haben ohne Naturschutzgebiete kaum eine Überlebungschance. Also selbst in einer Urlaubs- und Gesundheitsregion, in der man meint, die Welt sei in Ordnung, sind die Bestände dramatisch eingebrochen. Ich könnte Ihnen die Zahlen vorbeten, aber das mache ich dann im Ausschuss. Deshalb bitte ich alle um Zustimmung zu diesem Antrag.

(Beifall bei den GRÜNEN und Abgeordneten der SPD)

Vielen Dank, Herr Kollege Dr. Magerl. – Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Die Aussprache ist geschlossen. Wir kommen zur Abstimmung. Der federführende Ausschuss für Umwelt und Verbraucherschutz empfiehlt Zustimmung in einer Neufassung. Ich verweise insofern auf die Drucksache 17/6043.

Wer dem Antrag in dieser Fassung zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind alle drei Fraktionen. Gibt es Gegenstimmen oder Enthaltungen?

(Zuruf: Vier!)

Gut, ja, ich zähle nochmals nach. – Es sind alle vier Fraktionen. Ich habe die CSU-Fraktion übersehen. Ich bitte um Nachsicht.

(Allgemeine Heiterkeit)

Damit ist dem Antrag in dieser Neufassung zugestimmt worden.

Ich gebe jetzt das Ergebnis der namentlichen Abstimmung zum Antrag der Abgeordneten Florian von Brunn, Harry Scheuenstuhl, Klaus Adelt und anderer und Fraktion (SPD) betreffend "Vollwertiges Widerrufsrecht für Apps und digitale Inhalte einführen", Drucksache 17/4461, bekannt. Mit Ja haben 49 Abgeordnete, mit Nein haben 97 Abgeordnete gestimmt. Stimmenthaltungen gab es keine.

(Abstimmungsliste siehe Anlage 6)

Damit ist der Antrag abgelehnt.

Ich rufe die Listennummer 24 der nicht einzeln zu beratenden Anträge auf:

Antrag der Abgeordneten Hubert Aiwanger, Florian Streibl, Günther Felbinger u. a. und Fraktion (FREIE WÄHLER) Besuch einer Gedenkstätte für die Opfer des Nationalsozialismus/eines NS

Dokumentationszentrums in allen bayerischen Schularten fest verankern (Drs. 17/5334)

Die noch offene Nummer 24 der Liste soll auf Wunsch der Fraktion der FREIEN WÄHLER einzeln beraten werden.

Ich eröffne die Aussprache. Die Gesamtredezeit der Fraktionen beträgt gemäß der Geschäftsordnung 24 Minuten. Erster Redner ist Herr Kollege Felbinger. Bitte schön.

Herr Präsident, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Dr. Josef Schuster, hält es inzwischen für gefährlich, in überwiegend von Muslimen bewohnten Vierteln einiger Städte die Kippa zu tragen. Die Direktorin des American Jewish Committees in Berlin beklagt ein zunehmend antijüdisches Klima an öffentlichen Schulen. An vielen Schulen sei die Bezeichnung "Jude" inzwischen ein gängiges Schimpfwort. So stand es zumindest im Januar und Februar 2015 in vielen Medien.

Sicher ist in Bayern die Situation nicht so dramatisch wie in anderen Bundesländern.

(Zuruf von der CSU: Echt?)

Dennoch müssen uns diese Feststellungen aufschrecken; denn sie bedeuten, dass in Deutschland der Antisemitismus immer noch vorhanden ist. Auch die Zahl antisemitischer Straftaten hat in Deutschland im vergangenen Jahr mit rund 10 % stark zugenommen. Das sind zumindest die Zahlen der Amadeu-AntonioStiftung. Man kann über die Gründe trefflich streiten. Es gibt sicherlich ein ganzes Bündel an Ursachen, das man in den Blick nehmen muss. Aber das ist jetzt nicht unser Thema.

Aus Sicht von uns FREIEN WÄHLERN sind die beste Prävention gegen Intoleranz, Rassismus oder Antisemitismus eine gute Bildung und Wissen über die Vergangenheit.

Max Mannheimer, der Auschwitz und Dachau überlebt hat und den wir hier vor nicht allzu langer Zeit live erleben konnten, sagte in einer seiner vielen öffentlichen Auftritte immer wieder – ich zitiere –: "Ihr seid nicht verantwortlich für das, was geschah. Aber dass es nicht wieder geschieht, dafür schon." Dem ist eigentlich nicht viel hinzuzufügen. Wir alle versuchen, seinem Credo gerecht zu werden. Unsere bayerischen Schulen machen diesbezüglich seit Jahren eine gute Arbeit, um die Jugendlichen auf ihrem Weg zu begleiten und sie in ihrer demokratischen Grundhaltung zu stärken. Dafür möchte ich an dieser Stelle

allen engagierten Lehrkräften, aber auch dem Ministerium danken.

Ich sage Ihnen ehrlich, dass wir FREIEN WÄHLER uns nicht leicht getan haben, diesen vorliegenden Antrag zu stellen, da wir gegen verpflichtende Anordnungen von oben sind und wissen, dass jedes Jahr bereits sehr viele Schulen nach Dachau oder Flossenbürg fahren, um vor Ort Unterricht zu halten. Doch schließlich haben wir uns dafür entschieden, weil ein solcher Unterrichtsgang im Lehrplan des Gymnasiums bereits verpflichtend vorgeschrieben ist und wir keinen Grund sehen, warum Real- oder Mittelschüler nicht dort hinfahren sollten.