Protokoll der Sitzung vom 07.05.2015

(Beifall bei der CSU)

Ich habe mir gedacht: Gut, Berlin ist weit weg. Einer Ihrer Landesvorstände ist jedoch Bürgermeister einer Stadt in meinem Landkreis. Er hat dieses Zitat wort

wörtlich aufgegriffen und am gleichen Tag die Erhöhung der Gewerbesteuer verkündet.

(Hubert Aiwanger (FREIE WÄHLER): Mit so jemandem macht ihr eine Regierung! Unglaublich!)

Wir sind also doof, und wir sind Gauner. Aber unser Geld wollt ihr schon haben.

(Beifall bei der CSU)

Was sind die konkreten Auswirkungen? – Zollkontrollen. Glauben Sie, dass die Menschen, die Sie vertreten, nämlich die Arbeitnehmer, es gut finden, dass Zollbeamte in die Betriebe gehen und die Arbeitnehmer befragen?

(Markus Rinderspacher (SPD): Könnten Sie das fraktionsintern klären? Zitieren Sie doch einmal die Wortmeldung Ihrer Ministerin Müller auf der Arbeitsministerkonferenz!)

- Ich rede einfach weiter. Herr Rinderspacher, hören Sie mir einfach zu. – Glauben Sie, dass die Wähler, die Sie vertreten, das gut finden? Gut, Sie haben in Bayern eh nicht so viele Wähler. Behalten Sie doch die paar, die Sie noch haben.

(Beifall bei der CSU – Markus Rinderspacher (SPD): Das ist das Niveau, auf dem Sie diskutieren!)

Bußgelddrohungen bis zu 500.000 Euro: Ist das in Ihren Augen angemessen? – In meinen Augen ist das nicht angemessen. Mithaftung für Subunternehmer: Wie soll ich als Mittelständler Subunternehmer denn so genau kontrollieren? Sagen Sie mir das einmal!

(Hubert Aiwanger (FREIE WÄHLER): Sie haben es in Berlin beschlossen!)

Flexibilität der Minijobs: Was meinen Sie, wie wir reagieren werden? Die Zahl der Minijobs sinkt doch jetzt schon. Wie gehen Sie mit Praktika um?

(Hubert Aiwanger (FREIE WÄHLER): Bravo, er erkennt die Probleme!)

Wir sprechen über die Integration von Flüchtlingen. Glauben Sie, dass Praktika von drei Monaten dafür ausreichen? Wir werden wesentlich längere Praktika brauchen, um die Flüchtlinge zu integrieren. Sehen Sie sich einmal die bayerische Landwirtschaft an. Sie bezeichnen die bayerische Landwirtschaft immer als die Pflegerin der Kulturlandschaft. Wie sieht es mit den mitarbeitenden Söhnen in der Landwirtschaft aus?

(Hubert Aiwanger (FREIE WÄHLER): Schweinerei! Schwarzer Sozialismus!)

- Ach, reden Sie doch nicht! – Wie wollen Sie die Wochenarbeitszeit bei der Ernte regeln? Geben Sie Antworten! Ich bin höchst dankbar, dass sich unsere Sozialministerin, unsere Wirtschaftsministerin und unser Ministerpräsident in Berlin dafür einsetzen, dass dies geändert wird.

(Beifall bei der CSU – Markus Rinderspacher (SPD): Herr Kollege, jetzt wird es wirklich lächerlich!)

Lassen Sie mich Ihnen zum Schluss noch einen kleinen praktischen Hinweis geben: Sie haben gesagt, 86 % wollten einen Mindestlohn von 8,50 Euro. Sie wollen sogar noch wesentlich mehr. Das ist zum großen Teil auch berechtigt. Ich möchte Ihnen einen Vorschlag machen: Schicken Sie Ihre Arbeitsministerin Frau Nahles auf ein Praktikum. Das kann ruhig länger als drei Monate dauern. Sie soll sich in diese Problematik einarbeiten und dann beurteilen, ob ihre Arbeit 8,50 Euro wert war. Ich glaube, das Mindestlohngesetz ist keine 8,50 Euro wert.

(Beifall bei der CSU)

Danke schön. – Für die CSU-Fraktion hat sich Herr Kollege Dr. Schwartz gemeldet.

(Unruhe bei der SPD und den FREIEN WÄH- LERN – Hubert Aiwanger (FREIE WÄHLER): Jetzt kommt die Abrundung!)

Ich bitte das Hohe Haus, seine Aufmerksamkeit dem Kollegen zu widmen. Bitte schön, Herr Kollege.

(Vom Redner nicht auto- risiert) Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Aktualität dieses Themas beruht darauf, dass die Ergebnisse einer Koalitionsrunde eher ernüchternd waren.

(Hubert Aiwanger (FREIE WÄHLER): Das haben wir schon vorher gewusst! Deshalb darf man einen solchen Blödsinn gar nicht unterschreiben!)

- Herr Aiwanger, wenn es für jeden sinnentleerten Zwischenruf 8,50 Euro gäbe, wären Sie Millionär.

(Heiterkeit und Beifall bei der CSU)

Die Dokumentationspflichten blieben im Koalitionsausschuss unangetastet. Kontrollen wurden nicht entschärft. Die Nachhaftung für Unternehmer wurde nicht auf ein Mindestmaß beschränkt. Die Ideologie schien hier vor gesunden Menschenverstand zu gehen.

(Markus Rinderspacher (SPD): Mei, mei, mei, als wärt ihr bei der Vorbereitung nicht dabei gewesen!)

Wertschöpfung ist weniger wichtig als eine vermeintliche Verteilungsgerechtigkeit. – Das Bild, wonach die Unternehmer lediglich die Zuträger und die Zuarbeiter für die Verwaltung und die Bürokratie seien, geht von falschen Voraussetzungen aus.

(Markus Rinderspacher (SPD): Hat Ihre Ministerin bei den Verhandlungen nicht am Tisch gesessen? – Zitieren Sie doch einmal aus der Wortmeldung von Frau Müller bei der Arbeitsministerkonferenz!)

Der Unternehmer ist nicht nur dafür da, sich um Gleichstellungsbeauftragte, Behindertenbeauftragte, Brandschutzbeauftragte, Ersthelfer, Betriebsärzte, Fachkräfte für Arbeitssicherheit, Sicherheitsbeauftragte, Datenschutzbeauftragte und weiß der Geier was noch zu kümmern. Er muss sich der Aufgabe widmen, für die er eigentlich Unternehmer geworden ist, nämlich der Wertschöpfung.

(Beifall bei der CSU)

Ich denke, bei den meisten von uns ist es unstreitig, dass beim Mindestlohn eine überbordende Bürokratie herrscht. Gestatten Sie mir ein Zitat: "Ein Gramm Unternehmergeist wiegt mehr als ein Kilogramm Bürokratie."

(Beifall bei der CSU)

Das Bild der Unternehmer, das Sie zur Schau tragen, wird sekundiert von Ihrem Bild der Arbeitnehmer, das ebenso seltsam ist, nämlich vom Bild des unmündigen Arbeitnehmers. Dieser Arbeitnehmer ist offensichtlich nicht selbst in der Lage, Aufzeichnungen zu führen, um seine Ansprüche geltend zu machen. Dieser Arbeitnehmer braucht ständige Korrekturen, Überwachung und Begleitung durch den Staat. Dieses Menschenbild, dieses Bild des Arbeitnehmers, haben wir nicht. Wir sind uns einig, dass jemand, der in Vollzeit arbeitet, von seinem Einkommen leben können soll. Die aktuelle Regelung zum Mindestlohn aber schützt Menschen, die diesen Schutz nicht brauchen. Sie produziert sinnlose, ja schädliche Bürokratie.

Frau Kohnen, Sie haben vorhin gesagt, dass die aktuelle Regelung 3,7 Millionen Menschen etwas bringt. Das Problem ist: Sie trifft 9,5 Millionen Menschen. Möglicherweise bringt sie 3,7 Millionen Menschen etwas – ich habe die Zahl nicht hinterfragt und übernehme sie von Ihnen -, aber sie trifft 9,5 Millionen Menschen. Die Dokumentationspflichten sollen bis zu einem Lohn von knapp 3.000 Euro brutto gelten.

Diese Schranke ist ganz offensichtlich zu hoch. Wissen Sie, welchen Verdacht ich habe? – Ich habe den Verdacht, dass ganz viele von Ihnen das auch wissen, aber ihre Meinung hier nicht vertreten können, weil Sie sich bei der Frau Nahles nicht durchsetzen konnten.

(Beifall bei der CSU – Zurufe der Abgeordneten Christine Kamm (GRÜNE) und des Abgeordneten Bernhard Roos (SPD))

- Dazu hören wir noch etwas. – Natürlich ist zu konzedieren, dass im Gesetzgebungsverfahren nicht alle Fragen richtig beantwortet wurden. So frei, das zu sagen, bin ich. Aber umso wichtiger ist es, dass man bei der Anwendung nachbessert. Genau das versuchen wir.

(Markus Rinderspacher (SPD): Jetzt hier im Landtag, nachdem im Deutschen Bundestag bei der CSU tote Hose war? - Lächerlich!)

Herr Glauber, Sie haben angemerkt, ich sei davon ausgegangen, dass man das auf Bundesebene schafft. So ist es; davon bin ich ausgegangen. Wenn man das auf Bundesebene nicht allein schafft, dann werden wir, die CSU, als Anwalt des Mittelstands hier den Finger in die Wunde legen und das weiterhin tun.

(Beifall bei der CSU – Zurufe von den FREIEN WÄHLERN)

Als ich Ihren Antrag gesehen habe, fühlte ich mich sehr an das eine oder andere erinnert, was man in der CSU bereits seit Wochen vertreten hat. Es reicht eben nicht, unsere Positionen wiederzukäuen, um dann Forderungen zu stellen, die wiederum nicht praktikabel sind. Was spricht denn dagegen, eine wöchentliche Aufzeichnung durch eine monatliche zu ersetzen? Was spricht denn dagegen, eine Aufzeichnungspflicht an dem wirklich Praktikablen zu orientieren?

(Hubert Aiwanger (FREIE WÄHLER): Eure Maut spricht dagegen!)

Völlig absurd wird es bei der Nachunternehmerhaftung, die heute sogar von einer Exkulpationsmöglichkeit befreit ist. Die kannst du einem vernünftigen Mittelständler heute nicht mehr erklären. Warum soll denn ein Maschinenbauer, der ein Werkzeug bestellt, sicherstellen, dass sein Auftragnehmer den Mindestlohn zahlt? Und noch viel schlimmer: Warum soll er sicherstellen, dass beim Sub-Subunternehmer der Mindestlohn bezahlt wird, wenn sein Auftragnehmer wiederum selbst einen Werk- oder Dienstvertrag abschließt? – Das ist schlicht inpraktikabel und geht an der Wirklichkeit vorbei.

(Beifall bei der CSU)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, staatliche Kontrollen, Dirigismus usw. bedeuten einen echten Systembruch. Eines wird uns damit sicher nicht gelingen: junge Menschen für das Unternehmertum zu begeistern. Dabei brauchen wir mehr junge Leute, die Unternehmen gründen. Andernfalls schaffen wir nur, dass am Ende alle Beamte werden; und dann enden wir wie Griechenland.

(Beifall bei der CSU)

Vielen Dank. – Für die Staatsregierung hat Frau Staatsministerin Müller um das Wort gebeten. Bitte schön, Frau Staatsministerin.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Bayern steht ohne Wenn und Aber zum Mindestlohn von 8,50 Euro. Wir haben das nach den Verhandlungen über den Koalitionsvertrag so beschlossen. Wir stehen zum Koalitionsvertrag. Ich möchte aber auch sagen, dass die Ausführungsbestimmungen die hauptsächlichen Probleme verursachen.