Wo haben wir als CSU Akzente gesetzt? Was ist uns wichtig? - Das ist zum einen die ärztliche Versorgung auf dem Land, und zwar durch Hausärzte und Fachärzte. Wir haben den Anstoß gegeben, dass das Programm auf alle Fachärzte der unteren Ebene ausgeweitet wird. Wer sich auf dem Land als Facharzt niederlassen möchte, kann das künftig tun. Das beinhaltete der Antrag unserer Fraktion. Für uns geht Jürgen Baumgärtner anschließend auf diesen bedeutenden Themenkreis noch näher ein.
Von mir nur so viel: Der Masterplan "Medizinstudium 2020" ist bedeutsam, um junge Ärzte besonders für das Land zu gewinnen.
Ein ganz entscheidender Punkt ist ebenso die heute von der Ministerin angekündigte Erhöhung des Stipendiums auf 500 Euro. Eine Erhöhung von 300 Euro auf 500 Euro ist ein großer und gewichtiger Schritt für den Einzelnen, aber, ich denke, ein verkraftbarer Schritt für die Gemeinschaft.
Ich komme zum Thema Digitalisierung. Mit "Digitalisierung zur Rettung von Menschenleben nutzen" war einer der ersten Anträge, die unsere Fraktion in dieser Legislaturperiode gestellt hat, überschrieben. Wir wollen die moderne Technik nutzen, um das therapiefreie
Intervall zu verkürzen. Immerhin sterben pro Jahr 150.000 Menschen an einem plötzlichen Herztod. Die größten Innovationsschübe liegen auch im Bereich der Medizin in der modernen digitalen Technik; das betrifft Gesundheitsdaten, Telemedizin, Digitalisierung. Gut und begrüßenswert ist da, dass die "Plattform Gesundheit" ins Zentrum Digitalisierung.Bayern aufgenommen wird. Auf diesen Themenkreis wird nachher der Kollege Sandro Kirchner noch detaillierter eingehen.
Als Zeichen, mit der Zeit gehen zu wollen, ist die heute angekündigte App "Notdienste-Finder Bayern" des Gesundheitsministeriums gut. Aber das reicht auf Dauer nicht aus. Deswegen haben wir als CSU-Fraktion den Anstoß gegeben, dass die Machbarkeit eines bayerischen Gesundheitsdatenzentrums geprüft wird, und zwar unter staatlicher Obhut. Wenn es der Staat nicht macht, dann macht es Google oder dann macht es Apple. Aber: Der Staat kann es verantwortlicher.
Im Bereich der Pflege hat sich unsere Fraktion für die Entbürokratisierung der Pflegedokumentation eingesetzt. Wir haben bewusst dem Modell ReduDok das Wort geredet und haben zu mehr Mut zur Lücke aufgefordert. Dieser Antrag wurde ebenfalls einstimmig beschlossen. Das ist gut so. Auch unser Antrag, in dem wir die Staatsregierung darin bestärken, eine Ausbildungsumlage einzuführen, gehört in diesen Zusammenhang.
Wir haben uns auch klar positioniert, was die Reform des Risikostrukturausgleichs angeht. Die Ministerin hat recht: Dieser Schatten-Länderfinanzausgleich in der gesetzlichen Krankenversicherung kann so nicht bleiben. In einem Antrag zum GKV-Versorgungsstärkungsgesetz auf Bundesebene haben wir jüngst noch einmal betont: Wir wollen keine Benachteiligung Bayerns durch das GKV-VSG. Wir halten am Leitbild des freiberuflich tätigen Arztes fest. Überdies darf es keine Zunahme von Bürokratie durch dieses neue Gesetz geben.
Das Anliegen der CSU-Fraktion war und ist es immer noch, die Schnittstelle zwischen Krankenhaus und Pflegeeinrichtung zu verbessern. Es war vor ziemlich genau einem Jahr, als wir hier im Hohen Hause beschlossen haben, das System der Schnelleinstufung zu verbessern und eine Rehabilitationspflege einzuführen. Genau in diese Richtung geht das heute von der Ministerin vorgestellte Modell einer Brücke zwischen Krankenhaus, Reha und Pflege: der Zwischen
pflege. Das also ist ein altes Anliegen unserer Fraktion. Es geht darum, Drehtüreffekte zu vermeiden und die Patienten frühzeitig zu mobilisieren; es geht um Lebensqualität. Deswegen stehen wir voll dahinter.
Mit unserer Fraktionsreserve haben wir für den Doppelhaushalt weitere Akzente gesetzt, und zwar im Bereich der Demenz, der modernen Geißel der Menschheit, indem wir einen Demenz Survey ermöglicht haben. Damit wollen wir die Versorgungsforschung voranbringen. Solange wir nicht wissen, wie es zur Demenz kommt, müssen wir dafür sorgen, dass diejenigen, die an Demenz erkrankt sind, und vor allem diejenigen, die die Demenzkranken pflegen – also die Angehörigen –, so gut wie möglich betreut werden. Zudem haben wir einen Demenzpreis für gute Beispiele auf kommunaler Ebene ausgelobt und eingeführt.
Wir haben eine bessere finanzielle Ausstattung für das Bündnis für Organspende ermöglicht, wodurch wieder mehr Vertrauen in diese so wichtige Therapieform hergestellt werden soll. Davon soll folgendes Signal ausgehen: Organspende ist gut, Organspende rettet Leben – vielleicht einmal dein eigenes.
Zudem haben wir eine höhere Förderung der Hospizvereine und somit der 6.600 ehrenamtlich Engagierten ermöglicht. Das ist uns ein enorm wichtiges Anliegen. Das haben wir heute Morgen hier im Hohen Hause – die Präsidentin hat es erwähnt – nebenan im Senatssaal zum Ausdruck gebracht, als wir die Wanderausstellung "Gemeinsam Gehen. Wege der Sterbebegleitung und Versorgung für Schwerstkranke und Angehörige" eröffnet haben.
Wir wollen das Hospizwesen und die Palliativmedizin als Kontrapunkt zu Überlegungen in Richtung einer aktiven Sterbehilfe ausbauen. Wir wollen eine 100-%Finanzierung der Hospize durch die Krankenkassen. Auch wir haben einen solchen Antrag gestellt.
Wir begrüßen und unterstützen zudem die Förderung der SAPVen – der Spezialisierten Ambulanten Palliativversorgungen – in unserem Land.
Zusammenfassend möchte ich festhalten: Wir haben eine große Regierungserklärung zu wichtigen, die Menschen bewegenden Themen gehört. Sie hat viele Neuerungen gebracht, etwa den neuen Präventionsplan, die Fast-Verdoppelung der Stipendien für angehende Landärzte, die neue App "Notdienste-Finder
Bayern", das Augenscreening im Altenheim, den Vorschlag für eine sogenannte Zwischenpflege. Das alles zeigt: Wir sind auch in der Gesundheitspolitik auf einem zwar langen und steinigen, aber auf einem guten Weg. Herzlichen Dank dafür an die Ministerin und an ihr Haus, und herzlichen Dank Ihnen für die Aufmerksamkeit.
Danke schön, Herr Kollege. – Als Nächster hat Herr Dr. Karl Vetter von den FREIEN WÄHLERN das Wort. Bitte schön, Herr Kollege.
Herr Ministerpräsident, Herr Präsident, Frau Staatsministerin, Kolleginnen und Kollegen! Ich hoffe, ich kann diese spannende Debatte noch ein bisschen bereichern. Frau Staatsministerin, Ihre Rede war nett, das muss ich sagen. Ich kann fast alles unterschreiben, was Sie da gebracht haben. Wir alle wollen natürlich eine moderne, menschliche Gesundheitspolitik. Das ist ganz klar.
Was mir als FREIEM WÄHLER ganz am Anfang Ihrer Rede jedoch gefehlt hat, war Folgendes: Wir brauchen diese Politik gleichwertig, und zwar überall in ganz Bayern; wir brauchen sie in Stadt und Land.
Für uns FREIE WÄHLER steht hier an erster Stelle, dass wir flächendeckend in ganz Bayern eine gute Gesundheitspolitik anbieten können. Jeder Bürger muss in angemessener und zumutbarer Zeit – das heißt wohnortnah – einen Arzt, eine Apotheke, ein Krankenhaus, einen Physiotherapeuten aufsuchen können. Das gilt vor allem für den Hausarzt, aber auch für Fachärzte und für Krankenhäuser.
Ich habe leider nicht so viel Zeit zur Verfügung wie die Regierungsfraktion, darum möchte ich nur ein paar Punkte herausgreifen. Mir wäre eine moderne – wenn wir hier schon von "modern" reden – Bedarfsplanung für niedergelassene Ärzte sehr wichtig; das gilt auch für die Krankenhäuser, Frau Kollegin Sonnenholzner. Eine moderne Bedarfsplanung muss mehr die Infrastruktur vor Ort berücksichtigen, auch demografische Faktoren und soziale Strukturen.
Die Bedarfsplanung, wie wir sie im Moment in Bayern haben, vor allem was die Versorgung mit niedergelassenen Ärzten betrifft, ist von einem fernen Gemeinsamen Bundesausschuss in Berlin bestimmt worden.
Wir müssen aber viel mehr vor Ort unsere Kommunen und unsere Landkreise einbinden. Das ist im Übrigen vor einigen Tagen auch eine massive Forderung des Bayerischen Landkreistages gewesen.
Wissen Sie eigentlich, dass nach der jetzigen Bedarfsplanung für die niedergelassenen Ärzte in einer Stadt wie zum Beispiel Regensburg doppelt so viele Fachärzte pro Einwohner zugelassen werden können wie auf dem Land, zum Beispiel im Landkreis Cham? Viele wissen das gar nicht. Andere Beispiele sind Eichstätt/Ingolstadt oder auch Würzburg/Kitzingen; dort gilt dieselbe Relation.
In Bayern gibt es viele solcher Beispiele. Ein Facharzt auf dem flachen Land muss fast doppelt so viele Patienten versorgen wie in der Großstadt. Was erreichen wir letztendlich damit? - Patientenströme und damit Menschenströme werden vom Land in die Stadt umgeleitet; denn es ist immer wieder so, dass ganze Familien in die Städte fahren, zum Beispiel nach Regensburg, weil auf dem Land beim Facharzt kein Termin zu bekommen ist. Das ist nicht im Sinne von uns FREIEN WÄHLERN.
Die Benachteiligung des ländlichen Raums prangern wir schon seit Jahren an. Jetzt kommt es zu einer besseren Förderung der Niederlassungen von Hausärzten, hoffentlich auch denen der Fachärzte. Das begrüße ich.
Die Ursachen unserer Probleme werden damit jedoch nicht beseitigt, Frau Ministerin. In den nächsten sechs Jahren – dazu nenne ich Ihnen ein paar Zahlen – werden in Bayern von 10.000 Hausärzten 3.000 in den Ruhestand gehen. In Bayern sind im Moment 160 Kassensitze im Bereich Allgemeinmedizin vakant; sie sind nicht besetzt. Hier hätte ich mir von den zuständigen Menschen in Bayern, von den Gesundheitsministern, auch ihren Vorgängern, Frau Huml, und von Ihnen eine vorausschauende Gesundheitspolitik, ein schnelleres und nachhaltigeres, rechtzeitiges Handeln erwartet. Jetzt haben wir die Probleme. Jetzt ist es vielleicht schon drei Minuten nach zwölf. Darum begrüße ich natürlich, dass wir endlich auch einen Masterplan für die Hausarztversorgung und Runde Tische haben. Ich glaube, es ist allerhöchste Zeit dafür, Kolleginnen und Kollegen; die Probleme haben wir jetzt schon.
Ein Grund dafür, dass wir wenige Allgemeinmediziner und wenige Ärzte haben, die auf dem Land tätig sein wollen, ist einfach, dass die Zugangsvoraussetzungen zum Medizinstudium aus meiner Sicht nicht richtig
sind. Unsere notenbezogene Zugangsvoraussetzung, also eine Abi-Note von 1,0, bringt meines Erachtens nicht immer die besten Ärzte, Ärzte mit mehr Empathie, Ärzte mit mehr sozialer Kompetenz. Ich glaube, wir müssen ganz dringend an dieses Auswahlverfahren herangehen. Sie haben dies auch erwähnt. Wir haben vor ein paar Wochen ganz konkrete, gut ausgearbeitete Vorschläge gebracht und einen Gesetzentwurf vorgelegt. Ich kann nicht verstehen, dass dieser Gesetzentwurf mit fadenscheinigen Begründungen von der Regierungsfraktion wieder abgelehnt worden ist, Kolleginnen und Kollegen.
Sie sagen, dass Sie im Bund den Bundesgesundheitsminister aufgefordert haben, bis 2020 einen Masterplan zu erarbeiten – bis 2020. Wir haben 2015, Frau Huml, immerhin, aber Frau Ministerin, es ist einfach alles viel zu spät. Wir müssen von Bayern aus noch mehr Druck machen, weil uns die Ärzte auf dem Land ausgehen.
Zur Bereitschaftsdienstordnung für Ärzte: Auch diesbezüglich sind die Ärzte auf dem Land stärker betroffen. Ich fordere – das wird in den nächsten Wochen und Monaten eine zentrale Forderung auch an Sie sein –, dass wir in Bayern an allen Krankenhäusern, zumindest an einem im Landkreis oder in den größeren Städten, eine Bereitschaftsdienstpraxis für die niedergelassenen Ärzte einrichten, wie immer dies auch zu realisieren ist. Mir ist klar, dass wir die Selbstverwaltung haben und wir das nicht allein bestimmen können. Es ist aber Aufgabe eines Gesundheitsministers oder einer Gesundheitsministerin, etwas in Bewegung zu setzen. Ich weiß auch, dass Sie hinter dieser Idee stehen. Kümmern Sie sich aber bitte noch mehr darum; denn viele Patienten, die am Wochenende oder in der Nacht in die Krankenhäuser gehen, gehören dort nicht hin. Dort werden Ressourcen vergeudet, und in vielen Fällen wird auch eine viel zu aufwendige Diagnostik betrieben. Ich fordere also Bereitschaftsdienstpraxen zumindest in jedem Landkreis, an jedem größeren Ort an den Krankenhäusern oder in der Nähe von Krankenhäusern. Das hätte auch den Vorteil, dass die Schnittstelle zwischen ambulant und stationär und die sektorenübergreifende Medizin in diesen Bereichen verbessert werden könnten. Ich sehe darin eine ganz große Chance, Kolleginnen und Kollegen.
Zur Krankenhausversorgung: Mehr als 50 % unserer Krankenhäuser schreiben rote Zahlen. Kleinere Krankenhäuser, vor allem auch in kommunaler Träger
schaft, haben mittlerweile teils existenzbedrohende Probleme. Erfreulich ist, dass sich in der Bund-Länder-Gruppe etwas tut. Ein Eckpunktepapier ist vorhanden; ein Gesetzentwurf liegt vor.
Ich möchte davon etwas herausgreifen, nämlich die sogenannte Qualitätsoffensive. Mehr Qualität, noch mehr Qualität an unseren qualitativ sowieso hochwertigen Krankenhäusern in Bayern ist immer richtig. Das Bessere ist der Feind des Guten – keine Frage. Wie setzen wir das aber um, Kolleginnen und Kollegen? In der Theorie ist alles gut. Gute Leistung soll besser bezahlt werden – ja. Mir stellt sich aber die Frage – das muss man noch klären –: Wie misst man Qualität in der Medizin? Ich bin gespannt, welche Leistungen der Gemeinsame Bundesausschuss für die Qualitätsbemessung auswählen wird. Das werden wir sehen. Was wir als FREIE WÄHLER auf keinen Fall wollen, Kolleginnen und Kollegen: Wir wollen keine amerikanischen Verhältnisse an unseren Krankenhäusern im Gesundheitswesen. Wir wollen keine Patientenselektion. Wir wollen keine Abweisung von Menschen, weil das Behandlungsergebnis hinterher fraglich ist, Kolleginnen und Kollegen. Das wollen wir nicht.