Protokoll der Sitzung vom 19.05.2015

Der Staatsminister für Bildung und Kultus, Wissenschaft und Kunst hat mit Schreiben vom 28. April 2015 mitgeteilt, dass der Bayerische Gemeindetag Herrn Oberbürgermeister Andreas Steppberger als stellvertretendes Mitglied im Landesdenkmalrat vorgeschlagen hat. Er hat gebeten, den zur Bestellung des stellvertretenden Mitglieds notwendigen Beschluss des Landtags herbeizuführen. Wird hierzu das Wort gewünscht? – Das sehe ich nicht. Wir kommen deshalb sofort zur Abstimmung. Wer dem Vorschlag des Bayerischen Gemeindetags seine Zustimmung erteilen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Das

sind CSU, SPD, FREIE WÄHLER und BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN. Gibt es Gegenstimmen? – Keine. Enthaltungen? – Auch keine. Dann ist das so beschlossen.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 8 auf:

Antrag der Abgeordneten Natascha Kohnen, Annette Karl, Bernhard Roos u. a. (SPD) Energiekonzept im Alpenverbund (Drs. 17/3236)

Die namentliche Abstimmung hierzu hat bereits in der letzten Sitzung am 7. Mai 2015 stattgefunden. Mit Ja haben 47 Abgeordnete gestimmt, mit Nein haben 69 Abgeordnete gestimmt, Stimmenthaltungen gab es keine. Damit ist dieser Antrag abgelehnt.

(Abstimmungsliste siehe Anlage 3)

Ich rufe Tagesordnungspunkt 9 a auf:

Gesetzentwurf der Staatsregierung zur Änderung des Vermessungs- und Katastergesetzes sowie weiterer Rechtsvorschriften (Drs. 17/6576) - Erste Lesung

Dieser Gesetzentwurf soll ohne Aussprache an den federführenden Ausschuss für Staatshaushalt und Finanzfragen überwiesen werden. Wer mit der Überweisung an den zur Federführung vorgeschlagenen Ausschuss für Staatshaushalt und Finanzfragen einverstanden ist, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind alle Fraktionen. Gegenstimmen? – Keine. Enthaltungen? – Auch keine. Der Gesetzentwurf wird damit diesem Ausschuss zur Federführung zugewiesen.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 9 b auf:

Gesetzentwurf der Staatsregierung zur weiteren Verbesserung der Arbeitsbedingungen und der Vereinbarkeit von Familie und Beruf im öffentlichen Dienst in Bayern (Drs. 17/6577) - Erste Lesung

(Unruhe – Glocke der Präsidentin)

Dieser Gesetzentwurf soll ohne Aussprache an den federführenden Ausschuss für Fragen des öffentlichen Dienstes überwiesen werden. Wer mit der Überweisung an den zur Federführung vorgeschlagenen Ausschuss für Fragen des öffentlichen Dienstes einverstanden ist, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind wieder alle Fraktionen. Gegenstimmen? – Keine. Enthaltungen? – Auch keine. Damit wird dieser Gesetzentwurf dem Ausschuss für Fragen des öffent

lichen Dienstes zur Federführung zugewiesen. Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir haben die Frist immer noch nicht erfüllt; deshalb fahre ich jetzt in der Tagesordnung fort.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 10 auf:

Antrag der Abgeordneten Margarete Bause, Ludwig Hartmann, Rosi Steinberger u. a. und Fraktion (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Gentechnik-Kennzeichnung von tierischen landwirtschaftlichen Produkten (Drs. 17/5193)

Ich eröffne die Aussprache. Die Gesamtredezeit der Fraktionen beträgt nach der Geschäftsordnung 24 Minuten. Die Redezeit der Staatsregierung orientiert sich dabei an der Redezeit der stärksten Fraktion. Die erste Rednerin ist schon da. Das ist Frau Steinberger von den GRÜNEN. Bitte schön, Frau Steinberger.

(Unruhe – Glocke der Präsidentin)

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! In unserem Antrag fordern wir die Staatsregierung auf, sich dafür einzusetzen, dass tierische landwirtschaftliche Produkte wie Milch, Fleisch, Eier etc. von Tieren, die mit gentechnisch veränderten Futtermitteln gefüttert werden, gekennzeichnet werden müssen.

Das Mittel der Wahl wäre eine EU-Verordnung, in der eine solche Regelung festgeschrieben werden kann. Mit diesem Antrag haben wir den Koalitionsvertrag der Bundesregierung aus dem Jahr 2013 aufgegriffen. Darin wird genau diese Kennzeichnungspflicht auf europäischer Ebene gefordert. Aber leider geht auf Bundesebene nichts voran; und deshalb wollen wir hier von Bayern aus ein Signal senden.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Nun könnte man meinen, dass die CSU-Fraktion im Bayerischen Landtag den Koalitionsvertrag kennt bzw. diese Forderungen aus vollem Herzen unterstützt. Schließlich wird doch hier immer gerne betont, wie sehr auch die CSU gegen die Gentechnik sei. Ganz überraschend wurde unser Antrag jedoch in insgesamt drei Ausschüssen von der CSU-Mehrheit abgelehnt.

Ja, was wollen Sie denn eigentlich, liebe Kolleginnen und Kollegen von der CSU? Halten Sie es nicht auch für sinnvoll, die Verbraucherinnen und Verbraucher darüber aufzuklären, ob sie mit ihrer Kaufentscheidung Gentechnik unterstützen oder nicht? Wäre es nicht gerade Aufgabe der Politik, dem deutlichen Wunsch der Menschen nach mehr Aufklärung nach

zukommen? Oder ist Ihre Politik wieder einmal nur fürs Schaufenster gemacht?

(Beifall bei den GRÜNEN)

Diese Regelung wäre nicht nur von Vorteil für Verbraucherinnen und Verbraucher, sie wäre auch von Vorteil für die Landwirte. Mit einer eindeutigen Kennzeichnungspflicht könnten Landwirte ihre gentechnikfreien Produkte besser vermarkten. Sie würden dadurch zudem einen eindeutigen Wettbewerbsvorteil genießen; denn der Markt verlangt nach Lebensmitteln, die frei von gentechnisch veränderten Organismen – GVO – sind. Aber man muss den Verbraucherinnen und Verbrauchern auch die Gelegenheit geben, sich frei zu entscheiden.

Nun werden Sie sicher wieder einwenden, dass es eine positive Gen-Kennzeichnung geben könne; das heißt, dass jeder Produzent mit dem Label "gentechnikfrei" werben kann. Das ist richtig, aber bei einer freiwilligen Kennzeichnung liegt der bürokratische Aufwand bei denjenigen Landwirten, die auf GVO verzichten. Bei einer Kennzeichnung, wie wir und auch die Große Koalition sie wollen, liegt der bürokratische Aufwand bei denjenigen, die GVO verfüttern.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, welche Bauern wollen Sie denn unterstützen? Diejenigen, die gentechnikfrei produzieren, oder die anderen?

(Zuruf von der CSU: Die bayerischen!)

Wollen Sie den bayerischen Qualitätsanbau – gentechnikfrei, vermute ich mal - unterstützen? Oder wollen Sie den Anbau von Gensoja in Südamerika weiter unterstützen, weil es in der EU und auch bei uns in Bayern dafür eine ungebremste Nachfrage gibt?

Ich möchte noch einen weiteren Aspekt erwähnen. Auf europäischer Ebene gibt es eine große Zurückhaltung, Regelungen zu treffen, die den geplanten Freihandelsabkommen widersprechen. Ich nenne das "vorauseilenden Gehorsam". Die Kennzeichnung von GVO ist ein klassisches Handelshemmnis, das gerade die Gentechnikindustrie sehr stört. Eines können Sie mit Sicherheit annehmen: Wenn diese Kennzeichnung jetzt nicht kommt, wird sie nach dem Abschluss von CETA, TTIP und Co. mit Sicherheit nicht mehr kommen. Ein Rückenwind aus Bayern zur Umsetzung des Koalitionsvertrags wäre deshalb sicher hilfreich.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Denn Störfeuer aus Bayern gibt es ja genug. Setzen Sie endlich einmal ein Zeichen der Kooperation im Interesse der Verbraucherinnen und Verbraucher, im In

teresse der bayerischen Bauern, die gentechnikfrei produzieren wollen! Stimmen Sie unserem Antrag zu.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Vielen Dank, Frau Kollegin Steinberger. – Der nächste Redner ist der Kollege Brückner. Bitte schön, Herr Brückner.

Sehr geehrte Frau Vizepräsidentin, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Ich freue mich besonders, dass ich für unsere Fraktion heute zu dem Antrag der Fraktion der GRÜNEN Stellung nehmen darf, in dem die Kennzeichnung von tierischen Produkten, die mit gentechnisch verändertem Futter hergestellt werden, gefordert wird. Ich freue mich besonders deswegen, weil ich vorsichtig optimistisch bin, dass wir die Problemstellung gemeinsam und konstruktiv lösen können werden.

Grundsätzlich steht das Antragsziel im Einklang mit dem Anliegen der CSU-Fraktion sowie der Bayerischen Staatsregierung. Jedoch sind wir uns einmal mehr nicht darüber einig, welchen Weg dorthin wir beschreiten können. Einigkeit besteht in jedem Fall darin, dass ein jeder, der einkauft, bei Bedarf darüber entscheiden können muss, ob er Lebensmittel kauft, die mit gentechnisch veränderten Futtermitteln erzeugt sind, oder ob er diese Lebensmittel nicht kaufen möchte.

Ein erster Aspekt in diesem Zusammenhang sind die zu erwartenden Umsetzungsschwierigkeiten der Negativkennzeichnung auf EU-Ebene. Bis auf Deutschland und Österreich haben die Länder der EU überwiegend noch nicht erkannt, dass in der gentechnikfreien Landwirtschaft ein großer Wettbewerbsvorteil liegen könnte. Vielleicht wollen sie das auch nicht erkennen. Deswegen wird die Forderung nach einer Negativkennzeichnung hier auf sehr wenig Willen zu einer Mehrheit stoßen, und insofern ist bei einer solchen Forderung mit einer Ablehnung der EU auch wegen Verstoßes gegen das Diskriminierungsrecht zu rechnen.

Wie Sie selbst sehr gut wissen, waren bislang nur sehr wenige Negativkennzeichnungen in der EU erfolgreich; das ist gerade einmal bei den Zigaretten gelungen. Zwar ist es richtig, dass im Koalitionsvertrag der Großen Koalition der 18. Legislaturperiode des Deutschen Bundestags auf Seite 89 immerhin nachzulesen ist: "Wir setzen uns in der EU für eine verpflichtende Kennzeichnung für Produkte von Tieren ein, die mit gentechnisch veränderten Pflanzen gefüttert wurden." – Allerdings wurde dieser Punkt bisher noch nicht mit großem Nachdruck verfolgt. Da darf man einmal raten, warum.

In der 16. Legislaturperiode hatte sich die Bundesregierung bereits für eine ähnliche Kennzeichnungsvorgabe auf EU-Ebene eingesetzt. Damals wollte man eine Prozesskennzeichnung erwirken Das ist aber an den Widerständen der anderen Mitgliedstaaten gescheitert.

Bei den Verhandlungen auf EU-Ebene halten wir eine zu starke Versteifung auf die Regelungen im Rahmen der EU-Verordnung 1829/2003, wie Sie das in Ihrem Antrag wollen, für zu kurz gegriffen. Die Bundesregierung braucht ein viel breiteres Verhandlungsmandat, um den Widerständen der anderen Mitgliedstaaten aus dem Weg gehen zu können.

Eine für die Lebensmittelunternehmen verpflichtende Kennzeichnung wäre aus Sicht des Verbraucherschutzes mit Sicherheit wünschenswert. Man kann aber die Wahlfreiheit der Verbraucher auch auf ganz andere Art und Weise wesentlich verbessern. Die europaweite Kennzeichnung von Tieren, die mit gentechnisch veränderten Pflanzen gefüttert wurden, muss nicht zwangsläufig im Rahmen der Verordnung 1829/2003 geregelt werden.

Darüber hinaus ist eine ausschließliche Betrachtung auf EU-Ebene sowieso zu einseitig. Die Lebensmittelwirtschaft betrifft schließlich keinen deutschen oder europäischen, sondern den weltweiten Markt. Umso problematischer wird die Einforderung einer Negativkennzeichnung, da wir mit ihr eine globale Kennzeichnungspflicht bräuchten, und diese bekommt man wahrscheinlich nur über vertikale Verhandlungen halbwegs geregelt.

Denn was nützt es uns, wenn wir in Deutschland unsere Produkte entsprechend als "negativ" kennzeichnen, und dann kommen von irgendwoher irgendwelche Produkte, und keiner weiß, wie dort die Kennzeichnung erfolgt ist? Wenn die Produkte dann nicht gekennzeichnet sind, denkt jeder, sie seien gentechnikfrei erzeugt. Das ist nicht unbedingt ein Wettbewerbsvorteil für die bayerische Landwirtschaft. So etwas brauchen wir nicht.

Daher gehen wir lieber einen konstruktiven und zügigeren Weg, nämlich den Weg über die Freiwilligkeit. An dessen Ende wird der von uns allen gewünschte Erfolg stehen, nämlich Klarheit und Wahrheit für den Verbraucher. Mit dem Antrag der CSU auf Kennzeichnung von Lebensmitteln, der bereits in der letzten Plenarsitzung einstimmig beschlossen wurde, wurde die Staatsregierung aufgefordert, einen Bericht über die verpflichtende und freiwillige Kennzeichnungsvorgabe für Lebensmittel im Hinblick auf Verwendung oder Verfütterung von GVO abzugeben. Zusätzlich sollte die Möglichkeit aufgezeigt werden, wie im Zuge der

Weiterentwicklung der Gesetzgebung dem Verbraucher zukünftig transparent gemacht werden kann, ob die Lebensmittel von Tieren stammen, die mit GVO gefüttert wurden.

(Unruhe – Glocke der Präsidentin)

Diese zukünftige Kennzeichnung muss sicherstellen, dass auch tierische Lebensmittel aus Drittstaaten, zum Beispiel Argentinien oder USA, dieser Kennzeichnungspflicht unterliegen und dass die Kennzeichnung auch bei Lebensmitteln aus Drittstaaten für Verbraucher erkennbar ist. Daran sieht man schon das Problem, das man nur mit einer freiwilligen Kennzeichnung, mit einer Positivkennzeichnung in den Griff bekommen kann.

In Ihrer Antragsbegründung erkennen Sie bereits den Wettbewerbsvorteil von nicht gentechnisch veränderten Produkten an. Sie führen weiter aus, dass, um diesen zu erhalten, die Kennzeichnung von Gentechnik-Lebensmitteln ausgeweitet werden muss. Genau die Beleuchtung der hier gangbaren Möglichkeiten haben wir bereits in unserem Berichtsantrag gefordert. Bayerns Landwirtschaft kommt hier eine echte Vorreiterrolle zu, die vom Verbraucher zu honorieren ist und die vom Verbraucher honoriert wird, wenn sie positiv gemacht wird. Deshalb sollten wir lieber nach dem Motto "Tu Gutes und rede darüber" handeln, statt Standards festzulegen, die wir dann selbst nicht kontrollieren können. Deswegen möchten wir auch gerne die Möglichkeiten nutzen, die auf Bundesebene für eine Positivkennzeichnung bestehen, um die gentechnikfreie Landwirtschaft herauszustellen.

Auch der zu erwartende Verwaltungsaufwand für eine Negativkennzeichnungspflicht spricht gegen diese; denn im Endeffekt wird jeder, der den Mehrwert hat, gerne freiwillig kennzeichnen. An der Ladentheke erhält er aufgrund einer besseren Positionierung seiner Produkte über einen höheren Preis den Mehrwert und ist deswegen gewillt, die Produkte zu kennzeichnen. Auf der anderen Seite müssten wir bei einer Negativkennzeichnung immer nachkontrollieren und darauf achten,