Protokoll der Sitzung vom 19.05.2015

Auch der zu erwartende Verwaltungsaufwand für eine Negativkennzeichnungspflicht spricht gegen diese; denn im Endeffekt wird jeder, der den Mehrwert hat, gerne freiwillig kennzeichnen. An der Ladentheke erhält er aufgrund einer besseren Positionierung seiner Produkte über einen höheren Preis den Mehrwert und ist deswegen gewillt, die Produkte zu kennzeichnen. Auf der anderen Seite müssten wir bei einer Negativkennzeichnung immer nachkontrollieren und darauf achten,

(Unruhe – Glocke der Präsidentin)

dass in Argentinien oder Brasilien keiner vergisst, diese Etikettierung auch durchzuführen. Genau wie Sie finden auch wir, dass die Verbraucher ein Recht darauf haben, frei zu entscheiden, ob sie Lebensmittel von Tieren konsumieren möchten, die mit gentechnisch veränderten Futtermitteln aufgezogen wurden. Eine Wahlfreiheit der Verbraucher ist in Deutschland seit 2008 durch die nationale Ohne-Gentechnik-Kennzeichnung bereits gegeben.

In der Zielsetzung sind wir uns einig. Der Weg, der zum Ziel führt, ist für uns wieder einmal anders als für Sie. Das kennen wir bereits aus der Vergangenheit. Wir halten den Weg, der für die Verbraucher den früheren und zugleich nachhaltigeren Nutzen haben wird, für den richtigen. Trotzdem sind wir gespannt, welche weiteren gangbaren Wege der Bericht der Staatsregierung aufzeigen kann. Ihren Antrag werden wir deswegen heute ablehnen.

(Beifall bei der CSU)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, auch zu diesem Antrag ist namentliche Abstimmung beantragt worden.

Der nächste Redner ist Herr Kollege Scheuenstuhl.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich bin der dritte Redner, der feststellen wird, dass vor mir ein Franke gesprochen hat – das hörte man ganz klar – und dass wir uns eigentlich alle einig sind. Nur bei der Abstimmung trennen wir uns dann wieder.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, im April dieses Jahres wurde von der EU-Kommission in Brüssel beschlossen, die Einfuhr von 19 weiteren gentechnisch veränderten Pflanzen zu erlauben. Gleichzeitig will die Kommission den Mitgliedstaaten jedoch mehr Entscheidungsfreiheit bei der Verwendung von Gentechnik gewähren. So sollen nationale Regierungen entgegen der EU-weit geltenden Nutzungserlaubnis trotzdem ein klares Verbot aussprechen können. Dieser Vorschlag wird aktuell noch beraten, und auch die Bundesregierung lehnt den Anbau gentechnisch veränderter Pflanzen in Deutschland entschieden ab.

Aus diesem Grund wird in Berlin derzeit bereits an einem nationalen Verbot gearbeitet; denn Fakt ist eines, liebe Kolleginnen und Kollegen, dass nämlich über 80 % der deutschen Bevölkerung keine Gentechnik in ihrem Essen möchten. Deshalb ist es umso wichtiger, für eine ausreichende Kennzeichnung dieser Lebensmittel zu sorgen; denn gentechnisch veränderte Nahrungsmittel unterscheiden sich optisch nicht von gentechnikfreien Produkten. Aus diesem Grund regelt eine seit April 2004 bestehende Verordnung über gentechnisch veränderte Lebens- und Futtermittel die Kennzeichnungspflicht für gentechnisch veränderte Organismen auf europäischer Ebene.

Von dieser Verordnung sind Tierprodukte ausgenommen, die indirekt mit gentechnisch veränderten Pflanzen in Berührung gekommen sind. Dies bedeutet, dass der Einsatz von Gentechnik bei tierischen Produkten wie Milch, Fleisch oder Eiern in der Regel unentdeckt bleibt; denn lediglich die Bauern und Land

wirte wissen, welche Art von Futtermittel sie verwenden, oder der Hersteller weiß es. Ob es die Bauern dann immer genau wissen, wäre noch zu prüfen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, um dieser Irreführung der Verbraucherinnen und Verbraucher ein Ende zu setzen, reicht es jedoch nicht aus, weiterhin an einer freiwilligen Kennzeichnung, welche durch die im Jahr 2008 erlassene – gewissermaßen in Anführungszeichen – Ohne-Gentechnik-Verordnung bereits existiert, festzuhalten. Es bedarf einer uneingeschränkten Kennzeichnungspflicht für Lebensmittel, in denen Gentechnik enthalten ist. Hier gilt: Es muss draufstehen, was drin ist.

Ebenfalls zu erwähnen ist der deutliche Wettbewerbsvorteil gentechnikfreier Produkte aus Bayern, der bereits mehrfach angeführt wurde und der natürlich auch für Deutschland und Europa gilt. Daher stimmt die SPD-Fraktion dem Antrag auf Gentechnik-Kennzeichnung von tierischen landwirtschaftlichen Produkten zu. Die Staatsregierung wird aufgefordert, sich auf Bundes- und EU-Ebene dafür einzusetzen, dass landwirtschaftliche Produkte von Tieren, die mit gentechnisch veränderten Futtermitteln gemästet wurden, in die EU-Verordnung über gentechnisch veränderte Lebens- und Futtermittel aufgenommen werden und daher entsprechend gekennzeichnet werden müssen.

Abschließend möchte ich mich bei den bayerischen Umweltpolitikern, insbesondere bei Staatssekretär Florian Pronold und unserer Kollegin und Generalsekretärin der SPD, Natascha Kohnen, die sich stark einsetzen, herzlich dafür bedanken, dass man sich im Koalitionsvertrag, wie bereits erwähnt, eindeutig für diese Kennzeichnung ausgesprochen hat.

(Beifall bei der SPD)

Als Nächster hat sich Kollege Kraus zu Wort gemeldet. Bitte schön, Herr Kollege Kraus.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Ministerin! Wieder einmal geht es um das Thema grüne Gentechnik. Ich brauche den Koalitionsvertrag nicht zu wiederholen. Ich brauche die Zahlen nicht zu wiederholen. Mir ist nur aufgefallen: Die CSU fordert, dass sich Drittländer diesem Thema endlich stellen, ist aber selber nicht in der Lage, das Problem in Bayern, im Bund oder in Europa zu lösen. Man deutet lieber mit erhobenem Zeigefinger auf die anderen Länder, statt mit gutem Beispiel voranzugehen.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Mir geht es nicht allein um den Antrag der GRÜNEN, den wir selbstverständlich unterstützen, also nur um tierische Produkte, sondern wie üblich sind wir allgemein bei dem Thema GVO angelangt. An und für sich wäre es ganz einfach: Überall, wo GVO drin ist, muss GVO auf der Packung stehen. Was ist an diesem Problem so schwierig? Aber gut; warum wird das nicht gemacht? Die Hersteller haben natürlich massive Lobbyarbeit und massive Finanzmittel im Hintergrund. Sie vermeiden natürlich eine Kennzeichnung. Warum? – Weil sie zu Recht die Befürchtung haben, dass ihre Produkte in den Regalen der Supermärkte stehen bleiben und nicht gekauft werden.

Wie wir alle wissen, haben wir seit 2014 die Lebensmittelinformationsverordnung. Sie war auch des Öfteren in den Ausschüssen Thema. Stichworte sind die 14 Allergene, die wir deutlich machen müssen, das Mindesthaltbarkeitsdatum und noch einige Punkte. Ab 2016 kommt sogar noch eine Nährwerttabelle auf die Packung. Das alles war politisch möglich. Nur eine ganz einfache Geschichte, nämlich die Information, was in einem Lebensmittel ist, sprich GVO auf die Verpackung zu schreiben, scheitert nach wie vor am Willen im Bayerischen Landtag, der doch nur die Staatsregierung auffordern soll, sich auf Bundes- und EU-Ebene massiv dafür einzusetzen, dass dies endlich umgesetzt wird.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Die Verordnungen, die ich gerade genannt habe, sind in Kraft getreten. Es war logisch nachvollziehbar, dass man sich bezüglich der GVO weiter für dieses Thema einsetzt.

Mein Vorredner hat schon erwähnt: Wir haben die Positivkennzeichnung "ohne Gentechnik". Das betrifft Produkte, für die das Bundesministerium Projekte massiv gefördert hat. Wenn man im Internet recherchiert, stößt man darauf, dass unsere Ministerin Ilse Aigner eine große bayerische Molkerei besucht hat, die mit dem Label "ohne Gentechnik" massiv Werbung macht. Es gibt eine Molkerei mit einem großen Milchumsatz, die einen guten Preis für gute Ware fordert. Trotzdem kaufen die Verbraucher die Ware, weil sie sich darüber im Klaren sind, dass das, was sie mehr ausgeben, den Bauern, der Umwelt und dem Anliegen dient, Bayern, Deutschland und Europa kurz- und mittelfristig GVO-frei zu machen.

Wenn man im Internet ein bisschen recherchiert, kommt man darauf, dass der jetzige amerikanische Präsident im Jahr 2007 ein Wahlversprechen abgegeben hat, wonach GVO-Produkte gekennzeichnet werden. Aber leider ist selbst in Amerika seit 2007 diesbezüglich nichts passiert, weil die Lobbyarbeit zu

mächtig war, gegen die sich der normale Verbraucher nicht durchsetzen konnte.

Abschließend: Mich würde es freuen, wenn sich die bayerische CSU einmal zu dem bekennt, was in den Ausschüssen und auch heute schon gesagt worden ist, dass wir das gemeinsame Ziel haben müssen – das hat der Vorredner von der SPD auch schon gesagt; es war der dritte Redner; ich bin der vierte –, in der Thematik einig zu werden. Aber anscheinend gilt das noch nicht für die Vorgehensweise. Wenn wir uns einig sind, dass wir zum Schutz unserer Verbraucher und der Kinder sowie für alle Gäste in unserem Land Bayern GVO-frei machen, dann darf das Vorhaben nicht scheitern. Die CSU müsste da über ihren Schatten springen und dem Antrag der GRÜNEN zur GVOKennzeichnung tierischer Produkte zustimmen, wie es auch die FREIEN WÄHLER tun. Viel Glück mit diesem Antrag!

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Damit ist die Aussprache geschlossen.

Nachdem im Haus bekannt gegeben worden ist, dass anschließend zu Tagesordnungspunkt 5 eine namentliche Abstimmung stattfinden wird, könnten wir beide Abstimmungen hintereinander durchführen. Gibt es dazu Widerspruch? – Ich sehe keinen.

Dann kommen wir jetzt zur Abstimmung zu Tagesordnungspunkt 10, Antrag der GRÜNEN betreffend "Gentechnik-Kennzeichnung von tierischen landwirtschaftlichen Produkten", Drucksache 17/5193. Sie wird in namentlicher Form durchgeführt. Der federführende Ausschuss für Umwelt und Verbraucherschutz empfiehlt die Ablehnung des Antrags. Wer entgegen dem Ausschussvotum dem Antrag zustimmen möchte, gebe bitte eine Ja-Karte ab. Für den Einwurf der Stimmkarten in die Urnen haben wir fünf Minuten Zeit. Die namentliche Abstimmung ist eröffnet.

(Namentliche Abstimmung von 18.43 bis 18.48 Uhr)

Die fünf Minuten sind um. Ich schließe die namentliche Abstimmung. Die Auszählung findet außerhalb des Saales statt. Das Abstimmungsergebnis wird nachher bekannt gegeben.

Wir kommen zurück zu Tagesordnungspunkt 5. Hier handelt es sich um die einfache Abstimmung und die namentliche Schlussabstimmung über den Gesetzentwurf der Staatsregierung zur Änderung des Bayerischen Schulfinanzierungsgesetzes, Drucksache 17/3262.

Wir kommen zur Abstimmung. Der Abstimmung liegen der Gesetzentwurf auf Drucksache 17/3262, der Änderungsantrag auf Drucksache 17/5552 und die Beschlussempfehlung des federführenden Ausschusses für Bildung und Kultus auf Drucksache 17/6407 zugrunde. Der federführende Ausschuss empfiehlt Zustimmung mit der Maßgabe, dass in § 1 die Inhaltsübersicht geändert und eine neue Nr. 10 eingefügt wird. Ich verweise insoweit auf Drucksache 17/6407. Der Ausschuss für Verfassung, Recht und Parlamentsfragen stimmte bei seiner Endberatung der Beschlussempfehlung des federführenden Ausschusses mit der Maßgabe zu, dass in der neu eingefügten Nummer 10 das Datum "31. Juli 2015" eingefügt wird.

(Unruhe)

Kolleginnen und Kollegen, ich muss Sie bitten, sich hinzusetzen, weil wir erst eine einfache Abstimmung machen. Dazu bitte ich, die Plätze einzunehmen. Alle, bitte. - Danke schön.

Wer dem Gesetzentwurf mit diesen Änderungen zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. – Das ist die CSU-Fraktion. Gegenstimmen bitte ich anzuzeigen. – Das sind die SPD, die FREIEN WÄHLER und das BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Enthaltungen? – Keine. So beschlossen.

Da ein Antrag auf Dritte Lesung nicht gestellt worden ist, führen wir gemäß § 56 der Geschäftsordnung sofort die Schlussabstimmung durch. Diese wird nun in namentlicher Form durchgeführt.

(Unruhe)

- Gibt es Widerspruch? Nein? – Ich dachte, Sie meinen mich. Ich wusste nicht, dass Sie in dieser Lautstärke nur mit den Kolleginnen und Kollegen reden. Wir sind mitten in der Abstimmung. Die Urnen sind bereitgestellt. Ich eröffne die namentliche Abstimmung. Sie haben drei Minuten Zeit.

(Namentliche Abstimmung von 18.51 bis 18.54 Uhr)

Kolleginnen und Kollegen, die drei Minuten sind um, ich schließe die Abstimmung. Auch dieses Ergebnis wird außerhalb des Plenarsaals ermittelt und später bekannt gegeben.

Jetzt gebe ich das Ergebnis der namentlichen Abstimmung über den Antrag der Abgeordneten Margarte Bause, Ludwig Hartmann, Rosi Steinberger und anderer und Fraktion (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) betreffend "Gentechnik-Kennzeichnung von tierischen landwirtschaftlichen Produkten", Drucksache 17/5193, bekannt. Bevor ich das tue, bitte ich Sie, sich wieder

hinzusetzen, damit Sie das Ergebnis auch hören können. Mit Ja haben gestimmt 60, mit Nein haben gestimmt 78 Abgeordnete. Stimmenthaltungen gab es keine. Damit ist der Antrag abgelehnt.

(Abstimmungsliste siehe Anlage 4)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir haben noch eine gute halbe Stunde Zeit. Ich werde jetzt noch die nächsten beiden Tagesordnungspunkte gemeinsam aufrufen und dann die Sitzung beenden, weil heute Abend um 19.30 Uhr eine Veranstaltung hier im Hause stattfindet und das so vereinbart ist. Die Tagesordnungspunkte 13, 14 und 15 kommen heute also nicht mehr dran.

Ich rufe die Tagesordnungspunkte 11 und 12 auf:

Antrag der Abgeordneten Margarete Bause, Ludwig Hartmann, Rosi Steinberger u. a. und Fraktion (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Bericht über die Zukunft der Putenmast (Drs. 17/5486)

und

Antrag der Abgeordneten Eric Beißwenger, Dr. Otto Hünnerkopf, Gudrun Brendel-Fischer u. a. (CSU) Tierschutz in der Putenmast (Drs. 17/5637)