Protokoll der Sitzung vom 16.07.2015

Verehrte Präsidentin, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Die Standpunkte wurden schon relativ ausführlich geschildert. Lassen Sie mich eines vorausschicken: ARD-alpha bzw. das ehemalige BR-alpha – das ist unstrittig – erfüllt einen ganz wichtigen Bildungsauftrag und ist ein ganz wichtiges Programm.

(Beifall des Abgeordneten Thomas Gehring (GRÜNE))

Demzufolge ist es wichtig, die Must-Carry-Verpflichtung zu erhalten. Das betrifft natürlich nicht nur ARDalpha, sondern im Prinzip grundsätzlich die Einspeisung ins analoge Kabelnetz. Sicherlich brauchen wir irgendwann den Umstieg auf das digitale; ob sich das aber dadurch forcieren lässt, dass wir den MustCarry-Auftrag aufgeben, halte ich für fraglich. An der Stelle ist es natürlich ausdrücklich zu begrüßen, dass das BGH-Urteil den Öffentlich-Rechtlichen im Streit mit den Kabelnetzbetreibern in weiten Teilen recht gegeben hat. Unabhängig davon ist der Fall von ARDalpha doch relativ komplex. Wir haben zum einen das laufende Verfahren des BR gegen die BLM. Ich finde es schwierig, jetzt mit dem Gesetzentwurf einzugreifen. Der andere Punkt ist, dass es durchaus unterschiedliche Auffassungen dazu gibt, ob die Beauftragung nicht tatsächlich durch einen Rundfunkstaatsvertrag erfolgen müsste. Die Mehrheit der Länder ist dieser Meinung.

Ich halte es für durchaus riskant, an der Stelle vorzupreschen und das Bayerische Rundfunkgesetz und das Bayerische Mediengesetz zu ändern, wenngleich ich glaube, dass diese Änderungen langfristig erfolgen müssen. Ich würde aber dafür plädieren, das Verfahren noch abzuwarten.

Über die Frage, ob die inhaltliche Ausrichtung tatsächlich die gleiche ist, muss auch noch einmal diskutiert werden. Dass das Programm weiterhin in alleiniger Trägerschaft des BR ist, ist das eine; andererseits lässt sich nicht leugnen: Das Programmschema hat sich verändert. Vieles spricht dafür, dass die Beauftragung gleich bleibt; dennoch würde ich dafür plädieren, in den zuständigen Gremien und in den Rundfunkräten nochmals zu diskutieren und ein festes Meinungsbild zu gewinnen. Es sollte abgewartet werden, was die Diskussionen um die Änderung des Rundfunkstaatsvertrags ergeben. Ich bin relativ guter Hoffnung, dass dann eine gute Lösung gefunden wird. Es sieht im Moment auch so aus, dass der Kabelnetzbetreiber bis dahin weiterhin in Bayern überträgt.

Wir haben deshalb große Sympathie für den Gesetzentwurf, haben aber die Bitte, noch abzuwarten. Deshalb enthalten wir uns, auch wenn wir die grundsätzliche Intention natürlich teilen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Danke schön, Frau Osgyan. – Der vorläufig letzte Redner, zumindest in diesem Block, ist Staatsminister Dr. Huber. Bitte schön, Herr Huber.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Redebeiträge, die wir gerade gehört haben, zeigen sehr viel Gemeinsamkeit. Wir in der Politik für diesen Bereich Zuständigen unterstützen den öffentlich-rechtlichen Rundfunk in seinem verfassungsmäßigen Auftrag für Information und Bildung. Wir stehen für Medienvielfalt, aber eben auch für hochwertige Informationskanäle, und zwar nicht nur in Bayern, sondern in ganz Deutschland. Das BR-Produkt ARD-alpha ist ein solches hochwertiges Programm. Uns eint der Wunsch – das konnte man gerade deutlich feststellen –, dieses Programm möglichst vielen Menschen zugänglich zu machen. Für ARDalpha als Nachfolgekanal von BR-alpha brauchen wir deswegen eine tragfähige Lösung. Wir wollen die Verbreitung im analogen Kabel weiterhin sicherstellen. Wir sind uns nur uneins über den Weg, um dies zu erreichen.

Ich halte den Gesetzentwurf der SPD-Fraktion nicht für geeignet, um dieses Ziel zu erreichen. Es reicht nicht, nur den Sendernamen im Bayerischen Rundfunkgesetz und im Bayerischen Mediengesetz zu ändern. Die Mehrheit der Länder – ich darf Ihnen das aus den Gesprächen in der Rundfunkkommission berichten, ganz nebenbei gesagt: Es sind überwiegend SPD-regierte Länder – sieht nämlich in ARD-alpha ein neues Programm. Nach ihrer Einschätzung geht es

hier um mehr als nur um eine Umbenennung. Der Bayerische Rundfunk selbst wirbt mit seinem neuen Programmschema. Daran sehen die anderen Länder, dass es hier nicht nur um eine Namensänderung geht.

Aus meiner Sicht gibt es nur eine zukunftsfähige Lösung: Wir brauchen eine eigenständige Beauftragung für ARD-alpha im Rundfunkstaatsvertrag. Die Rundfunkreferenten arbeiten bereits fieberhaft an der Umsetzung. Wenn etwas schon so gut auf dem Weg ist und im Verfahren schon so weit gediehen ist, sollte man es nicht durch einen landesinternen Vorstoß gefährden. Die rein redaktionelle Änderung des Bayerischen Rundfunkgesetzes und des Bayerischen Mediengesetzes, wie es der SPD-Gesetzentwurf vorsieht, wäre ein bayerischer Alleingang mit einem hohen Konfliktpotenzial. Sie alle wissen, wie ungern wir Alleingänge hier in Deutschland machen.

(Zurufe von der SPD: Ah!)

Ich bin davon überzeugt: Wenn wir in Medienfragen weiterhin erfolgreich mit den anderen Ländern zusammenarbeiten wollen, ist ein medienpolitischer Konsens unter den deutschen Ländern zwingend erforderlich.

Ich glaube, das Gerichtsverfahren ist nicht der geeignete Lösungsansatz, um in der Streitigkeit zwischen Kabel Deutschland und Bayerischem Rundfunk und BLM voranzukommen. Wenn wir die Ausstrahlung auch im analogen Kabelnetz möglichst schnell fix machen wollen, sollten wir das über eine Beauftragung für ARD-alpha im Rundfunkstaatsvertrag machen.

Aus diesem Grunde sollten wir dem Gesetzentwurf der SPD nicht zustimmen. Setzen wir weiter auf Dialog, auf Konsens und auf Zusammenarbeit der Länder in der Rundfunkkommission. Machen wir keinen Alleingang und warten wir auf den Ausgang des Verfahrens!

(Beifall bei der CSU)

Danke schön, Herr Staatsminister. Damit ist die Redeliste erschöpft. Die Aussprache ist geschlossen. Wir kommen zur Abstimmung. Der Abstimmung liegt der Initiativgesetzentwurf auf Drucksache 17/5931 zugrunde. Der federführende Ausschuss für Wissenschaft und Kunst empfiehlt die Ablehnung des Gesetzentwurfs. Wer dagegen dem Gesetzentwurf zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. – Das ist die SPD-Fraktion. Gegenstimmen bitte. – Das ist die CSU-Fraktion. Enthaltungen? – Das sind die Fraktionen der FREIEN

WÄHLER und von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Damit ist der Gesetzentwurf abgelehnt.

Ich rufe noch den Tagesordnungspunkt 9 auf:

Abstimmung über Europaangelegenheiten, Verfassungsstreitigkeiten und Anträge, die gemäß § 59 Abs. 7 der Geschäftsordnung nicht einzeln beraten werden (s. Anlage 1)

Von der Abstimmung ausgenommen sind die Nummer 9 und die Nummer 38 der Anlage zur Tagesordnung, über die gesondert abzustimmen ist.

Ich rufe die Listennummer 9 der nicht einzeln zu beratenden Anträge auf:

Antrag der Abgeordneten Natascha Kohnen, Annette Karl, Andreas Lotte u. a. (SPD) Aktuelle Ausbauziele für Erneuerbare Energien vorlegen (Drs. 17/6157)

Über diesen Antrag soll auf Antrag der SPD-Fraktion in geänderter Fassung abgestimmt werden. Danach sollen die konkreten Ausbauziele bis Ende Oktober 2015 vorgelegt werden. Damit Sie wissen, worüber wir nun genau abstimmen, lese ich den Text vor:

Die Staatsregierung wird aufgefordert, aktuelle, konkrete Ausbauziele für Erneuerbare Energien im direkten Vergleich zum ehemaligen bayerischen Energiekonzept der Staatsregierung "Energie innovativ" bis Ende Oktober 2015 vorzulegen.

Wer dem Antrag in dieser geänderten Fassung zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind die Fraktionen der CSU, der SPD, der FREIEN WÄHLER und der GRÜNEN. Gibt es Gegenstimmen? – Ich sehe keine. Enthaltungen? – Auch nicht. Damit ist der Antrag in der geänderten Fassung angenommen.

Dann rufe ich die Listennummer 38 der nicht einzeln zu beratenden Anträge auf:

Antrag der Abgeordneten Andreas Lotte, Annette Karl, Natascha Kohnen u. a. (SPD) Die Energiewende in Bayern sinnvoll befördern (Drs. 17/6551)

Hier liegen unterschiedliche Voten des federführenden Ausschusses, der dem Antrag in einer Neufassung zugestimmt hat, und des mitberatenden Ausschusses für Staatshaushalt und Finanzfragen, der die Ablehnung des Antrags vorschlägt, vor. Die SPDFraktion hat gemäß § 126 Absatz 3 Satz 3 unserer Geschäftsordnung beantragt, über die Neufassung,

die der federführende Ausschuss für Wirtschaft und Medien, Infrastruktur, Bau und Verkehr, Energie und Technologie beschlossen hat, abstimmen zu lassen. Ich lese die Neufassung vor:

Die Staatsregierung wird aufgefordert zu prüfen, inwieweit der Austausch alter Heizungspumpen gegen moderne, elektronische Effizienzpumpen vorangebracht werden kann.

Besteht damit Einverständnis, dass wir über diese Fassung abstimmen? – Ich sehe keinen Widerspruch. Dann lasse ich so abstimmen. Wer dem Antrag in der Neufassung des federführenden Ausschusses zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. Das sind die Fraktionen der SPD, der FREIEN WÄHLER und von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Gegenstimmen? – Das ist die CSU-Fraktion. Enthaltungen? – Ich sehe keine. Damit ist der Antrag abgelehnt. - Ich war mir nicht ganz sicher; aber die beiden Schriftführerinnen sagen nichts anderes.

Nun lasse ich noch über die Antragsliste abstimmen. Hinsichtlich der jeweiligen Abstimmungsgrundlagen mit den einzelnen Voten der Fraktionen verweise ich auf die Ihnen vorliegende Liste.

(Siehe Anlage 1)

Wer mit der Übernahme seines Abstimmungsverhaltens bzw. des jeweiligen Abstimmungsverhaltens seiner Fraktion entsprechend der aufgelegten Liste einverstanden ist, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind alle Fraktionen. Danke schön. Gibt es Gegenstimmen? – Nein. Stimmenthaltungen? – Auch nicht. Dann übernimmt der Landtag diese Voten.

Damit kann ich Sie jetzt in die Mittagspause bis 14.00 Uhr entlassen. Nach der Mittagspause machen wir nur noch die Dringlichkeitsanträge.

(Unterbrechung von 13.05 bis 14.03 Uhr)

Kolleginnen und Kollegen, ich nehme nach der Mittagspause die Sitzung wieder auf. Ich bitte die Kolleginnen und Kollegen, die sich noch nicht im Plenarsaal eingefunden haben, sich hier einzufinden. - Wir haben draußen sommerliche Temperaturen. Ich darf also Marscherleichterung für die Kollegen ansagen.

(Beifall bei der CSU)

Wir kommen zu Tagesordnungspunkt 10:

Beratung der zum Plenum eingereichten Dringlichkeitsanträge

Zur gemeinsamen Beratung rufe ich auf:

Dringlichkeitsantrag der Abgeordneten Markus Rinderspacher, Martin Güll, Dr. Simone Strohmayr u. a. und Fraktion (SPD) Demographische Rendite von 555 Stellen an den Realschulen belassen (Drs. 17/7551)

und

Dringlichkeitsantrag der Abgeordneten Margarete Bause, Ludwig Hartmann, Thomas Gehring u. a. und Fraktion (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Bildungsfinanzierung der Staatsregierung gescheitert (Drs. 17/7557)

und

Dringlichkeitsantrag der Abgeordneten Hubert Aiwanger, Florian Streibl, Günther Felbinger u. a. und Fraktion (FREIE WÄHLER) Demografische Rendite aufgebraucht! Modellrechnungen zur Entwicklung der Schülerzahlen in Bayern vornehmen Stellenbedarf an bayerischen Schulen endlich transparent machen! (Drs. 17/7579)

Ich darf, bevor ich die allgemeine Aussprache eröffne, bekannt geben, dass die SPD-Fraktion für ihren Antrag namentliche Abstimmung beantragt hat. Wir beginnen mit der Aussprache. Ich darf als Erster Frau Kollegin Wild das Wort erteilen. Bitte schön, Frau Kollegin.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! "Aus Eins mach Zehn … und Zwei lass geh‘n" – so hat die Zeitschrift eines großen Lehrerverbandes im vergangenen Jahr einen Artikel betitelt, in dem es um die demografische Rendite geht. Darin wird auch auf die wunderbaren arithmetischen Rechenkünste unseres Herrn Dr. Spaenle Bezug genommen. Hintergrund für diesen Titel war der "Bayernplan", also das Wahlprogramm der CSU. Darin heißt es – das kann man nachlesen; man muss Wahlprogramme ernst nehmen können –: Wir in Bayern machen das völlig anders als andere Bundesländer. Wir wollen unsere Schulen stärken und belassen die demografische Rendite im System.

Dann aber kam es zum Schwur; denn bereits im April 2014 galt diese Aussage nicht mehr. Herr Dr. Spaenle trat nämlich vor die Mikrofone und verkündete, dass 832 Stellen wegfallen würden. Dagegen erhob sich großer Protest, aber nicht nur vonseiten der Schulen. Auch Herr Ministerpräsident Seehofer forderte eine Korrektur. Er fügte hinzu: Wenn das nicht von anderer Seite korrigiert wird, dann mache ich das selbst. - Offensichtich ist die Berechnung der demografischen Rendite nicht ganz einfach; jedenfalls haut das nicht immer hin.