Protokoll der Sitzung vom 21.07.2015

Deshalb ist die Vermummung bei Demonstrationen verboten, und zwar nicht erst seit heute, sondern bereits seit 1985. Damals wurde das Versammlungsgesetz des Bundes geändert, um die Vermummung bei Demonstrationen zu verbieten. Seit 1985 erwartet diejenigen, die gegen dieses Verbot verstoßen, ein Strafverfahren, weil seit jenem Jahr der Verstoß gegen das Vermummungsverbot eine Straftat ist. Der Strafrahmen ist eine Freiheitsstrafe von bis zu einem Jahr oder eine Geldstrafe. Dies alles ist seit 30 Jahren bestehende Rechtslage. Durch die Föderalismusreform wurde das Versammlungsrecht in die Zuständigkeit der Länder gegeben. Bayern hat das umgesetzt. Deshalb ist Vermummung auch in Bayern seit dem Jahr 2008 verboten und unter Strafe gestellt. Im Zuge verschiedener Änderungen des Versammlungsgesetzes im Jahr 2010 wurde das Vermummungsverbot zu einer Ordnungswidrigkeit herabgestuft.

(Dr. Paul Wengert (SPD): Von wem denn? Sagen Sie das dazu!)

- Wir alle wissen, dass dies ein politischer Kompromiss mit der FDP war.

(Dr. Paul Wengert (SPD): Wie beim Betreuungsgeld! – Unruhe – Glocke des Präsidenten)

Sie alle wissen, dass das ein politischer Kompromiss war. Es war ein Kompromiss, mit dem wir politisch-inhaltlich nie glücklich geworden sind. Mit der damaligen Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts

hat das übrigens nichts zu tun, weil das Thema Vermummung nicht Gegenstand der damaligen Verfassungsbeschwerden war. Da wir uns mit dieser Änderung des Jahres 2010 bis heute nicht angefreundet haben, soll durch unsere Gesetzesinitiative der alte Rechtszustand, der seit 30 Jahren bewährte Rechtszustand, wiederhergestellt werden. Der Verstoß gegen das Vermummungsverbot soll wieder unter Strafe gestellt werden.

(Beifall bei der CSU)

Um es nochmals zu betonen: Diese Rechtslage gilt in Deutschland generell seit 1985, also seit 30 Jahren. Die Vermummung steht in 14 von 16 Bundesländern unter Strafe. Ich muss nicht extra betonen, dass auch im grün-rot regierten Baden-Württemberg die Vermummung keine Ordnungswidrigkeit ist, sondern eine Straftat. Nur in Sachsen-Anhalt und derzeit in Bayern ist sie keine Straftat. Das wollen wir ändern, weil nach meiner festen Überzeugung die Vermummung der erste Schritt zu Krawall und Chaos ist. Dies ist nicht akzeptabel, weil es einen Unterschied ausmacht, ob man die Parkzeit überschreitet, um eine klassische Ordnungswidrigkeit zu nennen, oder ob man im Schutz der Anonymität Straftaten begeht. Daher ist die Strafe, nicht die Einstufung als Ordnungswidrigkeit, die richtige Antwort auf solches Verhalten.

(Beifall bei der CSU)

Wir halten das übrigens für eine Selbstverständlichkeit. Mit dieser Auffassung sind wir nicht allein. Viele Gespräche mit Polizistinnen und Polizisten, aber auch mit Bürgerinnen und Bürgern haben ergeben, dass diese das genauso sehen. Nur die GRÜNEN sehen es natürlich anders. Das ist der übliche pawlowsche Reflex der GRÜNEN: Sie rufen nach dem Verfassungsgericht. Das scheint im Übrigen die einzige Handlungsalternative zu sein, die ihnen in letzter Zeit einfällt, nämlich entweder einen Untersuchungsausschuss zu fordern oder das Verfassungsgericht anzurufen.

(Beifall bei der CSU – Katharina Schulze (GRÜNE): Dann stimmen Sie unseren Anträgen einmal zu! Dann müssen wir das nicht machen!)

Auf der anderen Seite überrascht mich der Reflex natürlich nicht; denn es liegt wiederum und zum wiederholten Male an dem völlig gestörten Verhältnis der GRÜNEN zu unserer Polizei und zum Rechtsstaat.

(Beifall bei der CSU)

Dieses Verhältnis ist von Misstrauen gegenüber der Polizei geprägt.

(Margarete Bause (GRÜNE): Misstrauen gegen die CSU!)

Wir hingegen sagen: Vertrauen statt Misstrauen. Wir stehen hinter unserer Polizei.

(Beifall bei der CSU)

Ein Zweites kommt hinzu: Ich frage mich, welches Bild die GRÜNEN eigentlich von unserem Rechtsstaat und der Realität unserer Demokratie haben.

(Thomas Mütze (GRÜNE): Welches Bild haben Sie von den GRÜNEN? Das ist die Frage, die sich hier stellt! – Josef Zellmeier (CSU): Ein realistisches!)

Das Bild ist von Erfahrungswerten geprägt und entspricht deshalb der Realität.

(Zuruf des Abgeordneten Thomas Mütze (GRÜNE))

Herr Mütze!

Ich habe jedenfalls den Eindruck, dass es für die GRÜNEN ein Ausdruck von unglaublichem Heldenmut und einmaliger Zivilcourage ist, wenn man im Rahmen einer Demonstration für politische Ziele eintritt. Man muss den Eindruck haben, dass man in unserem Land seine Meinung in Freiheit und ohne Angst vor Repressionen nur zum Ausdruck bringen kann, wenn man sich anonymisiert und vermummt. Daher frage ich Sie: Welches Bild haben Sie von unserer Demokratie?

(Beifall bei der CSU)

Die Wahrheit ist: Jeder kann in unserem Land demonstrieren und frei und unbehelligt für was oder wen auch immer eintreten. Ganz im Gegenteil, seitens der Polizei und der Sicherheitsbehörden wird ein immenser Aufwand betrieben, um gerade die Demonstrationsfreiheit zu schützen. Diese Realität einer verlässlichen, funktionierenden und freiheitlichen Demokratie scheint an Ihnen völlig vorbeizugehen.

Übrigens hat das Thema Vermummung nichts mit Faschingskostümen oder anderen Verkleidungen zu tun – jedenfalls nicht, solange Kostümierungen nicht zum Vorwand genommen werden, um Steine oder Brandsätze zu werfen.

(Ulrike Gote (GRÜNE): Wie war das in Gräfenberg?)

Daher gehen Ihre an den Haaren oder am Eisbärenfell herangezogenen Beispiele völlig an der Sache

vorbei – kolossaler Klamauk statt ernsthafter Beschäftigung mit der Thematik.

(Beifall bei der CSU)

Legen Sie doch einfach einmal die ideologischen Scheuklappen ab. Nicht der Staat oder die Polizei verhindern die friedliche Ausübung des Demonstrationsrechts, sondern genau diejenigen, die wir mit unserem Gesetzentwurf treffen und die Sie offenbar in Schutz nehmen wollen. Das sind diejenigen, die eben nicht friedlich demonstrieren. Das sind diejenigen linken und rechten Extremisten und Gewalttäter, die friedliche Demonstrationen pervertieren und das Demonstrationsrecht nur vorschieben, um Steine zu werfen, Straßenschilder zu schleudern, Polizisten zu verletzen oder Autos und Geschäfte anzuzünden. Denken Sie einfach in Ruhe darüber nach. Nicht der Staat hindert unbescholtene Bürger daran, zu Demos zu gehen, sondern Gewalttäter, denen sich auch die völlig normalen Bürger, die ganz friedlich demonstrieren wollen, eben nicht aussetzen wollen. Sie wollen sich von ihnen auch nicht verletzen lassen. Daher wird umgekehrt ein Schuh daraus: Das Verbot der Vermummung ist kein Eingriff in die Demonstrationsfreiheit, sondern ein Schutz der friedlichen Demonstrationen. Das versteht jeder – nur die GRÜNEN nicht.

(Beifall bei der CSU)

Unser Konzept heißt: Wehrhafte Demokratie und Deeskalation durch Stärke. Wir wollen den Anfängen wehren. Wir wollen Aktionen, die das Demonstrationsrecht an der Wurzel packen würden, bereits im Keim ersticken. Daher sage ich: Bevor Sie reflexartig nach dem Verfassungsgericht rufen, klären Sie erst einmal Ihr eigenes Verhältnis zu unserem Rechtsstaat.

(Beifall bei der CSU – Ingrid Heckner (CSU): Bravo!)

Die SPD hat sich ebenfalls ablehnend zu unserem Vorstoß geäußert. Die Bedenken, die von Herrn Kollegen Schindler geäußert werden, sind im Gegensatz zur schäumenden Rage der GRÜNEN durchaus seriös und ernsthaft abzuwägen. Die SPD verweist darauf, dass die Einstufung als Ordnungswidrigkeit im Gegensatz zur Straftat für die Polizei einen weiteren Ermessensspielraum eröffnet, im Einzelfall tatsächlich einzuschreiten oder eben nicht. Dies mag formalrechtlich betrachtet nachvollziehbar sein, aber es überzeugt mich nicht in der Sache. Die Polizeiführer werden selbstverständlich immer und in jedem Einzelfall genau abwägen, welches konkrete taktische Vorgehen angesichts der konkreten Einsatzlage angezeigt ist. Sie entscheiden, ob die sofortige Verfolgung eines Verstoßes gegen das Vermummungsverbot sinnvoll ist oder nicht. Das hat in den letzten 40 Jahren, in

denen es die Straftat gab, auch bestens funktioniert. Die bayerische Polizei ist dafür bekannt, auch komplizierte Demonstrationssituationen hervorragend zu meistern. Das wird sich auch nicht ändern. Aus meiner Sicht besteht daran kein Zweifel.

Ich lege den Schwerpunkt darauf, potenziellen Straftätern klipp und klar zu sagen: Wenn ihr euch vermummt, ist das keine lässige Sünde, wie das Überschreiten der Parkzeit auf dem Parkplatz, sondern eine Straftat. Daher sage ich zur SPD: Schieben Sie keine Praktikabilitätserwägungen vor, wenn es um das Grundsätzliche geht. Das Grundsätzliche bedeutet für uns: Der demokratische Diskurs in einer freien Gesellschaft wird davon geprägt, dass jeder seine Meinung in Wort und Bild oder im Rahmen von Demonstrationen frei äußern kann. Dazu gehören nicht nur die politischen Botschaften selbst, die man verbreiten möchte, sondern auch der Absender der Botschaften. Wenn man sich mit der Meinung eines anderen auseinandersetzen soll, muss man wissen, von wem diese Meinung geäußert wird. Die Anonymität ist jedoch das Gegenteil der freien Meinungsäußerung.

Zum Grundsätzlichen gehört auch, dass das Gegenteil der friedlichen Demonstration die Demonstration mit Gewaltverbreitung ist. Eine Demonstration, die in Gewalt ausartet, schreckt andere, ganz normale Bürger, davon ab, von ihrem Demonstrationsrecht Gebrauch zu machen. Damit ist sie demokratiefeindlich. Wer sich vermummt – das zeigen die Erfahrungen der letzten Monate –, wirft auch Steine, verletzt auch Menschen und zündet auch Autos an. Wer sich vermummt, greift das Demonstrationsrecht im Kern an. Daher gehört die Vermummung unter Strafe gestellt. Demokraten sollten sich in einem Punkt sehr einig sein: Der freie Mensch zeigt sein Gesicht.

(Beifall bei der CSU)

Herr Kollege, bitte bleiben Sie am Rednerpult. Frau Kollegin Gote hat sich zu einer Zwischenbemerkung gemeldet. Bitte schön, Frau Kollegin.

Herr Kollege, Sie haben wahrscheinlich mit Bezug auf die sehr gelungene Pressekonferenz meiner Kollegin Schulze gestern versucht, unsere Kritik an Ihrem Gesetzentwurf etwas ins Lächerliche zu ziehen. Sie sagten, es gehe nicht darum, eine Verkleidung oder eine Kostümierung zu kriminalisieren.

Ich weiß nicht, ob Sie sich im Jahr 2007 schon mit der Thematik befasst haben. Ich habe es jedenfalls getan. Zu dieser Zeit war ich monatlich in Gräfenberg und habe nahezu an jeder Demo gegen die Nazi-Aufmärsche teilgenommen. Eine Demo hat im Dezember

rund um den Nikolaustag stattgefunden. An diesem Tag hatten sich zwölf Bürgermeister aus der Region als Nikoläuse verkleidet. Diese Bürgermeister durften aufgrund Ihres Vermummungsverbots ihre Bärte nicht tragen. Die Polizei hat sogar geprüft, ob sie die roten Mäntel anbehalten dürfen, weil dies eine Uniformierung sei. – So viel dazu.

Ich frage mich: Sind Ihre Erkenntnisse so abgesichert, wie Sie sagen? Vor allen Dingen frage ich mich: Welches Verhältnis haben Sie eigentlich zum Bürger und zur Bürgerin, wenn Sie unser Verhältnis zur Polizei infrage stellen?

(Beifall bei den GRÜNEN)

Danke schön, Frau Kollegin. – Herr Kollege, Sie haben das Wort.

Das Verbot der Vermummung ist seit dem Jahr 1985 Konsens in Deutschland. Das ist der erste Punkt. Der zweite Punkt betrifft die Frage, ob es sich um eine Ordnungswidrigkeit oder eine Straftat handelt. Aber es besteht kein Zweifel daran, dass man sich ohne Waffen, ohne Schutzwaffen und ohne Verkleidung zu Demonstrationen begibt.

Die Praxis der letzten 40 Jahre hat gezeigt, dass es Ausnahmen gibt. Das Thema kann man jedoch ins Lächerliche ziehen, indem man mit Eisbärenkostümen herumläuft. Ich habe eher die Bilder vor Augen, auf denen schwarz Vermummte – der Schwarze Block der linken Chaoten – mit Molotowcocktails oder Steinen in der Hand zu sehen sind. Geben Sie das im Internet ein, dann werden Sie es sehen. Das ist die Realität, in der am Ende Menschen verletzt werden. Das ist nicht in Ordnung. Deshalb gehört die Vermummung unter Strafe gestellt.

(Beifall bei der CSU)

Danke schön, Herr Kollege. – Als Nächster hat Herr Kollege Schindler von der SPD das Wort. Bitte schön, Herr Kollege.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich möchte vorweg sagen: Das Land hat andere Probleme als das von Ihnen aufgeworfene.