Bildung von Flüchtlingen, Bildung einer Einwanderungsgesellschaft, die wir sind – hier versagen Sie. Mit der Nachschubliste haben Sie ziemlich viele Stellen geschaffen. Das geben wir zu. Wir brauchen die Stellen jedoch jetzt. Das wäre auch möglich gewesen, wären Sie nicht die ewige Neinsager-Partei gewesen. Wenn Sie unserem Antrag zum Nachtragshaushalt im Frühsommer zugestimmt hätten, hätten wir die Lehrer jetzt. Die Lehrkräfte brauchen wir jetzt an den Schulen und nicht erst im September nächsten Jahres.
Sie sagen immer, dass Kinder und die Bildung der Kinder unsere einzige Ressource sind. Wie oft wollen Sie das noch gebetsmühlenartig sagen? – Sie tun nicht genug dafür und handeln nicht entschieden.
Verabschieden Sie sich von der Vorstellung, dass übermorgen keine Flüchtlinge oder Einwanderungskinder mehr da sein werden. Die Stellen im Haushalt wollen Sie wieder nur für zwei Jahre schaffen – wie absurd. Die Bildung ist der Schlüssel zur Integration. Das sagen Sie auch immer. Tun Sie etwas dafür, und grenzen Sie die Menschen mit Ihrer Politik nicht aus. Hinterher beschweren Sie sich wieder über Parallelgesellschaften.
Ich komme zum Thema Wohnungsbau. Mit der Nachschubliste wird die Wohnraumförderung um 100 Millionen Euro aufgestockt. Das stimmt. Allerdings kommt die Hälfte der Mittel vom Bund. Das Geld ist "nur" für Asylbewerber und Flüchtlinge vorgesehen. Unabhängig von den Flüchtlingen besteht ein hoher Bedarf insbesondere in den Ballungszentren. Das haben wir heute auch schon gehört. Sie haben hierbei alles verschlafen, was es zu verschlafen gab. Wir brauchen mehr sozialen Wohnungsbau, und wir brauchen mehr Wohnungsbau für Studierende. Leider steht in Ihrem Nachtrag nichts darüber – aber in unseren Anträgen. Das hat nichts mit Flüchtlingen zu tun, sondern mit der Tatsache, dass immer Menschen ihre Heimat und ein neues Zuhause in der Großstadt suchen. Mit der Heimatstrategie des sogenannten Heimatministers lösen Sie dieses Problem ganz offensichtlich nicht. Der Zuzug in die Großstädte Bayerns ist ungebrochen. Egal wie oft sich der Finanzminister mit Förderbescheiden für den Breitbandausbau noch fotografieren lässt, wir brauchen dringend mehr Geld für den Wohnungsbau.
Abgesehen davon sind wir gespannt, wie schnell das zugesagte Geld für den Breitbandausbau tatsächlich bei den Kommunen ankommt. Öffentlichkeitswirksame, fotografierte Förderbescheide reichen alleine nicht.
Aus haushaltspolitischer Sicht muss man bei der sogenannten Heimatstrategie einen Blick auf die Kosten werfen. Was die Verlagerungen kosten, wird erst nach und nach klar. Die Staatsregierung hat auf meine Schriftliche Anfrage geantwortet, dass sie es nicht wisse. Die Staatsregierung sagt, sie könne es nicht wissen, da es sich um einen Prozess handle. Meiner Meinung nach ist es kein solider, wirtschaftlicher oder haushalterischer Weg, einen großen Wurf anzukündigen und dann als Finanzminister keinen Plan – 0,00 – zu haben, wie viel dieser Wurf kosten wird. Mit dem Nachtrag können wir langsam erahnen, wie teuer den Freistaat die vermeintliche Rettung des ländlichen Raums zu stehen kommen wird, vermutlich deswegen, weil Sie eben keine Antwort auf die strukturellen Probleme Bayerns haben. Sie haben keinen Plan, wie viel die Behörden- bzw. die Arbeitsplatzverlagerungen – teilweise sind es zwei oder drei Arbeitsplätze – kosten.
Eine finanzielle Bewertung Ihrer Pläne ist unmöglich, wenn Sie vorher keinen Plan vorlegen, wie viel das kosten soll. Das macht jede Effizienzkontrolle Ihres Planes unmöglich. Aber im vorliegenden Haushaltsentwurf sind neben den Kosten, die zu erwarten waren, wie Umzugskosten, Kosten für Baumaßnah
men, Trennungsgeld und Reisekosten, weitere sehr ungewöhnliche Kosten aufgetaucht, an die bislang selbst wir GRÜNE nicht gedacht hatten. Es gibt nämlich zusätzliche 200 Stellen, obwohl der Herr Ministerpräsident gesagt hat, es gebe in dieser Legislaturperiode keine einzige neue Stelle. Aber diese Stellen sind reine Pufferstellen, 200 Pufferstellen, weil die Beamtinnen und Beamten nicht woanders hingehen wollen und hierbleiben wollen. Das sind Stellen, die Sie nur brauchen, um die Behördenteile zu verlagern. Wie es heißt, geschieht dies in einer ersten Tranche. Vielleicht werden es also auch 400 oder 600 neue Stellen, damit es eine sogenannte Heimatstrategie geben kann. Wozu? - Die Verwaltung wird dadurch keinen Deut besser, bei Zusatzkosten für mindestens 200 Vollzeitstellen. Ein wichtiges Kriterium bei Behördenverlagerungen ist, dass die Verwaltung dabei nicht geschwächt wird. Aber so, wie Sie es machen, gehen Wissen, Erfahrung und Kompetenz verloren. Ich nenne ein Beispiel: Die Verlagerung der Bewertungsstelle des Münchner Finanzamtes nach Höchstädt.
- Das Kind ist schon in den Brunnen gefallen. Du brauchst nicht so zu tun, als wenn du überrascht wärst. Es ist schon in Beton gegossen. - Aber bitte, dann verlagern Sie halt einfach etwas anderes, zum Beispiel die Einkommensteuerstelle. Sie wollen schon wieder die Bewertung verlagern. Man kann von Höchstädt aus einfach nicht Immobilien in München bewerten. Da liegt langsam der Gedanke nahe, dass ihr hintenrum doch die Erbschaftssteuer unterhöhlen wollt. Das ist eine ganz perfide Strategie, zu sagen, dass die Bewertungsstelle jetzt weit ab vom Schuss ist. Die Kompetenz geht verloren, niemand will mitgehen. Also lassen Sie das bitte.
Ich komme zur Eichverwaltung, weil der Herr Finanzminister gerade bei der Kollegin aus Berchtesgaden sitzt. Wegen der Verlagerung der Eichverwaltung nach Berchtesgaden sollen 20, noch einmal das Wort, zwanzig neue Pkw angeschafft werden. Für 50 zu verlagernde Stellen 20 neue Pkw! Da frage ich mich, wann die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter überhaupt eichen sollen, wenn sie die ganze Zeit unterwegs sein werden. Und wie viele zusätzliche Mitarbeiter braucht die Eichverwaltung, um die vielen sinnlosen Reisezeiten auszugleichen?
Zwei kurze Sätze zur Finanzverwaltung: Diese ist in Bayern chronisch unterbesetzt. Wir werden auch in diesem Nachtragshaushalt Anwärterstellen fordern. Bayern, das immer spitze sein will, immer an der Spit
ze von allem, ist hier absolutes Schlusslicht bei vielen Vergleichen, zum Beispiel bei der Prüfungsdichte. Wir wollen, dass auch in Bayern Steuergerechtigkeit herrscht, und fordern wieder mehr Stellen. Es gibt noch andere Beispiele, bei denen ich sage, Sie könnten etwas dafür tun, dass Ihre eigenen Versprechen eingehalten werden, zum Beispiel das Thema BayernEi und Lebensmittelsicherheit. Ihre eigene Ministerin hat gesagt, sie bräuchte 40 Stellen, um hier Sicherheit zu gewährleisten. Wir unterstützen sie gerne. Neben den von Ihnen angesetzten 20 Stellen werden wir weitere 20 beantragen. Wir lösen mit unserem ausgeglichenen Haushaltsentwurf Ihre Versprechen ein.
Was erleben wir heute in der Debatte um den Nachtragshaushalt? Einerseits erleben wir einen scheinbaren Paradigmenwechsel bei der CSU. Die Zahlen geben das, ehrlich gesagt, her. Endlich, viel zu spät, aber endlich, werden die nötigen Mittel in vielen Bereichen der Flüchtlingsarbeit bereitgestellt. Bei der Bildung werden wir, wie gesagt, noch genau hinschauen. Aber gleichzeitig gibt es hier im Hohen Haus die übliche Polemik, das übliche Spalten: Rentner gegen Flüchtlinge, Zollverwaltung gegen Asylverwaltung, Studierende gegen Flüchtlinge, Mietpreisbremse gegen mehr Wohnraum für Flüchtlinge, Haushaltsdisziplin, die Sie angeblich mit einer Steigerung von nur 3 % einhalten wollten, gegen Flüchtlinge.
Sehr geehrter Herr Minister Söder, sehr geehrte CSUKolleginnen und -Kollegen, nehmen Sie sich ein Beispiel an Ihren eigenen Zahlen und an den Notwendigkeiten vor Ort sowie am Tun der Zivilgesellschaft, und spalten Sie bitte nicht länger.
Vielen Dank, Frau Kollegin Stamm. – Nächster Redner ist der Kollege Winter. Bitte schön, Herr Winter.
Liebe Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Frau Stamm, auch ich bitte darum, nicht zu spalten, wenn man hier spricht, sondern daran zu denken, wie das die Menschen draußen empfinden. Die Chance, Lösungen aufzuzeigen, haben Sie auch heute leider nicht wahrgenommen. Wir lösen das Problem nicht mit Panikreden,
rausforderungen der heutigen Zeit gibt. Sie reden über die Ausbildungssituation. Lesen Sie dazu die Stellungnahme von Dr. Semper vom Handwerkstag über die Ausbildung und wie diese sich darstellt. Ich will darauf nicht näher eingehen, weil uns das letztlich nicht weiterhilft.
Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen, der Freistaat Bayern steht in Deutschland für solide und wegweisende Haushaltspolitik. Wir haben im Jahr 2006 mit unserem Haushalt ohne neue Schulden finanzpolitische Maßstäbe gesetzt. Trotz der gewaltigen Herausforderungen im Asylbereich werden wir diesen Kurs auch im Nachtragshaushalt 2016 fortsetzen.
Erst unsere solide finanzielle Ausgangsposition mit den hervorragenden Kennziffern des Doppelhaushalts 2015/16 macht dies überhaupt möglich. Im Jahr 2012 haben wir unsere Haushaltspolitik durch den Einstieg in den Schuldenabbau erweitert. Die Schuldentilgung verringert die Schulden, die wir unseren Kindern und Enkeln hinterlassen, und sichert ihnen die notwendigen Gestaltungsspielräume auch vor dem Hintergrund der demografischen Entwicklung. Diesen Weg der Generationengerechtigkeit wollen und werden wir fortsetzen.
Der Nachtragshaushalt 2016 steht im Zeichen der aktuellen Entwicklungen im Asylbereich. Laut dem von der Bayerischen Staatsregierung am Dienstag beschlossenen Finanzierungskonzept sind allein im Jahr 2016 insgesamt 3,25 Milliarden Euro für die Bewältigung der Flüchtlingsströme erforderlich. Die Dimension dieser Zahlen verdeutlicht die Herausforderung für unsere Haushaltspolitik. Sie verdeutlicht aber auch, dass mittelfristig an einer Begrenzung der Zuwanderung kein Weg vorbeiführen wird. Dabei dürfen wir die riesigen gesellschaftspolitischen Herausforderungen nicht vergessen, die für eine gelingende Integration bewältigt werden müssen. Bei einem unvoreingenommenen Blick auf die tatsächlichen Kapazitätsgrenzen bei der Unterbringung vor Ort wird das jedem auffallen.
Frau Stamm, Sie schlagen vor, dass jede Gemeinde mindestens 2 % ihres Bevölkerungsanteils an Flüchtlingen aufnehmen soll. Ich weiß nicht, ob das letztendlich die Lösung für alle Gemeinden in Bayern sein wird.
Viele unserer Kommunen sind an ihrer Belastungsgrenze. Ich möchte mich bei allen herzlich bedanken, die nach wie vor mit großem Einsatz tatkräftig mitwir
ken: bei den Beschäftigten bei den Kommunen, den Regierungen, der Polizei und Justiz, aber vor allem auch den vielen ehrenamtlichen Helfern. Nur durch ihren unermüdlichen Einsatz konnten und können wir den hohen Zustrom an Asylbewerbern und Flüchtlingen bis heute bewältigen. Ich glaube, daran gibt es nichts zu deuteln. Hierüber besteht Konsens.
Nach meiner Einschätzung wird das aber auf Dauer nicht gut gehen. Das gilt für die Unterbringungsmöglichkeiten, die Aufnahmefähigkeit unseres Landes und die Einsatzbereitschaft aller Mitwirkenden. Das gilt aber auch für unsere finanziellen Möglichkeiten. Das gilt selbst für ein so finanzstarkes Land wie Bayern. Die Zahl der Asylsuchenden muss daher durch eine Verhinderung des unberechtigten Zugangs, durch Vermeidung falscher Anreize und durch schnelle Rückführungen deutlich reduziert werden.
Insoweit sehen wir vor allem den Bund, aber auch die Europäische Union und unsere Nachbarländer in der Pflicht. Was wir als Land tun können, das tun wir, und das werden wir auch weiterhin tun. So haben wir bereits zwei zentrale Aufnahmeeinrichtungen für Asylbewerber aus sicheren Herkunftsländern mit geringer Bleibewahrscheinlichkeit sowie aus dem Westbalkan geschaffen. Über deren Asylanträge muss schnellstens entschieden werden. Mittlerweile folgen viele andere Bundesländer dem bayerischen Weg.
Zum Zeitpunkt des Kabinettsbeschlusses über den Regierungsentwurf lagen noch deutlich niedrigere Prognosen über die Entwicklung der Zugangszahlen vor. Aufgrund des derzeit starken Zustroms ist zu befürchten, dass die erst kürzlich vom Bund deutlich nach oben korrigierte Prognose von bundesweit bis zu 800.000 Asylsuchenden in diesem Jahr noch übertroffen wird. Im Hinblick auf die Schuldenbremse, die im Grundgesetz und in der Bayerischen Verfassung niedergelegt ist, müssen wir alles tun, um unseren Haushalt ohne neue Schulden zu sichern.
Wir werden unsere finanzpolitischen Ziele auch im Nachtragshaushalt 2016 weiterverfolgen. Wir werden auch künftig keine neuen Schulden aufnehmen, den Schuldenabbau mit insgesamt 550 Millionen Euro im kommenden Jahr fortsetzen und hohe Investitionsleistungen von rund 6,2 Milliarden Euro im Jahr 2016 erbringen. Wir halten Maß. Meine Damen und Herren von der Opposition, Sie stellen dagegen Forderungen auf, ohne die verschärfte Asyl- und Flüchtlingssituation und deren Folgen für Bayern und Deutschland zu berücksichtigen.
Ich habe die Pressemitteilung des Kollegen Dr. Rabenstein vom 2. Oktober 2015 gelesen, in der er eine Anhebung des allgemeinen Steuerverbundes von 12,75 auf 15 % fordert. Das entspricht rund 700 Millionen Euro. Dies festigt meine Einschätzung. Wir lassen unsere Kommunen nicht, wie Sie das behaupten, im Regen stehen. Herr Kollege Martin Bachhuber hat das ausgeführt. Wir versorgen unsere Kommunen mit einem erneuten Rekordvolumen des kommunalen Finanzausgleichs 2016 und der bundesweit einzigartigen Erstattung der Unterbringungskosten. Wir lassen unsere Kommunen nicht im Stich.
Der Freistaat Bayern hat im Moment wirklich andere Sorgen, wie das der Blick auf die 3,25 Milliarden Euro für das Jahr 2016 zeigt, die wir aktuell für die Themen Zuwanderung und Integration aufbringen. Ein großer Teil dieser Mittel entlastet unsere Kommunen bei der Unterbringung und Versorgung der Asylbewerber.
Lieber Herr Kollege Halbleib, eines muss ich noch einmal fragen: Wer ist denn eigentlich der Staatssekretär im Bundeswohnungsbauministerium? – Das ist doch der Landesvorsitzende der SPD in Bayern.
(Volkmar Halbleib (SPD): Sie haben doch die Mittel für den Wohnungsbau nach unten gefahren! Wir bauen ihn wieder auf!)
Tatsache ist, dass die Wohnungsbauministerin und ihr Staatssekretär bei der SPD sind und der Staatssekretär darüber hinaus aus Bayern stammt.
(Volkmar Halbleib (SPD): Sie haben die Mittel heruntergefahren! Was Sie sagen, schlägt dem Fass den Boden aus! Es war genau andersherum!)
Jetzt ist es wichtig, dass wir den Asylbewerbern und vor allem unseren Kommunen helfen. Wir tun das ohne Einschnitte für unsere bayerischen Bürgerinnen und Bürger. Wir müssen dafür aber weiterhin die richtigen Prioritäten setzen. In unserem Haushalt legen wir den Schwerpunkt auf Bildung, Digitalisierung und den ländlichen Raum.