Dringlichkeitsantrag der Abgeordneten Margarete Bause, Ludwig Hartmann, Markus Ganserer u. a. und Fraktion (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Keine Dobrindt'sche Straßenbaugesellschaft Keine Schattenverschuldung durch ÖPP-Projekte (Drs. 17/8438)
Verehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Seit Jahrzehnten ist der Bundesverkehrshaushalt chronisch unterfinanziert, was sich sowohl auf die Bundesverkehrswegeplanprojekte auswirkt, die eben nicht entsprechend ihrer Dringlichkeit ausgeführt werden können, als auch insbesondere auf den Verschleiß, den wir auf Straßen, aber auch auf Schienen ständig beklagen.
Diverse Kommissionen wie die Daehre-Kommission und die Bodewig-Kommission, die jeweils von den Länderverkehrsministern eingesetzt worden sind, haben dies nochmals deutlich unterstrichen und haben darauf hingewiesen, wie viel mehr Geld wir benötigen würden, um das in den vergangenen Jahrzehnten Versäumte innerhalb der nächsten 15 Jahre aufholen zu können. Das wären nämlich über sieben Milliarden Euro mehr pro Jahr.
Nunmehr gibt es auf Bundesebene die Idee, eine Bundesfernstraßengesellschaft zu gründen. Dieser Gesellschaft sollten dann die Bundesautobahnen und sonstige wichtige Bundesfernstraßen übertragen werden. Wir lehnen dies gemeinsam mit der Staatsregierung entschieden ab und haben daher den Dringlichkeitsantrag eingereicht, in dem wir diese Ablehnung nochmals deutlich zum Ausdruck bringen und zugleich die Staatsregierung auffordern, sich auf allen Ebenen weiterhin für den Fortbestand der bewährten Auftragsverwaltung für die Bundesfernstraßen einzusetzen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, der Bund ist gemäß Artikel 90 des Grundgesetzes Eigentümer der Bundesfernstraßen. Die Länder verwalten die Bundesautobahnen und sonstigen Bundesstraßen des Fernverkehrs im Auftrag des Bundes. Diese Auftragsverwaltung hat sich – ich kann das insbesondere für Bayern feststellen – sehr gut bewährt. Bisher wurden neben den regelmäßigen Ausgaben für Erhaltung, Betrieb, Neu-, Um- und Ausbau auch alle Investitionsprogramme und Sonderfinanzierungen einschließlich Projekte in öffentlich-privater Partnerschaft durch die Auftragsverwaltungen erfolgreich umgesetzt. Das gut ausgebaute Netz der Bundesfernstraßen ist in der operativen Verantwortung der Länder entstanden. Auch die Fratzscher-Kommission, eine
weitere Kommission, die eingesetzt worden ist, hat Vorschläge zur Nutzung alternativer Finanzierungsmöglichkeiten gemacht, wobei diese Vorschläge bzw. die alternativen Finanzierungsmöglichkeiten auch in der bewährten Zusammenarbeit zwischen den Auftragsverwaltungen und der Verkehrsinfrastrukturfinanzierungsgesellschaft umgesetzt werden können. Eine Bundesfernstraßengesellschaft ist nicht der Schlüssel für mehr Investitionen. Dies ist bereits mit dem aktuellen System, zum Beispiel mit der bewährten ÖPP, möglich.
Erfreulich ist, liebe Kolleginnen und Kollegen, dass dies auch die Verkehrsministerkonferenz so sieht und vor zehn Tagen in Worms bekräftigt hat. Auch sie weist darauf hin, dass sich die Auftragsverwaltung bewährt hat und die gegebenen Möglichkeiten zur Optimierung dieser bestehenden Auftragsverwaltung, vor allem zur Verbesserung der vorhandenen Abläufe im Hinblick auf Kosten und Termintreue, Effizienz und Transparenz, genutzt werden müssen. Die Verkehrsministerkonferenz rät zu Recht von vorschnellen Entscheidungen ab. Mögliche Veränderungen des bisherigen Systems der bewährten Auftragsverwaltung müssen fundiert und in enger Zusammenarbeit mit den Ländern untersucht und bewertet werden. Entscheidend ist die Vermeidung von Doppelstrukturen mit erhöhten Kosten und Kompensationsverlusten durch eine geteilte Zuständigkeit für die übergeordneten Straßen. Dies hätte nur mehr Bürokratie und mehr Abstimmungsbedarf zur Folge. Ebenso ist wichtig die Erhaltung von Synergieeffekten und Effizienzvorteilen in allen Aufgabenbereichen der Straßenbauverwaltung. Wir können das in Bayern immer wieder feststellen, wo unsere staatlichen Bauämter natürlich nicht nur in Auftragsverwaltung des Bundes für die Bundesfernstraßen, sondern auch für unsere Staatsstraßen, in einer ganzen Reihe von Landkreisen auch für Kreisstraßen zuständig sind.
Schließlich geht es darum, die lokalen und regionalen Belange sicherzustellen und die Mitwirkungsmöglichkeiten der Länder bei Investitionsentscheidungen des Bundes zu bewahren; denn wenn nur noch der Bund dafür zuständig ist, haben wir vielleicht noch ein Anhörungsrecht, aber wir können dann natürlich nicht mehr mitentscheiden. Die Mitentscheidung ist für uns sehr wichtig. Es geht darum, wie Vorteile für die Gesamtstraßeninfrastruktur sowie die verkehrs- und strukturpolitischen Ziele erreicht werden können.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir begrüßen sehr, dass auch der Bundesrat am vergangenen Freitag deutlich gemacht hat, dass er strukturelle Veränderungen ablehnt, die gezielt auf die Gründung einer Bundesfernstraßengesellschaft und die Abschaffung der Länderauftragsverwaltung hinarbeiten. Ziel muss sein,
vorhandenes Geld effizient einzusetzen und natürlich auch mehr Geld zu generieren sowie die Prozessabläufe zu optimieren.
Wie kann dieses Ziel erreicht werden? - Die Vorratsplanung, die wir im Freistaat Bayern seit Jahrzehnten erfolgreich praktizieren, ist eine Erfolgsgeschichte gewesen, die wir natürlich im bewährten System der Auftragsverwaltung fortsetzen wollen.
Nun ist es so, dass die Bodewig-II-Kommission nächstes Jahr Handlungsempfehlungen vorlegen soll. Mit unserem Antrag wollen wir unser Verkehrsministerium, aber insbesondere auch die gesamte Staatsregierung unterstützen und ihr Rückendeckung für die weiteren Verhandlungen geben, auch nach Vorlage der Bodewig-Kommission. - Ich bitte daher um Zustimmung zu unserem Antrag.
Um mich nicht nochmals melden zu müssen, Frau Präsidentin, würde ich gleich noch mit Ihrer Zustimmung einige Sätze zu den nachgezogenen Anträgen der Opposition sagen.
Diese Anträge gehen zwar in die gleiche Richtung, aber man muss sie schon genau lesen. Die FREIEN WÄHLER fordern hier einen zweckgebundenen Infrastrukturfonds. Mir erschließt sich nicht, wie dieser Infrastrukturfonds gespeist werden soll. Das ist zunächst einmal eine Grundvoraussetzung.
Wir haben ja ohnehin zu wenig Geld, um Straßen zu bauen, und können dann nicht noch Geld in einem derartigen Fonds parken. Eine gezielte Vorwegfestlegung, wie sie hier vorgeschlagen wird, ist falsch. Ich habe gesagt, es gilt zunächst einmal abzuwarten, was die Bodewig-II-Kommission entwickelt. Im Übrigen wird sich der Bund gegen einen Eingriff in das Budgetrecht durch das Land verwahren, wie das hier vorgesehen ist. Im Dringlichkeitsantrag der FREIEN WÄHLER heißt es, dass der Fonds aus den konstant hohen Mitteln aus der Lkw-Maut und dem allgemeinen Haushalt ausgestattet werden soll. Auf der anderen Seite wird beklagt, dass die Haushaltsmittel schwanken. Von daher ist das ein Widerspruch in sich. Darum werden wir den nachgezogenen Antrag der FREIEN WÄHLER ablehnen.
Ebenfalls ablehnen werden wir den Dringlichkeitsantrag von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, da er sich dezidiert gegen weitere ÖPP-Projekte ausspricht. Aber wir sind der Überzeugung, dass sich diese bewährt haben, und können insbesondere auf die A8 München – Augsburg, die schon seit drei Jahren unter Verkehr ist, und auf die seit wenigen Wochen gleichfalls unter Verkehr befindliche Fortsetzung von Augsburg nach Ulm verweisen. In diese Richtung gilt es weiter zu überlegen und weiter zu handeln.
Vielen Dank, Herr Kollege. – Jetzt erteile ich Herrn Kollegen Glauber das Wort. Bitte schön, Herr Kollege.
Verehrtes Präsidium, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Kollege Rotter, wir dürfen schon fragen: Wer war denn in Berlin in den letzten Jahren Verkehrsminister?
- Ich sage Ihnen gerne die Namen. Es war Ihr Kollege Ramsauer von der CSU, und aktuell heißt der Verkehrsminister Dobrindt. Sie fordern hier im Bayerischen Landtag Ihren Verkehrsminister auf, er möge doch weniger auf ÖPP-Projekte setzen.
Ich frage mich, ob Sie innerhalb Ihrer Partei miteinander sprechen und ob Sie die gleichen Ziele haben, oder hat der Bayerische Landtag andere Ziele als Ihr eigener Verkehrsminister? - Wir sind verwundert darüber, dass Sie sich über den Antrag selber auffordern müssen, im Hinblick auf ÖPP-Projekte zur klassischen Auftragsverwaltung, die wir gut finden, zurückzukehren.
Ich glaube – Sie haben es schön beschrieben –, es ist in Bayern gute Sitte, dass wir über unsere Ämter Planungsprojekte mit Baureife vorlegen, und diese Baureife braucht eine Finanzierung. Sie klagen darüber, dass es im Prinzip den schwankenden Haushalten unterworfen ist, ob Projekte gebaut oder nicht gebaut werden. Genau dem wollen wir als Fraktion einen Riegel vorschieben und einen Fonds schaffen, in den wir zur Finanzierung Gelder aus der Lkw-Maut, aus der Kfz-Steuer fließen lassen und Verkehrsprojekte eben nicht mehr nach Haushaltslage abbauen.
Wir wollen eine Verstetigung der Projekte. Dann wird nämlich das, was Sie beschrieben haben, erst real.
Baureife Projekte, die unsere Bauämter vorgelegt haben, können sie dann nämlich sauber abarbeiten. Jetzt ist es so, dass bei den Bauämtern die Baureife aufläuft, aber je nach Haushaltslage müssen wir darum bitten, dass wir überhaupt Mittel bekommen. Und so wird nichts abgearbeitet.
Ein zweiter entscheidender Punkt. Ich weiß gar nicht, warum Sie uns im Wirtschaftsausschuss dafür belächelt haben. Wir fordern Sie, seit wir im Landtag sind, auf -
- Aber es reicht aus, damit wir Sie auffordern können, die überjährige Finanzierung einzuführen. Lieber Kollege, überjährige Finanzierung ist kein Quatsch. Man sieht, dass Sie nie mit Bauunternehmern unterwegs sind, sonst würden Sie diese überjährige Finanzierung bei Straßenbauprojekten kennen. Was passiert denn? - Der Bauunternehmer muss letztendlich abziehen, weil wir keine überjährige Finanzierung vereinbart haben.
Wenn wir diese überjährige Finanzierung einführen würden, dann würden wir weiterkommen. Herr Kollege Sauter ist lange genug hier, um das zu wissen. Er hätte das schon längst ändern können. Aber gut – Kolleginnen und Kollegen, wir bitten Sie unserem Antrag zuzustimmen.
- Doch. Wir brauchen den Verkehrsinfrastrukturfonds, wir brauchen die überjährige Finanzierung. Wir wollen die Auftragsverwaltung nach wie vor in Bayern behalten. Wir setzen darauf, dass Baureife in eigener Hand zu guten Fortschritten führt. Wir wollen keine ÖPPProjekte oder keine solchen, wie Verkehrsminister Dobrindt sie will. - Ihrem Antrag werden wir natürlich zustimmen, er ist im Prinzip der gleiche wie unserer.
- Nein, Ihrer ist wie unserer. Von daher werden wir natürlich zustimmen. Dem Antrag vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN werden wir auch zustimmen; denn es geht um die gute bayerische Praxis der Auftragsverwaltung. – Danke für die Aufmerksamkeit.
Herr Kollege, bleiben Sie bitte am Rednerpult für eine Zwischenbemerkung des Kollegen Rotter. Bitte schön, Herr Kollege.
Lieber Herr Kollege Glauber, nachdem Sie das Stichwort überjährige Finanzierung hier eingeführt haben, möchte ich Sie daran erinnern, dass gerade wir in Bayern von der nicht überjährigen Finanzierung immer wieder profitiert haben, weil andere Länder nicht in der Lage waren, ihre Projekte entsprechend zu planen, für die Geld im Bundeshaushalt eingestellt war. Wir haben dann die Schublade aufgemacht, konnten fertige Pläne herausziehen und so die in anderen Ländern nicht ausgegebenen Gelder nach Bayern holen. Das sollten Sie bei Ihrer Forderung nach einer überjährigen Finanzierung schon auch mit berücksichtigen. Das wäre zum Nachteil Bayerns.
Kollege Rotter, so, wie Sie es beschreiben, ist es nicht richtig. Die überjährige Finanzierung hat nichts mit der Planreife zu tun. Wir profitieren in Bayern davon, dass wir in den Schubladen baureife Projekte haben. Die überjährige Finanzierung entsteht dann, wenn Sie mit dem Unternehmer einen Vertrag schließen. Der Vertrag hat eine Laufzeit und wird abfinanziert; der hat nichts mit dem Planungszeitraum, der Baureife zu tun. In Bayern haben wir eben mehr baureife Projekte, als wir Geld für Projekte haben. Da müssen andere Länder erst zu baureifen Projekten kommen, und das tun sie nicht. Daher würden wir nach wie vor von überjähriger Finanzierung profitieren.
Vielen Dank, Herr Kollege. - Jetzt darf ich Herrn Kollegen Ganserer das Wort erteilen. Bitte schön, Herr Kollege.
(Vom Redner nicht au- torisiert) Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Zunächst finde ich es hoch erfreulich, dass die CSU-Regierung und die CSUFraktion hier im Hohen Hause die vom Bundesverkehrsminister Dobrindt geplante Straßenbaugesellschaft für Bundesfernstraßen entschieden ablehnt. Diese Pläne finden auch bei uns GRÜNEN im Bayerischen Landtag keine Zustimmung.