Angesichts der Erfahrungen aus der Weimarer Republik ist es gut, dass man in der Bundesrepublik Deutschland eine Partei nicht mir nichts, dir nichts verbieten kann. Das ist demokratischer Grundkonsens. Die hohen Hürden dürfen jedoch nicht dazu führen, dass extremistische Gruppierungen einen Freibrief bekommen. Wir haben gemeinsam das NPDVerbotsverfahren in Karlsruhe vorangebracht. Ich hoffe nach wie vor, dass es zum Erfolg führt.
Schließlich ein Wort zum Thema Pegida! Pegida ist, bundesweit betrachtet, immer noch eine sehr inhomogene Gruppierung. Die bayerischen Ableger und deren Akteure haben wir schon seit einem Jahr, als hier die ersten Demonstrationen stattfanden, im Blick.
Aktuell werden von den uns bekannten vier PegidaGruppierungen in Bayern drei vom Verfassungsschutz beobachtet: Nügida – schon länger, weil dort die rechtsextremistischen Bezüge mehr oder minder von Anfang an offenkundig waren –, Pegida Franken und Pegida München e. V. Bei Letzteren geht die Beobachtung auf eine Entscheidung des Landesamtes für Verfassungsschutz nach dem vergangenen Wochenende zurück. Es drängt sich nämlich der Eindruck auf, dass jedenfalls einige, vor allem Personen, die in der Führung zugange sind, rechtsextremistische Bezüge haben könnten; wir behaupten das nicht von allen, die dort mitmarschieren. Um dies näher zu eruieren, müssen sie sorgfältig beobachtet werden.
Drei dieser Gruppierungen in Bayern stehen unter der Beobachtung des Verfassungsschutzes. Damit tun wir
In einem Antrag ist die Frage aufgeworfen worden, wie es mit dem Personal aussieht, das mit der Bewachung von Asylbewerberunterkünften in Bayern beauftragt ist. Wir schauen uns dieses Personal schon seit Langem genau an. So besteht seit über einem Jahr das Angebot an die für die Unterbringung der Flüchtlinge zuständigen Behörden, das für die Bewachung der Unterkünfte vorgesehene Personal vor dem Einsatz von der Polizei und dem Verfassungsschutz auf einen möglichen extremistischen Hintergrund überprüfen zu lassen. Seit dem Jahr 2014 wurden durch das Bayerische Landesamt für Verfassungsschutz über 4.000 solcher Anfragen bearbeitet.
Es muss unser gemeinsames Anliegen sein, dass Flüchtlinge, die in den Asylbewerberunterkünften in unserem Land leben, dort nicht mit ausländerfeindlichen Extremisten als Bewachungspersonen oder Mitarbeiter konfrontiert werden. Dies muss unabhängig davon gelten, wie später die Entscheidung über den Verbleib ausfällt.
Meine Damen und Herren, angesichts der Herausforderungen, vor denen wir im extremistischen Bereich stehen, ist es wichtig, dass wir die Polizei und den Verfassungsschutz auch personell stärken.
Ich bedanke mich ausdrücklich dafür, dass die Staatsregierung – inzwischen hat auch der Haushaltsausschuss des Landtags zugestimmt – 580 Stellen für die Polizei und noch einmal 62 für das Landesamt für Verfassungsschutz in den Nachtragshaushalt für das kommende Jahr eingestellt hat. Wir brauchen diese personelle Verstärkung dringend.
Meine Damen und Herren, ich will Folgendes unterstreichen: Ja, die Bekämpfung des Rechtsextremismus‘ hat oberste Priorität. Diese Aussage darf aber nicht so verstanden werden, dass dies allein hohe Priorität habe. Ebenso hohe Priorität hat die Bekämpfung des islamistischen Terrorismus‘. Wenn man die Aussage so versteht, ist es okay. Falls der Eindruck erweckt würde, der Rechtsextremismus allein sei das Gefährlichste und alles andere komme erst danach, dann wäre das sicherheitspolitisch eine grobe Verirrung. Wir sind natürlich immer mit dem, was im Moment passiert, am meisten konfrontiert.
Ich darf daran erinnern, dass wir alle zu Beginn des Jahres 2015 über die fürchterlichen islamistischen Anschläge in Paris und Kopenhagen betroffen waren. Über Wochen stand dann die Gefahr von islamistischen Anschlägen im Vordergrund der Berichterstattung durch die Medien. Wir dürfen jedoch ordentliche, seriöse Sicherheitsarbeit nicht nur an den momentanen Zeitungsschlagzeilen orientieren. Letztlich ist die Gefahr von islamistischen Anschlägen heute, im Oktober 2015, nicht geringer, als sie es im Januar war. Ähnlich ist es mit dem Rechtsextremismus. Wir müssen aber klar feststellen, dass wir auch angesichts der emotionalen Betroffenheit die Gefahr von rechtsextremistischen Anschlägen heute eher noch höher einschätzen, als wir es zu Beginn dieses Jahres getan haben.
Meine Damen und Herren, aus all dem ergibt sich, dass die bayerischen Sicherheitsbehörden das Thema "Kampf gegen den Rechtsextremismus" fest im Blick haben. Ich kann Ihnen versichern, dass wir diesen Weg unbeirrt weitergehen und dass wir uns mit allen rechtsstaatlichen Mitteln gegen Extremisten – wohlgemerkt – jeder Ausrichtung zur Wehr setzen; denn das ist die Aufgabe einer wehrhaften Demokratie: keine falsche Toleranz gegenüber fanatischer Intoleranz. Das ist letztendlich auch die Lehre aus der deutschen Geschichte, aus der Katastrophe des Nationalsozialismus‘: Wenn die Toleranten zu lange tolerant sind gegenüber den fanatisch Intoleranten – Sie haben das mit anderen Worten auch angesprochen, Herr Kollege Rabenstein –, dann kann der Tag kommen, wo die Intoleranten die Macht übernehmen und die Toleranten gar nichts mehr zu sagen haben. So etwas wollen wir nie wieder in Deutschland erleben, weder mit Neonazis noch mit Kommunisten noch mit Islamisten. Dem fühlen wir uns verpflichtet, und dafür werden wir weiterarbeiten.
Gut. Danke. - Vielen Dank, Herr Staatsminister. Ich fahre mit den Wortmeldungen fort. Das Wort hat Frau Kollegin Schulze. Bitte schön, Frau Kollegin.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, lieber Herr Herrmann! Ich bin seit zwei Jahren im Bayerischen Landtag. Ich habe mich ja schon sportlich angepasst an die reflexhafte Links-RechtsGegenüberstellung, die immer mal wieder von den CSU-Kolleginnen und -Kollegen kommt.
Ich bin immer gerne bereit, klar zu erklären, dass wir GRÜNEN uns gegen jegliche Form von Extremismus und Gewalt stellen, dass wir natürlich islamistischen Extremismus genauso wie Linksextremismus ablehnen.
Das zur Klarstellung, damit es alle gehört haben. Aber Politik hat doch die Aufgabe, auf die Ereignisse zu reagieren, die gerade im Land von großer Bedeutung sind. Schauen wir uns die Zahlen an. Sie wurden sowohl vom Herrn Innenminister als auch von den anderen Rednerinnen und Rednern mehrfach genannt. Das BKA warnt davor, dass rechtsextreme Übergriffe zunehmen. Die Zahlen des Innenministeriums besagen, dass die Übergriffe auf Flüchtlingsunterkünfte zunehmen, dass die Hasskriminalität von Rechts zunimmt, dass immer mehr Menschen von rechter Gewalt betroffen sind. Das ist im Moment die Realität in Bayern.
Darum finde ich, es wäre das Allermindeste, dass dieser Bayerische Landtag gegen Rechtsextremismus und Rassismus ein klares Zeichen setzt.
(Beifall bei den GRÜNEN – Jürgen W. Heike (CSU): Und gegen Links! – Kerstin SchreyerStäblein (CSU): Und gegen Links!)
- Entschuldigung. Ich bemühe mich gerade, das sachlich und allumfassend irgendwie zusammenzuführen. Ich weiß nicht, ob Sie meiner Argumentation nicht folgen wollen. Ich hatte ganz am Anfang meines Redebeitrags gesagt, dass wir GRÜNEN natürlich jegliche Form der Gewalt als Mittel der politischen Auseinandersetzung ablehnen.
- Moment mal, darf ich kurz ausreden? Der Punkt ist doch der: Wenn im Moment die größere Gefahr vom Rechtsextremismus ausgeht, wenn wir Rechtsterrorismus in unserem Land haben – ich finde, das muss man einfach so benennen –, dann sollten wir das nicht verwässern.
Dann können wir doch alle gemeinsam ein deutliches Zeichen gegen Rechts setzen. Ich habe extra gesagt, ich will, dass über den Antrag in zwei Teilen abgestimmt wird. Ich kann nachvollziehen, dass Sie bei manchen unserer Forderungen in Teil I denken, das
Mir geht es jetzt um den ersten Teil. Egal wie ich ihn drehe und wende, ich habe ihn x-mal gelesen und geschrieben, aber ich kann nicht sehen, warum man als CSU-Fraktion nicht auch sagen kann: Ja, das ist richtig, wir als Bayerischer Landtag verurteilen Rassismus, wir verurteilen Rechtsextremismus, und wir werden die Menschen in Bayern bestmöglich davor schützen. Das ist die Botschaft, die das Hohe Haus heute aufgrund der aktuellen Lage aussenden sollte. Da bitte ich Sie um Zustimmung.
Frau Präsidentin, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich finde es sehr schade, dass Kollegin Schulze und die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN nicht einen Millimeter von ihrer Position abrücken und bereit sind, Extremismus allgemein zu verurteilen.
- Ja, aber nicht schriftlich. Mündlich gibt es immer wieder Erklärungen. Aber wenn es schriftlich werden soll, könnte sich ja ein Teil Ihrer Klientel abgeschreckt fühlen.
Kolleginnen und Kollegen, es ist bitter. Ich habe Frau Schulze vorgeschlagen, das Wort "linksextremistisch" nicht zu verwenden, das Wort "islamistisch" nicht zu verwenden, sondern einfach nur in Absatz 1 einzufügen: "…stellt sich der Landtag mit aller Entschiedenheit gegen jede Form und Androhung extremistischer, insbesondere rechtsextremer bzw. rassistisch motivierter Gewalt". Nicht einmal dazu sind die GRÜNEN bereit. Das ist sehr bitter. Eines muss man wissen, das hören Sie wohl nicht gerne: Sehr viele Gewalttaten bei rechtsextremen Demonstrationen gehen von linksextremistischen Gegendemonstranten aus. Denken Sie nur an die Polizeibeamtin aus Bayern, die in Hamburg von Linksextremisten schwerstens verletzt wurde, die sechs Wochen im Koma lag. Das waren nicht die Rechtsextremen, sondern die Linksextremen. Wenn es die Rechten gewesen wären, wäre es natürlich genauso schlimm. Aber Sie scheuen sich in jeder Art und Weise, auch nur im Entferntesten Extre
mismus allgemein zu verurteilen. Das ist bitter, weil von linksextremistisch und islamistisch nicht einmal die Rede wäre.
Gehen Sie noch einmal in sich. Wenn Sie es nicht tun, werden wir den Antrag ablehnen; denn so können wir nicht miteinander arbeiten.
Frau Präsidentin, Hohes Haus! Ich habe in diesem Antrag der GRÜNEN eine Reihe von Sätzen gefunden, die ich ohne Weiteres und jederzeit unterschreiben würde. Eine klare Ablehnung von Rechtsextremismus, von Pegida und vieles mehr eint uns in diesem Hause.
Uns muss aber noch mehr einen in diesem Hause. Ich bin dem Kollegen Rabenstein außerordentlich dankbar. Herr Kollege, das war für mich eine schon fast ergreifende Rede, die Sie gehalten haben. Sie haben nämlich beschrieben, wie wichtig es ist, dass demokratische Parteien zusammenhalten, wenn es darum geht, alles, was extremistisch auf dieser Welt ist, abzuwehren.
Wir müssen uns über eines klar sein. Vor allem auch aus unzähligen Gesprächen, die ich in den letzten Jahren mit Überlebenden des Holocaust und anderen hatte, habe ich eine Lehre gezogen: Es war extremistisches Denken von verschiedensten Seiten, das diese Welt an den Rand des Abgrunds gebracht hat. Wir haben im letzten Jahrhundert so viel Extremismus von allen Seiten erlebt, dass er diese Welt fast zerstört hätte. Ich sage Ihnen als Vater von drei Kindern, dass ich für die Zukunft meiner Kinder in Sorge bin, dass extremistisches Denken – entweder politisch genährt oder religiös genährt oder weltanschaulich genährt – die Probleme bereitet, die vielleicht die nächste Generation nicht mehr lösen kann.
Diese Sorge treibt mich um. Herr Rabenstein, es war wirklich ein gutes Miteinander auch in der letzten Periode. Sie haben es völlig zu Recht geschildert, Sie waren in der Tat der maßgebliche Antragsteller für das NPD-Verbot, wo in der Folge dann tatsächlich die bayerische Haltung federführend wurde. Das hat uns zusammengeführt, und eine Reihe weiterer Punkte genauso.
innerhalb der Fraktion gesagt, wenn man den Antrag trennt, sind die kritischen Forderungen draußen. Es fehlt ein kleines Wörtchen, und zwar ist nur das Wort "extremistisch" mit einzufügen. Wenn ihr nicht öffentlich bekennt, dass ihr gegen Extremismus jeder Art seid, wird auch der Kampf gegen Rechtsextremismus unglaubwürdig. Das ist meine feste Überzeugung.