Protokoll der Sitzung vom 08.12.2015

(Beifall bei der CSU)

Nicht immer nur dazwischenschreien.

(Dr. Christian Magerl (GRÜNE): Zuerst einmal dabei sein, dann reden!)

Die CSU-Fraktion wie die Staatsregierung werden deshalb die offenen Fragen, die es im Hinblick auf die dritte Startbahn gibt, in aller Ruhe abwägen,

(Zuruf der Abgeordneten Eva Gottstein (FREIE WÄHLER))

Rückfragen stellen und dann entscheiden. Derzeit sind aber noch Fragen an die Flughafengesellschaft, an Ver.di, an den Betriebsrat des Flughafens, aber auch an die Menschen im Umfeld Freisings und der Startbahn offen. Diese Fragen müssen noch geklärt werden; dann werden die CSU-Fraktion, wir alle miteinander und in Eintracht mit dem Ministerpräsidenten, entscheiden. Ich sehe nicht, was Sie da immer hineininterpretieren wollen.

Eines ist doch auch klar: Natürlich können Sie das aufnehmen, wenn die Zeitung in der "staaden" Zeit aufgrund der großen Langeweile, die da anscheinend herrscht, den Ministerpräsidenten zitiert, dabei aber nur den ersten Satz erwähnt und daraus folgert, er sei gegen die Startbahn, obwohl er das ausdrücklich bestritten hat. Wenn wir dann einvernehmlich den Entscheidungstermin auf Februar festlegen, wollen Sie daraus einen Zwist machen.

(Florian von Brunn (SPD): Das stimmt doch gar nicht, was Sie da sagen!)

Es gibt keinen Zwist. Wir werden im Februar verantwortlich entscheiden. Das passt. – Vielen herzlichen Dank.

(Beifall bei der CSU – Florian von Brunn (SPD): Ganz schön dreist!)

Danke schön, Herr Kollege. – Als Letzter hat nun Staatsminister Joachim Herrmann das Wort. Bitte schön, Herr Staatsminister.

(Florian von Brunn (SPD): Der trägt jetzt noch weiter zur Vernebelung bei!)

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Bayerische Staatsregierung setzt sich seit jeher für eine leistungsfähige und gut ausgebaute Verkehrsinfrastruktur ein. Das gilt für alle Verkehrsträger, für Schiene, Straße, Wasserstraße, aber natürlich auch für den Luftverkehr. Wir werden in den nächsten zwei Jahren – das habe ich hier schon einmal angekündigt – einen neuen Gesamtverkehrsplan für Bayern entwickeln. Dabei muss man in der Tat sehen, dass es bei den Flughäfen auch um deren Anbindung an das übrige Verkehrsnetz geht. Wenn in zwei Jahren die neue ICE-Strecke nach Berlin fertig sein wird und man dann von München in vier Stunden und von Nürnberg in drei Stunden nach Berlin kommt, wird dies sicherlich auch Auswirkungen auf den innerdeutschen Flugverkehr haben.

Der Luftverkehr ist auf jeden Fall für die Mobilität der Wirtschaft und der Menschen wichtig. Es geht aber nicht nur um die Mobilitätsinteressen. Es geht auch um berechtigte Umweltinteressen und um die Interessen der Anlieger. Deswegen haben wir übrigens unser Luftverkehrskonzept im gültigen Landesentwicklungsprogramm festgeschrieben. Darin haben wir für alle Flugplätze klar aufeinander abgestimmte Aufgaben festgelegt. Der Verkehrsflughafen München stellt als Luftverkehrsdrehkreuz von europäischem Rang die Anbindung Bayerns an den nationalen und den internationalen Luftverkehr sicher. Der Verkehrsflughafen Nürnberg dient der Anbindung Nordbayerns an den nationalen und internationalen Luftverkehr. Der Flughafen Memmingen erschließt die bedeutende Wirtschafts- und Touristikregion Allgäu und weitere Gebiete. Dieser Flughafen wird aktuell gestärkt; Kollege Holetschek hat es gerade dargelegt. Der Finanzminister ist intensiv mit der finanziellen Stärkung des Flughafens Memmingen befasst.

Neben diesen internationalen Verkehrsflughäfen sind für den Geschäfts-, den Reise- und den privaten Luftverkehr auch weitere Flugplätze erforderlich. Deshalb soll in Bayern grundsätzlich jede Planungsregion über einen regionalen Schwerpunktlandeplatz verfügen. Auch dafür können Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen von den GRÜNEN, sich in der Regel überhaupt nicht begeistern. Ein aktuelles Projekt ist die Errichtung eines neuen Verkehrslandeplatzes im Landkreis Coburg, welcher von der dortigen Wirtschaft dringend gebraucht wird. Solche Projekte werden von Ihnen als Alternative zu Projekten andernorts nicht gerade besonders begrüßt, sondern sie werden von Ihnen heftig bekämpft. Ich kenne überhaupt keinen einzigen Flug

platz in Bayern, der von den GRÜNEN in irgendeiner Weise unterstützt würde.

(Beifall bei der CSU – Markus Blume (CSU): So ist es!)

Mit dem Konzept, das wir aktuell verfolgen, ist Bayern insgesamt gut aufgestellt. Die Flugplätze haben jeweils klare Funktionen. Sie sollen sich auch entsprechend entwickeln. Die Flugplätze haben auch ausreichend Spielraum, um zu kooperieren. Soweit der Freistaat Bayern Eigentumsanteile an den Flughäfen hat, ist der Finanzminister dabei, seinen Einfluss da, wo wir Einfluss haben, auch geltend zu machen. Hinzu kommt die gesamte Verkehrspolitik, die von meinem Hause aus gesteuert wird.

Nicht funktionieren wird es, wenn man meint, man könne die weitere Entwicklung des Luftverkehrs alleine durch Umleitungen zwischen verschiedenen Flughäfen gestalten. Fluggesellschaften fliegen sinnvollerweise dorthin, wo sie bei den Passagieren die erforderliche Nachfrage erwarten. Wir können auch den zweiten S-Bahn-Tunnel in München nicht damit ersetzen, dass in der Nürnberger S-Bahn noch ein paar Sitzplätze frei sind.

(Beifall bei der CSU)

Das sollte sowohl den Kollegen der FREIEN WÄHLER als auch denen der GRÜNEN zu denken geben.

Im Rahmen unseres Luftverkehrskonzepts stellt sich folgende Kernfrage: Verfügt Bayern über ausreichende Kapazitäten für das zu erwartende Wachstum des Luftverkehrs in der Zukunft? - Aktuelle Studien lassen erkennen, dass der Luftverkehr welt-, europa- und deutschlandweit mit hoher Dynamik wachsen wird. Die Internationale Zivilluftfahrtorganisation sagt, dass sich die Zahl der Passagiere von weltweit 2,3 Milliarden im Jahr 2014 auf über 6,4 Milliarden im Jahr 2030 mehr als verdoppeln wird. Die Prognosen von Boeing und Airbus gehen dahin, dass sich der Luftverkehr innerhalb der nächsten 15 Jahre weltweit verdoppeln wird. Sowohl Airbus als auch Boeing rechnen mit einer Verdoppelung des Passagierflugzeugbestandes bis 2034. Boeing rechnet damit, dass die europäische Flugzeugflotte im selben Zeitraum um bis zu 70 % wachsen wird. Das Bundesverkehrsministerium prognostiziert, dass die geflogenen Passagierkilometer in Deutschland bis 2030 um rund 65 % steigen werden.

Das sind Prognosen, und das Wesen von Prognosen liegt darin, dass keiner so genau im Voraus weiß, ob sie eintreten werden. Wir müssen uns aber fachlich mit diesen Prognosen beschäftigen. Die bayerischen Flugplätze müssen auf solche Entwicklungen vorbereitet sein. Nicht nur im bayerischen, sondern im nati

onalen Interesse muss dabei der Flughafen München als internationales Luftverkehrsdrehkreuz von europäischem Rang zukunfts- und wettbewerbsfähig bleiben. Wir müssen dabei nicht nur die Zahlen des Jahres 2015 im Blick haben. Wir müssen uns auch überlegen, wie die Entwicklung vielleicht 2025 oder 2030 aussehen wird.

Dass Sie, Herr Kollege Magerl, hier das Schreiben der Lufthansa zitieren, ist interessant. Typisch ist aber für Sie, dass Sie es wieder nicht konsequent zu Ende zitieren. In der Tat hat der Lufthansa-Vorstand geschrieben, dass er die dritte Startbahn für die Weiterentwicklung des Luftverkehrsdrehkreuzes München bis 2025 für dringend erforderlich hält. Wenn Sie mit diesem Schreiben argumentieren, können Sie für sich vielleicht in Anspruch nehmen, dass man daraus ableiten könne, man müsse nicht schon 2015 mit dem Bau beginnen. Sie müssen den Leuten aber auch sagen, dass die Lufthansa die dritte Startbahn umso nachdrücklicher für 2025 fordert und dass die Startbahn dann auch fertig sein muss. Mit dem Schreiben der Lufthansa kommen Sie für Ihre Position, nach der Sie wie üblich zu allem auf ewig Nein sagen, nicht weiter, lieber Herr Kollege Magerl. So können Sie nicht vernünftig argumentieren.

(Beifall bei der CSU)

Wir führen eine verantwortungsvolle politische Debatte. Neben luftverkehrswirtschaftlichen Aspekten beschäftigen wir uns auch mit Themen wie Lärmschutz, Verkehrserschließung oder Wohnraumentwicklung. Wir haben den Menschen in der Region rund um den Flughafen München versprochen, dass wir die Verkehrserschließung weiter vorantreiben. Dazu gehören wichtige Projekte des Straßenbaus, aber auch des Schienenausbaus, die schon seit vielen Jahren angekündigt werden und die wir jetzt auch konkret realisieren wollen. Das erwarten die Menschen in der Region auch mit Recht.

(Florian von Brunn (SPD): Aber nicht die dritte Startbahn!)

Die FMG hat für die dritte Startbahn eine Genehmigung beantragt. Diese Genehmigung ist auch erteilt worden. Die FMG hat Baurecht, das auch rechtskräftig in höchster gerichtlicher Instanz bestätigt wurde. Klar ist auch, dass sich die Stadt München aufgrund des Ergebnisses eines Bürgerentscheids gehindert sieht, dem Baubeginn zuzustimmen.

(Katharina Schulze (GRÜNE): Aufgrund eines klaren Votums!)

Wir müssen mit dem Bund und der Landeshauptstadt München weiterhin in Ruhe klären, wie wir damit umgehen.

(Katharina Schulze (GRÜNE): Das Bürgervotum müssen Sie beachten!)

Eines ist aber auch klar, und das sage ich sowohl den GRÜNEN wie auch Ihnen, Herr Kollege von Brunn: Die Tatsache, dass die Landeshauptstadt im Moment Nein sagt, bedeutet für die Staatsregierung und die Mehrheitsfraktion erfahrungsgemäß und klugerweise nicht, dass wir aufhören zu denken. Hätte die Staatsregierung bei allen Projekten, bei denen die Landeshauptstadt München in den letzten 40 oder 50 Jahren Nein gesagt hat, anschließend aufgehört zu denken, würde heute in Bayern vieles nicht existieren, was letztlich zum Erfolg Bayerns geführt hat.

(Beifall bei der CSU – Florian von Brunn (SPD): Das wäre für Bayern besser so!)

Wir müssen weiter an diesem Thema arbeiten. Im Übrigen ist der weitere Ausbau des Flughafens München in der Tat in vollem Gange; das hat Herr Kollege Roos angesprochen. Das Satellitenterminal wird im kommenden Jahr in Betrieb gehen, und es wird die Kapazität des Flughafens München weiter erhöhen. Allein die Passagierkapazität dieses Satellitenterminals liegt in einer Größenordnung, wie sie der gesamte Flughafen Köln/Bonn hat. Ich denke, das ist schon ganz beachtlich. Das löst zwar das Startbahnproblem nicht, aber das ist eine wichtige Entwicklung.

(Zuruf des Abgeordneten Dr. Christian Magerl (GRÜNE))

Ich kann nur sagen, lieber Herr Kollege Magerl, Sie sollten bei einer solchen Debatte ehrlich sein: Sie und Ihre Partei waren schon immer total gegen diesen Flughafen. Sie haben weder die erste noch die zweite Startbahn unterstützt. Sie waren immer strikt dagegen.

(Florian von Brunn (SPD): Das hat vielleicht auch einen guten Grund!)

Sie müssen den Menschen schon sagen: Der Wohlstand, den heute viele, viele Menschen in Bayern haben, und die große wirtschaftliche Prosperität, die es in unserem Land gibt, hängen in einem nicht unmaßgeblichen, wenn auch nicht ausschließlichen Maß mit diesem großartigen Flughafen und seiner Entwicklung in den letzten 30 Jahren zusammen.

(Unruhe bei den GRÜNEN)

Wenn es nach Ihnen gegangen wäre, gäbe es diesen Flughafen überhaupt nicht. Dann gäbe es sehr viel von dieser positiven Entwicklung in unserem Land nicht.

(Beifall bei der CSU)

Wir wollen jedenfalls eine zukunftsfähige Entwicklung der Verkehrsinfrastruktur in unserem Land.

(Zuruf der Abgeordneten Christine Kamm (GRÜNE))

Der Ministerpräsident, die Staatsregierung und die Mehrheitsfraktion werden mit Nachdruck daran arbeiten. Wir werden auch im kommenden Jahr 2016 die Weichen für eine gute Zukunftsentwicklung in diesem Land erfolgreich stellen.

(Beifall bei der CSU)

Vielen Dank, Herr Staatsminister. – Nachdem die Staatsregierung das Redezeitkontingent leicht, aber immerhin überzogen hat, hat Herr Kollege Glauber nun noch einmal um das Wort gebeten. Bitte schön.

Werter Herr Präsident, verehrtes Präsidium, Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrter Herr Innenminister, als Verkehrsminister und als Franke sprechen Sie davon, dass der Mehreinbau von Sitzplätzen in die Nürnberger U-Bahn das Problem der zweiten Stammstrecke nicht löst. Das mag vielleicht tatsächlich das Problem einer zweiten Stammstrecke und ganz allgemein das Verkehrsproblem nicht lösen; wenn wir aber die zweite Stammstrecke anschauen, dann ist doch eines klar: Diesem Hause wurden immer wieder Zahlen vorgelegt, die am Ende nicht belastbar sind. Letzten Endes führen Sie hier eine Diskussion um die zweite Stammstrecke, die bisher zur Folge hatte, dass der Landtag mit Ihrer Mehrheit zugestimmt hat. Die Millionen sind geflossen. Inzwischen sind über 1,1 Milliarden Euro dazugekommen. Ich finde, das ist Anfütterungspolitik. Das ist keine ehrliche Politik.

Wenn Sie jetzt Zahlen nennen und von der Notwendigkeit einer dritten Startbahn im Jahr 2025 sprechen, dann sagen Sie den Leuten doch bitte auch, wieso das so ist. Warum sinken die Flugzahlen am Flughafen München seit dem Jahr 2008 permanent? Wie kommen Sie dazu, zu sagen, die freien Slots gibt es nur in einem gewissen Zeitraum? - Da muss man doch auch über andere Anflugverfahren reden, da muss man darüber nachdenken, die Privatflieger durch Anreize zu verlagern. Man kann aber doch nicht im Landtag erklären, dass die Entscheidungen richtig sind, die Sie treffen wollen, obwohl es keine belastba

ren Zahlen gibt. Nein, Sie führen Zahlen an, die nicht belastbar sind. Genauso haben Sie bisher bei der Stammstrecke mit Zahlen gearbeitet, die aus unserer Sicht sowohl beim Einstieg als auch im Hinblick auf die jetzige Entwicklung deutlich auseinandergehen.

Wenn der Landtag dem Thema wirklich nähertreten will, dann meinen wir FREIEN WÄHLER – und deshalb auch die heutige Aktuelle Stunde: Loten Sie erst einmal die Möglichkeiten eines Gesamtkonzeptes aus. Sie führten in Ihrer Rede die Drehkreuzfunktion an. Diese Drehkreuzfunktion ist für uns FREIE WÄHLER verständlich, wir stimmen der Drehkreuzfunktion sogar zu. Lieber Herr Kollege Bernhard, aber immer wieder davon zu sprechen, dass dann die anderen Verkehre nicht dazu passen, das kann nicht sein. Wenn ich eine Punkt-zu-Punkt-Verbindung habe, wenn es um Ferienflieger geht, dann ist diese Drehkreuzfunktion nicht notwendig.