Protokoll der Sitzung vom 10.12.2015

Ich bin der Auffassung, dass damals sachgerecht und korrekt vorgegangen wurde.

Frau Ministerin Scharf, Sie selbst haben am 11. Juni bei Ihrem Bericht im Umweltausschuss gesagt, sie –

die Behörden – machten ihren Job, und sie machten ihn gut.

Am 24. Juni nahmen Sie wie folgt Stellung:

Die Behörden haben beim Salmonellenausbruch im Sommer 2014 für die Sicherheit der Verbraucher nach Recht und Gesetz gehandelt.

Im Sommer-Interview des Bayerischen Rundfunks haben Sie erst am 6. September gesagt:

Ich glaube, dass wir 2014 richtig gehandelt haben.

Frau Scharf, ich frage Sie jetzt: Haben Sie das eigentlich selbst geglaubt, was Sie da in der Öffentlichkeit gesagt haben?

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Tatsache ist doch, dass es einmal mehr die Opposition, die SPD, die GRÜNEN waren, die sich seit vielen Monaten um Aufklärung bemühen, die Ihre Fehler aufdecken und die Sie zum Handeln zwingen. Zurzeit vergeht fast kein Tag ohne neue Hiobsbotschaften: Die Verhaftung eines Amtsveterinärs aus dem Landratsamt Straubing-Bogen, die Suspendierung eines Mitarbeiters der Regierung von Niederbayern.

Sie sprechen jetzt von individuellem Fehlverhalten. Ich möchte an dieser Stelle deutlich sagen, dass wir davon überzeugt sind, dass die übergroße Mehrheit der Lebensmittelkontrolleure und Amtsveterinäre ihre Arbeit gut und gewissenhaft macht.

(Beifall bei der SPD)

Diese schützen die Verbraucher. Das tun Sie nicht. Deswegen möchte ich mich an dieser Stelle bei den Kontrolleuren bedanken, die oft unter widrigen Umständen kontrollieren, manchmal unter Personalknappheit leiden und manchmal auch einem mehr oder weniger starken Druck ausgesetzt sind, bei bestimmten Interessenlagen Problembereiche nicht so hart anzufassen.

Sicherlich nicht werden wir zulassen, dass Sie diesen Skandal auf individuelles Fehlverhalten reduzieren und sich durch solche Tricks selbst entlasten.

(Hans-Ulrich Pfaffmann (SPD): Wollen!)

In diesem Zusammenhang gibt es viele offene Fragen, zum Beispiel die Frage nach der Dienstaufsicht mit Blick auf das Landratsamt Straubing-Bogen und die Regierung von Niederbayern. Es gibt klare Fehler und ein Versagen der Staatsregierung. Das von uns in

Auftrag gegebene Rechtsgutachten von Professor Holle hat das deutlich gemacht.

Erstens. Sie hätten im August 2014 öffentlich warnen müssen, nachdem die Firma Bayern-Ei das selbst nicht getan hat.

Zweitens. Sie hätten nicht nur am Standort Ettling, sondern auch am Standort Niederharthausen im August 2014 weitergehende Maßnahmen zum Schutz der Verbraucherinnen und Verbraucher ergreifen müssen – Stichwort: Beprobungspflicht auf Salmonellen und Auslieferung von Eiern nur noch für die industrielle Verarbeitung, also von B-Eiern.

Drittens. Der Gutachter attestiert Ihnen, dass die überlange Zeitdauer für die Probeauswertung gegen europäisches Recht, konkret gegen das Gebot einer effektiven und wirksamen Kontrolle verstößt.

In diesem Zusammenhang, Frau Scharf, wollen wir von Ihnen jetzt endlich wissen, was Sie tun werden, damit europäisches Verbraucherschutzrecht endlich auch in Bayern eingehalten wird.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Sie müssen dem Hohen Haus zeitnah erläutern, was Sie tun wollen, damit die Lebensmittelkontrolleure und die Amtsveterinäre in ihrer Unabhängigkeit und damit in ihrer Möglichkeit gestärkt werden, effizient zu kontrollieren.

Leider hat die CSU gestern in der Haushaltsdebatte ein vollmundiges Versprechen wieder nicht eingelöst. Von den von Ihnen versprochen 40 neuen Stellen für die Spezialeinheit des Landesamtes für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit sind nur noch 20 übrig geblieben und aus unserer Sicht auch höchst wackelig gegenfinanziert.

(Beifall bei der SPD)

Wir erwarten von Ihnen, dass Sie das Landesamt weiter personell stärken. Sie müssen auch der regionalen Konzentration der Massentierhaltung endlich Rechnung tragen und die Kontrollen dort gezielt stärken, wo die Großställe stehen. Das System der Selbstkontrollen gehört auf den Prüfstand, genauso – ganz ernst gemeint – wie die Ansiedelung von Kontrolleuren bei den Landratsämtern.

Sie müssen die unabhängigen Kontrollen vor Ort stärken. Die Einführung einer Rotation von Kontrollpersonen, das Vier-Augen-Prinzip in der Kontrolle – das sind für uns sinnvolle Vorschläge. Auch – das gestehen wir gerne zu – die Kontrolle der Kontrolleure durch die Spezialeinheit findet unsere Unterstützung.

Ich möchte Sie aber an dieser Stelle auffordern: Erarbeiten Sie die notwendigen Verbesserungen zusammen mit den erfahrenen Leuten, die Sie in der Kontrolle sitzen haben, die in der Praxis stehen, und auch mit den Personalräten Ihrer Behörden. Das wird nicht nur die Qualität, sondern sicher auch die Akzeptanz dieser Maßnahmen befördern.

(Beifall bei der SPD)

Wir werden dem Antrag der GRÜNEN zustimmen. Wir werden auch dem Berichtsantrag der CSU-Fraktion zustimmen. Wir geben aber ausdrücklich zu Protokoll: Der Bayerische Oberste Rechnungshof ist sicherlich eine hoch anerkannte, unabhängige Instanz. Damit Sie uns aber wirklich überzeugen, möchten wir schon wissen: Welche Möglichkeiten wird er haben, Fachkompetenz hinzuzuziehen? Welches Budget wird er haben, um Gutachten und Ähnliches erstellen zu können? – All das sind Fragen, die wir beantwortet haben wollen. Wir wollen von Ihnen, Frau Scharf, bis spätestens Ende Januar einen substanziellen Bericht vorgelegt bekommen. Wir wollen einen konkreten Maßnahmenkatalog mit einem verbindlichen Zeitplan, wie Sie die von mir genannten Probleme angehen.

Zum Schluss: Wir glauben an Ihre Bonität in dieser Sache erst, wenn Ihre Schecks eingelöst und auf dem Konto des bayerischen Verbraucherschutzes tatsächlich gutgeschrieben sind.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Kollege. – Nächste Wortmeldung – er ist schon bereit –: Herr Kollege Beißwenger. Bitte schön.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrter Herr Ministerpräsident, liebe Kollegen! In Bayern arbeiten sehr viele Menschen in der Lebensmittelüberwachung als Amtstierärzte, als Lebensmittelkontrolleure. Diesen Menschen und damit auch der staatlichen Verwaltung ist zumindest bisher ein großer Vertrauensvorschuss entgegengebracht worden. Zum Teil hat sich dies leider geändert. Dafür sind die Vorfälle, die in der letzten Zeit bei Bayern-Ei aufgedeckt wurden, mit verantwortlich.

Die Frage, die sich uns allen stellen muss, lautet: Wie kann man sicherstellen, dass dieses Vertrauen gerechtfertigt wieder hergestellt wird? Lebensmittelsicherheit hat schließlich oberste Priorität. Die Verbraucher müssen sich auf die Kontrollen verlassen dürfen – darüber sind wir uns wohl alle einig.

Die Mitarbeiter, die in den Kontrollstellen tätig sind, bekleiden verantwortungsvolle staatliche Positionen, die auch entsprechend ausgestattet und in der Regel

Beamtenstellen sind. Falls es bei der Lebensmittelüberwachung bzw. bei den Kontrollen Schwächen gibt, sind diese unverzüglich abzustellen.

Kontrollbehörden, die bei der Kontrolle mit den zu kontrollierenden Betrieben Absprachen treffen, sind nicht tolerierbar. Dass die Staatsanwaltschaft Regensburg nach dem Stand der Ermittlungen einen Veterinär am Landratsamt Straubing-Bogen eines strafbaren Handelns beschuldigt, hat nicht nur Sie, Herr von Brunn, überrascht – das hat uns alle überrascht. Der Amtstierarzt sitzt deshalb in Untersuchungshaft. Weiterhin ist ein Mitarbeiter der Regierung von Niederbayern von der Staatsanwaltschaft eines Fehlverhaltens beschuldigt worden.

Diese Vorfälle müssen aufgeklärt werden. Die Staatsanwaltschaft ermittelt. Lassen wir sie also bitte erst einmal ermitteln. Sie alle profitieren von den Ermittlungen dieser Staatsanwaltschaft. Darüber hinaus wird ein externer Sonderermittler eingesetzt. Die Ergebnisse – die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft und den Bericht des Sonderermittlers – müssen wir zunächst einmal abwarten. Der Bericht soll bis spätestens Ende Januar vorgelegt werden. Wir werden uns die Erkenntnisse anhören, sie bewerten und unsere Konsequenzen daraus ziehen – Konsequenzen, wie man eventuell bei systemischen Fehlern Abhilfe schafft bzw. wie man eventuelle kriminelle Machenschaften frühzeitig aufdeckt, damit sich die Staatsanwaltschaft dann zeitnah solcher Elemente annehmen kann.

Wir müssen uns vielleicht auch über neue Strukturen unterhalten. Ich will hier kein Denkverbot. Das heißt, gegebenenfalls muss man auch über eine Umorganisation nachdenken, ein Vier-Augen-Prinzip, Sonderbehörden oder auch eine Innenrevision. Alles muss angedacht werden können, was im Namen des Verbraucherschutzes notwendig ist. Auch ein strikt angewandtes Rotationsprinzip könnte unter Umständen für Verbesserungen sorgen; denn man kann vielleicht eine gewisse Nähe zwischen Behörde und Kontrolleur auf der einen Seite und den zu Kontrollierenden auf der anderen Seite vermeiden, indem beispielsweise die Amtstierärzte nur für eine bestimmte Zeit für dieselben Betriebe zuständig sind.

Vor kriminellen Machenschaften schützt uns natürlich kein noch so ausgeklügeltes Kontrollsystem. Ob im vorliegenden Fall kriminelle Elemente am Werk waren, ob es Einzelne oder Mehrere waren, all dies wird die Justiz jetzt rückhaltlos aufklären. Davon bin ich fest überzeugt.

(Beifall bei der CSU)

100-prozentige Sicherheit wird es kaum geben können. Wir werden uns aber Gedanken machen, wie wir

einerseits kriminelles Fehlverhalten Einzelner besser vermeiden können und – mit Blick auf unsere Bürger ganz wichtig – wie wir andererseits verloren gegangenes Vertrauen wieder herstellen und auch aufbauen können. Hierzu müssen wir in jedem Fall rückhaltlos aufklären und hart durchgreifen. Eine einfache Rückkehr zur Tagesordnung darf es nicht geben. Aufklären, allerdings ohne Skandalisierung, ohne Schaum vor dem Mund. Schließlich arbeiten sehr viele Menschen in der Lebensmittelindustrie, die tagtäglich saubere Arbeit abliefern.

(Beifall bei der CSU)

Diese dürfen wir ebenso wenig unter Generalverdacht stellen wie all die redlichen Beamten, Landwirte und Bauern, die ihrer Arbeit rechtschaffen nachgehen.

Wir sind einerseits für eine sachliche Aufklärung. Deshalb bitten wir um Zustimmung zu unserem Antrag. Wir sind aber andererseits gegen eine Skandalisierung und Vorverurteilung. Deshalb lehnen wir die Anträge der GRÜNEN und der SPD ab. Ein unverzüglicher Bericht der Staatsregierung zu den im Dringlichkeitsantrag angesprochenen Punkten ist nicht sinnvoll. Den Ausgang der staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsverfahren sowie das Ergebnis des externen Sonderermittlers müssen wir abwarten.

(Beifall bei der CSU)

Vielen Dank, Herr Kollege Beißwenger. - Als Nächste spricht die Kollegin Steinberger. Bitte schön.

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen, sehr geehrter Herr Ministerpräsident! Liebe Frau Ministerin Scharf, ich begrüße es, dass Sie heute zu diesem Thema in den Landtag gekommen sind und dass Sie nicht nur dem Kabinett, sondern auch dem Landtag über die aktuellen Entwicklungen im Fall Bayern-Ei berichten. Das gehört sich einfach.

(Beifall bei den GRÜNEN)