Protokoll der Sitzung vom 28.01.2016

Solche und ähnliche Ereignisse lassen einen angst und bange werden; denn Intoleranz, Rassismus, Antisemitismus, Fremdenfeindlichkeit, Verschwörungsglaube und blinde Hetze sind typische Merkmale rechtsextremistischer Ideologien und Verhaltensweisen. Als Demokraten stehen wir alle dem entgegen.

Wir sehen darin Gefahren für die Freiheit, für die Menschlichkeit, für den gesellschaftlichen Zusammenhalt und den öffentlichen Frieden in unserem Lande. Es ist deshalb unsere Aufgabe, einheitlich und zusammen dem entgegenzutreten. Der Freistaat Bayern übernimmt diese Aufgabe wie kaum ein anderes Bundesland.

Wir gehen dabei von einem Dreiklang aus. Erstens, Sicherheit schaffen. Zweitens, Prävention stärken. Drittens, Ängste nehmen.

Zu erstens, Sicherheit schaffen. Für uns in Bayern hat die Sicherheit aller Menschen, die bei uns leben, oberste Priorität. Ich habe an dieser Stelle schon mindestens zweimal erläutert, welches Handlungskonzept für uns dahintersteckt. Ich tue das aber gerne ein drittes Mal für diejenigen, die das nicht verstanden haben. Wir beobachten in Bayern permanent die Entwicklung rechtsextremer Kreise. Wir haben spezielle Kommissariate für operativen Staatsschutz eingerichtet. Nach der NSU-Mordserie haben wir den personellen und strukturellen Einsatz bei der Polizei intensiviert. Wir haben den Datenaustausch und die Datenerhebung beim Verfassungsschutz verbessert. Wir arbeiten intensiv an der Gewinnung von Informationen in den JVAs. Beim Landesamt für Verfassungsschutz wurde eigens eine Abteilung "Rechtsextremismus und Rechtsterrorismus" gegründet. Das Freie Netz Süd wurde verboten.

Wir in Bayern treten jedem Rechten, der auch nur den Kopf herausstreckt, offensiv auf die Füße und schnappen ihn uns. Wir gehen konsequent gegen rechte Zellen in Bamberg vor und schützen die Flüchtlingsunterkünfte. Schauen Sie sich die Zahlen an, Frau Kollegin Schulze. Auch in Bayern gibt es zweifellos noch Übergriffe. Aber betrachten Sie daneben doch einmal die Übergriffe in den anderen Bundesländern. Wir können sagen: Es ist nicht gut, was in Bayern läuft, aber wir müssen uns auch nicht verstecken.

(Beifall bei der CSU)

Deswegen, liebe Kolleginnen und Kollegen, können wir feststellen: Die Sicherheit ist bei uns in Bayern auf gutem Weg. Es muss zwar noch etwas getan werden, aber wir sind da schon auf dem Weg. Unser Verfassungsschutz und unsere Polizei machen in diese Richtung eine hervorragende Arbeit. Wir sind, wie gesagt, hier auf einem guten Weg.

(Beifall bei der CSU)

Und nun zu zweitens, Prävention stärken. Für uns haben die Präventionsarbeit und der offene Umgang mit den Gefahren des Rechtsextremismus auf allen Ebenen oberste Priorität. Wir haben uns aus diesem

Grund an die Spitze des NPD-Verbotsverfahrens gestellt. Der Deutsche Bundestag konnte sich bis heute noch nicht dazu durchringen.

Wir haben in zahlreichen Präventions- und Bildungsmaßnahmen vor Ort viel erreicht. Wir haben die Stellenzahl bei der BIGE fast verdoppelt. Wir fördern zahlreiche gesellschaftliche Initiativen. Wir sind im Schulbereich sehr, sehr aktiv und kommen dem Verfassungsauftrag der Erziehung zur Demokratie nach Artikel 131 Absatz 3 der Bayerischen Verfassung voll nach.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, neben diesen Anstrengungen für Sicherheit und für Prävention ist aber noch eines wichtig: Wir müssen die Ängste der Menschen ernst nehmen. Man muss das an- und aussprechen dürfen, was die Menschen beschäftigt. Das alles ist dann nicht immer gleich Hetze, sondern oft ist es einfach ein ehrlicher Umgang mit einer riesengroßen gesellschaftlichen Herausforderung. Es ist auch unsere Pflicht, auf die Überforderung der Kommunen in der aktuellen Situation hinzuweisen; denn wenn wir das nicht tun, dann öffnen wir den Extremisten Tür und Tor. Wir sind es allen Menschen in Bayern schuldig, dass wir die Grenzen unserer Integrationsfähigkeit ehrlich benennen; denn wenn wir das nicht tun, dann wenden sich die Menschen von der Politik insgesamt ab. Es gehört zur Ehrlichkeit, klar zu sagen – ich bin dem Bundespräsidenten sehr dankbar für seine offenen und ehrlichen Worte -, dass unsere Herzen weit, aber unsere Möglichkeiten begrenzt sind. Wenn wir das nicht tun, dann spielen wir den Feinden der Demokratie in die Hände.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir dürfen niemals zulassen, dass die Radikalen sich die Ängste der Menschen zunutze machen, dass sie mit ihnen spielen und suggerieren, dass die Politik nicht aktiv wird. Es ist unsere Aufgabe, die Radikalen zu stellen, sie in der Öffentlichkeit zu entlarven, sie zu enttarnen, wo immer es geht.

Aus diesem Grund, liebe Kolleginnen und Kollegen, halte ich es für einen großen Fehler, die Debatte mit der AfD nicht zu führen. Liebe Kolleginnen und Kollegen von der SPD und von den GRÜNEN, treten Sie doch der AfD entgegen. Sagen Sie ihnen: Ihr steht in der Ecke. - Stellen Sie sie in diese Ecke, in der sie auch wirklich sind. Das Rumgeeiere in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz in den letzten Wochen war doch erbärmlich, was Sie dort abgeliefert haben.

(Beifall bei der CSU – Zuruf des Abgeordneten Horst Arnold (SPD))

Als Demokraten, liebe Kolleginnen und Kollegen, brauchen wir die Diskussion nicht zu scheuen. Wir

müssen doch immer und überall offen zeigen: Diese "Alternative" ist keine Alternative. Das sind blinde Hetzer, das sind Verführer, das sind Personen, die den Menschen Sand in die Augen streuen, die unsere Freiheit, unsere Werte mit Füßen treten. Denen geht es nur um die Macht, denen geht es nicht um die Menschen. Deswegen, liebe Kolleginnen und Kollegen, lassen Sie uns gemeinsam diesen Personen entgegentreten, lassen Sie uns gemeinsam sie in eine Ecke stellen, wo sie hingehören.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, der Freistaat Bayern macht viel im Bereich Sicherheit und Prävention. Aber wir zusammen, wir als Einheit dieses Hohen Hauses, wir als Einheit der Parteien, sind gefordert, die Ängste der Menschen ernst zu nehmen und die Radikalen und Extremisten wirklich als das zu entlarven, was sie sind: als Extremisten, mit denen wir hier nichts zu tun haben wollen. Wir als CSU stehen zu dieser Verantwortung. Wir werden dies tun. Lassen Sie uns gemeinsam an einem Strang ziehen.

(Beifall bei der CSU)

Vielen Dank, Herr Kollege. – Jetzt hat für die SPD-Fraktion der Herr Kollege Arnold das Wort. Bitte schön, Herr Kollege.

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Rechte sind demokratiefeindlich, staatsfeindlich, bedienen sich rassistischer Methoden und legitimieren sich pseudohaft daraus, dass angeblich unsere Demokratie nicht funktioniert, der Sozial- und Rechtsstaat seine Funktionen nicht mehr erfüllt.

Diese paar wird es immer geben, aber leider Gottes werden sie zunehmend mehr, auch auf der Straße. Es werden Minderheiten insoweit definiert, ausgegrenzt. Not wird bagatellisiert, ja Not wird sogar kriminalisiert. Es wird davon gesprochen, dass diejenigen, die kommen, in Wirklichkeit keine Not haben, sondern nur aus wirtschaftlichen Gründen da sind oder, wenn sie denn da sind, möglicherweise nur zur Begehung von Straftaten. Schleusertum wird hauptsächlich thematisiert als Kriminalität im Verhältnis zur Not und zur Linderung derselben. Auf Demonstrationen in Dresden ist es mittlerweile salonfähig geworden, vor 12.000 Leuten zu sagen wie der niederländische Rechtsradikale Geert Wilders: Es müssen wieder Züge fahren angesichts dieser Flüchtlingsmenge.

Das sind Befunde, die erschüttern. Wenn muslimische Personen in unserem Land ausgegrenzt werden, wenn Farbige nach ihrem Vermehrungsverhalten letztendlich auch thematisiert werden und Sie, Herr Reichhart, fordern, wir sollen uns dem entgegenstel

len, dann ist das in diesem Zusammenhang unter jedem Niveau.

Gleichwohl ist es doch so, dass der Staat, dass wir als Gesetzgeber die Möglichkeit haben, diese Dinge zu regeln. Natürlich sind die Grenzen in diesem Zusammenhang gesetzt, aber die Grenzen sind doch nicht dafür da, abgeschlossen zu werden, sondern wir sind selber als Rechtsstaat gebunden an unsere eigenen Normen. Wer da herumzündelt und sagt: "Wir müssen über das Recht auf Asyl diskutieren", der zündelt nicht einfach herum, sondern der legt Hand an die grundlegende Verfassung.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Der suggeriert, dass eine einfache Änderung des Grundrechts auf Asyl eine Linderung bringen würde, und geht fehl.

Herr Reichhart, Sie haben gesagt, populistische Parolen sollen nicht ausgesprochen werden. Ich will Ihnen einmal eines sagen: Ich habe jetzt zusammengefasst, was da an Äußerungen von Regierungsseite hier in Bayern gekommen ist. Herr Söder fordert, Deutschland müsse wieder national werden, klare Signale senden wie Schweden oder Dänemark; dann werde sich die Lage auch in Deutschland stabilisieren.

(Jürgen W. Heike (CSU): Recht hat er!)

- Recht hat er. - Was sind das für Auswirkungen? – Sie wissen doch ganz genau, dass der Empfängerhorizont diese Aussagen ganz anders auffasst, nämlich als Freibrief dafür, auch national zu handeln und national zu denken in der Zeit, in der die Probleme international und europäisch gelöst werden können. Nur so geht es.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Wenn in diesem Zusammenhang dann Ihr Parteifreund und ehemaliger Vorsitzender, Herr Gauweiler, davon spricht, dass ein rechtsfreier Zustand in diesem Land herrscht, nicht einmal das Parlament sich an die Regeln hält, dann tut er sein Übliches. Ich kann hier nicht feststellen, dass im Bundestag oder in den Landesparlamenten Recht verletzt wird und ein rechtsfreier Zustand da ist.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Wir haben die Situation, dass entsprechende Aufnahmestellen geschaffen worden sind. Wir haben die Situation, dass ein konkretes Vollzugsdefizit in diesem Land herrscht und dass in diesem Bereich nicht nur der Bund versagt hat, sondern auch das Land. In Zirn

dorf, wo ich herkomme, war bereits 2014 das Aufnahmelager restlos überfüllt. Dreimal so viele Personen als vorgesehen waren dort untergebracht. Nichts war da von Ihnen als Notstandsmaßnahme zu hören. Im Gegenteil, die damalige Sozialministerin Haderthauer hat sich nicht einmal getraut, mit den Leuten dort zu sprechen. So geht man nicht mit Not um.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Deswegen ist es richtig, dass wir keine Forderungen als Lösungen anbieten, die nicht haltbar sind, sondern dass wir uns konkret mit den Tatsachen auseinandersetzen. Das erfordert Mut, Zusammenstehen, aber auch ein Bekenntnis zu unserer internationalen Verpflichtung, zu den Menschenrechten, aber auch zu den Europarechten. Wer da von Obergrenzen spricht, die möglicherweise durchsetzbar sind, hat von der internationalen und von der nationalen Gesetzgebung nichts verstanden. Da muss ich sagen: Sie tragen mit Ihrer Rhetorik teilweise zu dieser Verunsicherung bei und treiben die Verunsicherten dorthin, wo wir sie nicht haben wollen: in die rechte Ecke, und dann kommt vielleicht auch Gewalt.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Danke schön. – Jetzt hat für die Fraktion der FREIEN WÄHLER Frau Kollegin Gottstein das Wort. Bitte schön, Frau Kollegin.

Sehr verehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir waren zunächst etwas erstaunt, als wir das Thema der Aktuellen Stunde gelesen haben. Das gleiche Thema hatten wir vor acht Wochen, am 24.11., auf Anregung der SPD. Natürlich: Repetitio est mater studiorum. Natürlich ist das Thema wichtig genug, immer wieder behandelt zu werden. Wenn es aber – wie es bisher in der Debatte zu verfolgen ist – dazu dient, sich gegenseitig äußerst populistische Vorwürfe an den Kopf zu werfen, ist es für die Aktuelle Stunde eigentlich zu schade.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN und Abge- ordneten der CSU)

Natürlich sind wir alle – ich denke, hier muss man sehr stark aufpassen, dass wir nicht den Konsens verlieren – erschüttert über die Zunahme rechtsextremer Gewalt auch in Bayern. Die Zahlen der rechtsextremistischen Straf- und Gewalttaten sind in beängstigender Weise gestiegen. Das ist uns allen bewusst, und das wurde von der Rednerin des Antragstellers der Aktuellen Stunde ausführlich und auch korrekt dargestellt. Natürlich verurteilen auch die FREIEN WÄHLER aufs Schärfste solche Taten, und diese dürfen nicht bagatellisiert werden.

Alle Menschen haben Anspruch auf körperliche Unversehrtheit und den Schutz ihrer Menschenwürde. Wer Gewalttaten verübt und sogar seiner Meinung nach gerechtfertigte Selbstjustiz verübt, der stellt sich gegen unsere Rechtsordnung und gegen unsere Werteordnung. Aber – die Debatte ist ja noch nicht zu Ende – bisher habe ich schon den Eindruck: Auch dieses Thema wird inzwischen in der politischen Debatte instrumentalisiert. Das finde ich beängstigend.

Liebe Katharina Schulze, ich schätze dich sehr, das weißt du. Aber bei dem Lächeln, mit dem hier die Argumente vorgebracht werden, habe ich schon das Gefühl, es dient eher der eigenen Profilierung oder der Profilierung einer Partei als der Sache.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN und der CSU – Widerspruch bei der SPD und den GRÜNEN)

- Doch, zu dieser Aussage stehe ich. - Das ist eigentlich schade

(Widerspruch der Abgeordneten Dr. Sepp Dürr (GRÜNE) und Florian von Brunn (SPD))

- nein, das ist schade -, weil wir dadurch das Thema hier zerreden und uns selbst ins Abseits stellen.

Ich bitte Sie, sich mit den Zwischenrufen etwas zurückzuhalten, vor allen Dingen, was die Lautstärke anbelangt. - Herr Kollege Dürr, ich bitte auch Sie.

Eigentlich hatte die Aktuelle Stunde einen guten Untertitel: "Demokratie stärken – Sicherheit schaffen – Prävention ausbauen". Davon habe ich bisher wenig gehört.

Präventionsarbeit ausbauen: Ich verweise auf meinen Redebeitrag vom 24.11. Darin ist genügend dazu gesagt worden: Jugendliche sensibilisieren, Eltern helfen, individuelle Ängste der Menschen ernst nehmen, Perspektiven schaffen, Lehrpersonal muss ausgebildet sein. Der ganze Kanon ist bekannt; ich wiederhole mich hier nicht.