Jetzt versuchen wir es auf einem anderen Weg. Wir wollen in Bayern eine neue Organisationseinheit am Umweltministerium schaffen, nämlich die Stelle einer Tierschutzbeauftragten. Als Vorbild kann uns hier Baden-Württemberg dienen. Wir hatten die dortige Tierschutzbeauftragte Frau Dr. Cornelie Jäger im Sommer bei uns zu Besuch. Sie hat uns überzeugend dargelegt, wie sie dem Gedanken des Tierschutzes in Baden-Württemberg zur Geltung verhelfen konnte. So etwas können wir auch für Bayern brauchen.
Wir möchten eine unabhängige Stelle als Ansprechpartner in Fragen des Tierschutzes haben. Aufgaben dieser Stelle wären zum Beispiel die Beratung, aber auch die Unterstützung der bayerischen Behörden, gerade wenn es um Genehmigungsverfahren geht,
die Abgabe von Stellungnahmen zu Fragen des Tierschutzes, im internationalen Tierhandel zum Beispiel, und vieles mehr.
Wir stellen ja gerade im Vollzug des Tierschutzes oft erhebliche Unsicherheiten bei den Behörden fest. Nehmen Sie nur einmal das Beispiel Bayern-Ei. Wir reden jetzt nicht von den Mängeln beim Verbraucherschutz und bei der Lebensmittelsicherheit. Aber unabhängig davon wurden dort über Monate, wenn nicht über Jahre schwere Verstöße gegen das Tierschutzgesetz festgestellt, ohne dass das irgendwelche Auswirkungen auf den Betrieb gehabt hätte.
Oder nehmen wir den aktuellen Fall Schlachthof in München; Sie haben es vielleicht gelesen. Es gibt hier schwere Vorwürfe. Die Staatsanwaltschaft ermittelt inzwischen, und es kann sein, dass es hier zu zahlreichen Fehlbetäubungen gekommen ist. Die Lohnschlächter, die es dort gibt, haben vermutlich lange unbemerkt ungeeignetes Gerät verwendet. Das System des Outsourcens von Aufgaben an Schlachthöfe muss deshalb dringend auf den Prüfstand gestellt werden, gerade unter dem Aspekt des Tierschutzes. Dazu könnte die Tierschutzbeauftragte einen wichtigen Beitrag leisten.
Oder nehmen wir Alternativen zu Tierversuchen. Es ist nicht hinnehmbar, dass die Anzahl der verbrauchten Tiere ständig steigt. Eine Tierschutzbeauftragte könnte diese Entwicklung als Gutachterin kritisch begleiten und die Erforschung von Alternativen vorwärtsbringen. Das wäre eine ganz wichtige Aufgabe.
Eine Landesbeauftragte für Tierschutz könnte Konzepte entwickeln, wie dem Tierschutz zum Beispiel in der landwirtschaftlichen Tierhaltung mehr Gewicht verliehen werden könnte. Sie könnte vermittelnd eingreifen, wenn es zu Differenzen zwischen Behörden und privaten Tierhaltern gekommen ist. Sie könnte wissenschaftliche Untersuchungen zur Grundlagenforschung anstoßen, und sie könnte gutachterlich tätig werden, wenn es um die Genehmigung von Tierhaltungen geht. Das wäre ein sehr weites Aufgabenfeld.
Sie könnte auch die vor uns liegenden Umbrüche in der landwirtschaftlichen Tierhaltung fachlich begleiten. Sie kennen die Diskussion. Ich spreche vom Verbot des Schnäbelkupierens, der Ferkelkastration oder des Kükenschredderns. Hier hat der Tierschutz eine zen
Liebe Kolleginnen und Kollegen, Tierschutz ist eine Querschnittsaufgabe. Er darf nicht weiter ein Schattendasein führen. Die Diskussion in der Gesellschaft ist bereits in vollem Gange, und ich muss sagen, die Gesellschaft ist häufig weiter als Sie hier in der CSUFraktion.
Frau Präsidentin, Kolleginnen und Kollegen! Die Kollegen der GRÜNEN fordern mit ihrem Antrag die Schaffung eines neuen Amtes, eines Landesbeauftragten für Tierschutz als selbständige Organisationseinheit außerhalb der Abteilungsstruktur des Staatsministeriums für Umwelt und Verbraucherschutz. Damit wird ein ganzes Bündel, ein ganzer Katalog – kein abschließender Katalog – mit vielfältigen Aufgaben, die damit wahrgenommen werden sollen, verbunden: Beratung der Behörden, Gutachten für Behörden, Beratung von Verbänden, Abgabe von Stellungnahmen, Mitwirkung bei gesetzgeberischen Vorhaben. Das geht sogar so weit, dass man dem neuen Amt konzeptionelle Entwicklungen und die Beanstandung von Verstößen zuordnen will.
Dieses Ansinnen mit seiner generellen Forderung ist nicht neu. Es gab bereits in den vergangenen Legislaturperioden mehrfach diesbezügliche Anträge und Eingaben. Wir haben sie aus berechtigten Gründen abgelehnt. Die Entscheidungsgründe haben sich nicht geändert. Das Amt ist eindeutig unnötig.
Frau Kollegin Steinberger, Tierschutz ist bei uns – Sie haben es angesprochen – nicht nur einfachgesetzlich oder durch EU-Verordnungen geregelt, sondern hat bei uns auch Verfassungsrang. Der Tierschutz steht im Grundgesetz, wurde aber schon vier Jahre zuvor, 1998, in die Bayerische Verfassung eingefügt. Es handelt sich damit nicht nur um einen bloßen Auftrag an den Gesetzgeber, dieses Staatsziel einzuhalten, nein, es bindet auch die Verwaltung unmittelbar.
Deshalb hat der Tierschutz bei uns einen hohen Stellenwert. Der Freistaat kommt auch dem Staatsziel nach. Das begründet aber noch nicht die Notwendigkeit, einen derartigen Landesbeauftragten zu schaf
fen. Es gibt in Bayern und auch im Bund klare Zuständigkeiten. Wir haben bewährte Strukturen. Für die Gesetzgebung ist der Bund zuständig, der auch die internationalen Abkommen abschließt, für den Vollzug sind es die Länder. Vor Ort sind dies die Kreisverwaltungsbehörden. Bei der Koordination des Vollzugs werden sie von den Regierungen und auch vom Staatsministerium unterstützt. Ihnen obliegt auch die Gewährleistung des einheitlichen Vollzugs der Richtlinien, der Gesetze und der Bestimmungen. Zur Beratung und Unterstützung kommen noch Fortbildungsveranstaltungen, zum Beispiel am LGL, infrage, die auch entsprechend angenommen werden. Deswegen wird dem Gedanken des Tierschutzes sicher auch beim Verwaltungsvollzug Rechnung getragen.
Es wird auch bestätigt, dass wir einen funktionsfähigen und kompetenten Vollzug in Tierschutzfragen haben. Das wurde dem Freistaat Bayern 2004 und 2008 durch ein Inspektorenteam der Europäischen Union attestiert. Es wurde festgestellt, dass die Strukturen sehr wohl funktionsfähig und kompetent sind.
Was bringt dann eine zusätzliche Organisationseinheit, eine zusätzliche Verwaltungsebene? Soll etwas ohne Kompetenz vorangebracht werden? Da ist vielleicht der Wunsch der Vater des Gedankens. Ich denke, die Themen sind bei den Vollzugsbehörden und in der entsprechenden Verwaltungsebene richtig aufgehoben. Eine zusätzliche Organisationseinheit neben dieser Verwaltungsstruktur ist überflüssig, ist sinnlos, führt zu unklaren Kompetenzen und schwächt letztendlich den Vollzug. Abgesehen davon kann, glaube ich, das ganze Aufgabenspektrum nicht von einer Person wahrgenommen werden. Das ist unmöglich und führt letztendlich zu ineffizienten Strukturen. Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich meine, alle geschilderten Maßnahmen und Aufgaben, die ein Landesbeauftragter durchführen bzw. wahrnehmen soll, können auch durch die behördlichen Strukturen und die Verwaltungen vor Ort durchgeführt bzw. wahrgenommen werden. Diese besitzen eine breite Basis und auch eine breite Vernetzung hinein in die nichtstaatlichen Organisationen. Ich möchte nur am Rande den Tierschutzbeirat erwähnen, der ja die Staatsministerin in allen Angelegenheiten des Tierschutzes berät, die Tagesordnung der Sitzungen mitbestimmen kann und sogar Sitzungen einberufen oder die Abhaltung von Sitzungen verlangen kann.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, deswegen bringt die Schaffung eines neuen Amtes, die Einrichtung eines Landesbeauftragten für Tierschutz keine Vorteile, keinen Nutzen und keinen Gewinn für den Tierschutz. Deswegen werden wir Ihren Antrag ablehnen.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Frau Staatsministerin Scharf, werte Kolleginnen und Kollegen! Wer Tierschutz ernst nimmt, kann nicht ernsthaft am Antrag der Kolleginnen und Kollegen von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN zweifeln. Ich bedanke mich nachdrücklich bei Frau Steinberger und ihrer Fraktion für diesen Antrag und bei den FREIEN WÄHLERN für die Unterstützung im Ausschuss.
Auch die Verortung der Einrichtung außerhalb des Staatsministeriums für Umwelt und Verbraucherschutz ist spätestens seit der Veröffentlichung des ORH-Berichts unstrittig. Wo im Zuge der Tagesgeschäfte so elementare Bereiche wie Veterinärwesen und Lebensmittelüberwachung im Alltagsgeschäft unterzugehen drohen, hätte ein dort angesiedelter Landesbeauftragter ebenso mit den Hemmnissen einer Behörde zu kämpfen.
Kollegin Steinberger hat die Grundzüge der Konzeption hinreichend dargestellt, sodass zusammenfassend festzustellen ist: Angesichts des geringen Stellenwerts, den der Tierschutz derzeit in Bayern genießt, ist die Einrichtung eines Landesbeauftragten für Tierschutz eine in jeder Hinsicht zu begrüßende Maßnahme. Besonders dringend wäre dabei die Bewältigung der Aufgabenbereiche Beratung, gutachterliche Tätigkeiten, Mitwirkung an EU-, Bundesrats- und Landtagsangelegenheiten zu Tierschutzfragen, Überwachung der Einhaltung von tier- und artenschutzrechtlichen Vorschriften, Entwicklung konzeptioneller Vorschläge im Bereich Tier- und Artenschutz, Mitwirkung bei Gesetzesinitiativen, Zusammenarbeit mit Tierschutzorganisationen und Schulen sowie die Öffentlichkeitsarbeit.
Diese kurze Zusammenfassung der Kernaufgaben macht deutlich, dass diese Arbeit von einem ehrenamtlichen Tierschutzbeirat, der derzeit zweimal pro Jahr tagt, nicht annähernd bewältigt werden kann.
Die sich angesichts der Ausführungen des Kollegen Flierl abzeichnende Entscheidung, nämlich die Ablehnung der Einrichtung eines Landesbeauftragten für Tierschutz, verwundert letztlich nicht, wenn man sich die Entscheidungen der CSU in Sachen Tierschutz in den letzten zweieinhalb Jahren vergegenwärtigt. Da ist eine klare Linie zu erkennen, die darin besteht, alle
Anträge der SPD, der FREIEN WÄHLER oder der GRÜNEN in Sachen Tierschutz grundsätzlich abzulehnen. Auf diese Weise stagniert der Tierschutz. Wir treten auf der Stelle und versäumen es mit Methode, auf aktuelle Entwicklungen zu reagieren. So passt, Herr Flierl, Ihre Ablehnung eines Landesbeauftragten für Tierschutz in eine lange Reihe elementarer Versäumnisse.
Ich kann es Ihnen nicht ersparen, kurz zu skizzieren, wo Sie in den letzten beiden Jahren einfach nicht auf aktuelle Entwicklungen reagiert haben. Die Hälfte der bayerischen Tierheime steht vor der Insolvenz. Für Tierheime wie Rosenheim oder einzelne Gebäudeteile in Augsburg ist der Abriss die einzige Option. Diese beiden Tierheime stehen in einer langen Reihe von Tierschutzeinrichtungen mit maroder Bausubstanz und explodierenden laufenden Kosten in Folge energetischer Mängel. Diese Tierheime können allein schon aufgrund ihrer baulichen Gegebenheiten die verschärften Quarantäne- und Hygienevorschriften nicht einhalten. Hinzu kommen steigende Tierarztkosten. 100.000 Euro gibt ein durchschnittliches Tierheim pro Jahr allein für die tierärztliche Versorgung aus. Wir wollten 2014 die symbolische Summe von einer halben Million Euro als Investitionskostenzuschuss für Tierheime und 2015 von 1 Million Euro in den Haushalt einstellen. Selbst diese symbolische Summe lehnte die CSU damals ab.
In Sachen Tierschutz ist es der Staatsregierung nicht ansatzweise gegeben, auf aktuelle Entwicklungen angemessen zu reagieren. Ein Beispiel hierfür ist das Ignorieren teils illegaler Welpentransporte. So bleiben skrupellose Geschäftsleute und Tierquäler aus zum Teil östlichen Ländern in Bayern völlig unbehelligt. Mit ihren viel zu jungen und kranken Welpen erwischt, verzichten diese auf ihr Eigentumsrecht, und den Schwarzen Peter hat das örtliche Tierheim. Besonders hart trifft es Tierheime, die an den einschlägigen Autobahnkreuzen und -verbindungen liegen. Auf sie kommen teils mehrmals im Jahr Welpen zu, die intensiv tierärztlich versorgt werden müssen.
Je nach Größe des Welpenfundes kommt da schnell ein fünfstelliger Betrag zusammen. Wir wollen diesen Tierheimen helfen. Sie, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen der CSU, lehnen das aus prinzipiellen Gründen ab. Sie wollen auch durch den Biber geschädigte Land- und Forstwirte nicht höher entschädigen und geben so diese auf EU-Ebene hoch geschützte Tierart der Selbstjustiz aufgebrachter Geschädigter preis. Sie nehmen es auch hin, dass Schlachttiertransporte
immer seltener kontrolliert werden, und lehnten im Sommer 2015 unseren Antrag auf zahlenmäßige Beibehaltung der Kontrollen ab. Sie sitzen am Runden Tisch und sprechen sich für einen Neubau der Reptilienauffangstation aus, können sich aber, wenn es im Ausschuss darum geht, Nägel mit Köpfen zu machen, an nichts mehr erinnern.
Sie wollen kein Verbandsklagerecht, die Haltung von Puten nicht regeln und halten Katzenkastration für überflüssig. Dass noch weitere zehn Jahre Legehühner in Käfigen gehalten werden dürfen, stört sie ebenso wenig wie die Tatsache, dass jährlich Millionen Küken geschreddert oder vergast werden. Unseren Antrag gegen diese Auswüchse menschlicher Profitgier lehnten Sie erst vor Kurzem im Ausschuss ab.
Wenn Sie schon nicht gestalten wollen, dann reagieren Sie wenigstens in den Bereichen, in denen die Probleme besonders augenfällig sind. Ich fordere Sie auf, dem Parlament aufzuzeigen, wo Sie im Bereich Tierschutz in der verbleibenden Legislatur Ihre Schwerpunkte setzen wollen. Eine aktive Tierschutzpolitik findet in Bayern derzeit nicht statt.
Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Mein hochgeschätzter Kollege Herbert Woerlein hat verkündet, dass wir im Ausschuss mit den Kollegen der GRÜNEN und der SPD mitgestimmt haben. Den Kollegen der CSU hat man gerade in jüngster Vergangenheit zugestanden, eine Meinung, die man später für nicht richtig angesehen hat, zu revidieren. Ich erinnere an das kürzliche Beispiel, Veränderungen im Bundes-Bodenschutzgesetz vorzunehmen,