Protokoll der Sitzung vom 25.02.2016

Wir alle, auch die Wohlhabenden, sind der Staat. Es gilt, auch bei ihnen das Bewusstsein dafür zu schärfen, dass sie Verantwortung für die Gesellschaft, insbesondere für den sozialen Frieden, haben. Es geht nicht, dass jemand hier sein Vermögen macht und sich dann ins Ausland absetzt. Die Fälle sind aufgezählt worden; sie sind vielfältig. Dies ist insbesondere dann nicht akzeptabel, wenn andererseits die Wohltaten, die unser Staat bietet, in Anspruch genommen werden. Dazu gehören insbesondere die innere Sicherheit bei uns und die guten Rahmenbedingungen für sichere Arbeitsplätze. Wir können es nicht hinnehmen, dass diese Vorteile einfach mitgenommen werden, aber das auf dieser Grundlage verdiente Geld ins Ausland geschafft wird.

Ob die Einstellung zusätzlicher Steuerfahnder das Allheilmittel ist, mag dahingestellt sein. Eines ist auf jeden Fall klar: Wir müssen allen Menschen in unserer Gesellschaft bewusst machen, wie wichtig es ist, dass jeder hier auch seinen Dienst zu erbringen hat. Dazu gehört es, seine Steuern hier zu zahlen, damit dieser Staat funktionieren kann.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Zur Steuerverkürzung und Steuerflucht muss man natürlich auch Folgendes sagen: Wenn wir Straftaten verhindern wollen, dann ist die Prävention die, dass das Entdeckungsrisiko für den Täter sehr, sehr hoch und die Möglichkeit der Ahndung gegeben sein muss. Also die Straftat des Täters muss dann auch geahndet werden; denn nur dann, wenn ein Täter weiß, dass er entdeckt wird, wird er die Finger davon lassen. Da gibt es genug zu tun. Wir wissen, dass wir in der Justiz auf dem Gebiet der Strafverfolgung und der Ermittlung noch einiges besser machen können und dass wir hier auch personell und mit Sachmitteln aufpolstern müssen, da bei Ermittlungen am Anschlag gearbeitet wird.

Allerdings unterstützen wir auch den Antrag der SPD, der im Verfassungsausschuss behandelt worden ist; denn es stellen sich auch in diesem Fall Fragen. Diese Fragen, deren Klärung zu unserer Kontrollaufgabe als Legislative gehört, müssen zulässig sein. Von daher sind gewisse Dissonanzen erkennbar. Wer den Fall eines Fußballpräsidenten und den Engelhorn-Fall in Augsburg anschaut, kann den Eindruck haben, dass hier bei vergleichbaren Delikten mit unterschiedlichem Maß gemessen wird. Hier müssen wir nach der Aufklärung schauen, was Tatsache ist und was dahintersteht; denn eines ist auch klar: Ein Rechtsstaat ist nicht immer einfach. Ein Rechtsstaat hat seine Regeln, und diese Regeln sind manchmal hoch kompliziert. Daher muss man genau prüfen und alle Seiten anhören. Insofern sind wir gespannt, was in dem Bericht stehen wird. Vorher darf man über niemand den Stab brechen, sondern man muss erst einmal alle Seiten anhören und dann sehen, was dabei herauskommt. Dann müssen wir die Schlüsse ziehen und uns folgende Fragen stellen: Braucht die Staatsanwaltschaft mehr Personal? Braucht sie noch andere Sachmittel und Möglichkeiten, um zu ermitteln? Was steht wirklich dahinter?

Die andere Frage ist in einem Rechtsstaat natürlich, inwieweit Straftaten weggedealt werden können. Das ist in der Strafjustiz mittlerweile gängige Praxis, die allerdings verfassungsrechtlich bedenklich ist; denn es widerspricht eigentlich der Öffentlichkeit des Strafverfahrens. Von daher muss man schauen, dass man nicht in eine Hinterzimmer-Justiz gerät, die dann Fra

gen und Dissonanzen wie in diesem Fall aufwirft; denn das Wichtige ist, dass die Justiz für den Bürger transparent ist und er weiß, dass alle gleichbehandelt werden, dass also vor dem Gesetz jeder gleich ist und nicht diejenigen, die sich die großen Staranwälte leisten können, dann im Hinterzimmer mittels eines Deals die Sache stillschweigend bereinigen können. Das darf nicht sein. Daher braucht es auch in der Justiz einen Gleichklang. Es darf nicht sein, dass man sich mit Geld eine bessere oder andere Justiz erkaufen kann. Diesem Anschein müssen wir entgegenwirken. Deswegen bitte ich, in diesem Haus auch in dieser Richtung gemeinsam zu arbeiten.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Danke schön, Herr Kollege. – Als Nächster hat Herr Kollege Mütze vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN das Wort. Bitte schön, Herr Kollege.

(Vom Redner nicht autori- siert) Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Schade, dass der Herr Finanzminister jetzt nicht da ist.

(Hans-Ulrich Pfaffmann (SPD): Der ist am Nockherberg!)

Ja, wahrscheinlich.

Das hört er halt nicht gern, wenn die bayerische Finanzverwaltung kritisiert wird oder, besser gesagt, wenn er kritisiert wird; denn die bayerische Finanzverwaltung, die Steuersekretärinnen und -sekretäre und alle, die da arbeiten, machen in dem Rahmen, der ihnen gesetzt wird, einen guten Job. Das kann man schon sagen.

(Beifall bei den GRÜNEN und Abgeordneten der SPD)

Wenn es nicht so traurig wäre, müsste man feststellen: Wir können froh sein, dass die Geschwister Engelhorn überhaupt noch Steuern gezahlt haben; denn die Staatsanwaltschaft hat es den beiden Damen ohne Auflagen ermöglicht, aus der Untersuchungshaft heraus zu gehen. Ich finde es ziemlich blauäugig, dann zu erwarten, dass die beiden Damen in Deutschland bleiben. Nein, sie haben sich natürlich sofort in die Schweiz abgesetzt, die momentan über die Ausschaffungsinitiative diskutiert, aber gleichzeitig jemandem, der viel Geld mit ins Land bringt, sofort die Staatsbürgerschaft gibt. Das ist – das muss ich auch sagen – aber ein ganz anderes Thema.

Wie armselig präsentieren sich unsere Steuerfahndung und unsere Steuergesetzgebung, wenn wir froh

sein müssen, dass diese beiden Damen überhaupt noch Steuern zahlen? Wie armselig präsentiert sich unsere Steuerfahndung, wenn wir von der Steuerhinterziehung nur deshalb wissen, weil ein anderer, nämlich der Finanzminister in NRW, eine Steuer-CD gekauft hat und die Medien darüber berichtet haben? Sonst wüssten wir davon nichts. Wir hätten dann nicht einmal die Steuern bekommen, die wir jetzt erhalten haben.

Was steht in der Bayerischen Verfassung? – Der Herr Kollege hat schon darauf hingewiesen. Es geht um eine angemessene Besteuerung. Nach Artikel 123 der Bayerischen Verfassung sind alle im Verhältnis ihres Einkommens und Vermögens zu den öffentlichen Lasten heranzuziehen. Das ist bei einem Einkommensteuerzahler ganz einfach; denn er macht seine Steuererklärung, die geprüft wird, und damit hat sich das.

Lieber Herr Kollege Fackler, die Prüfdichte, die Sie hier so hoch gelobt haben, reicht in Bayern von mehreren Jahrzehnten bis zu Jahrhunderten. Wenn das keine saubere Prüfdichte ist. – Gut, das ist Ihre Meinung. Der ORH gibt uns oft genug Hinweise, wie die Prüfdichte ist.

Man gewinnt den Eindruck, als ob die Bayerische Staatsregierung nichts anderes tut, als Steuern zu vermeiden, wenn es um bestimmte Personengruppen und Handelnde geht. Herr Kollege Fackler hat das schön umschrieben und gesagt, die Wirtschaft wisse schon, wohin sie gehen müsse, weil hier in Bayern mit ihr sorgsam umgegangen werde. Das heißt, hier muss man nicht damit rechnen, dass die Steuern eingezogen werden. Auch darauf hat Herr Kollege Kränzlein hingewiesen: Wenn wir keine neue Steuergesetzgebung hätten und nur das einnähmen, was uns zustünde, dann könnten wir der Gesamtbevölkerung eine Steuersenkung geben und müssten uns hier nicht mit irgendwelchen Steuer-CDs herumschlagen. Das steht fest.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Man kann dies auch an einigen steuerpolitischen Themen festmachen, bei denen die CSU auf ganzer Linie versagt, etwa bei der Erbschaftsteuer, wo es scheinbar nur darum geht, Betriebsvermögen oder Privatvermögen zu schützen. Es gibt eine Einigung; aber wer ist dagegen? – Die CSU. Laut Verfassung dient die Erbschaftsteuer auch dem Zweck, die Ansammlung von Riesenvermögen in den Händen Einzelner zu verhindern. Es kann doch nicht sein, dass der CSU dieser Zweck völlig abhandengekommen ist, sondern dass es nur noch darum geht, große Unternehmen vor der Erbschaftsteuer zu schützen, vor allem unter dem genannten Aspekt. Wie ist denn das Verhältnis

zwischen Erbschaftsteuer und Schenkungsteuer? Wir haben ein Verhältnis von 4,4 Milliarden Erbschaftsteuer zu 44 Milliarden Schenkungsteuer. Wer viel hat, der hat das schon vor seinem Ableben geregelt und kann das auch mehrfach regeln; denn es gibt die 10-Jahres-Regelung. Wenn man das früh genug regelt, dann bleibt für die Steuer nichts übrig.

(Zuruf des Abgeordneten Erwin Huber (CSU))

Lieber Herr Kollege Huber, es gibt für Erben und Firmeninhaber genug Möglichkeiten, ihr Vermögen so zu vererben und zu verschenken, dass keine Steuern gezahlt werden müssen. Da muss die CSU nicht eins draufsetzen. Aber das ist offensichtlich der Fall.

Über die Finanztransaktionssteuer hört man nichts. Da tut sich nichts. Die Finanzverwaltung ist unterbesetzt.

Herr Präsident, ich weiß, ich bin über der Zeit. – Lieber Herr Kollege Fackler, Ihr Zitat aus der Landwirtschaft finde ich sensationell. Aus welchem finanzpolitischen Handbuch haben Sie das? Sie haben gesagt: Wenn man an einer bestimmten Stelle ist, dann gibt es nicht mehr Ertrag. Aber, lieber Herr Kollege Fackler, an dieser Stelle ist die Steuer- und Finanzverwaltung überhaupt noch nicht. Wir sind nicht einmal am Anfang von dem, was wir eigentlich einnehmen könnten. Daher ist eine bessere Ausstattung der Finanzverwaltung immer noch gefragt. Steuergerechtigkeit gibt es auch, wenn sich mehr Menschen in der Verwaltung darum kümmern.

(Beifall bei den GRÜNEN und Abgeordneten der SPD)

Danke schön, Herr Kollege. – Als Nächster hat Herr Kollege Herold von der CSU das Wort. Bitte schön, Herr Kollege.

Sehr geehrter Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen, meine sehr verehrten Damen und Herren! Lieber Kollege Thomas Mütze, deine Aussage, die Staatsregierung tue alles, um Steuervermeidung zu ermöglichen, ist an den Haaren herbeigezogen. Ich weise diesen Vorwurf entschieden zurück, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Beifall bei der CSU)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich glaube, wir sind uns in diesem Hohen Hause alle darin einig, dass wir gegen Steuerbetrug gemeinsam immer wieder massiv vorgehen müssen. Ich sage auch ganz selbstbewusst, dass vom Freistaat Bayern gegen jeden Steuersünder massiv vorgegangen wird. Deswegen gleich zu Be

ginn meiner kurzen Ausführungen auch ein Dankeschön von meiner Seite an die tüchtigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter unserer bayerischen Finanz- und Steuerverwaltung, die wirklich einen super Job machen. Herzlichen Dank dafür!

(Beifall bei der CSU)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich möchte aber auch darauf hinweisen, dass wir nicht immer wieder alle unter Generalverdacht stellen dürfen. Liebe Kolleginnen und Kollegen, gerade in der Amtszeit unseres Finanzministers Dr. Markus Söder wurde hinsichtlich der Personalausstattung unserer Finanzund Steuerbehörden Enormes geleistet. Auch dafür möchte ich mich ganz, ganz herzlich bedanken – nämlich für die massive Aufstockung der Zahl der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Steuer- und Finanzbehörden.

Meine Damen und Herren, im Jahr 2013 – das wissen auch Sie, liebe Kollegen von der SPD – hat Herr Minister Söder die Sonderkommission Schwerer Steuerbetrug – SKS – mit den Standorten München und Nürnberg eingerichtet. Sie ist, wie ich meine, eine äußerst schlagkräftige Sondereinheit der Steuerfahndung. Sie wissen, dass diese Sonderkommission im Jahr 2016 weiter ausgebaut wird. 15 neue, speziell geschulte Fahnder ermitteln

(Zuruf des Abgeordneten Volkmar Halbleib (SPD))

Moment, lassen Sie mich ausreden, Herr Kollege Halbleib. Ich weiß, dass Sie unsere Bestrebungen oder unsere Erfolge bei der Personalausstattung nicht gerne hören –

(Volkmar Halbleib (SPD): 15 Stellen! 1.500 Stellen Unterbesetzung!)

künftig verstärkt bei schwerer Steuerhinterziehung.

(Volkmar Halbleib (SPD): 1 % der Unterbesetzung! Ein super Erfolg!)

2013 wurde das Personal dieser SKS um 62 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auf 107 Mitarbeiter aufgestockt. Das ist eine Steigerung um insgesamt fast 140 %.

(Volkmar Halbleib (SPD): 1 auf 2 sind 100 %! Ja super!)

Diese Verstärkung dient natürlich auch der Bekämpfung des Steuerbetrugs. – Ich weiß: Das hören Sie nicht gerne.

(Volkmar Halbleib (SPD): Eine Milchmädchenrechnung! Intellektuell herausragend!)

Als Sofortmaßnahme werden im Jahr 2016 bei dieser SKS drei Teams mit jeweils fünf Personen installiert: ein Spezialkräfteteam, ein IT-Fahndungsteam in Nürnberg sowie ein Analyseteam in München.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, insgesamt wurde das Personal – bitte aufpassen, Herr Kollege Halbleib –

(Volkmar Halbleib (SPD): Ich bin ganz aufmerksam!)

in der Steuerverwaltung in den letzten Jahren auf über 14.800 Arbeitskräfte deutlich – ich betone ausdrücklich: deutlich – aufgestockt. Allein in der Verfolgung von Steuerstraftaten sind in Bayern 589 Beamte tätig. Ich sage aber auch: Diese personelle Verstärkung der Steuerfahndung, die wir letztendlich alle mittragen, hat sich gelohnt und schlägt sich natürlich auch in konkreten Zahlen nieder. Deswegen sage ich ganz selbstbewusst: Dies ist eine echte Erfolgsbilanz.

Meine Damen und Herren, ich will aber auch sagen:

(Volkmar Halbleib (SPD): Die CSU und Erfolgsbilanz!)