Protokoll der Sitzung vom 07.04.2016

Herr Kollege Aiwanger, Ihnen als großem Experten in Sachen Kernenergie darf ich versichern, dass weder in Gundremmingen oder sonst wo eine aktuelle Tsunami- oder Erdbebengefahr besteht. Deshalb kann man das nicht übertragen.

(Hubert Aiwanger (FREIE WÄHLER): Isar 1 ist auch so etwas gewesen! Isar 1 war sicher!)

Deshalb kann man das nicht übertragen. Sie machen nur Stimmung und Angst, aber keine reale Politik.

(Beifall bei der CSU – Hubert Aiwanger (FREIE WÄHLER): Sie beschwichtigen!)

Das taktische Element erkennen Sie daran, dass man eine Aktuelle Stunde beantragt hat, aber keinen Antrag einbringt, weil man weiß, dass ihn die CSU und wohl auch die SPD ablehnen würden. – Frau Kohnen, Sie dürfen mir Ihr Rederecht übertragen; denn wir stimmen ja insoweit überein, dass wir dies aus verschiedenen Gründen ablehnen.

(Zuruf des Abgeordneten Hubert Aiwanger (FREIE WÄHLER))

Herr Aiwanger, Sie haben nicht das Wort!

Lassen Sie ihn doch reden, Herr Präsident. Es hört doch eh keiner zu, was der Aiwanger sagt.

(Heiterkeit und Beifall bei der CSU)

Nach Fukushima gab es den großen Konsens in Deutschland, aus der Kernenergie auszusteigen, was eigentlich nach Tschernobyl schon klar war, weil kein neues Kernkraftwerk mehr gebaut wurde. Seinerzeit, im Jahr 2011, hat man fünf Reaktoren sofort stillgelegt, und für weitere acht ist ein Zeitplan von 2011 bis 2022 vereinbart worden. Dies ergibt auch eine Rechtsposition für die Betreiber. Wir sind der Meinung, Politik muss glaubwürdig und verlässlich sein. Wir stehen zu dieser gesetzlichen Regelung und können sie nicht wegen einer Stimmungsmache der GRÜNEN jetzt wieder umkrempeln.

(Beifall bei der CSU)

Man muss auch sehen, dass dies vor dem höchsten deutschen Gericht angefochten wurde. Die Gerichtsentscheidung sollten wir abwarten. In einer solchen Situation das Gesetz von 2011 zu verändern, ist rechtsstaatlich außerordentlich problematisch. Die GRÜNEN haben sowieso ein gebrochenes Verhältnis zum Rechtsstaat,

(Beifall bei der CSU – Beifall des Staatssekretärs Franz Josef Pschierer – Widerspruch bei den GRÜNEN)

wir jedenfalls nicht, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der CSU – Zurufe von den GRÜNEN)

Wenn Kernkraft insgesamt so unverantwortbar wäre, frage ich, warum die Länder, in denen die GRÜNEN an der Regierung beteiligt sind, die Kernkraftwerke weiterbetreiben. Ich schaue nach Baden-Württemberg mit einem GRÜNEN Ministerpräsidenten und sehe: Die Kernkraft läuft im Rahmen der Gesetze weiter.

(Staatsministerin Ilse Aigner: Aha! – Zurufe von den GRÜNEN)

Ich schaue nach Niedersachsen mit GRÜNER Regierungsbeteiligung und sehe: Die dortigen Kernkraftwerke laufen weiter. Ich schaue nach Hamburg und sehe: Die dortigen Kernkraftwerke laufen im Rahmen der Genehmigung weiter. Was Sie hier machen, ist doch Verblödung der Leute, meine Damen und Herren!

(Beifall bei der CSU)

Wer dort, wo er in der Mitverantwortung ist, nicht handelt, aber dort, wo er in der Opposition ist, die größten Sprüche macht, dem fehlt jede Glaubwürdigkeit in diesem Zusammenhang.

(Beifall bei der CSU)

Auch muss ich etwas zu den Risiken sagen. Herr Hartmann, einseitig Risiken anzusprechen, ist immer leicht. Aber man muss wissen: Wenn wir die zwei Blöcke von Gundremmingen abschalten würden, bräuchten wir trotzdem den Strom.

(Zuruf von der CSU: Er kommt aus der Steckdo- se! – Zuruf des Abgeordneten Ludwig Hartmann (GRÜNE))

Der Strombedarf geht auch in Bayern nicht zurück. Das heißt, wir müssten dann diesen Strom importieren. Sie sprechen von der Strombrücke und von anderen Leitungen. Der Strom, der im Moment den Strom aus Kernkraft und Gas ersetzt, ist Kohlestrom. Das heißt, in Deutschland wird – ich sage dazu: leider – auch in den Ländern, in denen die GRÜNEN etwas zu sagen haben, die Kohleverstromung ausgeweitet. Deshalb hatte Deutschland in den Jahren 2014 und 2015 eine verdammt schlechte Klimabilanz mit steigenden CO2-Emissionen.

Wer jetzt sagt, "Wir steigen vorzeitig und vor den gesetzlichen Terminen aus der Kernenergie in Bayern

aus", nimmt in Kauf, dass das klimaschädliche CO2 in höherem Maße emittiert wird. Ich kann also sagen: Die GRÜNEN sind die größten Klimaschädlinge in Deutschland.

(Beifall bei der CSU – Beifall des Staatssekretärs Franz Josef Pschierer – Zuruf von den GRÜNEN)

Mit dem grünen Anorak und mit dem grünen T-Shirt durch die Landschaft zu laufen, ist das eine, aber echte Klimapolitik zu machen, ist das andere.

(Zurufe von den GRÜNEN)

Bayern hat die beste Klimabilanz.

(Beifall bei der CSU)

Da können Sie reden, so lange Sie wollen – wir sind stolz auf diese Bilanz.

Außerdem ist das natürlich auch eine Frage der Versorgungssicherheit. Derzeit deckt die Kernenergie noch etwa 50 % des Strombedarfs in Bayern. Natürlich steigen wir um; das ist gar keine Frage.

Ich habe auch in der Bürgersendung, in der wir waren, Herr Kollege Hartmann, in Gundremmingen gesagt: Dieser Zeitplan wird nicht verlängert. Manche Leute aus der Wirtschaft sagen: Da muss man das Gesetz ändern und die Laufzeit über 2022 hinaus verlängern. – Das wird nicht stattfinden.

(Harry Scheuenstuhl (SPD): Hört, hört!)

Wir stehen zu dem, was vereinbart ist. Wir schaffen es auch in der geplanten Zeit, obwohl das nicht einfach ist. Wir in Bayern stehen an der Spitze der Nutzung der regenerativen Energien. Wir bauen sie weiter aus und fördern sie.

Aber gerade die systemrelevanten erneuerbaren Energieträger Wasser und Biogas werden ebenfalls von den GRÜNEN bekämpft. Sie sind also auch dabei nicht konsequent. Wenn Sie konsequent wären und sagten, Kernkraft und anderes müssten weg, müssten Sie uns eigentlich stärker dabei unterstützen, die Nutzung regenerativer Energiequellen weiter auszubauen, zum Beispiel bei der Wasserkraft.

(Zurufe von den GRÜNEN: Windkrafterneuerung! – Weitere Zurufe von den GRÜNEN)

Aber wenn nur ein einziges Speicherkraftwerk oder ein Wasserkraftwerk in die Debatte kommt, sind an erster Stelle wieder die GRÜNEN dagegen.

(Beifall bei der CSU)

Jetzt muss ich zu Ihrem Lieblingsthema Export noch etwas sagen. Das stimmt bei den Gesamtmengen. Aber der Strom ist ein Sekundenprodukt. Man kann ihn nicht lange speichern, jedenfalls im Moment nicht. Das heißt, man muss ihn zu der Zeit herstellen, zu der man ihn auch verbraucht. Das ist in der Tat eine Sache von Sekunden.

In Deutschland haben wir natürlich Zeiträume mit starker Sonneneinstrahlung oder mit starkem Wind, in denen wir einen deutlichen Stromüberschuss haben. Den verschenken wir quasi. Er fließt für zwei Cent pro Kilowattstunde etwa nach Holland oder Italien, also mehr oder weniger nach ganz Europa. Diese Länder bedanken sich; denn so billigen Strom bekommen sie nirgendwo sonst.

Dieser Strom ist hoch subventioniert; denn er ist nur deshalb so billig, weil Wirtschaft und Verbraucher über die EEG-Umlage sieben Cent pro Kilowattstunde bezahlen. Das heißt, der Verbraucher in Deutschland subventioniert, wenn wir Stromüberschuss haben, den Strom in den anderen europäischen Ländern. Sinnvoll ist das natürlich nicht. Das kommt daher, weil die Stromerzeugung aus regenerativen Energiequellen volatil ist. Deswegen ergibt sich so eine Situation.

Aber in den Zeiten, in denen der Wind nicht weht – auch nicht in Norddeutschland – und die Sonne nicht scheint – das sind viele tausend Stunden im Jahr –, brauchen wir natürlich auch Strom. Deshalb sind wir bis zum Jahr 2022 auch auf den begrenzten Einsatz der Kernenergie in Bayern aus Gründen der Versorgungssicherheit und aus ökologischen Gründen angewiesen.

(Zuruf des Abgeordneten Ludwig Hartmann (GRÜNE))

Deshalb sage ich: Was die GRÜNEN heute hier auftischen, ist Klamauk und hat mit Realpolitik nichts zu tun.

(Beifall bei der CSU)

Danke schön, Herr Kollege. – Als nächste Rednerin hat Frau Kohnen von der SPD das Wort. Bitte schön.

Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Lieber Herr Huber, der Tag wird nicht kommen, an dem Sie meine Redezeit erhalten, sorry.

(Erwin Huber (CSU): Das ist aber schade! – Zurufe von der CSU: Oh!)

Wenn Sie sagen, Bayern habe die beste Klimabilanz, muss ich Ihnen entgegnen: Das stellt einem echt die Haare auf und dreht einem den Magen um, weil man ehrlicherweise sagen muss, dass diese beste Klimabilanz darauf beruht, dass Bayern ein Atomstaat war und ist – auf nichts anderem.