Was soll sich ein Polizeibeamter, der Wirtschaftskriminalität verfolgt, denken, wenn er des Weiteren liest, dass der Herr Ministerpräsident die Reform der Erbschaftsteuer torpediert? Ich kann nur sagen: Polizeibeamte werden durch die Erbschaftsteuer nicht begünstigt; denn Polizeibeamte haben gar nicht so viel zu vererben. Sie verdienen nämlich nicht so viel, Herr Innenminister. Darüber sollten Sie einmal nachdenken.
Viertens. Leider ist der Herr Landespolizeipräsident nicht da. Er weiß nämlich genau, wovon ich jetzt rede. – Was soll ein Polizeibeamter denken, der in Ballungsgebieten wie zum Beispiel in München oder Nürnberg nach einer Wohnung sucht? Er findet keine anständige Wohnung. Wir alle wissen, das große Problem in München besteht doch darin, dass gerade die jungen Polizeibeamten immer wieder sagen: Ich würde gerne in München bleiben, ich kann mir das aber nicht leisten, denn hier ist es zu teuer; das ist nicht mein Niveau, deshalb will ich wieder nach Hause; ich will wieder in die Oberpfalz, nach Oberfranken, weil man dort angemessen leben kann. Was soll ein solcher Polizeibeamter denken, wenn er wegen der Wohnungsnot nicht in München bleiben kann, aber gleichzeitig lesen muss, dass die Staatsregierung die GBW-Wohnungen an private Heuschrecken veräußert hat? Da steht er doch nur da und fragt sich: War das wirklich nötig? Außerdem stellen wir an dieser Stelle fest, dass die EU gesagt hat: Nein, das war nicht nötig; der Freistaat Bayern hätte die Wohnungen ohne Weiteres behalten können.
Wenn ich all das zusammenfasse, liebe Kolleginnen und Kollegen, dann zeigt sich: Sicherheit ist eine Medaille mit zwei Seiten. Wir haben die eine Seite, die glänzende, die Sie gerade hervorgehoben haben. Diese Seite glänzt wirklich; das stellen wir nicht in Abrede. Sie können auch nicht sagen, dass wir nicht unseren Teil dazu beigetragen hätten. Die wichtigen Dinge haben wir immer unterstützt.
Diese Medaille hat aber auch eine dunkle Seite, die dunkle Seite der Macht könnte man sagen. Die dunkle Seite, das ist die soziale Lage der Polizeibeamten. Die Polizisten machen eine hervorragende Arbeit, und ich muss sie noch einmal loben für den Erfolg, den Sie gerade feiern. Wird das aber auch entgolten? Ist es so, dass der Polizeibeamte sagen kann: Ich mache eine gute Arbeit, und dafür werde ich auch gut bezahlt? – Das ist nicht der Fall. Deshalb sage ich gleich im Vorgriff auf den nächsten Haushalt, den wir im Herbst beraten werden: Liebe Staatsregierung und liebe Kolleginnen und Kollegen von der CSU, tun Sie etwas für unsere Polizei, sie hat es wirklich verdient!
Vielen Dank. – Jetzt darf ich für die Fraktion der FREIEN WÄHLER Frau Kollegin Gottstein das Wort erteilen. Bitte schön, Frau Kollegin.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrter Herr Ministerpräsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Wenn man das Thema einer Aktuellen Stunde mitgeteilt bekommt, dann fragt man sich als Erstes: Warum wird dieses Thema heute auf der Tagesordnung stehen? – Wenn es die Regierung ist, die das Thema der Aktuellen Stunde vorgibt, dann gibt es die Lösung A: Man will sich als Regierungspartei gut darstellen. Es gibt aber auch die Lösung B: Es handelt sich um ein brennendes Thema. Heute haben wir den Fall B: Die Sicherheit in Bayern ist ein brennendes Thema. Das brennende Thema ist aber auch die Frage, wie wir die Gruppe der Personen behandeln, denen wir die Sicherheit in Bayern zu verdanken haben. Damit ich es am Schluss meiner Rede nicht vergesse, möchte ich schon an dieser Stelle all unseren Polizistinnen und Polizisten und unserem Personal in der Justiz aufrichtig danken. Sie arbeiten über ein Jahr am Limit. Irgendwann aber ist der Punkt erreicht, wo man es fast nicht mehr verantworten kann. Danke an dieser Stelle!
Eine weitere Vorbemerkung: Der Geist ist willig, aber das Fleisch ist schwach. – Das kann man in diesem Zusammenhang sehr wohl bei der CSU sagen. Wenn Sie die mangelnde Zusammenarbeit im Rahmen der Sicherheit mit den anderen Bundesländern beklagen, wenn Sie die Probleme bei der Terrorismusbekämpfung im Rahmen der Europäischen Union beklagen, dann muss ich Ihnen schon sagen: Sie sind an den Hebeln der Macht. Sie sind auf allen Ebenen – Land, Bund und Europa – in den Regierungen. Sie haben sehr viel zu sagen, manchmal mehr, als uns recht ist, aber dann nützen Sie das doch bitte auch. Aber das tun Sie nicht.
Laut Statistik haben wir eine gute Sicherheitslage. Allerdings ist es immer etwas problematisch, auf die anderen Bundesländer zu verweisen. Sie hören doch auch nicht darauf, wenn Ihre Kinder sagen: Die anderen Kinder müssen noch nicht ins Bett. Oder: Die anderen dürfen auch in die Disco. – Diese Vergleiche sind immer mit Vorsicht zu genießen. Rational gesehen stimmt diese Statistik sicher, emotional, subjektiv, fühlen sich unsere Bürger aber zum großen Teil nicht sicher. Sie haben gestern selbst auf die erhöhte Terrorismusgefahr in Ihrem Verfassungsschutzbericht hingewiesen. Nach wie vor haben wir – und das zeigt sich, wenn man die Zeitung, egal in welchem Landkreis, aufschlägt – Wohnungseinbrüche en masse. Wir haben nur eine Aufklärungsquote von 16 %. Wir
haben eine Zunahme der Drogenkriminalität, in unserem Raum, an der Grenze zu Tschechien und überhaupt. Wenn Sie gestern Sender auf, Sender ab, Radio gehört haben, haben Sie feststellen können, dass dort dieses Thema gesendet wurde. Das aber ist das Entscheidende: Wenn der Bürger sich unsicher fühlt, wenn der Bürger sagt, die Statistik hilft mir nichts, wenn ich Angst haben muss, dass in meine Wohnung eingebrochen wird, dann ist doch etwas falsch!
Ihr dürft nicht so viel klatschen, sonst läuft mir die Zeit davon. – Und diese Präsenz der Polizei brauchen wir an den richtigen Stellen. Wir brauchen mehr Personal. Natürlich sagen Sie: Wir stellen mehr Beamte ein. Das ist auch ganz klar; denn jede Menge Beamte gehen in Pension. Des Weiteren sind die Aufgaben gestiegen. Wenn aber 20 % mehr eingestellt werden, die Aufgaben aber um 30 % angestiegen sind, dann habe ich unter dem Strich weniger Personal. An dieser Stelle sind wir momentan. Im Prinzip müssten wir an jeder Polizeiinspektion einen Zettel hinhängen, auf dem steht: So viele Leute sollen hier eigentlich da sein, und so viele Leute sind wirklich da. – Da würde man die Differenz dann genau erkennen, und diese Differenz ist inzwischen wirklich erschreckend.
Wir brauchen mehr Polizei in der Fläche. Wir brauchen auch eine Entlastung von manchen Aufgaben. Wenn ich daran denke, wie lange schon davon die Rede ist, dass die Schwertransporte nicht mehr begleitet werden! Dann machen Sie das eben, Sie sind doch bei anderen Dingen auch schneller.
Sie äußern sich widersprüchlich, was die Bevölkerung noch weiter verunsichert. Sie sagen: Wenn die Grenzkontrollen abgebaut werden, dann unterstützen wir die Österreicher am Brenner. Woher wollen Sie denn die Leute nehmen? Sie reichen uns doch jetzt schon nicht aus!
Machen Sie also keine falschen Versprechungen. Seien Sie kreativ. Überlegen Sie, wo Sie unsere Polizei einsetzen. Wir brauchen die Polizei in der Schleierfahndung, wunderbar, Herr Fraktionsvorsitzender Kreuzer. Wir warten aber auf mindestens 200 Beamte. Die brauchen wir, falls Sie sich nicht einig werden,
ob wir jetzt noch Grenzkontrollen haben oder nicht. Wir brauchen das. Wir brauchen kreative Lösungen, um kurzfristig Abhilfe beim Abbau der Überstunden, die diese Leute vor sich herschieben, zu schaffen, und wir brauchen – darüber kann man leider im Rahmen der Aktuellen Stunde in den wenigen zur Verfügung stehenden Minuten nicht reden – auch einen gesamtgesellschaftlichen Ansatz. Wir brauchen Prävention im Zusammenhang mit dem Terrorismus und im Zusammenhang mit den Drogen. Und letzten Endes brauchen wir mehr Respekt vor unserer Polizei. Das alles geht unter, weil Not am Manne ist.
Vielen Dank, Frau Kollegin. – Jetzt darf ich für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Frau Kollegin Schulze ans Rednerpult bitten.
Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte eingangs denjenigen danken, die sich tagtäglich für die Sicherheit aller in Bayern einsetzen. Ich danke den Polizistinnen und Polizisten, der Feuerwehr und den Rettungskräften.
Das Jahr 2015 war wahrlich kein ruhiges Jahr für sie. Wir GRÜNEN sagen herzlichen Dank für ihre Arbeit.
Mit Blick auf Bayern entnehmen wir der Kriminalstatistik des Jahres 2015, dass sich die Zahl der Straftaten verringert hat, wenn man die gegen das Ausländerrecht herausrechnet, und dass die Aufklärungsquote gestiegen ist. Darauf können und dürfen wir uns aber nicht ausruhen. Denn wenn man sich mit der Sache differenziert auseinandersetzt – das ist eine Spezialität der GRÜNEN –, erkennt man, dass es in Bayern noch Bereiche gibt, in denen wir deutliche Sicherheitsprobleme haben. Ein Punkt ist beispielsweise der massive Anstieg der rechten Gewalt. Ich nenne dazu ein paar Zahlen, die ich aus dem Innenministerium habe: 117 verletzte Personen, eine Versechsfachung der Angriffe auf Flüchtlingsunterkünfte, 67 untergetauchte Neonazis.
Besonders erschreckend bei der ganzen Sache ist, dass die Aufklärungsquote, die bei sehr vielen anderen Delikten höher bzw. gestiegen ist, bei diesen Delikten nur sehr, sehr gering ist. Auf meine Anfrage hin erklärte das Innenministerium, dass beispielsweise im Themenfeld Angriffe auf Flüchtlingsunterkünfte in 65 von 77 Ermittlungsverfahren kein Tatverdächtiger ermittelt werden konnte.
Herr Herrmann, da kann ich nur einen Appell an Sie richten. Statt die erschreckende Zahl mit Blick auf die anderen Bundesländer zu verharmlosen, erwarte ich von Ihnen, dass Sie Ihre Hausaufgaben in Bayern machen.
Der Fahndungsdruck auf die rechte Szene muss erhöht werden, und das Handlungskonzept gegen Rechtsextremismus muss endlich überarbeitet werden. Wir brauchen diesen Gleichklang aus Repression und Prävention gegen rechte Gewalt und Rassismus.
Blicken wir nun auf die Gefahren des islamistischen Terrorismus. Es ist richtig, dass es weiterhin eine hohe abstrakte Terrorgefahr gibt. Darum müssen die Gefährder engmaschig überwacht und das geltende Recht muss konsequent angewendet werden. Wir haben ausreichend Gesetze dafür; wir müssen sie nur anwenden. Wir müssen die Mittel der Prävention gegen Radikalisierung verstärken, und der Datenaustausch auf nationaler und internationaler Ebene muss eindeutig verbessert werden.
Alle haben es doch mitbekommen: Die Täter in Brüssel und Paris waren den Sicherheitsbehörden bekannt. Was hilft es denn, wenn wir immer mehr Daten ansammeln, die Daten aber, die wir haben, nicht richtig auswerten können oder noch schlimmer, wenn jeder Nationalstaat auf seinen Daten alleine sitzen bleibt. Da ist bei der Bekämpfung des internationalen Terrorismus eindeutig noch Luft nach oben.
Der Terror macht ja nicht an den Landesgrenzen halt; deshalb kann die Bekämpfung des Terrorismus auch nicht allein im einzelnen Nationalstaat erfolgen. Sie muss international über die Grenzen hinweg geschehen.
Ich finde es allerdings sehr schwierig, wenn bei diesem Thema Panik gemacht wird und es eine Gleichsetzung von Flüchtlingen und IS-Terroristen gibt. Selbstverständlich muss jedem Hinweis diesbezüglich nachgegangen werden, und das machen unsere bayerischen Sicherheitsbehörden auch.
Ich zitiere da gerne den Präsidenten des Bayerischen Landesamts für Verfassungsschutz, Herrn Dr. Körner, der gestern gesagt hat, dass es sich häufig um Falschanzeigen handele und die Zahl der offenbar berechtigten Hinweise im unteren einstelligen Bereich liege.
Ich erwarte also von den politisch Verantwortlichen, Sorge dafür zu tragen, dass die öffentliche Debatte nicht weiter angeheizt wird.
Sehr nachdenklich stimmt mich, dass es einen Anstieg der Gewalt gegen die Polizistinnen und Polizisten und die Rettungskräfte gibt. Wenn diese Menschen angegriffen werden, werden sie zum einen als Person angegriffen, zum anderen aber auch als Vertreter des Staates. Und ja: Wir brauchen Lösungen dagegen! Wir verurteilen diese Angriffe aufs Schärfste.
Es ärgert mich allerdings, wenn man vom Innenminister immer zu hören bekommt, dass wir eine Erhöhung des Strafrahmens brauchten. Schauen wir uns doch die Faktenlage einmal an. Im Jahre 2011 ist der § 113 StGB dementsprechend geändert worden, aber die Gewalt gegen Polizistinnen und Polizisten ist seitdem nicht zurückgegangen. In Fachkreisen ist schon lange bekannt – ich wiederhole das sehr gerne –, dass härtere Strafandrohungen grundsätzlich nicht zu weniger Taten führen. Natürlich müssen wir uns damit auseinandersetzen und schauen, wie wir die Einsatzkräfte besser schützen können. Aber allein damit, dass wir sagen, die Strafen müssen erhöht werden, lösen wir das Problem nicht.
Für uns GRÜNE ist klar: Wir brauchen eine personell und ressourcenmäßig gut ausgestattete Polizei. Dafür müssen wir uns einsetzen, und dafür werden wir weiterhin im Bayerischen Landtag kämpfen.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Bei der bisherigen Debatte frage ich mich schon, ob ich noch im richtigen Film bin. Wenn hier Gewalt gegen die Polizei insbesondere bei Demonstrationen thematisiert wird, ist das in Ordnung, man muss dann aber gleichzeitig festhalten, aus welchem Lager diese Gewalt kommt.