Protokoll der Sitzung vom 28.04.2016

Ich will aber diese evident verfassungsrechtlichen Probleme gar nicht weiter diskutieren, sondern einfach auch einmal auf ein paar praktische, gesamtgesellschaftliche Auswirkungen, die mit Ihrem Gesetz verbunden wären, hinweisen.

Im Bereich der Stadt Freyung, wo ich zu Hause bin, gibt es im Bauhof, im Wasserwerk und in der Kläranlage 21 Mitarbeiter, ausschließlich Männer. Unser Bürgermeister und die gesamte Verwaltung sind völlig unverdächtig, was eine Diskriminierung der Frauen angeht. Es ist halt nur so, dass das auch den Ausschreibungsergebnissen entspricht. Wenn Ihr Gesetz jetzt in Kraft träte, wäre die Stadt Freyung verpflichtet, hier sozusagen umzubauen, bis im Bereich des Bauhofs, des Wasserwerks und der Kläranlage mindestens elf Frauen tätig sind.

(Zuruf von der SPD: Das ist jetzt Quatsch!)

Das ist nicht Quatsch, das ist Inhalt Ihres Gesetzes.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN – Zuruf von der SPD: Wir wollen die Führungsebene mit Frauen!)

Wenn Sie nur über die Führungsebene hätten reden wollen, dann hätten Sie das mit uns auch gerne tun können. Aber wir haben Ihren Gesetzentwurf gelesen, und darin ist das halt so angelegt, dass wir für alle Bereiche diese Verpflichtungen bekommen sollen. Ich will Ihnen das nicht nur anhand der Stadt Freyung, sondern auch anhand der Stadt München und des dortigen Frauenanteils illustrieren.

In der Stadt München haben wir in den Hochbauberufen 38 % Frauen, in den Tiefbauberufen 18 %. In der Stadtgärtnerei sind es 26 %. Das ist besonders interessant, weil der Frauenanteil im Bereich der Ingenieure sehr hoch ist, und je weiter man in den unteren Qualifikationsbereich geht, also bei dem klassischen Gärtner, desto geringer ist der Frauenanteil. Er liegt in den unteren Bereichen nur noch bei 5 %. Wollen Sie das ändern und wie?

(Zuruf von der SPD: Es geht um die Führungs- ebene, nicht um den Gärtner! Wir wollen nicht den Bock zum Gärtner machen!)

Bei der Städtischen Feuerwehr beträgt der Frauenanteil 1 %. Wenn Ihr Gesetz in Kraft träte, dann würde die Stadt München verpflichtet, auch den Bereich der Städtischen Feuerwehr so lange umzubauen, bis da ein Frauenanteil von 50 % bestünde. Wollen Sie das denn wirklich? Soll denn das Ergebnis – –

(Zuruf von der SPD: Die Frauen sind durchaus in der Lage, auch Feuerwehraufgaben zu überneh- men!)

Natürlich.

(Dr. Simone Strohmayr (SPD): Würde das unserer Gesellschaft guttun oder nicht?)

Ob die Frauen und die Männer das wirklich wollen, ist doch die Frage.

(Zuruf von der CSU: Wir haben euch auch alle zugehört! – Zuruf von der SPD: Zwischenrufe sind erlaubt!)

Aber das scheint Ihnen nicht so wichtig zu sein. Sie erzwingen Umschichtung beim Feuerwehrdienst bis zu einem Anteil von 50 % und die Reduzierung des Frauenanteils in den Bereichen, in denen Frauen überrepräsentiert sind. Beispielsweise haben Frauen im Bereich der Sozial- und Erziehungsberufe in der Stadt München einen Anteil von 92 %.

(Zuruf von der SPD: Wenn sich da die Männer bewerben, werden sie genommen!)

Ob die Funktionsfähigkeit in diesen Bereichen dadurch verbessert wird, darf man ja wohl noch fragen. Vielleicht noch wichtiger ist die Frage, ob die Arbeitszufriedenheit erhöht wird, wenn in allen Bereichen jeweils 50 % Männer und Frauen beschäftigt sind.

(Harry Scheuenstuhl (SPD): Als Mann sage ich Ja! – Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Wir glauben, dass wir auch in diesen Zeiten und im Jahr 2016 schon noch die Frage stellen dürfen, ob es denn nicht auch geschlechtsspezifische Neigungen und Berufe gibt, wo sich Frauen oder Männer wohler fühlen.

(Dr. Simone Strohmayr (SPD): Wissenschaftliche Eignung!)

Die Vorstellung, dass wir das Paradies dann erreichen – –

Jetzt unterhalten wir uns mal, Kolleginnen und Kollegen, darüber, ob das jetzt Zwischenrufe oder permanente Störungen des Redners sind.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN und der CSU)

Darüber können wir einmal ein Symposium abhalten. – Bitte schön, Herr Kollege.

Danke sehr. – Es ist, jedenfalls aus unserer Sicht, schon zweifelhaft, ob wir den Männern und vor allem auch den Frauen wirklich Gutes tun, wenn wir verordnen, dass in allen gesellschaftlichen Bereichen, in allen Aufgabenbereichen des öffentlichen Dienstes jeweils 50 % Männer und 50 % Frauen tätig sind. Das ist nicht unsere Vorstellung von Chancengleichheit, von Chancen, die dann wahrgenommen werden können, aber nicht wahrgenommen werden müssen. Wir halten es auch noch für ein Stück Normalität und ein Stück gesellschaftlicher Realität, dass bei manchen Aufgaben schwerpunktmäßig Männer tätig sind, während in anderen Bereichen Frauen überrepräsentiert sind, weil sie sich dort stärker hingezogen fühlen. Wir wollen nicht alles in der Form geregelt haben, dass wir da jeweils zu 50 : 50 unterwegs sind. Schwangere Frauen und werdende Mütter hätten ihre Freude daran, wenn in kommunalen und staatlichen Krankenhäusern jede zweite Hebamme dann ein Mann sein muss. Das ist nicht in unserem Sinne; das ist letztlich, glaube ich, auch nicht in Ihrem Sinne. Dieses Gesetz ist nach unserer Einschätzung nicht zu Ende gedacht.

Wenn Sie mit uns die Frage diskutieren wollen, wie wir die Chancen der Frauen in Führungs- und Spitzenpositionen noch zusätzlich unterstützen können, stehen wir dafür sehr gerne bereit. Aber diese sozialistische Gleichmacherei auf allen Ebenen wollen wir nicht, die akzeptieren wir nicht, und die tragen wir auch nicht mit.

Noch ein Satz zum Gesetzentwurf der GRÜNEN. Da herrscht uns zu viel Bürokratie. Das betrifft viele Details. Das ist in den Ausschüssen schon erläutert worden. Mit Blick auf die Uhr will ich dies an dieser Stelle nicht wiederholen. Vernünftige Weiterentwicklungen können wir gern diskutieren. Aber an dieser Stelle ist es des Guten zu viel. Letztlich widerspricht es nicht nur dem wohlverstandenen Interesse der Männer, sondern auch dem der Frauen, überall fifty-fifty vorzusehen. Das ist weder Lebenswirklichkeit noch gesellschaftliche Realität. Das soll auch nicht Gesetz werden.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN – Zuruf von der SPD: Es kann nie zu viel Frauen geben!)

Herr Kollege, kommen Sie bitte noch einmal ans Rednerpult. Bitte schön, Herr Kollege.

Dazu habe ich eine Frage. – Meine Frau ist Ärztin. Früher hat man gesagt: Frauen sind für den Arztberuf eigentlich nicht geeignet; denn Sie können nicht so gut sägen und schneiden und sehen nicht so gut wie die Männer. Dagegen stellen heute die Frauen den Großteil der Medizinstudenten. Das heißt, das Verhältnis ist praktisch umgekehrt. – Ich erinnere mich auch an die Diskussion bei der Polizei, wonach eine Frau schwach sei. Aber heute fürchte ich mich manchmal, wenn mich Polizistinnen mit einer Pistole ganz ernst anschauen.

Sie, Herr Kollege, sind ungefähr so alt wie ich, ohne Sie jetzt diskriminieren zu wollen. Ihre Idee, es so zu machen, wie es ganz früher war, gilt also nicht mehr; denn es gibt technische Hilfsmittel, die man einsetzen kann. Was Sie sagen, entspricht dem Althergebrachten. Stampfen Sie es ein, vergessen Sie das! Es gibt nämlich Frauen, die im wahrsten Sinne des Wortes ihren Mann stehen; da oben sitzt zum Beispiel eine.

(Beifall bei der SPD)

Herr Kollege Scheuenstuhl, aber noch stehen wir unsere Frau. – Bitte schön, Herr Kollege.

Lieber Kollege, ich habe mitnichten gesagt, dass Frauen an irgendeiner Stelle irgendetwas nicht könnten.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Wir stehen ausdrücklich dazu; in welchem Beruf und in welcher Sparte eine Frau auch immer tätig werden will, wo immer sie sich bewirbt und hingezogen fühlt, dort soll sie auch alle Chancen haben. Wir wehren uns aber gegen die Annahme, die dem Gesetzentwurf der SPD zugrunde liegt, dass es nur dann gut wäre, wenn es in allen Bereichen jeweils 50 % Männer und Frauen gäbe. Wir wehren uns gegen eine Pflicht, darauf hinzuwirken, und gegen einen solchen Abbau von Unterrepräsentanz; denn das ist Wortlaut in Ihrem Gesetzentwurf. Wir glauben schon, dass es auch 2016 noch die Möglichkeit geben muss zu sagen: Es mag auch geschlechterspezifische Neigungen und Vorlieben geben, was berufliche Tätigkeiten angeht. Es ist für uns gut und unproblematisch, wenn das dadurch zum Ausdruck kommt, dass in einem Bereich

60 % Frauen, im anderen Bereich 60 % Männer tätig sind.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Herr Kollege, darf ich Sie nochmals bitten, ans Rednerpult zurückzukommen; denn es geht um eine Zwischenbemerkung. Bitte schön, Frau Kollegin.

Liebe Frau Präsidentin, meine sehr verehrten, lieben Kollegen! Diese Diskussion, was Frauen können und was nicht, ist ein Kasperltheater. Ich glaube, dass sich hier alle Fraktionen darin einig sind, dass mehr Frauen in Führungspositionen kommen müssen. Die Unterschiede bestehen nur noch insoweit, als wir sagen: Die freiwillige Selbstverpflichtung, die sich die Staatsregierung auferlegt und die wir überprüfen werden, reicht uns als Einstieg. Mehr Gesetz und verbindliche Quoten werden uns hier nicht weiterbringen, weil sie in der Gesellschaft insgesamt nicht akzeptiert sind. Aus diesem Grund werden wir nach Wegen suchen müssen, wie wir dieses Ziel erreichen können. Dazu gehört auch eine allgemeine Bewusstseinsbildung.

(Beifall bei der CSU)

Herr Kollege.

Nichts anderes habe ich gesagt. Herzlichen Dank.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Jetzt darf ich für die CSU-Fraktion Frau Kollegin Dr. Eiling-Hütig das Wort erteilen. Bitte schön, Frau Kollegin.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir reden heute über das Gleichstellungsgesetz betreffend den öffentlichen Dienst. Diesen Bereich können wir hier regeln. Aber ich möchte einen Schritt weitergehen; denn letztlich geht es in allen Bereichen der Gesellschaft um die Gleichstellung, ob das die Wirtschaft, die Wissenschaft etc. betrifft. Deswegen freue ich mich, dass nicht nur am heutigen Girls‘ and Boys’ Day Mädchen und Buben in den Bayerischen Landtag kommen, um die bayerische Landespolitik live zu erleben. Der Girls‘ and Boys’ Day selbst ist auch ein Beispiel dafür, wie die Hinführung auf gleiche Chancen und die Gleichstellung von Frauen und Männern, für die die GRÜNEN gleich ein komplett neues Gesetz und die SPD eine Novellierung des geltenden Gesetzes fordern, praktisch funktionieren kann.

Ursprünglich hieß der Girls‘ and Boys’ Day nur "Girls’ Day", da es sein Ziel war, Mädchen und junge Frauen zu motivieren, technische und naturwissenschaftliche Berufe zu ergreifen. Dieser Tag sollte dazu beitragen, den Anteil der weiblichen Beschäftigten in sogenannten Männerberufen zu erhöhen und einen Fachkräftemangel in der Industrie zu verhindern. Vor einigen Jahren wurde aber festgestellt, dass auch Jungen motiviert werden müssen, mehr soziale und pflegerische Berufe zu ergreifen, um ihren Anteil in sogenannten Frauenberufen zu erhöhen und natürlich auch um dem Mangel an gut ausgebildetem Pflegepersonal zu begegnen.

Der Girls‘ and Boys’ Day trägt somit erfolgreich dazu bei, die schon lange nicht mehr zeitgemäße Aufteilung in Frauen- und Männerberufe aufzulösen; denn bei der Berufswahl muss es um die persönlichen Interessen und Stärken jedes und jeder Einzelnen gehen. Deshalb brauchen wir sogar mehr Initiativen und Projekte wie den Girls‘ and Boys’ Day, um veraltete Rollenbilder nach und nach aus den Köpfen der jungen Menschen und – auch das ist entscheidend – aus den Köpfen ihrer Eltern sowie der Gesellschaft zu bekommen.

Wir brauchen mit Sicherheit kein neues Gesetz, wie von den GRÜNEN gewünscht, und keine Novellierung des sehr guten Bayerischen Gleichstellungsgesetzes, die die SPD vorschlägt. Wir brauchen eine Aufwertung der typischen Frauenberufe. Dabei müssen wir es vor allem schaffen, ihre Bezahlung Stück für Stück zu verbessern;

(Beifall bei der CSU)

denn gerade diese Berufe – viele davon liegen im sozialen Bereich – sind sehr anstrengend und daher im wahrsten Sinne des Wortes mehr wert. Das muss sich für die Frauen und für die – ich betone das – hoffentlich künftig wesentlich mehr Männer, die dort arbeiten auch auf deren Lohnzettel bemerkbar machen. Dass wir hier Fortschritte machen, zeigt sich. Doch bei vergleichbarer Tätigkeit und Qualifikation verdienen Frauen immer noch 7 % weniger als Männer. Selbstverständlich ist uns allen klar: Wir müssen daran noch weiter arbeiten, dass sich diese Lohnlücke schließt. Aber auch hier werden uns die beiden vorliegenden Gesetzentwürfe keinen Schritt weiterbringen.