Protokoll der Sitzung vom 28.04.2016

Die liebe Kollegin Kohnen hat gedacht, sie müsste uns verteidigen. Das machen wir selbst. Kollege Kirchner, Sie fragen, was Tschernobyl mit unserem Antrag zu tun hat. Das ist ganz klar. Wir haben Ihnen in dem Antrag aufgezeigt, dass Sie kein Ziel beim Ausbau der erneuerbaren Energien mehr haben. Sie haben als Staatsregierung und als CSUFraktion beim Ausbau der erneuerbaren Energien kein Ziel mehr.

(Unruhe)

Ich bitte doch um etwas Ruhe. Der Redner versteht sonst nicht richtig, welche Fragen gestellt werden.

Sie haben keine Ziele beim Ausbau im Bereich Wärme und im Bereich Mobilität. Das

muss man ganz klar sagen. Kollegin Kohnen fragte, was unsere Einsparziele sind. Wir haben ganz klare Einsparziele genannt. Wir haben im Haushalt und im Nachtragshaushalt Energieeinsparmaßnahmen für die 8.000 staatlichen Gebäude genannt. Wir haben Ihnen ganz klare Vorschläge für die kommunalen Gebäude gemacht. Sie sind ihnen nicht gefolgt.

Sie sprechen vom E-WALD-Projekt. Ich habe eine Schriftliche Anfrage an das Haus hier gemacht. Im Jahr 2015 gab es 2.800 Fahrzeuge in staatlicher Zuständigkeit. Wissen Sie, wie viele Elektromobile darunter waren? – 16. Sie können gern von E-WALDProgrammen mit 80 Millionen Euro Budget sprechen. Wir haben die Bürger als Vorbild, die schon lange Energiewende betreiben. In dieser Anfrage kommt heraus, dass bei Kommunen und Bezirken über 250 EMobile fahren; aber dem Freistaat Bayern ist es nicht möglich, E-Mobile zu fahren. Es ist ziemlich zynisch, sich dann hier herzustellen. Wir haben Ihnen klare Beispiele genannt und Sie zum Handeln aufgefordert; aber Sie wollen dem nicht folgen.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Herr Kollege Glauber, ohne das irgendwie abzuwerten: Das ist ein bisschen hanebüchen. Erstens habe ich nicht von E-Bike gesprochen. Ich habe auch nicht vom E-WALD-Programm gesprochen. Ich weiß nicht, wie Sie da zugehört haben.

(Thorsten Glauber (FREIE WÄHLER): E-WALD habe ich gehört!)

Nein, das habe ich nicht gesagt. Ich habe von der Elektromobilität in Bad Neustadt und vom Technologietransferzentrum gesprochen. Ich habe von den Batteriespeichern gesprochen, die entwickelt werden, E-Bat, nicht E-WALD. Der Freistaat Bayern steckt 80 Millionen Euro in die Grundlagenforschung zur Entwicklung von Speichertechnologie, die Sie genau für Ihre erneuerbaren Energien einsetzen können. Es wäre wichtig, sich ein bisschen zu informieren, sich einzuarbeiten und einzulesen. Dann wäre Ihnen bei der Argumentation geholfen, und wir könnten uns vieles ersparen.

(Zuruf des Abgeordneten Thorsten Glauber (FREIE WÄHLER))

Ich komme auf Ihren Antrag zurück. Ich weiß nicht, welchen Sie gelesen haben. Ich habe den Antrag gelesen, den Sie eingereicht haben. Da steht "Tschernobyl" in der Überschrift, aber keine weitere Ausführung dazu. Deswegen habe ich mir erlaubt, die Frage zu stellen. Ich weiß nicht, was das mit Tschernobyl zu tun

hat. Stimmen wir darin überein, dass das an dieser Stelle gar nicht begründet ist!

(Beifall bei der CSU)

Danke schön. – Nun hat Frau Staatsministerin Aigner um das Wort gebeten.

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich freue mich sehr, dass wir heute erneut über dieses Thema sprechen können. Ich glaube wie der Kollege Kirchner, dass das Thema Tschernobyl nicht im Vordergrund steht. Über dieses Thema haben wir Anfang April schon gesprochen. Von der Staatsregierung gibt es das klare Bekenntnis, dass wir zu dem Ausstieg aus der Atomenergie stehen, dass wir aber auch bei den verabredeten Ausbauplänen bzw. den verabredeten Zeitplänen bleiben, weil wir einen kalkulierbaren Ausstieg brauchen.

Am gestrigen Tag ist noch mehr passiert. Gestern wurde der Fonds bzw. die Kalkulierbarkeit des Abbaus beschlossen, und zwar in Übereinstimmung mit der Kommission. Ich finde, das ist auf alle Fälle ein gutes Zeichen, weil damit Kalkulierbarkeit sowohl für die Bürger in Bezug auf die Mittelsicherung als auch für die Firmen vorhanden ist, für die das stemmbar sein muss. Wir sollten das als nicht zu gering einschätzen, dass wir das einstimmig hinbekommen haben.

(Unruhe)

Entschuldigung, Frau Ministerin. – Ich bitte um etwas Ruhe.

Das ist das eine. – Das zweite ist der Ausstieg. Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich blende zunächst zurück. Die Basis für das, was wir vorgelegt haben, wurde im Energiedialog gelegt, wo sich viele Experten über Stunden hinweg lange und intensiv Gedanken darüber gemacht haben, was in Ausbauzielen realistisch zu fassen ist. Das war nicht allein unsere Idee. Da waren alle Seiten beteiligt. Die Atomkommission war übrigens, nebenbei bemerkt, auch dabei. Alle Seiten waren beteiligt. Deswegen haben wir das nicht nach dem Motto "Wünsch dir was" niedergeschrieben, sondern danach, was realistisch ist.

Ich sage gerne etwas zu dem "Wünsch dir was". Liebe Kolleginnen und Kollegen, zum einen baut der Staat keine Energieanlagen, das heißt, wenn ich etwas in ein Energieprogramm reinschreibe, muss irgendeiner bauen. Das sind Investoren, in der Regel Privatleute, deren Anlagen entweder über das EEG

oder zukünftig über eine Ausschreibung finanziert werden, weil sie am Markt alleine noch nicht überlebensfähig sind. Das wissen Sie genauso gut wie ich. Sie müssen über das EEG bzw. über eine Ausschreibung bezuschusst werden. Deswegen haben wir uns die einzelnen Sparten angeschaut. Ich war erst gestern anlässlich der Verhandlungen über das EEG im Kanzleramt.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir haben in vielen Bereichen eine Umstellung. Ich fange beim Wind an, weil er in diesem Zusammenhang beliebt ist. Beim Wind erfolgt die Regelung in der Zukunft über Ausschreibungen. Ausschreibung bedeutet, wer den günstigsten Preis anbietet, bekommt den Zuschlag. Wir kämpfen jetzt erstmal dafür, überhaupt noch Referenzertragsmodelle zu bekommen, die in Bayern einen Zubau ermöglichen. Das hat gar nichts mit 10 H zu tun, sondern damit, ob unsere Standorte gegenüber den windstarken norddeutschen Standorten überhaupt wettbewerbsfähig sind. Wir kämpfen dafür, dass im Süden überhaupt ein Zubau möglich ist, weil wir uns sonst wieder über die Netzpläne beugen müssten. Die Planung zielt darauf ab, einen Anteil von 30 % erneuerbaren Energien in Süddeutschland – dazu zähle ich Baden-Württemberg – zu erreichen. Es bringt aber nichts, den Zubau dort voranzutreiben, wo keine entsprechenden Leitungen mehr vorhanden sind. Sinnvoller ist es, einen Mechanismus zu entwickeln, der einen Zubau in Süddeutschland und damit auch in Bayern ermöglicht.

Zweitens. Wir erleben eine Umstellung. Auch im Bereich der Photovoltaik wird künftig ausgeschrieben. Vielleicht haben das noch nicht alle mitbekommen. Nicht mehr der Staat legt fest, wer wie viel Cent pro Kilowattstunde bekommt, sondern der Markt soll entscheiden; dann kommt das günstigste Angebot zum Zuge. Wir haben bereits Höchstpreisstandorte. Wir kämpfen dafür, künftig überhaupt noch die Möglichkeit zu haben, Freiflächen für die Photovoltaik anzubieten. Ich bin gespannt, ob ich alle an meiner Seite haben werde, wenn darüber diskutiert wird, ob benachteiligte Flächen mit Freiflächenanlagen bebaut werden können. Das Ergebnis der jüngsten Ausschreibung ist nämlich, dass wir dann wieder konkurrenzfähig wären. Wir konnten 37 % der Ausschreibungen nach Bayern holen. Ich bin gespannt, ob alle an meiner Seite sind, wenn es gilt, darum zu kämpfen.

Der dritte Punkt betrifft die Biomasse. Liebe Freunde, was das angeht, stehe ich total allein da.

(Zuruf von der SPD: Zu Recht!)

Ich stehe gegen die GRÜNEN und gegen die SPD, gegen fast alle. Aber Biomasse ist eine Quelle der

Wertschöpfung. Wenn wir hier nichts dafür tun, erfolgt der Rückbau. Ich kann es zum tausendsten Mal wiederholen: Biomasse ist die einzige Quelle erneuerbarer Energie, die gleichzeitig steuerbar und speicherbar ist. Weder Windenergie noch Energie aus Photovoltaik ist steuerbar und speicherbar. Deshalb werden wir weiter für die Biomasse kämpfen.

(Beifall bei der CSU)

Vierter Punkt – Wasser. Ich bin gespannt, ob alle heldenhaft an meiner Seite stehen werden, wenn es um den ökologisch verträglichen Ausbau der Wasserkraftnutzung geht. Wir haben vor zwei Wochen im Kabinett beschlossen, gemeinsam mit Österreich den Ausbau der Anlagen an der Salzach voranzutreiben, und zwar dort, wo ohnehin ein Querbauwerk notwendig ist. Es geht nicht darum, dass wir per se etwas Neues bauen wollen, sondern nur wir wollen nur dort neu bauen, wo es notwendig ist. Auch in dieser Frage hoffe ich auf Begleitschutz von allen, die sich sonst so deutlich für den weiteren Ausbau der Wasserkraftnutzung aussprechen. Ein weiteres Beispiel: Wir wollen neue Projekte, die zum Beispiel fischverträglich sind, ausprobieren.

Ich habe Ihnen vier wesentliche Punkte dargelegt. Es bleibt dabei: Ich kann in ein Programm schreiben, was ich will. Ich brauche Investoren, die unter den jetzigen Marktbedingungen sagen: Ich packe an und investiere etwas! – Die Bereitschaft dazu hat etwas mit den Rahmenbedingungen zu tun. Auch wenn Sie diese Debatte hier noch 25 Mal wiederholen, bleibt es dabei, dass die Rahmenbedingungen in Berlin festgelegt werden. Dort liegt nämlich die Zuständigkeit für das EEG. Sie können sich darauf verlassen, dass die bayerische Wirtschafts- und Energieministerin dafür kämpft, dass die Wertschöpfung auch zukünftig in Bayern erfolgt. Das ist meine Aufgabe. Dafür kämpfe ich.

(Beifall bei der CSU)

Wir, der Freistaat Bayern, haben uns besonders intensiv dafür eingesetzt – und tun das noch –, dass Bürgerenergieanlagen auch künftig eine Chance haben. Auch in dieser Frage stehe ich ziemlich allein da.

(Natascha Kohnen (SPD): Alle Bundesländer setzen sich dafür ein!)

Ja, ja. Aber wir haben es initiiert. Glauben Sie mir das, Frau Kohnen. Wir haben aber viele Mitstreiter gewonnen. Am vergangenen Freitag konnten wir sogar eine Mehrheit im Bundesrat erzielen. Ausgangspunkt war unsere Initiative. Wir kämpfen weiter. Das ist richtig so. Ich freue mich über jeden Mitkämp

fer. Auf der Bundesebene sehe ich bisher keine Unterstützung. Wir werden, wie gesagt, weiterkämpfen.

(Natascha Kohnen (SPD): Die Länder!)

Ich sagte, dass wir auf der Bundesebene noch keine Unterstützung gefunden haben. Ich kämpfe natürlich dafür, dass wir sie noch erhalten. Deshalb saß ich gestern Abend – leider! – nicht beim Maibockanstich, sondern im Bundeskanzleramt, um über das EEG zu verhandeln. Das ist der Unterschied, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der CSU – Volkmar Halbleib (SPD): Minister Söder hatte Zeit für so etwas!)

In der heutigen Debatte sind zu Recht weitere Themen angesprochen worden. Gestern ist eine Einigung über die Förderung der Elektromobilität erzielt worden. Liebe Kolleginnen und Kollegen, Bayern, wir saßen mit der Automobilindustrie – ich kann es konkreter sagen: mit BMW und Audi – zusammen und entwickelten die Blaupause für das, was gestern beschlossen worden ist. Die Begeisterungsstürme in den Medien halten sich bisher übrigens in Grenzen.

Die gestern erzielte Einigung enthält im Wesentlichen folgende Punkte: Wir bauen die Infrastruktur aus; insoweit werden wir – das sage ich schon heute – in Bayern wahrscheinlich noch mehr tun müssen. Wir gewähren eine Prämie, die zu gleichen Teilen von der Industrie und vom Staat gezahlt wird. Auch das folgt unserer Blaupause. Nicht zuletzt setzen wir Anreize, insbesondere dadurch, dass der Arbeitnehmer, wenn er beim Arbeitgeber "tankt", den dadurch erzielten geldwerten Vorteil nicht versteuern muss. Grundlage für die einzelnen Beschlusspunkte waren, wie gesagt, unsere Blaupausen. Was die Beschaffung durch den Freistaat Bayern angeht, so wollen wir den Bestand an Elektroautos auf 20 % erhöhen, sofern das möglich ist.

Angesichts all dessen können Sie von der Opposition nicht behaupten, wir täten nichts. Es bleibt bei der Feststellung: Wenn nicht von Bayern die Initiative ausgegangen wäre, wäre gestern gar nichts passiert. Das sage ich Ihnen in aller Deutlichkeit. Das Ergebnis ist auch Folge unseres Drucks. Diese Einschätzung wird Ihnen die Automobilindustrie bestätigen.

Warum haben wir uns überhaupt für ein Prämienmodell entschieden? – Wir haben jahrelang über ein steuerliches Modell zur Förderung der energetischen Gebäudesanierung diskutiert. Auch was das angeht, warte ich immer noch auf brennende Unterstützung durch die anderen Länder. An denen liegt es nämlich. Wir sind uns sofort einig, dass ich nicht noch das letzte Prozent bei der EnEV herausquetschen muss,

wenn ich auf der anderen Seite riesige Potenziale im Bestand habe. Herr Glauber, insoweit sind wir uns sofort einig. Wie oft haben wir es versucht! Das Problem war immer, dass die Länder sich zwar grundsätzlich für eine steuerliche Förderung ausgesprochen, aber zugleich die Gegenfinanzierungsfrage aufgeworfen hatten. Da ist es übrigens wurscht, ob sie von Grün oder von Rot regiert werden. Als Beispiel für eine Gegenfinanzierung wurde die Streichung des Handwerkerbonus ins Gespräch gebracht. Man könnte sich aber noch viel mehr ausdenken. Das wollten wir vermeiden, weil es sich um eine Steuererhöhung gehandelt hätte.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir kämpfen an allen Fronten. Aber Sie von der Opposition basteln an irgendwelchen Zahlengebäuden herum. Das ist für meine Begriffe lächerlich. Ich wünsche mir von Ihrer Seite mehr Unterstützung.

(Beifall bei der CSU)

Abschließend noch eine Bemerkung zu Ihren Ausführungen, Frau Kohnen. Ich schätze Sie durchaus. Aber wenn Sie behaupten, wir verwendeten hier andere Zahlen, dann bitte ich Sie, sich die Zahlen der anderen Bundesländer genau anzuschauen. Übrigens stellt auch der Bund beim Strom auf die Erzeugung ab, nicht auf den Verbrauch. Insofern können Sie uns nicht vorwerfen, dass wir etwas gemacht haben, was die anderen schon vollzogen haben. Insoweit wünsche ich mir von Ihnen mehr Redlichkeit. Sie sollten nicht behaupten, wir würden tricksen und täuschen; denn das ist falsch. Wir liefern vielmehr eine realistische Einschätzung. Wir treiben die Energiewende voran. Ich bleibe dabei: Wir sind auch in Sachen Energiewende Spitzenreiter. Wir vertreten die Interessen Bayerns. Das ist manchmal nicht ganz einfach gegen die Mehrheit derjenigen, die in anderen Ländern sitzen. – Danke schön.

(Beifall bei der CSU)

Bitte bleiben Sie am Rednerpult, Frau Ministerin! Es gibt eine Zwischenbemerkung.

Ah, der Herr Stümpfig.

Wir haben noch eine Zwischenbemerkung von Kollegen Stümpfig.