Protokoll der Sitzung vom 10.05.2016

Für uns ist es wichtig, eine Balance herzustellen zwischen den Interessen der Mieter auf der einen Seite – sie sind zweifelsohne wichtig, das zieht überhaupt niemand in Zweifel – und den Interessen der Vermieter auf der anderen Seite, weil ansonsten wichtige Investitionen unterbleiben. Darum geht es letztendlich.

Es ist richtig, dass im Koalitionsvertrag Änderungen beim Mietspiegel und der Modernisierungsumlage vereinbart wurden. Meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen, die derzeitigen Vorschläge des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz, die dem SPD-Antrag zugrunde liegen, halten wir jedoch für unangemessen. Wir halten sie für zu hoch. Eine Ausdehnung des Bezugszeitraums beim Mietspiegel auf zehn Jahre hätte zur Folge, dass Mieterhöhungen, die nach § 558 des BGB bis zur ortsüblichen Vergleichsmiete verlangt werden dürfen, über Jahre hinweg eingeschränkt wären. Die zulässige Anfangsmiete müsste in Gebieten mit der sogenannten Mietpreisbremse letztendlich gesenkt werden. All diese Dinge sind zwar gut für Mieter, auf der anderen Seite aber ein Hemmnis für Investitionen. Durch die Senkung der jährlichen Höchstgrenze zur Umlage von Modernisierungskosten – –

(Hans-Ulrich Pfaffmann (SPD): Wer 35.000 Wohnungen verscherbelt, hat jedes Recht verloren, darüber zu reden!)

Herr Kollege, nett, dass Sie mich nicht reden lassen wollen, aber ich rede trotzdem weiter.

(Hans-Ulrich Pfaffmann (SPD): Das weiß ich!)

Bei einer Senkung der Höchstgrenze zur Umlage von Modernisierungskosten von 11 auf 8 % würde sich die ganze Situation verschlechtern.

(Hans-Ulrich Pfaffmann (SPD): Kennen Sie die Zahl 35.000?)

Hinweise auf 1984 helfen uns da, ehrlich gesagt, nicht unbedingt weiter. Bei Ihrem Antrag darf die Miete innerhalb von acht Jahren um höchstens 50 % und nicht mehr als 4 Euro pro Quadratmeter steigen. Dann fände praktisch überhaupt keine Modernisierung mehr statt, weil es für einen Vermieter oder einen Investor in Wohnraum überhaupt keine Renditemöglichkeit mehr gäbe. Dies wollen wir nicht. Wir sind der Ansicht, dass man sicher Änderungen vornehmen kann. Aber diese Änderungen sollen gerade nicht zu einem Hindernis werden. Das haben wir auch so formuliert.

Die FREIEN WÄHLER sagen, was sie alles nicht wollen. Wir sagen, wir können uns manches vorstellen; aber auf der anderen Seite muss zeitgleich, und zwar

schnellstmöglich der Wohnrauminvestor aktiv gefördert werden. Ich bin verblüfft, Herr Lotte. Sie nehmen den Begriff "degressive AfA" ungeschützt in den Mund. Ich bin begeistert. An der SPD auf Bundesebene ist es doch gescheitert, dass eine vollständige degressive AfA aufgenommen wurde.

(Beifall bei Abgeordneten der CSU)

Sie machen mich doch einigermaßen ratlos. Der kleinste gemeinsame Nenner, auf den man sich einigen konnte, war, dass man ein Gesetz zur Förderung des Mietwohnungsneubaus auf den Weg bringt, wobei aber nur bestimmte Gebiete umfasst werden. Das ist also keinesfalls das, was man unter einer allgemeinen degressiven AfA für Wohnungsbau versteht.

Deshalb fordern wir auch, dass die Staatsregierung darauf drängen möge, dass der Gesetzentwurf, der wohl schon im Kabinett behandelt wurde, aber nach meiner Kenntnis bislang immer noch nicht den Weg in den Bundestag gefunden hat und auch im Bundesrat nicht behandelt wurde, endlich schnellstmöglich auf den Weg gebracht wird. Denn jede Verschiebung der jetzigen Prozentzahl, zum Beispiel bei der Modernisierung, führt natürlich zu einer Verschiebung zulasten eines potenziellen Investors. Das wollen wir dadurch ausgeglichen wissen, dass er bessere Förderungsmöglichkeiten, zum Beispiel durch eine degressive AfA, erhält. Wir wollen aber nur, dass die steuerliche Förderung durch das Mietwohnungsneubaugesetz schnellstmöglich auf den Weg gebracht wird.

(Hans-Ulrich Pfaffmann (SPD): Wenn wenigstens die CSU aufpassen würde!)

Deshalb werden wir Ihrem Antrag nicht zustimmen. Wir werden auch dem Antrag der FREIEN WÄHLER nicht zustimmen, auch wenn er irgendwie in die richtige Richtung geht. Aber nur zu sagen, was man alles nicht will, schafft noch keinen einzigen Menschen, der einen Bauplan erstellen lässt, mit dem Bauplan zur Genehmigungsbehörde geht und dann die nötigen finanziellen Aufwendungen tätigt, um neuen Wohnraum entstehen zu lassen.

(Beifall bei Abgeordneten der CSU)

Vielen Dank. – Jetzt erteile ich für die Fraktion der FREIEN WÄHLER Herrn Kollegen Streibl das Wort. Bitte schön, Herr Kollege.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, werte Kolleginnen und Kollegen! Frau Kollegin Guttenberger, mit Anträgen hat man noch nie Menschen erschaffen; das geht anders. Auch unser Antrag geht dahin, dass wir im Grund ein Quäntchen

dazu beitragen wollen, die Wohnungsmarktsituation zu stabilisieren.

Die zweite Mietrechtsreform basiert auf einem Eckpunktepapier des Bundesjustizministeriums. Man möchte den Mietern berechtigterweise helfen und sie unterstützen. Allerdings sehen wir die Gefahr, dass dadurch die Anreize für den Neubau und für die Modernisierung von Wohnungen gehemmt, verzögert und gestoppt werden. Was wir aber heutzutage im Land brauchen, ist ein Anreiz für mehr Wohnungen. Andernfalls wird der Wohnraum immer teurer. Wenn wir da für Investoren Hindernisse aufbauen und ihnen Steine in den Weg legen, schaffen wir keinen neuen Wohnraum, sondern verhindern ihn. In der Folge wird der bestehende Wohnraum immer knapper. Er wird sich natürlich auch immer weiter verteuern, weil es das Gesetz von Angebot und Nachfrage gibt.

Wenn wir dem Mieter etwas Gutes tun wollen, müssen wir Anreize schaffen, damit es mehr Wohnungen gibt. Mehr Wohnungen werden nicht zuletzt infolge des Zuzugs nach Deutschland, aber auch durch Umzüge innerhalb Deutschlands notwendig. Es gibt Zahlen, die allein für Oberbayern bis 2032 ein voraussichtliches Wachstum der Bevölkerung von 10 % vorhersagen. Deshalb brauchen wir dringendst neue Wohnungen. Wenn man das verhindert, vergeht man sich letztlich an den Mieterinnen und Mietern; denn sie müssen dann die Zeche zahlen.

(Beifall bei Abgeordneten der FREIEN WÄHLER)

Deswegen halten wir den Anreiz, der zwar gut gemeint, aber nicht gut gemacht ist, für falsch. Denn wenn die Modernisierungskosten nicht mehr in angemessenem Maß auf die Mieter umgelegt werden können, wird der Vermieter nicht modernisieren. Sie dürfen bei den Vermietern aber auch nicht immer die Großen und die großen Investoren im Auge haben. Es gibt gerade auf dem Land eine Vielzahl von Kleinund Kleinstvermietern, die eine oder zwei Wohnungen vermieten, um die Rente für ihren Lebensabend aufzubessern. Wenn ihnen das unmöglich gemacht wird, stehen sie schlecht da. Ich habe in meiner anwaltlichen Tätigkeit genug Erfahrungen mit Leuten gemacht, die geschädigt sind und sagen: Ich lasse die Wohnung lieber leer stehen, als dass ich sie vermiete. Deswegen sollte man hier ganz vorsichtig sein.

Zum Mietspiegel. Der Beobachtungszeitraum von vier Jahren beim Mietspiegel ist nach unserer Meinung eigentlich ganz gut gewählt. Denn er soll die aktuelle Situation auf dem Wohnungsmarkt widerspiegeln. Wenn ich den Zeitraum auf zehn Jahre in die Vergangenheit ausdehne, nimmt er sozusagen sehr viel Historie mit, ist aber kein Spiegel mehr. Dann ist er ein Zerrbild

bzw. ein Fenster in die mietrechtliche Vergangenheit und stellt damit das Preisniveau völlig anders dar. Dann wird es keine Mietsteigerungen mehr geben, sondern es wird eher eine Degression einsetzen, die so weit gehen kann, dass es für den Vermieter zu einer Negativbelastung kommt. Das wäre für den Wohnungsmarkt wieder kontraproduktiv. Daher sollten Sie hiervon die Finger lassen. Bei Ihnen ist der Beobachtungszeitraum zu weit gefasst. Hier muss man mit einem angemessenen Instrument arbeiten.

Meine Damen und Herren, auch der Wohnungsmarkt unterliegt Zyklen. Es gibt einen Siebenjahreszyklus. Das heißt, wenn die Mieten steigen, werden mehr Wohnungen gebaut, und wenn mehr Wohnungen gebaut werden, fallen die Mietpreise. Wenn wir mit dem Gesetz künstlich eingreifen und diesen Zyklus durchbrechen, dann werden wir es letztlich schaffen, die Wohnungsknappheit zu verstetigen und zu verewigen und damit mehr oder weniger eine Steigerung der Mieten in Kauf zu nehmen. Das würde dann von Ihrer Seite erneut den Ruf nach einem Gesetz herausfordern, gemäß dem noch mehr eingedämmt wird. Damit machen wir den Wohnungsmarkt für Mieter eher kaputt, als dass wir ihn stärken. Deswegen werden wir den Antrag der SPD ablehnen. Dem der CSU werden wir zustimmen, weil wir ihn für in die richtige Richtung weisend halten. Natürlich bitten wir, unseren Antrag mitzutragen.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Vielen Dank, Herr Kollege. – Jetzt darf ich das Wort Herrn Kollegen Mistol für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN erteilen. Bitte schön, Herr Kollege.

Frau Präsidentin, Kolleginnen und Kollegen! Schnell, nachhaltig und bezahlbar – das sind die Ansprüche, die wir GRÜNEN an den Bau der vielen neuen Wohnungen stellen, die wir in den bayerischen Ballungsräumen so dringend brauchen. Um die Folgen des Wohnraummangels – da geht es insbesondere um die Miethöhe – abzufedern, muss die Schaffung von Wohnraum mit der Stärkung der Mieterrechte Hand in Hand gehen. Die Entwicklung der Mietpreise wird ja momentan sehr emotional diskutiert. Das ist nicht verwunderlich. Schließlich wohnt die Mehrheit der bayerischen Bevölkerung in Mietwohnungen, und die Mieten sind exorbitant gestiegen; der Kollege Lotte hat das schon im Detail erklärt.

Herr Kollege Streibl, die Sache mit dem Siebenjahreszyklus, die Sie vorhin gebracht haben, dass also alle sieben Jahre die Miethöhe quasi von selber wieder zurückginge und dass dann wieder mehr Wohnungen

gebaut würden – das verstehe ich nicht. Wenn ich mir die Zahlen der letzten 20 Jahre anschaue, dann kann ich darin keinen Siebenjahreszyklus entdecken; das kann ich anhand der Statistik jedenfalls nicht erkennen. Vielleicht können Sie mir einmal in einem persönlichen Gespräch erklären, wie Sie auf diese Theorie kommen.

Neben der Einführung einer Mietpreisbremse und des Bestellerprinzips bei der Wohnraumvermittlung hatten CDU/CSU und SPD im Bundestag noch weitere Mietrechtsverbesserungen im Koalitionsvertrag vereinbart. Diese stehen noch aus. Wir brauchen diese Verbesserungen, und zwar mit Augenmaß.

Dass die Immobilienwirtschaft angesichts dessen, was jetzt von Justizminister Maas vorgelegt worden ist, nicht jubelt, kann ich aus deren Sicht irgendwie sogar nachvollziehen. Man muss sich die Kritik der Immobilienwirtschaft gut anschauen. Ich bin der Meinung, dass man diese Kritik nicht einfach beiseiteschieben sollte. Hier muss sicherlich ein Kompromiss gefunden werden, der für Vermieter und Mieter gleichermaßen akzeptabel ist und zudem die Investitionstätigkeit nicht hemmt, Frau Guttenberger.

Ich kann mich allerdings noch daran erinnern, wie wir seinerzeit über die Mietpreisbremse gesprochen haben oder über die Kappungsgrenzesenkungsverordnung. Da hat es von Investorenseite auch geheißen, diese Maßnahmen würden die Investitionstätigkeit hemmen. Wenn man sich das Ganze heute, nach einiger Zeit, anschaut, kann man aber feststellen: Diese Befürchtungen haben sich nicht bewahrheitet.

Wir GRÜNE fordern schon seit Längerem, den Mietspiegel auf eine breitere Basis zu stellen. Im Zuge der Einführung der Mietpreisbremse wurde der Reformbedarf doch relativ deutlich. Um Rechtssicherheit herzustellen, brauchen wir bundesweit einheitliche Kriterien bei der Erstellung von qualifizierten Mietspiegeln.

Auch die Verlängerung des Vergleichszeitraums halten wir GRÜNE für sinnvoll und akzeptabel, um so ältere Neuvertragsmieten besser gewichten zu können, wobei man sich über den Umfang – ob es jetzt acht Jahre oder zehn Jahre oder vielleicht nur sechs Jahre sein sollen – noch einmal genauer Gedanken machen kann.

Außerdem sind wir dafür, die Höhe der Modernisierungsumlage abzusenken. Justizminister Maas geht mit 8 % sogar über das hinaus, was wir GRÜNE in unser Bundestagswahlprogramm geschrieben haben. Auch hier gilt es, eine Regel mit Augenmaß zu finden.

Außerdem sollten in diesem Zusammenhang nur noch echte Energiesparmaßnahmen und Maßnahmen

zum Barriereabbau erfasst werden. Sonstige miettreibende Maßnahmen hingegen sollten von dieser Umlagemöglichkeit ausgeklammert werden.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Um für Entspannung auf den überhitzten Wohnungsmärkten zu sorgen, reicht es aber sicher nicht aus, nur den Mieterschutz zu verbessern. Zugleich muss auch verstärkt bezahlbarer Wohnraum geschaffen werden. Dafür brauchen wir einen gut gefüllten Instrumentenkasten. Aus unserer Sicht gehört auch die Verbesserung der steuerlichen Abschreibungsmöglichkeiten dazu, um so privates Kapital für den günstigen Mietwohnungsbau zu generieren.

Das sollte jedoch unter der Bedingung erfolgen, dass das Ganze an angespannte Wohnungsmärkte und an soziale Kriterien gekoppelt wird. Wir dürfen mit dem Geld der Steuerzahler nicht etwa nach dem Gießkannenprinzip umgehen, sondern wir müssen die Maßnahmen gezielt auf die angespannten Wohnungsmärkte begrenzen.

Auf jeden Fall brauchen wir mehr privates Geld im System. Ebenso werden dringend weitere Akteure benötigt, die sich im Mietwohnungsbau engagieren, wie es gestern auch schon der VdW-Vorstand Xaver Kroner gesagt hat.

Alles in allem unterstützen wir den Antrag der SPD. Die Intention des Antrags der CSU unterstützen wir ebenfalls; da werden wir uns enthalten. Den Antrag der FREIEN WÄHLER lehnen wir ab.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Kollege. – Jetzt hat für die Staatsregierung Herr Staatsminister Professor Dr. Bausback um das Wort gebeten. Bitte schön, Herr Staatsminister.

Frau Präsidentin, Kolleginnen und Kollegen! Die Koalition hat sich auf Bundesebene für diese Legislaturperiode eine Reihe von Änderungen im Mietrecht vorgenommen. Letztes Jahr hat der Bundesgesetzgeber durch das Mietrechtsnovellierungsgesetz vom April 2015 die sogenannte Mietpreisbremse eingeführt. Die Staatsregierung hat diese Einführung stets befürwortet.

Wohnen ist eines unserer zentralen Grundbedürfnisse. Es muss daher gewährleistet sein, dass die Bürgerinnen und Bürger überall, auch in den Ballungszentren, bezahlbaren Wohnraum zur Verfügung haben und sie nicht aus ihren angestammten Wohngegenden verdrängt werden. In Bayern haben wir die

Einführung der Mietpreisbremse daher unterstützt und diese als eines der ersten Länder zügig auf Grundlage einer soliden Datenbasis umgesetzt.

Mit den jetzigen Plänen zu einem zweiten Mietrechtsnovellierungsgesetz will Bundesminister Maas vor allem in zwei weiteren Bereichen Änderungen vornehmen: zum einem bei der Bestimmung der ortsüblichen Vergleichsmiete, zum anderen bei der Umlage der Modernisierungskosten auf den Mieter. Die ortsübliche Vergleichsmiete ist – darüber muss man sich im Klaren sein – ein ganz zentrales Element des Mietrechts. So orientiert sich die schon genannte Mietpreisbremse an der ortsüblichen Vergleichsmiete. In Gebieten, in denen die Mietpreisbremse gilt, darf die Miete bei einer Neuvermietung die ortsübliche Vergleichsmiete um nicht mehr als 10 % übersteigen.

Außerdem ist die ortsübliche Vergleichsmiete der Maßstab für Mieterhöhungen in bestehenden Mietverhältnissen. Der Vermieter kann vom Mieter die Zustimmung zu einer Erhöhung der Miete bis zur ortsüblichen Vergleichsmiete verlangen, wenn die Miete seit 15 Monaten unverändert geblieben ist und sich innerhalb von drei Jahren um nicht mehr als 20 % bzw. um nicht mehr als 15 % in Gegenden mit angespanntem Wohnungsmarkt erhöht hat.