Die bayerische Landwirtschaft wird massiv unter Druck gesetzt, da in den USA deutlich billiger produziert wird als bei uns. Unser bereits völlig überlasteter Markt wird weiter mit landwirtschaftlichen Produkten gefüllt. Rote Linien – –
Wir wollen die Handlungsfähigkeit der Parlamente bewahren. Wir haben übrigens gar nichts gegen internationalen Handel. Lieber Herr Kollege Pfaffmann, er soll jedoch fair sein. Wir haben auch nichts gegen die Harmonisierung von Prüfverfahren für die Industrie. Das ließe sich aber auch ohne ein Freihandelsabkommen bewerkstelligen. Die unterschiedlichen Blinkerfarben für Autos müssen wir nicht über ein Freihandelsabkommen regeln.
Für uns ist eines klar: Wir brauchen diese Freihandelsabkommen nicht. Wir brauchen kein TTIP, und wir brauchen auch kein CETA. Dort ist die Parallelgerichtsbarkeit für Konzerne wieder festgeschrieben. Die Geheimpapiere haben es ans Licht gebracht. Diese Abkommen greifen unsere Standards im Umwelt- und Verbraucherschutz massiv an. Sie greifen unsere Arbeitnehmerrechte und unsere Daseinsvorsorge an. Sie greifen außerdem unsere parlamentarische Demokratie an. Das wollen wir nicht.
In der Form, wie die Papiere derzeit vorliegen – man kann wirklich schon einiges nachlesen –, müssen sie unter allen Umständen gestoppt werden. Die roten Linien sind massenhaft überschritten. Die Bevölkerung lehnt TTIP und CETA ab – aus gutem Grund. Wir unterstützen sie dabei gern. Das haben wir schon seit Jahren gemacht und werden es auch weiter tun.
Frau Präsidentin, Kolleginnen und Kollegen! Chapeau, Herr Pfaffmann, was Sie gesagt haben, möchte ich gern unterstreichen. Wir sind ganz nah beieinander. Mich freut es, dass man die Abbildung der Großen Koalition ein wenig spürt.
Die Aktuelle Stunde "Bayern schützen – CETA und TTIP stoppen!" der FREIEN WÄHLER kann man bestenfalls als Anlass für populistisches Geplärr nehmen.
Wir wissen zwar nicht, worum es geht, sind nicht zuständig und haben nichts zu entscheiden, reden aber darüber.
(Hubert Aiwanger (FREIE WÄHLER): Haben Sie etwas zu entscheiden? Wir sind neugierig, was Seehofer mit seinem Veto bewirken wird. Schauen wir mal!)
Herr Aiwanger, haben Sie gerade Redezeit? – Das ist mir ganz neu. – Nachdem sich TTIP im Verhandlungsstadium befindet – auch das ist heute schon gesagt worden –, stellt sich tatsächlich die Frage, gegen was Sie sind. Die von Ihnen angeführten Positionen sind inhaltlich schon durch die Vorrednerin Frau Wittmann für alle klar erkennbar ausgeräumt worden.
Es ist hinreichend klar geworden, dass wir es als absolut notwendig ansehen, unsere Argumente und Positionen deutlich zu machen und diese hart zu verteidigen, wenn es erforderlich ist. Das tun wir im Interesse der bayerischen Wirtschaft und ebenso im Interesse der gesamten Bevölkerung. Jedoch sollte TTIP, für das noch nicht einmal ein Entwurf existiert, nicht grundsätzlich abgelehnt werden. Das ist eine ganz andere Baustelle. Sie sprechen von einer Dramatik in den Texten. Für CETA gibt es schon einen Text. Herr Aiwanger, haben Sie das CETA-Abkommen schon einmal in der Hand gehabt? Haben Sie es gelesen?
Sie haben es nie gelesen? Hat es irgendjemand von den FREIEN WÄHLERN gelesen? Hat irgendjemand von Ihnen das Abkommen schon einmal in der Hand gehabt? Hände hoch! – Niemand von Ihnen hat es bisher überhaupt gelesen, aber Sie sind dagegen. Das ist interessant: Sie haben es nie gelesen, sind aber dagegen.
(Beifall bei der CSU – Hubert Aiwanger (FREIE WÄHLER): Es gibt das Internet, wenn Sie es wissen wollen!)
Sie wenden sich mal eben pauschal gegen Vereinbarungen mit Nationen und stellen diese unter Generalverdacht, obwohl die Zusammenarbeit für uns bereits seit 70 Jahren eher vorteilhaft war. Sie dämonisieren das Abkommen, führen Unterstellungen an und tragen Halbwissen zusammen, um Stimmung zu machen. Sie springen auf einen Stimmungszug auf, der im Internet bedient wird, um vielleicht doch noch ein paar Stimmen zu gewinnen.
Vor dem Hintergrund der Greenpeace-Veröffentlichungen der letzten Wochen könnte man ironisch sagen: Offensichtlich hat man ein großes Geheimnis gelüftet. Die Amerikaner verhandeln hart und bemühen sich, eigene Interessen durchzusetzen. Respekt – da ist wirklich etwas gelungen. Nachdem ich weiß – das habe ich gerade erfahren –, dass Sie das CETA-Abkommen nie gelesen haben, und Ihnen wahrscheinlich auch das Verhandlungsmandat der EU-Kommission, das seit Monaten öffentlich zugänglich ist, nicht bekannt ist, kann man nur sagen: An dieser Stelle bricht sich etwas Bahn, was man bei Ihrer Fraktion leider immer wieder beobachten muss – die "Facebookisierung" der Diskussion.
(Beifall bei der CSU – Hubert Aiwanger (FREIE WÄHLER): Die CSU hat Kritik an TTIP über Facebook geäußert!)
Ihnen geht es doch nicht mehr um den tatsächlichen Sachverhalt. Vielmehr geht es darum, was möglichst viele für den Sachverhalt halten. Der eine schreibt, dass er von dem anderen etwas gehört hat, was dieser an dritter Stelle gesehen haben will.
Primärquellen scheinen Sie nur zu stören. Sich die Mühe zu machen, ein Thema bis zum Ende zu verfolgen, scheint nicht mehr en vogue zu sein. Ansonsten wüssten Sie, dass die bayerische Wirtschaft und gerade der Mittelstand einem Freihandelsabkommen grundsätzlich positiv gegenüberstehen.
Selbstverständlich ist es wichtig, darauf zu achten, was drinsteht, bevor die Verhandlungen abgeschlossen sind. Das Abkommen bereits abzulehnen, obwohl kein Entwurf vorliegt, zeugt von keiner guten Qualität. Sie dämonisieren das Abkommen, verfallen in Hysterie und bedienen mit düsteren Verschwörungstheorien irgendwelche Ressentiments. Das ist einer Debatte in diesem Hohen Haus unwürdig. Wenn man allerdings sieht, wohin die Restwählerschaft der FREIEN WÄHLER abwandert, zeigt dies, dass Damen und Herren außerhalb des Parlaments den Populismus besser bedienen.
Dabei gibt es berechtigte Kritik, die schon mehrfach angesprochen worden ist. Wir wünschen uns auch eine größere Transparenz bei den Verhandlungen. Die inhaltliche Positionierung haben wir nun leidlich oft vernommen. Ich möchte jedoch zu zwei oder drei Schauermärchen Stellung nehmen. Die Behauptung, TTIP bzw. CETA gefährde oder beeinträchtige die Daseinsvorsorge, ist schlicht unzutreffend. Auch Sie von den FREIEN WÄHLERN müssen dies irgendwann zur Kenntnis nehmen.
(Hubert Aiwanger (FREIE WÄHLER): Der ehemalige Städtetagspräsident Maly hat das gesagt! Aber er kennt sich wohl auch nicht aus!)
Wenn er das sagt, dann kann es ja nicht falsch sein. – Die öffentliche Daseinsvorsorge wird durch TTIP nicht angetastet. Insbesondere das hohe Schutzniveau für bestimmte grundlegende Dienstleistungen auf lokaler Ebene in Bezug auf Wasser, Gesundheit und Bildung soll in Europa nicht zur Debatte stehen.
Darüber hinaus wird die Behauptung aufgestellt, TTIP diene den Interessen der Großkonzerne, nicht denen der kleinen und mittleren Unternehmen. Auch diese Behauptung ist schlicht falsch.
Ich komme zum Ende. – Auch Sie werden nicht bestreiten wollen, dass gerade die bayerische Wirtschaft in jedem Wettbewerb, der offen und fair ist, besteht. Wenn Sie glauben, dass bayerische Produkte nicht wettbewerbsfähig genug seien, um unter den Bedingungen des freien Handels zu bestehen, dann zeugt dies einmal mehr davon, dass Sie, liebe FREIE WÄHLER, zu wenig Vertrauen in die bayerische Wirtschaft haben und die bayerische Wirtschaft schlicht nicht kennen.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kollegen! Die TTIP-Verhandlungen werden für Europa von der EU-Kommission geführt. Zeitweise wurden zu wenige Dokumente veröffentlicht. Deshalb wird immer wieder der Vorwurf erhoben, das Verfahren sei intransparent. Ich kann die insoweit be
stehenden Sorgen der Bevölkerung sehr gut nachvollziehen. Viele Ängste hätten vermieden werden können, wenn von Anfang an mehr Offenheit geherrscht hätte. Wir begrüßen deshalb ausdrücklich, dass die Verhandlungen jetzt transparenter erfolgen. Mehr Transparenz sorgt schließlich für mehr Vertrauen und mehr Akzeptanz.
Bei dem Projekt geht es aber nicht nur um den Handel zwischen Europa und den USA. Es ist auch ein politisches Projekt: Wer bestimmt in Zukunft die Spielregeln? Wie fair und nachhaltig werden sie sein? – Mit TTIP erhalten wir die Chance, diese Regeln mitzugestalten.
Dass die Landwirtschaft auf beiden Seiten des Atlantiks eine strategisch wichtige Rolle spielt, weiß jeder. So lieferten die Vereinigten Staaten im vergangenen Jahr Agrargüter im Wert von etwa 12 Milliarden Euro in die EU; in die andere Richtung waren es allerdings Waren im Wert von mehr als 19 Milliarden Euro. Pharma- und Lebensmittelhersteller haben in Washington immensen Einfluss. Es ist klar, dass sie gern mehr zu uns exportieren würden.
Pestizide in Obst und Gemüse, hormonbehandeltes Fleisch, gentechnisch veränderte Lebensmittel – das sind die Schlagworte, die den Blätterwald im Moment beherrschen. Das alles schürt die Angst, dass Europas Märkte, unsere Märkte durch das Freihandelsabkommen mit Nahrungsmitteln aus den USA überflutet werden könnten, die bisher hier nicht verkauft werden dürfen. Wir müssen deshalb unsere europäischen Errungenschaften im Umwelt- und im Verbraucherschutz verteidigen und dürfen von ihnen nicht abrücken – dies alles nicht nur zum Schutz unserer Bauern.
Bei keinem der Themen, über die im Zusammenhang mit TTIP verhandelt wird, steht das bestehende Verbraucherschutzniveau zur Disposition. Die EU darf keines ihrer grundlegenden Gesetze zum Schutz von Mensch, Tier und Umwelt aufheben. Wenn Fleisch von Tieren, deren Wachstum mit Hormonen gefördert worden ist, nach Europa importiert werden soll, so ist dies weitgehend untersagt. Nach Einschätzung der Behörden ist unklar, welche Folgen der Verzehr solcher Produkte für die Gesundheit hätte. Hinzu kommen mögliche negative Auswirkungen auf die Umwelt. In den USA allerdings sind Hormonfleisch und Genfood Massenprodukte.
Ein zentraler Streitpunkt in den Verhandlungen ist die Risikobewertung der Produkte. Da prallen zwei Kulturen aufeinander. Die Herangehensweisen sind völlig unterschiedlich. Insoweit ist die Philosophie bei uns
eine komplett andere als die in den USA. Wir in Europa orientieren uns am Vorsorgeprinzip. Es besagt, dass ein Produkt nicht auf den Markt gebracht werden darf, wenn die wissenschaftliche Risikobewertung ergeben hat, dass das Produkt negative Folgen für die Gesundheit von Menschen, Tieren oder Pflanzen haben könnte. Dadurch wird bei uns eine rasche Reaktion auf Gesundheitsgefahren oder auch aus Gründen des Umweltschutzes ermöglicht. Genau das ist ein wesentlicher Teil der europäischen Verbraucherpolitik und Grundlage für das hohe Verbraucherschutzniveau bei uns.