Protokoll der Sitzung vom 01.06.2016

Es ist zwar noch zu früh, um eine Bewertung abzugeben, aber es ist nicht zu früh, um entschlossen zu handeln. Wir haben als politisch Verantwortliche im Interesse der Verbraucherinnen und Verbraucher entschlossen gehandelt, und ich bin davon überzeugt, dass die Menschen spüren, wenn es jemand ernst meint und etwas für sie tut.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, was wir bisher wissen, ist im Wesentlichen auf der Webseite des LGL zusammengetragen, gleich auf der Startseite von lgl.bayern.de. Dort können Sie alles Wichtige finden und nachlesen. Es gibt auch eine Bürgerhotline, und ich bitte Sie herzlich, sollten Sie danach gefragt werden, auch darauf hinzuweisen.

Zur Chronologie: In den Jahren 2013 und 2014 sind die Behörden in Süddeutschland bei Listeriose auf ein bestimmtes Erregermuster aufmerksam geworden und haben Untersuchungen angestellt, aber weder das Robert-Koch-Institut noch das Bundesinstitut für Risikobewertung noch die Behörden konnten die passende Stecknadel dazu finden, also das ursächliche Lebensmittel.

Im März 2016 wies das LGL in einer amtlichen Probe bei einem Wacholderwammerl der Firma Sieber Listerien nach. Die Folgen waren klar: öffentliche Warnung, Rückruf der Charge, Desinfektion und intensive Folgebeprobungen. Entscheidend dabei ist, dass das LGL die Listerien in diesem Wacholderwammerl auch dem Bundesinstitut für Risikobewertung – BfR – zur Verfügung gestellt hat, mit dem Ergebnis, dass sie den Isolaten der betroffenen Patienten zugeordnet werden konnten. Daher kam am Abend des 18. Mai die Mitteilung vom BfR:

Die Wahrscheinlichkeit des Zusammenhangs zwischen den Isolaten aus dem Wammerl und den humanen Isolaten ist sehr hoch. Dies wird auch durch die epidemiologischen Untersuchungen plausibilisiert.

Die sofortige Reaktion unsererseits waren Betriebskontrollen durch die Spezialeinheit, Landratsamt und die Regierung. Die Behörden nahmen Dutzende von Proben und werteten sie binnen einer Woche aus. Am 27. Mai, letzte Woche Freitag, kam die Mitteilung des LGL: "Auch in Wurstwaren sind Listerien festgestellt worden."

Für uns lagen damit in diesem Zusammenspiel des zugeordneten Krankheitsgeschehens und der positiven Listeriose-Beprobung hinreichende Anhaltspunkte vor. Wir sind der Überzeugung: Von Erzeugnissen der Firma Sieber kann eine Gefährdung für die Gesundheit der Verbraucher ausgehen. Zudem war aufgrund der überregionalen Verbreitung, der vielfältigen Ver

triebswege, aber auch aufgrund der großen Produktpalette eine öffentliche Warnung durch das Ministerium angezeigt. Hier müssen wir im Sinne des vorbeugenden Verbraucherschutzes handeln. Daher sind wir noch am selben Tag, an jenem Freitag, an die Öffentlichkeit gegangen und haben vor den Fleischund Wurstwaren der Firma Sieber gewarnt. Der Unternehmer selbst war an diesem Tag zu einer solchen Warnung noch nicht bereit. Was aber noch wichtig ist zu wissen, meine Damen und Herren: Das Verwaltungsgericht München hat uns in einer Eilentscheidung noch an diesem Freitag in diesem Vorgehen bestätigt.

Aktuell ist der Betrieb gesperrt. Er darf keine Lebensmittel in den Verkehr bringen. Bereits ausgelieferte Waren sind unter behördlicher Aufsicht zurückgerufen worden, und weitere Proben werden ausgewertet. Das Landratsamt Bad Tölz-Wolfratshausen hat – ich betone: – routinemäßig die Staatsanwaltschaft eingeschaltet. Sie tun so, als wäre das etwas Besonderes, Herr von Brunn und Frau Steinberger; dabei handelt es sich hierbei um einen Routinevorgang. Sie haben sicherlich gestern in der Presse vernommen, dass der Betrieb gegen die Maßnahmen der Behörden Rechtsmittel eingelegt hat. Das ist auch sein gutes Recht.

Wichtig sind mir folgende Feststellungen, meine Damen und Herren: Wir schützen unsere Verbraucherinnen und Verbraucher in Bayern transparent, konsequent und mit einer ganz klaren Vorgabe. Die Behörden ergreifen auch einschneidende Maßnahmen, wenn sie rechtlich zulässig und erforderlich sind. Der Schutz unserer Verbraucher hat oberste Priorität. Wir wollen gute, gesunde Lebensmittel in Bayern, und wir wollen Lebensqualität. Als Verbraucherschutzpolitiker sind wir der Sachanwalt für diese gute Lebensqualität, aber auch für das so gute Lebensgefühl in unserem Lande. Diesen Auftrag nehme ich – auch mit Ihnen zusammen – gern an.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, für mich ist es selbstverständlich, dass wir zu gegebener Zeit weiter über den Fall Sieber berichten werden. Es ist für mich auch eine Selbstverständlichkeit, dass ich zu gegebener Zeit über die Umsetzung des ORH-Gutachtens berichten werde. Hier muss sich etwas an unserer Struktur verändern, und es wird sich auch etwas ändern. Aber mein Verständnis von einer flächendeckenden Verwaltung in Bayern mit der Lebensmittelüberwachung und des Veterinärwesens ist, dass ich mich mit allen Betroffenen unterhalte, dass ich mit allen ins Gespräch komme, dass ein intensiver Dialog stattfindet, um diese komplexe Materie zu erfassen und die richtige Entscheidung zu treffen. Mein ganz klares Ziel ist, einen Masterplan für die Neuordnung unserer Lebensmittelüberwachung vorzulegen.

(Beifall bei der CSU)

Vielen Dank, Frau Staatsministerin. – Der Kollege von Brunn hat sich zu einer Zwischenbemerkung gemeldet. Bitte schön, Herr von Brunn.

Frau Staatsministerin, Sie haben gerade ausgeführt, dass Sie am 18. Mai vom Bundesinstitut für Risikobewertung darüber informiert worden sind, dass die Listerien mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit in menschlichen Erkrankungsfällen, wie Sie gesagt haben, in Verbindung mit dem beprobten Produkt von Sieber gebracht werden können. Sie haben auch gesagt, dass nach dem 18. Mai unter anderem die Spezialeinheit, aber auch Kontrolleure des Landratsamtes vor Ort gewesen sind und intensiv beprobt haben.

In diesem Zusammenhang wollte ich Sie fragen: Konnten bei diesen neuerlichen Proben ebenfalls molekularbiologisch mit hoher oder sehr hoher Wahrscheinlichkeit – das müssten Sie vielleicht sagen – Verbindungen zwischen menschlichen Krankheitsfällen und eben diesen beprobten Produkten hergestellt werden?

Frau Staatsministerin, bitte.

Herr von Brunn, dieser genaue Nachweis bedarf etwas mehr Zeit. Listerien sind Bakterien, daher müssen die Beprobungen erst einmal angesetzt werden, bevor sie ans Robert-Koch-Institut oder an das BfR weitergeleitet werden, und das geht nicht innerhalb von kurzer Zeit; das dauert einige Wochen. Aber diese Information werden wir Ihnen selbstverständlich nachreichen.

Es geht weiter mit einer Zwischenbemerkung der Kollegin Steinberger.

Frau Ministerin, zwei Fragen. Die erste: Sie haben die Probe vom BfR untersuchen lassen. Ist das BfR die einzige Institution, die diese molekularbiologische Untersuchung durchführen kann, oder kann das LGL das möglicherweise auch vor Ort untersuchen? Ginge es dann vielleicht schneller?

Die zweite Frage: Sie haben gesagt, dass die Staatsanwaltschaft routinemäßig eingeschaltet worden ist und dass das überhaupt nichts Besonderes sei. Heute habe ich aber gelesen, dass die Staatsanwaltschaft ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts auf Verstoß gegen das Lebensmittel- und Futtermittelge

setz gegen einen Mitarbeiter der Firma eingeleitet hat. Das geht schon ein wenig über das hinaus, was standardmäßig passieren sollte, weil die Staatsanwaltschaft ja erst einmal prüft, ob sie überhaupt ein Ermittlungsverfahren einsetzt. Ich denke, da ist etwas Zusätzliches im Busch, das über das Standardmäßige hinausgeht.

Bitte schön, Frau Staatsministerin.

Was Sie hier vermuten, ist ein Verdacht. Ich kann mich nur wiederholen: In solchen Fällen wird die Staatsanwaltschaft routinemäßig eingeschaltet, und wir werden diese Ermittlungen weiterhin verfolgen.

Ob unser LGL diese Proben so auswerten kann – jetzt schaue ich zu unserem Präsidenten –: Ich glaube nicht; er schüttelt den Kopf. Das heißt, wir müssen das an das Robert-Koch-Institut oder an das Bundesinstitut für Risikobewertung weitergeben.

(Beifall bei der CSU)

Danke schön, Frau Staatsministerin. – Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Damit ist die Aussprache geschlossen.

Wir kommen nun zur Abstimmung. Hierzu werden die Anträge wieder getrennt.

Nachdem für den Antrag der Fraktion der SPD auf Drucksache 17/11589 namentliche Abstimmung beantragt ist, lasse ich zunächst über die Anträge der Fraktionen der FREIEN WÄHLER und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN abstimmen, über die in einfacher Form abgestimmt wird.

Wer dem Dringlichkeitsantrag auf Drucksache 17/11605 – das ist der Antrag der Fraktion der FREIEN WÄHLER – seine Zustimmung geben will, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind die Fraktionen des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN, der FREIEN WÄHLER, der SPD und der CSU. Gibt es Gegenstimmen? – Stimmenthaltungen? – Keine. Damit ist dieser Antrag einstimmig angenommen.

Wer dem Dringlichkeitsantrag auf Drucksache 17/11606 – das ist der Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – seine Zustimmung geben will, den bitte ich um das Handzeichen. Jetzt von der anderen Seite: Das sind die Fraktionen der CSU, der SPD, der FREIEN WÄHLER und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN. Gibt es Gegenstimmen? – Stimmenthaltungen? – Das ist nicht der Fall. Auch dieser Antrag ist einstimmig angenommen.

Nun kommen wir zur Abstimmung in namentlicher Form über den Antrag der Fraktion der SPD auf Drucksache 17/11589. Die Urnen sind bereitgestellt. Sie haben fünf Minuten Zeit.

(Namentliche Abstimmung von 19.31 bis 19.36 Uhr)

Die fünf Minuten sind um. Ich schließe die Abstimmung. Das Ergebnis wird außerhalb des Plenarsaals ermittelt und später bekannt gegeben.

Die Dringlichkeitsanträge auf den Drucksachen 17/11591 und 17/11592 sowie 17/11594 bis 17/11597 und 17/11607 werden in die zuständigen federführenden Ausschüsse verwiesen.

(Unruhe – Glocke der Präsidentin)

Ich rufe zur gemeinsamen Beratung die Tagesordnungspunkte 7 a und 7 b auf:

Eingabe Gustavstraße in Fürth; längere Öffnungszeiten für Freischankflächen (WI.0012.17)

und

Eingabe "Wir sind die Gustavstraße" Gustavstraße in Fürth; längere Öffnungszeiten für Freischankflächen (WI.0525.17)

Der Ausschuss für Wirtschaft und Medien, Infrastruktur, Bau und Verkehr, Energie und Technologie hat sich mit den Eingaben in seiner Sitzung am 21. April 2016 befasst. Er hat beschlossen, die Eingaben gemäß § 80 Nummer 4 der Geschäftsordnung aufgrund der Stellungnahme der Staatsregierung für erledigt zu erklären. Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat gemäß Artikel 5 Absatz 2 Satz 2 des Bayerischen Petitionsgesetzes fristgerecht beantragt, die Eingaben auf die Tagesordnung des Plenums zu setzen. Die Fraktion hat darüber hinaus beantragt, nach § 103 Absatz 1 Satz 2 Nummer 1 unserer Geschäftsordnung über die Beratung im Ausschuss Bericht zu erstatten.

Bevor ich die Aussprache eröffne, gebe ich bekannt, dass über die Eingabe unter Tagesordnungspunkt 7 b von der Fraktion der SPD namentliche Abstimmung beantragt worden ist.

Ich eröffne nun die gemeinsame Aussprache. Die Gesamtredezeit der Fraktionen beträgt nach der Geschäftsordnung 24 Minuten. Die Redezeit der Staatsregierung orientiert sich dabei an der Redezeit der stärksten Fraktion. Erster Redner ist Herr Kollege

Ganserer, der Berichterstattung und Aussprache miteinander verbinden wird. Bitte schön, Herr Ganserer.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, werte Kolleginnen und Kollegen! Das Thema Sperrzeiten für Freischankflächen beschäftigt den Bayerischen Landtag schon seit mehreren Jahren, heute in Form der Petitionen von Herrn Dr. Mayer, Stadtheimatpfleger der Stadt Fürth, und der Initiative "Wir sind die Gustavstraße".

(Petra Guttenberger (CSU): Herr Dr. Mayer war es!)

Der ehemalige Stadtheimatpfleger. – Die Fürther Gustavstraße ist seit Jahrhunderten Schwerpunkt der Gastronomie und als Kneipenmeile weit über die Stadtgrenze Fürths hinaus bekannt. Planungsrechtlich handelt es sich bei dem Gebiet um ein Mischgebiet. Im Bebauungsplan hat die Stadt Fürth unter Verweis auf den Anwohnerschutz neue Gaststätten ausgeschlossen; die bestehenden Gaststätten haben jedoch Bestandsschutz.

In den vergangenen Jahren gab es immer wieder Beschwerden über Ruhestörungen. Deshalb hat die Stadt Fürth bereits im Jahr 2011 einen Runden Tisch einberufen und nach Gesprächen mit Gastwirten und Anwohnern die Sperrzeiten in einem Kompromiss für Freischankflächen auf 23.00 Uhr bis 06.00 Uhr des Folgetages festgesetzt.

Im Jahr 2012 forderte ein Anwohner die Stadt Fürth auf, den Beginn der Sperrzeit für Freischankflächen auf 22.00 Uhr vorzuverlegen und die Einhaltung sicherzustellen. Die Stadt Fürth ist diesem Antrag nicht nachgekommen. Der Anwohner hat daraufhin Klage beim Verwaltungsgericht Ansbach eingereicht. Es hat mit Urteil vom 11. Juni 2013 die Stadt Fürth aufgefordert, den Antrag des Klägers neu zu verbescheiden, und zwar unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts, wonach eine Nachtzeitverschiebung auf 23.00 Uhr in dem konkreten Fall nicht möglich sei. Maßgeblich für die Beurteilung des Falls sei die Technische Anleitung zum Schutz gegen Lärm – TA Lärm –, wonach ab 22.00 Uhr ein Grenzwert von 45 dB(A) einzuhalten sei. Gegen dieses Urteil hat die Stadt Fürth Berufung eingelegt.

Der Petent Dr. Mayer fordert in seiner Petition, die er bereits im Juli 2013 eingereicht hat, Bund und Land auf, gesetzliche Regelungen analog der Bayerischen Biergartenverordnung zu erlassen, um den Betrieb von Freischankflächen bis 23.00 Uhr zu ermöglichen. Der Petitionsausschuss des Deutschen Bundestages hat dem Petenten mitgeteilt, dass die Behandlung dem Landesparlament obliegt. In der Stellungnahme zu der Petition hat das Bundesumweltministerium da

rauf verwiesen, dass die Länder auf der Grundlage von § 23 Absatz 2 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes entsprechende Möglichkeiten haben, Rechtsverordnungen für Freizeitanlagen zu erlassen. Es hat insoweit explizit auf die Bayerische Biergartenverordnung verwiesen.

Mit Urteil vom 25. November vergangenen Jahres hat der Bayerische Verwaltungsgerichtshof die Berufung der Stadt Fürth mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Stadt Fürth verpflichtet ist, den Antrag des Anwohners erneut zu verbescheiden. In der Urteilsbegründung wird aufgeführt, dass die TA Lärm zwar nicht unmittelbar gilt, aber die Nachtzeit auf jeden Fall grundsätzlich um 22.00 Uhr beginnt. Der Stadtrat hat im Prinzip die Möglichkeit, unter Abwägung der verschiedenen widerstreitenden Interessen die Nachtzeit zu verschieben, was die Stadt Fürth in diesem Fall aber nicht getan hat. Maßgeblich bei der Festsetzung der Ruhezeiten wäre der Bebauungsplan. Für Nächte auf Samstage sowie Sonn- und Feiertage wäre die Situation gesondert zu betrachten, weil an den darauffolgenden Tagen ein wesentlich geringerer Teil der Bevölkerung arbeiten muss. Dementsprechend wären andere Abwägungsgründe zu berücksichtigen, und eine Verschiebung der Sperrzeit auf 23.00 Uhr wäre leichter möglich.