Wir pflegen in Bayern das Miteinander ganz nach dem Motto: Leben und leben lassen. Unser Gesetzentwurf spaltet nicht, sondern führt die Menschen zusammen. Ich verwahre mich gegen eine Aussage, wonach wir mit der Umsetzung des Gesetzentwurfs Menschen erster und zweiter Klasse schaffen würden. Dagegen verwahre ich mich entschieden.
Menschen, die zu uns kommen und bei uns bleiben, wollen wir integrieren. Das habe ich gesagt, und so wollen wir das mithilfe dieses Gesetzes auch handhaben. In Deutschland und in Bayern kann ein Mensch leben, wie er will, aber natürlich nach besonderen Regeln und Gesetzen; das ist doch keine Frage. Sie haben vorhin negativ über unsere Leitkultur gesprochen und gleichzeitig von einem Wertekern gesprochen. Da frage ich mich, worin der Unterschied bestehen soll.
Ich möchte aber ganz klar sagen: Was bedeutet die Umsetzung des Gesetzentwurfs? Was bedeutet "Fördern und Fordern"? – Das sind zwei Seiten einer Medaille. Es ist doch ganz klar: Integration ist keine Einbahnstraße. Derjenige, der sich integrieren will, muss auch eine Leistung erbringen.
Auch das Integrationsgesetz des Bundes macht viele Leistungen von der Teilnahme an Integrationsangeboten abhängig. Ich finde das auch richtig. Im Bundesgesetzbuch sind auch Sanktionen vorgesehen, wenn eine solche Teilnahme nicht gegeben ist. Mir berichten viele, die Sprachkurse abhalten, am Anfang seien 20 Personen angemeldet und zum Schluss seien nur noch zwei anwesend. Das ist doch keine Art und Weise! Deswegen sind auch Pflichten für diejenigen vorgesehen, die sich bei uns integrieren wollen.
Wenn wir von "Fördern" reden, dann muss ich sagen, dass wir auch jetzt schon enorm viel fördern und das auch in der Zukunft tun werden. Wir haben ein Sonderprogramm mit dem Titel "Zusammenhalt fördern, Integration stärken" aufgelegt und mit der riesigen
Geldsumme von fast 550 Millionen Euro hinterlegt, davon 17 Millionen Euro für Sprachkurse sowie für Bildung und Ausbildung. Ich möchte auch sagen, dass es dringend erforderlich ist, neue Lehrer einzustellen. Auch das tun wir. Bayern hat allein über den Nachtragshaushalt fast 1.100 Planstellen sowie rund 600 Beschäftigungsmöglichkeiten für Lehrkräfte zusätzlich geschaffen. Das ist eine gewaltige Leistung, die der Freistaat Bayern erbringt, und das macht kein anderes Bundesland in Deutschland.
– Nein. – Wir haben auch einen Pakt mit der Wirtschaft, der Integration durch Arbeit beinhaltet. Es sind 60.000 Plätze – Praktika, Ausbildungsplätze – bis zum Jahr 2019 vorgesehen. Das ist doch ein Fundament, auf dem aufgebaut werden kann. Wir wollen den Menschen, die bei uns sind, eine Möglichkeit zur Integration bieten. Die Sprache ist für die Integration zentral, und deshalb setzen wir alles daran, dass die Menschen, die bei uns bleiben wollen, Sprachkompetenz erwerben und unsere Sprache sprechen können, damit man sich gegenseitig besser verstehen kann.
Wichtig ist auch, in der Zukunft Mietwohnungen anzubieten. Derzeit werden viele Menschen anerkannt. Bereits jetzt sind 26.000 Flüchtlinge bei uns in Bayern arbeitslos gemeldet. Das bedeutet, dass die Betroffenen anerkannt sind, und sie sind so weit, eine Arbeit zu wollen. Dafür müssen wir die Voraussetzung schaffen. Das tun wir. Deswegen ist "Fördern und Fordern" wichtig. Falls dies nicht erfüllt wird, müssen auch Sanktionen möglich sein. Dazu stehen wir, und deswegen ist dieses Gesetz dringend erforderlich.
Frau Staatsministerin, vielen Dank. Würden Sie bitte noch einmal an das Rednerpult kommen für eine Zwischenbemerkung der Frau Kollegin Bause? – Bitte schön, Frau Kollegin.
Frau Ministerin, Sie haben gesagt, Ihr Gesetz schaffe nicht Menschen erster und zweiter Klasse. Wie würden Sie es denn bezeichnen, wenn den einen Kindern der Besuch der Schule erlaubt wird, während anderen Kindern der Besuch der Schule verboten ist? – Sie beschreiben in Artikel 17a des Gesetzentwurfs explizit, dass Kinder, die in Ausreisezentren leben müssen, von der Schulpflicht entbunden sind. Das bedeutet im Klartext, dass sie nicht in die Schule gehen dürfen. Aus meiner und
Wie würden Sie es beschreiben, wenn Sie eine bestimmte Gruppe von Ausländern, nämlich die NichtEU-Ausländer, in Bezug auf den Besuch einer öffentlichen Einrichtung wie eines Schwimmbades oder einer Bibliothek unter Vorbehalt stellen? -Die eine Gruppe von Ausländern darf in die Einrichtung, während die andere Gruppe dies nicht darf. Insofern schaffen Sie Menschen erster und zweiter Klasse. Das ist das große Problem Ihres Gesetzentwurfs: Sie schaffen Menschen erster und zweiter Klasse und spalten damit die Gesellschaft.
Die Schulpflicht ist gesetzlich geregelt. Nach drei Monaten Aufenthalt sind die Kinder schulpflichtig. In Bamberg und Manching haben wir eine niederschwellige Beschulung, wohl wissend, dass die Kinder in ihre jeweiligen Heimatländer wie den Westbalkan, den Senegal oder in sonstige sichere Herkunftsländer zurückgeführt werden.
Als zweiten Punkt haben Sie die Schwimmbäder angesprochen. Das bewegt Sie offenbar alle. Junge Frauen fühlen sich sicherer, wenn zum Beispiel Menschen aus anderen Herkunftsländern darüber unterrichtet sind und werden, wie man miteinander umgeht und dass man Frauen mit Toleranz, Akzeptanz und Wertschätzung behandeln muss. Wenn jemand unsere Kultur und unsere Leitkultur nicht kennt, muss man ihn informieren und aufklären, damit es nicht zu Übergriffen kommt.
Zwar sind Zwischenrufe erwünscht, aber kein ständiges Hineinschreien. An diesem Punkt sind wir angelangt. – Herr Kollege Professor Piazolo, Sie haben das Wort.
Nein, ich lasse das nicht zu. Ich bitte, auf den Stil in diesem Plenum zu achten. Unsere Arbeit wird beobachtet. Deshalb lege ich großen Wert auf einen guten Umgang miteinander. Bitte schön, Herr Kollege Professor Piazolo.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, ich versuche, mich bei meiner Zwischenbemerkung und meinen Fragen an den Stil, zu dem Sie aufgerufen haben, zu halten. Meine
erste Frage betrifft die Leitkultur. Wenn ich das Gesetz richtig verstehe, geht es von einer bayerischen Leitkultur aus. Ich bitte um eine Erläuterung in zwei bis drei Sätzen, was eine bayerische Leitkultur über die Bestimmungen der Bayerischen Verfassung und der Sprache hinaus ist.
Meine nächste Frage bezieht sich auf Artikel 10 "Rundfunk und Medien". Vorher ist schon gesagt worden, dass Sie mit dem Integrationsgesetz Rundfunk und Medien zur Leitkultur verpflichten wollen. Dabei geht es nicht nur um den Bayerischen Rundfunk, sondern um alle Medien, die dem Bayerischen Mediengesetz unterliegen. Das sind übrigens auch Rundfunkanstalten, die ihren Sitz in Bayern haben, aber in ganz Deutschland ausstrahlen. Sollen nach Ihrer Auffassung Sender wie Sky, die zwar in Bayern ihren Sitz haben, aber deutschlandweit ausstrahlen, die bayerische Leitkultur verkünden? Ist das der Sinn des Gesetzes, wie Sie es sich vorstellen?
Zur Leitkultur möchte ich etwas Grundsätzliches sagen. Dabei handelt es sich um die Grundregeln des gelingenden Miteinanders. Ich möchte Ihnen sagen, dass es die typische bayerische Leitkultur nicht gibt. Dabei handelt es sich um eine Leitkultur, die wir uns in Deutschland gegeben haben. Dazu gehören Offenheit und Toleranz.
Für uns gehören die Würde des Menschen, die Toleranz, die Offenheit, die Freiheit der Person sowie die Gleichheit und Gleichberechtigung aller Menschen dazu. Jeder Einzelne hat das Recht auf ein selbstbestimmtes, aber selbst verantwortetes Leben.
Das mag sein. Wir haben das jetzt in der Präambel festgeschrieben. Es schadet mit Sicherheit nicht, diese Themen noch einmal festzuschreiben – unter anderem auch die Religionsfreiheit. Der Wertekern,
von dem Frau Bause spricht, ist nichts anderes als unsere Leitkultur. Ich muss mich schon sehr wundern.
Mir liegt eine weitere Meldung zur Zwischenbemerkung von Herrn Kollegen Rinderspacher vor. Bitte schön.
Frau Ministerin, ich habe noch eine Nachfrage. Sie haben die Frage von Frau Kollegin Bause mit Blick auf Artikel 17a – das ist der Schwimmbad-Paragraf – nicht wirklich beantwortet. Sie haben völlig zu Recht gesagt, dass wir erwarten, dass man sich in unseren Schwimmbädern an Regeln hält. – Selbstverständlich, da wird niemand widersprechen. Deshalb haben die Kommunen entsprechende Schwimmbadsatzungen formuliert, aus denen unmissverständlich hervorgeht, was man im Schwimmbad darf und was nicht. Jetzt setzen Sie Sonderregeln für bestimmte Gruppen obendrauf. Gehen Sie davon aus, dass der spanische Mann, der französische Mann, der Pfälzer, also ich, oder der Schwabe anders mit Frauen im Schwimmbad umgeht als beispielsweise der ägyptische Minister, der heute mit seiner ägyptischen Delegation bei uns zu Gast ist, oder die 700.000 amerikanischen Touristen?
Warum schaffen Sie diese Sondergesetzgebung, die zwischen Menschen unterscheidet, denen man offensichtlich trauen kann, und Menschen, denen man misstrauen muss? Was hat Sie dazu veranlasst, mit der Formulierung von Artikel 17a bestimmte Gruppen unter Generalverdacht zu stellen? Diese Gruppen müssen stärker kontrolliert werden, andere werden durchgelassen.
Mir ist es ein Anliegen, dass sich Frauen beim Schwimmen nach wie vor kleiden können, wie sie wollen – egal, ob sie wenig oder viel anhaben. Das ist völlig egal.
Jemand, der aus einem anderen Kulturkreis mit einer völlig anderen Identität zu uns kommt, muss unter anderem wissen, wie es bei uns zugeht.
Wenn unsere Frauen in Schwimmbäder gehen, sollten sie keine Bedenken haben, dass ihnen etwas widerfahren könnte. Das ist unsere Auffassung.