Dringlichkeitsantrag der Abgeordneten Margarete Bause, Ludwig Hartmann, Gisela Sengl u. a. und Fraktion (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Klasse statt Masse - nur nachhaltige Maßnahmen helfen gegen die Milchpreiskrise (Drs. 17/11587)
Dringlichkeitsantrag der Abgeordneten Thomas Kreuzer, Angelika Schorer, Gudrun BrendelFischer u. a. und Fraktion (CSU) Landwirtschaft wirkungsvoll unterstützen Milchkrise bewältigen" (Drs. 17/11588)
Dringlichkeitsantrag der Abgeordneten Hubert Aiwanger, Florian Streibl, Dr. Leopold Herz u. a. und Fraktion (FREIE WÄHLER) Milchkrise - EU-Markt endlich entlasten statt Landwirte in die Schuldenfalle treiben (Drs. 17/11590)
Dringlichkeitsantrag der Abgeordneten Markus Rinderspacher, Horst Arnold, Florian von Brunn u. a. und Fraktion (SPD) Stärkung der bäuerlichen Strukturen in der Milchviehhaltung - Märkte gestalten statt Krisen verwalten! (Drs. 17/11593)
(Von der Rednerin nicht au- torisiert) Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ein konventioneller Bauer bekommt heute für einen Liter Milch so wenig, dass nicht einmal seine Produktionskosten gedeckt sind, von Arbeitslohn, Unternehmergewinn und Rücklagenbildung ganz zu schweigen. Wenn die Entwicklung so weitergeht, werden viele Höfe in Bayern ihren Betrieb einstellen müssen. Liebe Kolleginnen und Kollegen, das können wir doch nicht akzeptieren!
Wahrscheinlich sind wir uns da auch alle einig, und deswegen herrscht große, hektische Betriebsamkeit. Es gab einmal den Werbespruch: Milch macht müde Männer munter. – Endlich sind auch die zuständigen Landwirtschaftsminister Schmidt und Brunner aufgewacht und laufen los. Das Problem ist nur, dass beide in unterschiedliche Richtungen laufen. Der eine im Bund sucht das Heil immer noch darin, den Bauern die Massenproduktion für den Export zu empfehlen, und Milchpulvertürme wären doch auch eine tolle Lösung. Der andere hat zumindest schon erkannt, dass das alte Credo "Wachsen oder weichen" doch nicht mehr so sinnvoll und zeitgemäß ist und dass vielleicht mehr auf Qualität gesetzt werden muss. Aber die Ursache der ganzen Misere traut sich keiner von beiden zu benennen.
Die Landwirtschaft wurde und wird nur nach ihren Produktionserfolgen bewertet. Rationalisieren, optimieren, maximieren heißt die Devise, und die Leidtragenden dieses Systems sind die Tiere, die Umwelt und vor allem die bäuerlichen Familien. Wir haben es mit einer Reihe von Problemen zu tun: Tiere, die durch Zucht auf Höchstleistung getrimmt werden, Böden und Gewässer, welche die Güllemengen, die durch die Massenproduktion anfallen, überhaupt nicht mehr aufnehmen können, und Familien, die sich durch das Versprechen auf die unglaublich tollen, großen Exportmärkte überschuldet haben und jetzt stark in ihrer Existenz bedroht sind.
Angesichts dieser Problemlage sind Übergangshilfen, Liquiditätshilfen und Zuschüsse zu Versicherungen nur sehr notdürftige Pflaster. Eine nachhaltige Lösung
gibt es nur, wenn wir an die Ursache herangehen. Es gibt zwei Ziele, die wir erreichen müssen, um das Problem zu lösen. Erstens. Die Menge muss runter! Zweitens brauchen wir eine langfristige Strategie, die das Tierwohl achtet, die sorgsam mit der Natur umgeht und auf ökologische Qualität setzt. Die bayerische Landwirtschaft kann nur durch Ökologisierung und Regionalisierung gerettet werden. Das sagen wir GRÜNEN schon seit Langem. Obwohl wir dafür bisher meistens ausgelacht worden sind, werden wir immer öfter bestätigt. Alle Untersuchungen und Befragungen besagen im Grunde das Gleiche: 80 % der Verbraucherinnen und Verbraucher wünschen sich regionale und ökologische Produkte. Sie sind immer öfter bereit, diese auch zu kaufen.
Sie kaufen diese Produkte vor allem dann, wenn ersichtlich ist, warum sie einen höheren Preis haben. Der Grund muss klar erkennbar sein.
Die Ökologisierung ist zurzeit der Gewinnerbereich in der Landwirtschaft. Die Biobauern zeigen es uns. Der Auszahlungspreis für Biomilch ist seit einem Jahr stabil auf sehr gutem Niveau.
Der Verkaufspreis der Biomilch ist übrigens der einzige Preis, der in einen Zusammenhang mit dem Milchauszahlungspreis, den die Bauern erhalten, gesetzt werden kann. Die Biobauern bekommen tatsächlich mehr Geld für ihre Milch. Das ist bei anderen Milchsorten nicht so. Im Discounter wird neben der ganz billigen Milch – die berühmte 46-Cent-Milch – auch Milch in Verpackungen angeboten, auf denen Tiere mit Hörnern, die auf schönen Wiesen stehen, zu sehen sind. Wenn das der einzige Grund für den höheren Preis im Vergleich zu der ganz billigen Milch ist, dann kauft der Verbraucher die teurere Milch natürlich nicht. Er will schon wissen, ob die entsprechenden Kriterien erfüllt worden sind und ob das kontrolliert worden ist. Für Ökomilch zahlen die Verbraucherinnen und Verbraucher mehr, weil das staatliche Biosiegel ihnen das Vertrauen gibt, dass diese Milch nicht zulasten der Tiere, der Umwelt und der Bäuerinnen und Bauern erzeugt wird.
Heumilch- und Weidemilchsiegel wären übrigens weitere Möglichkeiten. Die Qualität braucht viel mehr Fördergelder. Das Gegenteil findet gerade statt. Sie haben zum Beispiel das schöne Kulturlandschaftsprogramm ziemlich rasiert.
Es sind einfach Maßnahmen gestrichen worden; das ist Fakt. Ich kann nichts dafür. Ihr mit eurem Haushalt könnt sehr wohl etwas dafür. – Die staatliche Förderung muss noch viel gezielter erfolgen. In die Förderung von Qualität muss viel mehr Geld fließen. Massenproduktion darf nicht mehr gefördert werden.
Eine bayerische Molkerei zitiert im Rahmen der Werbung gerade einen wunderschönen Spruch: Wir kennen von vielen Dingen ihren Preis, aber nicht mehr ihren Wert. – Blühende Wiesen, grasende Kühe, sauberes Wasser und eine Vielzahl von Bauernhöfen – diese Bilder wollen wir nicht nur auf Hochglanzverpackungen sehen, sondern auch in der Wirklichkeit.
Machen wir es möglich! Beginnen wir mit der ökologischen Agrarwende! – Ich komme zum Schluss: Im Gegensatz zum Bauernverband sehe ich aktuell nicht so sehr den Lebensmitteleinzelhandel, sondern vielmehr die Molkereien in der Pflicht. Ich finde es schon sehr interessant, dass die Molkereien – außer einer deutschlandweit – gegenüber ihren eigenen Lieferanten so gnadenlos ignorant sind. Irgendwann gibt es halt keinen Rohstoff Milch mehr, wenn die Molkereien nicht bereit sind, einen fairen Preis dafür zu zahlen. Sie sollten sich überlegen, wie das funktionieren kann, und eine entsprechende Werbestrategie entwickeln.
Die Anträge der CSU und der FREIEN WÄHLER werden wir ablehnen, weil der ewige Appell an einen freiwilligen Lieferverzicht keine Wirkung zeigt; das sehen wir. Zu dem Antrag der SPD werden wir uns der Stimme enthalten.
Wir müssen uns gemeinsam auf den Weg machen, wirklich zukunftsfähige Strategien zu entwickeln. Es reicht nicht aus, mit Geld auszuhelfen, dessen Gewährung noch dazu nicht an Bedingungen geknüpft ist. Insofern werden auch die aktuellen Maßnahmen die Landwirtschaft in Bayern langfristig nicht retten. – Danke.
gen! Es ist richtig: Unsere Landwirtschaft befindet sich derzeit in vielen Produktbereichen in einer schwierigen Lage. Der Milchpreis ist das eine. Es gibt weitere Ursachen, zum Beispiel das seit Langem anhaltende Preistief bei Schweinen und die Zukunftsängste von Ferkelerzeugern aufgrund von Gerichtsurteilen und politischen Rahmenbedingungen, über die auf Bundesebene zu diskutieren ist, sowie die ungenügenden Rahmenbedingungen für Biogasanlagen vor dem Hintergrund des neuen EEG. All diese Faktoren müssen wir heute auch in den Mittelpunkt stellen, wenn wir über die Landwirtschaft debattieren. Berlin ist – wie immer – gut beraten, auf Bayern zu hören. Dies gilt auch für die landwirtschaftlichen Themen.
Die Liquiditätslage vieler Milchviehbetriebe ist derzeit dramatisch. Bei vielen rühren die Existenzängste nicht nur von der aktuellen Situation her, sondern auch von der Frage, wie lange es noch so weitergeht bzw. wann es wieder besser wird. Das Marktumfeld in der EU ist nach dem Auslaufen der Quote ein völlig neues. Eine stabile Entwicklung ist trotz guter Signale, die wir in den vergangenen Tagen an den Milchmärkten wahrnehmen konnten, ungewiss.
Fakt ist: Die EU hat mit großer Mehrheit das Quotenende beschlossen. Die EU hat einmütig ein Russlandembargo beschlossen. Der Einfuhrstopp von russischer Seite ist jüngst bis zum 31. Dezember 2017 verlängert worden. Die EU ist jetzt in der Pflicht, in der Krise den Bäuerinnen und Bauern zu helfen. Es gibt derzeit ein Ungleichgewicht zwischen Angebot und Nachfrage – das kann man nicht wegdiskutieren –, was auf den Milchpreis in der EU drückt.
Alle Verantwortlichen müssen erkennen, dass man die Entwicklung, die wir in vielen Ländern Europas beobachten, so nicht laufen lassen kann. Wir verzeichnen Mengensteigerungen nicht nur in Polen, sondern auch in Holland – plus 20 % – und in Irland; dort ist es ein Plus von 30 %. Die deutschen Bauern haben schon reagiert. Nach Ende der Quote hatten wir in Deutschland ein Mengenwachstum von circa 3 %, in Bayern waren es 2,3 %. Derzeit liegt die Milchanlieferung in Deutschland aber unter den entsprechenden Werten von 2014 und 2015, jeweils auf den aktuellen Zeitpunkt bezogen.
Meine lieben Kolleginnen und Kollegen, so kann es nicht weitergehen. Europäische Landwirtschaftspolitik kann nicht in der völligen Abkoppelung von der Fläche bestehen. Es darf nicht so sein, dass man an die Küstenstandorte das Futter mit dem Schiff bringt und von dort die Gülle mit dem Schiff wegfährt. Ich denke, das muss man an dieser Stelle deutlich ansprechen. Unsere Vorstellungen sind andere.
Ich betone, ganz Europa ist in der Pflicht. Wir brauchen jetzt mengendämpfende Signale, ein wirksames Risikomanagement und Krisenmaßnahmen. Wir haben seit Langem beschrieben, worin diese bestehen müssten.
Von der EU müssen insbesondere Mittel bereitgestellt werden. Wir unterstützen die Forderung unseres Landwirtschaftsministers Helmut Brunner, mindestens 1 Milliarde Euro für die Milchbauern aus der EU vorzusehen. Allein im Rahmen der Super-Abgabe haben die Bauern in den vergangenen beiden Jahren 1,2 Milliarden Euro bezahlt.
Wir, die CSU-Fraktion, teilen die Auffassung unseres Bundeslandwirtschaftsministers Christian Schmidt, dass die Frage der Angebotsmenge nicht in erster Linie politischer Natur ist, sondern dass die Lösung der Probleme von den Wirtschaftsbeteiligten selbst in die Hand genommen werden muss.
Das heißt aber nicht, dass wir die Bauern im Stich lassen, sondern die Politik wird ihnen unterstützend zur Seite stehen. In einer sozialen Marktwirtschaft kann es nicht ein völlig freies Spiel der Märkte geben.
Viele Molkereien legen bereits heute Mengen und Preise in Lieferverträgen mit den Bauern fest und haben eine gute Mengenplanung. Es wird auch in Zukunft eine wichtige Voraussetzung für die Abstimmung von Angebot und Nachfrage sein, dass es marktorientierte Lieferbeziehungen gibt. In Bezug auf diese Lieferverträge ist sicherlich noch das eine oder andere zwingend zu gestalten.
Die FREIEN WÄHLER wollen finanzielle Anreize setzen, damit weniger Milch produziert wird. Über ähnliche Vorschläge wird seit Jahren diskutiert – das ist schon ausgeführt worden –; diese haben aber bisher keine Akzeptanz gefunden. Wir werden den Antrag der FREIEN WÄHLER ablehnen. Herr Aiwanger, wenn ich Ihre Pressemitteilung von gestern durchlese, dann weiß ich, in welche Richtung es wieder geht. Sie schreiben: "Bundes- und Staatsregierung müssen die Märkte wieder ins Gleichgewicht bringen."