Protokoll der Sitzung vom 14.06.2016

Wir verkennen nicht, dass bei der Abwasserbehandlung durch die Städte und Gemeinden viel geleistet wurde. Wir brauchen aber immerhin noch fast vier Milliarden Euro, um die Rohre zu sanieren. Wie der Zustand der privaten Kanäle ist, die übrigens doppelt so lang sind wie die öffentlichen Kanäle, interessiert im Ministerium niemanden.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Renaturierung von Fließgewässern als ökologische und hoch effektive Wasserschutzmaßnahme – ich nenne das Stichwort Retentionsraum – wird nicht ausreichend intensiv betrieben. Der gute ökologische Zustand unserer Flüsse, Bäche und Seen hat sich bayernweit von knapp 22 % im Jahr 2009 auf 15 % im Jahr 2015 verringert. Bravo, liebe CSU! Darin dokumentiert sich das Versagen der Ministerin. Sie und Ihre Vorgänger, Herr Söder und Herr Huber, haben sich nicht nur nicht genug, sondern gar nicht darum gekümmert. Eine Schande, wie Sie mit unserer Heimat umgehen!

(Beifall bei der SPD)

Eine Verschlechterung um sieben Prozentpunkte ist atemberaubend und mies. So muss man es einfach sagen. Der geschätzte Kollege Hünnerkopf kann sich im Umweltausschuss noch so viele fragwürdige Argumente einfallen lassen, die gegen eine tatsächliche Verschlechterung sprechen sollten, aber Verschlechterung bleibt Verschlechterung. Festgestellt hat dieses Ergebnis übrigens nicht die SPD oder ein sonstiger vielleicht von Ihnen verdächtigter Verband. Dieses Ergebnis wurde von Ihnen selbst amtlich festgestellt.

Sie haben klar gegen das Verschlechterungsverbot der Europäischen Union verstoßen. Jetzt drohen uns erhebliche Strafzahlungen. Die CSU hat uns im Ausschuss sogar bestätigt, dass sie bis zum Jahr 2027 warten möchte, um erst nach dem Ablauf der zweiten Frist geeignete Maßnahmen zu ergreifen. Die Umweltpolitik im Freistaat ist in dieser Hinsicht eine Bankrotterklärung der Bayerischen Staatsregierung. Sie sind nicht bereit, sich darum zu kümmern, dass es etwas schneller geht. 15 Jahre reichen der CSU nicht. Sie braucht noch mehr Zeit, um die Sache in Ordnung zu bringen.

Nun liegt es an uns, das Missmanagement zu beenden und den geforderten guten Zustand ohne Inanspruchnahme weiterer Fristverlängerungen bis 2027 zu erreichen. Daher fordern wir die Staatsregierung auf, unverzüglich Maßnahmen gegen eine weitere Verschlechterung zu ergreifen. Bis zum Ende der zweiten Wirtschaftsperiode, also bis 2021, soll ein guter Zustand aller bayerischen Gewässer hergestellt sein. Ein Verlust von sieben Prozentpunkten – so darf es nicht weitergehen. Ich bedanke mich noch einmal beim Kollegen Pfaffmann für die gute Zusammenarbeit auf dem Gebiet. Er hat mich hier massiv unterstützt.

(Beifall bei der SPD)

Danke schön, Herr Kollege. – Als Nächster hat der Kollege Dr. Hünnerkopf von der CSU das Wort. Bitte schön, Herr Kollege.

Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Wir haben diesen Antrag am 14. April im Umweltausschuss behandelt. Lieber Herr Kollege Scheuenstuhl, wir haben die Aspekte, die in dem Antrag genannt sind, mit guten Gründen und sachlichen Argumenten sehr differenziert aufgegriffen. Wenn Sie sich jetzt hier herstellen und vollmundig und laut Ihre Behauptungen nochmals wiederholen, aber überhaupt nicht auf unsere wirklich zutreffenden Argumente eingehen, sollten Sie etwas vorsichtiger mit Ausdrücken wie "chaotisch" und "schlampig" sein. Ich komme noch darauf zurück.

(Beifall bei der CSU)

Meine Damen und Herren, die Vorgaben der Europäischen Wasserrahmenrichtlinie sind uns allen klar und bekannt. Wir sollen beim ökologischen Zustand von künstlichen und erheblich veränderten Gewässern ein gutes Potenzial und einen guten chemischen Zustand der Oberflächengewässer und des Grundwassers erreichen. Das wissen wir. Für 2009 wurden die Grundlagen auch ermittelt. Wir haben es schon gesagt: 2009 wurde aus heutiger Sicht relativ schnell gehandelt, mit manchen Erkenntnissen und manchen Daten war man damals noch nicht so weit. Das gilt zum Beispiel für die Fischfauna. Deshalb kann die Situation von damals nicht mit der Situation von heute verglichen werden. Auch die Gewässerkörper sind anders zugeschnitten. Mit diesen neuen Erkenntnissen ist auch zu erklären, warum es eine Verschlechterung von 22 % auf 15 % gibt.

Wer bei uns mit offenen Augen durch die Landschaft geht und beachtet, welche Maßnahmen seit vielen Jahren kontinuierlich von der Flurneuordnung bis zu den Wasserwirtschaftsämtern ergriffen und durchgeführt werden, kann sich heute nicht hier herstellen und sagen, der Zustand der Gewässer habe sich bei uns maßgeblich verschlechtert.

(Beifall bei der CSU – Florian von Brunn (SPD): Warum gibt es dann das Vertragsverletzungsverfahren der EU?)

Meine Damen und Herren, natürlich ist auch aus unserer Sicht der Grund für den keineswegs zufriedenstellenden Zustand der Gewässer auch der Eintrag von Nährstoffen, von Nitrat. Deshalb wird von der Landwirtschaft und von allen, die dafür verantwortlich sind, alles getan, dass wir sukzessive vorankommen. Es gibt aber keine Zauberformel, um dieses Ziel in kürzester Zeit zu erreichen. Das ist weiterhin eine Anstrengung für uns alle.

(Hans-Ulrich Pfaffmann (SPD): Seit wie vielen Jahren?)

Gleiches gilt für die strukturellen Defizite. Ich war letzte Woche beim Lech-Symposium. Der Lech soll renaturiert werden. Darüber besteht in der Gesellschaft ein großer Konsens. Trotzdem dauert es viele Jahre, bis so eine Maßnahme vorbereitet ist und durchgeführt werden kann. Dieses Beispiel ist symptomatisch. Man braucht erst einmal gedankliche Vorgaben, man braucht Planungen, dann braucht man immer wieder das Einverständnis derjenigen, die Grund und Boden haben, damit man auch auf Flächen zurückgreifen kann, um die erforderlichen Maßnahmen durchzuführen.

Sie haben von 60.000 Querbauwerken gesprochen. Wie will ich denn in wenigen Jahren 60.000 Querbauwerke einfach aus den Fließgewässern herausnehmen? – Da geht es nicht nur um Durchlässigkeit, sondern zum Teil auch um Gebäudesubstanz. Es geht um viele andere Aspekte der Kulturlandschaft, die nicht so ohne Weiteres von heute auf morgen verändert werden können.

(Hans-Ulrich Pfaffmann (SPD): Wie viele Jahre sind denn wenige Jahre?)

Ich sage es noch einmal: Es wurde viel getan, und es wird ständig viel getan. Wir stellen Millionenbeträge zur Verfügung mit dem Ziel, viele Maßnahmen nach und nach umzusetzen. Wer ein bisschen Sinn für Realität hat, weiß von vornherein, dass es bis 2015 nicht zu schaffen ist, alle notwendigen Gewässerumgestaltungsmaßnahmen auszuführen. Es ist auch sehr ambitioniert, das bis 2021 oder 2022 schaffen zu wollen.

(Hans-Ulrich Pfaffmann (SPD): Also 2050!)

Warum? – An jedem Gewässer gibt es viel zu tun. Lieber Herr Pfaffmann, Sie können doch nicht sagen, dass es nur in Bayern so ist.

(Hans-Ulrich Pfaffmann (SPD): Können Sie mir sagen, wann?)

Vor dieser Herausforderung stehen wir in ganz Deutschland. Wir müssen die Sünden der Vergangenheit – so nenne ich es einmal –, dass wir den naturnahen Zustand der Gewässer in einen recht technischen verändert haben, wieder rückgängig machen. Gleiches gilt auch für das Grundwasser. Aber auch die Gewässerberater, welche die Bauern beraten, stellen fest, dass sich sehr viel tut.

(Hans-Ulrich Pfaffmann (SPD): Wie viele Jahre brauchen wir noch?)

Wir werden mit den in den Haushalt eingeplanten Maßnahmen bis zum Jahr 2021 oder 2022 weiter Fortschritte machen. Das können Sie nicht wegreden. Wir werden aber bis zum Jahr 2021 noch nicht das letzte Gewässer in den ursprünglichen Zustand gebracht haben. Das war auch der Grund dafür, dass ich im Umweltausschuss gesagt habe, dass wir auch noch bis zum Jahre 2027 brauchen werden. Nun können wir uns hier ja immer wieder trefflich austauschen. Der Antrag ist vor einem Jahr schon einmal in ähnlicher Form gestellt worden. Bei den Diskussionen habt ihr immer wieder Gelegenheit, euch in Erinnerung zu bringen. Aber die Menschen, die die Augen offen haben und normal denken, verstehen, dass der Weg, den wir beschritten haben, richtig ist. Sie wissen, dass wir das Geld nur sukzessive und nicht auf

einmal zur Verfügung stellen können. Wir können auch nicht die Manpower zur Verfügung stellen, um schnell alles planen und ausführen zu lassen. Ich frage mich, was diese Mitarbeiter dann machen sollten, wenn im Jahr 2021 alles aufgearbeitet wäre.

(Hans-Ulrich Pfaffmann (SPD): Komische Argumentation!)

Es ist also alles sehr theoretisch, was Sie hier vortragen, und das ist der Grund, warum wir Ihren Antrag ablehnen.

(Beifall bei der CSU)

Danke schön, Herr Kollege. – Jetzt hat sich der Kollege Scheuenstuhl zu einer Zwischenbemerkung gemeldet. Bitte sehr.

Herr Kollege Hünnerkopf, ich bedanke mich zunächst einmal dafür, dass Sie die Zahlen bestätigt haben. Ich wiederhole sie. Ein Rückgang von 22 % auf 15 % ist eine Verschlechterung. Das Ganze hat im Jahre 2000 seinen Anfang genommen. Wenn es damals weitsichtige Menschen gegeben hätte, müssten wir eigentlich jetzt nach 15 Jahren so weit sein, dass es ein Minimum wäre, den damaligen Zustand zu erhalten.

(Hans-Ulrich Pfaffmann (SPD): Genau!)

Ich spreche von Minimum. Ich habe in meiner Rede ja auch schon betont, dass etwas getan worden ist. Sowohl Gemeinden als auch Bürgerinnen und Bürger haben viel Geld in die Hand genommen. Gerade deshalb muss ich jetzt fragen, wie es zu einem solchen Versagen kommen konnte. Dieses Versagen war absehbar. Das sage ich jetzt einfach so.

Sie sprechen von den Menschen draußen. Natürlich hat jeder sein eigenes Umfeld. Wir haben beispielsweise mit den Fischern, mit dem Bund Naturschutz und den Menschen, die an den Gewässern leben, regen Kontakt. Da werden wir gefragt: Wie sieht es aus? Muss es wirklich sein, dass wir keine Fische mehr in unseren Gewässern haben? Immerhin sind ja schon 85 % unserer Fischarten in Bayern gefährdet und stehen auf der Roten Liste. Dann hören wir von den Mitarbeitern des Ministeriums im Ausschuss – Sie waren ja selbst dabei –: 2027 und dann sehen wir weiter!

Ich glaube, das ist nicht die Art, wie man diese Sache angehen darf. Gerade bei der Flurbereinigung hat man doch gesehen, dass man etwas machen kann, wenn man es nur will. Dann kann man auch ordnen. Unsere Leute können das. Deswegen fehlt es nach

meiner Meinung – ich habe das auch so gesagt – am Willen zur Umsetzung.

(Beifall bei der SPD)

Danke sehr, Herr Scheuenstuhl. – Herr Dr. Hünnerkopf, Sie haben das Wort.

Lieber Kollege Scheuenstuhl! Ich habe den Zusammenhang zwischen 22 und 15 % erklärt. Ich möchte das nicht wiederholen. Hier im Hohen Haus sitzen nämlich lauter Menschen, die mitdenken und das verstanden haben.

(Hans-Ulrich Pfaffmann (SPD): Das bezweifle ich!)

Die Aussage, dass wir mit den getroffenen Maßnahmen eher dem Fischbestand schaden würden, wird uns im Austausch mit den Fischereifachverbänden jedenfalls nicht bestätigt.

(Florian von Brunn (SPD): Das ist die Wahrheit!)

Es wird uns gesagt, dass wir sicher noch mehr tun könnten. Da wird sehr viel Neues zum Beispiel in Verbindung mit der Wasserkraft und der Schonung der Fische getan. Die Aussage, es werde schlechter und immer schlechter, ist fern jeder Wirklichkeit.

(Zuruf des Abgeordneten Florian von Brunn (SPD))

Herr Kollege, dafür werden Sie von niemandem eine Bestätigung bekommen. Wir sind da auf bestem Wege. – Ihre weiteren Anmerkungen will ich nicht beantworten; denn für mich sind sie deplatziert.

(Beifall bei der CSU – Hans-Ulrich Pfaffmann (SPD): Weil Ihnen die Antworten fehlen! – Harry Scheuenstuhl (SPD): Mehr gibt es wohl vonseiten der CSU dazu nicht zu sagen!)

Danke, Herr Kollege. – Als Nächster hat der Kollege Kraus von den FREIEN WÄHLERN das Wort.

Wertes Präsidium, Kolleginnen und Kollegen! Vor genau einem Jahr hat die SPD einen gleichlautenden Antrag eingebracht mit dem Anliegen,

(Hans-Ulrich Pfaffmann (SPD): Genau!)

Bayerns Gewässer bis zum Jahr 2021 in einen guten Zustand zu bringen.

(Hans-Ulrich Pfaffmann (SPD): Richtig!)