Protokoll der Sitzung vom 07.07.2016

Ich komme zu der zweiten Anmerkung. Lieber Herr Kollege Glauber, Sie müssen bei unserem Programm irgendetwas völlig missverstanden haben.

(Thorsten Glauber (FREIE WÄHLER): Nein!)

Was die zweite Säule anbelangt, ist es so: Diese zweite Säule richtet sich ausschließlich an die Kommunen.

(Thorsten Glauber (FREIE WÄHLER): Genau!)

Draußen findet eine Diskussion statt. Es gibt in der Tat eine Reihe von Bürgermeistern, die sagen, ich will das nicht selber machen, sondern einer kommunalen Wohnungsbaugesellschaft übertragen.

(Thorsten Glauber (FREIE WÄHLER): Das ist ja richtig so! – Christine Kamm (GRÜNE): Es gibt aber bloß – –)

Genau das ist aber nach EU-Recht in der Tat nicht möglich, weil man, wenn man überhaupt solche Subventionen gibt, diese erst in Brüssel nach EU-Recht genehmigen lassen muss. Man muss sie dann natürlich jeder Gesellschaft anbieten. Nach EU-Recht ist es nicht möglich, bestimmte Förderungen sozusagen nur der eigenen kommunalen Wohnungsbaugesellschaft anzubieten. Das ist nur ein kleiner Teil des Programms. Der große Teil des 2,6-Milliarden-Programms ist derjenige, der sich in klassischer Weise an die vielen kommunalen und kirchlichen, aber natürlich auch an andere Wohnungsbaugesellschaften richtet.

Dieses kleinere Programm, die zweite Säule, richtet sich nur an die Kommunen unmittelbar und bietet eine höhere Förderung als die für Wohnungsbaugesellschaften. Es ist also eine besonders hohe Förderung, damit sich Kommunen unmittelbar engagieren können. Aber sie müssen es dann auch tun. Sie können sich zur Durchführung anderer Gesellschaften bedienen. Es ist jetzt sogar mit Zustimmung des Finanzministeriums ermöglicht worden, dass Kommunen von privaten Anbietern Projekte für den sozialen Wohnungsbau erwerben. Das muss natürlich mit den entsprechenden Vorschriften vereinbar sein, aber auch dies ist ermöglicht worden.

Allerdings fangen wir jetzt bei dieser zweiten Säule nicht damit an, das Programm erst über eineinhalb

Jahre oder noch länger in Brüssel notifizieren zu lassen; denn sonst erreichen wir den Effekt, dass schnell gebaut wird, nicht. Deshalb sagen wir: Die zweite Säule ist für jene Kommunen, die bereit sind, selbst unmittelbar anzufangen und Wohnungen zu errichten. Das bedeutet nicht nur Riesenprojekte. Es kann – dafür gibt es auch schon Beispiele – auch eine Gemeinde sein, die sechs oder zehn Wohnungen bauen lässt und jetzt schnell etwas tut. Diese Gemeinden wollen wir unterstützen. Es gibt eine Vielzahl von Kommunen, die davon Gebrauch machen, und wenn das andere nicht wollen, sind sie selber schuld.

Meine Damen und Herren, wir wollen den Wohnungsbau weiter forcieren, aber ich sage auch, die Kommunen müssen entsprechend Bauland ausweisen. Hierzu sage ich Ihnen – dies ist ein letzter Gesichtspunkt –: Ich schätze die Kollegin Hendricks sehr, aber die Realität in dem jetzt zusammengefügten Ministerium für Umwelt und Bauen sieht so aus, dass sich – auch jetzt wieder in allen Diskussionen über die Novellierung des Baugesetzbuchs usw. – die Umweltabteilungen des Bundesumwelt- und -bauministeriums durchsetzen und alle Vorschläge – alles, was an größerer Freiheit für das Bauen beabsichtigt ist, und wofür sich, wohlgemerkt, Deutscher Städtetag, Landkreistag und Deutscher Städte- und Gemeindebund einsetzen – nicht greifen, weil sie von den für die Umwelt Engagierten abgewehrt werden. Dies bedauere ich sehr.

Meine Damen und Herren, ich sage das ganz bewusst auch vor dem Hintergrund der großen Flüchtlingszahlen in unserem Land. Bei allem Respekt vor allen ökologischen Interessen, zu meinen, in der heutigen Situation könnten wir den notwendigen Wohnraum nur durch eine Verdichtung im Innenraum großer Städte realisieren, ist einfach irreal. Es werden zusätzliche Grundstücke in Anspruch genommen werden müssen, und das müssen wir auch durchsetzen.

(Beifall bei der CSU – Hans-Ulrich Pfaffmann (SPD): Das sagt doch keiner! Wer sagt denn das?)

Danke schön, Herr Minister. Bitte bleiben Sie noch. Herr Kollege Glauber hat sich zu einer Zwischenbemerkung gemeldet. – Bitte schön.

Herr Innenminister, es ist zwar nicht direkt Ihre Zuständigkeit, aber wenn Sie schon über die Grundstücke in der Verantwortung der Kommunen sprechen, wie erklären Sie sich dann, dass auf eine Schriftliche Anfrage, die ich bezüglich der staatlichen Grundstücke an die IMBY gerichtet hatte, die IMBY nicht weiß, wie viele Grundstücke dem Freistaat gehören und welche baurechtli

che Nutzung auf diesen Grundstücken liegt? In der Erbpacht und im Erbbaurecht hätten wir sehr gute Möglichkeiten, Bauland schnell zu nutzen. Die IMBY weiß aber nicht, welche bauliche Nutzung möglich ist und welche Grundstücke ihr gehören. Das ist dann schon die Verantwortung der Staatsregierung, wenn auch nicht Ihres Ministeriums. Schauen Sie nicht immer nur nach Berlin, sondern machen Sie die eigenen Hausaufgaben.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Danke schön, Herr Glauber. – Herr Staatsminister, bitte schön.

Ich kann Ihnen dazu nur sagen: Wenn ich mit der IMBY etwas zu verhandeln habe, ganz gleich, um welche Baumaßnahme aus meinem Ressort es geht, dann weiß die IMBY immer sehr genau, über welche Grundstücke wir reden.

(Hans-Ulrich Pfaffmann (SPD): Dann hat sie den Landtag nicht richtig informiert! – Zuruf des Abgeordneten Thorsten Glauber (FREIE WÄHLER))

Danke schön, Herr Staatsminister. – Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Die Aussprache ist geschlossen.

Wir kommen zur Abstimmung. Der federführende Ausschuss für Arbeit und Soziales, Jugend, Familie und Integration empfiehlt die Ablehnung des Antrags. Wer entgegen dem Ausschussvotum dem Antrag zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind die SPD-Fraktion und die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Die Gegenstimmen, bitte. – Das sind die CSU-Fraktion und die Fraktion der FREIEN WÄHLER. Damit ist dieser Antrag abgelehnt.

Kolleginnen und Kollegen, es ist jetzt 13.15 Uhr. Wir machen jetzt eine halbe Stunde, also bis 13.45 Uhr, Mittagspause. Danach fahren wir mit den Dringlichkeitsanträgen fort.

(Unterbrechung von 13.15 bis 13.46 Uhr)

Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Wir setzen die unterbrochene Sitzung fort.

Wir kommen zum Tagesordnungspunkt 8:

Beratung der zum Plenum eingereichten Dringlichkeitsanträge

Ich rufe auf:

Dringlichkeitsantrag der Abgeordneten Hubert Aiwanger, Florian Streibl, Thorsten Glauber u. a. und Fraktion (FREIE WÄHLER) Straßenbauarbeiten beschleunigen - BaustellenChaos auf Bayerns Autobahnen beenden (Drs. 17/12333)

Ich eröffne die Aussprache. Erster Redner ist der Kollege Glauber von den FREIEN WÄHLERN. Bitte schön, Herr Kollege.

(Zuruf des Abgeordneten Hans-Ulrich Pfaffmann (SPD))

– Das ist jetzt nicht mein Thema, lieber Kollege. Das bearbeiten andere Kollegen in meiner Fraktion.

Herr Präsident, wertes Präsidium, Kolleginnen und Kollegen!

(Hans-Ulrich Pfaffmann (SPD): Dann lass uns doch gleich abstimmen!)

Abstimmen, ja?

Herr Glauber, lassen Sie sich von diesem Zwischenruf der Opposition nicht stören.

Wenn Sie in Ihrer Fraktion sich auch daran halten, dann stimmen wir schnell ab. Ich wäre auch dafür.

(Hans-Ulrich Pfaffmann (SPD): Wir verzichten halt aufs Reden! – Zurufe von der CSU – Unruhe – Glocke des Präsidenten)

Kolleginnen und Kollegen! Lassen Sie mich zu unserem Antrag Folgendes ausführen. Stauland Bayern – ich lese Ihnen vor, wo wir Staus in Bayern vorfinden: auf der A 3 Passau – Nürnberg – Würzburg – Frankfurt; auf der A 6 Heilbronn – Nürnberg, auf der A 7 Füssen – Ulm – Würzburg – Kassel. Auf der A 8 Stuttgart – München – Salzburg, auf der A 9 München – Nürnberg – Berlin, auf der A 45 bei Aschaffenburg, auf der A 93 bei Kufstein, auf der A 95 zwischen München und Garmisch, auf der A 96 zwischen Lindau und München und auf der A 99 auf der Umfahrung.

(Unruhe – Glocke des Präsidenten)

Kolleginnen und Kollegen, fahren Sie einmal mit mir quer durch Bayern. Beginnen wir auf der A 3 und enden wir auf der A 8, dann haben wir zusammenhängend momentan in Bayern 80 km Baustelle mit den einhergehenden Problemen, die Sie alle kennen. Nach der letzten ADAC-Studie sind in Bayern 50 % aller bundesweiten Staus, die länger als 10 km sind.

Warum hat meine Fraktion dieses Thema auf die Tagesordnung gebracht? –

(Hans-Ulrich Pfaffmann (SPD): Jetzt bin ich aber gespannt!)

Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen, werden in den nächsten Tagen Ihre eigenen Erfahrungen machen können.

(Hans-Ulrich Pfaffmann (SPD): Ständig zwischen Nürnberg!)

Diese Woche konnten schon zwei Besuchergruppen den Landtag nicht besuchen, weil die Staus so lang waren, dass die Busse umgedreht sind.

(Inge Aures (SPD): Genau!)

Wir hatten in unserer Fraktion in der vergangenen Woche eine Veranstaltung zur Volksmusik. Unsere Reisezeit von Franken hierher betrug rund viereinhalb Stunden. Immerhin hat Ihr Kollege Verkehrsminister von der CSU das Problem ein Stück weit erkannt und den Ländern die Möglichkeit gegeben, nachzusteuern. Davon haben Ihre Fraktion und auch Ihr Innenminister bisher keinen Gebrauch gemacht. Wir FREIE WÄHLER wollen, dass die Bauarbeiten an diesen Baustellen entlang der Autobahnen deutlich beschleunigt werden. Wir wollen, dass die Umleitungsstrecken explizit freigehalten werden, und schließlich fordern wir in unserem Antrag ein streng überwachtes Samstags- und Sonn- und Feiertagsfahrverbot für Lkw.

Die Ursachen dieses Problems reichen weit zurück. Es resultiert aus der Tatsache, dass die Baumaßnahmen nur nach Haushaltslage vorangetrieben werden. Momentan steht zwar sehr viel Geld zur Verfügung, aber die Arbeiten wurden über Jahre hinweg nicht in Angriff genommen. Dadurch entstand ein Substanzverzehr. Im Wirtschaftsausschuss, dessen Vorsitzender im Augenblick hier sitzt, wurden unsere Forderungen immer abgelehnt. Neben der überjährigen Finanzierung wollten wir keine Finanzierung nach Haushaltslage, sondern wir wollten eine Fondslösung, in der die finanziellen Mittel verstetigt sind.

Sie haben in der Großen Koalition auf Bundesebene dieses Problem erkannt und fordern eine deutschlandweite Straßenbaugesellschaft. Wir von den FREIEN WÄHLERN vertreten die Auffassung, dass sich in den letzten Jahren die Auftragsverwaltung in unseren Autobahndirektionen bewährt hat. Das heißt, wir wollen den Autobahndirektionen die Verantwortung nicht nehmen, aber wir lehnen die Durchführung von Baumaßnahmen nach Haushaltslage ab. Sie haben die Notwendigkeit einer Verstetigung der Mittel ebenfalls erkannt. Unseren Bürgerinnen und Bürgern ist nicht

länger zuzumuten, dass sie in der Sommerferienzeit auf den Autobahnen nicht fahren können, sondern im Stau stehen.