Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich eröffne die 80. Vollsitzung des Bayerischen Landtags. Presse, Funk und Fernsehen sowie Fotografen haben um Aufnahmegenehmigung gebeten. Die Genehmigung wurde wie immer erteilt.
Verehrte Kolleginnen und Kollegen, ich möchte aus Anlass der schrecklichen Ereignisse der letzten Tage eine Erklärung abgeben. Gestern Abend wurden bei einem bewaffneten Angriff bei Würzburg mehrere Menschen zum Teil schwer verletzt, einige schweben in Lebensgefahr. Der Täter attackierte Reisende in einem Regionalzug sowie bei seiner Flucht eine weitere Frau. Die genauen Hintergründe der Tat sind derzeit noch unklar; die Ermittlungen der Behörden laufen auf Hochtouren. Wir sind entsetzt über diese schreckliche Gewalttat. Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich sage Ihnen ganz offen: Bisher war Derartiges für mich weit entfernt, und jetzt ist es plötzlich ganz nah geworden.
Unser Dank gilt den Einsatzkräften, die rasch und entschlossen zu Hilfe gekommen sind und Schlimmeres verhindert haben. Den Verletzten wünschen wir an dieser Stelle von Herzen alles, alles Gute, vor allen Dingen den Schwerstverletzten, die noch um ihr Leben kämpfen. Wir hoffen und wünschen mit ihren Angehörigen und ihren Lieben, dass sie es packen und überstehen. Wir wissen, dass alle ärztliche und pflegerische Kunst in diesen Stunden im Einsatz ist. Gottes Segen soll uns dabei begleiten.
Auch die weltpolitischen Ereignisse der vergangenen Tage haben uns alle sehr erschüttert. Die Entwicklungen in der Türkei sind Anlass zu großer Sorge, und natürlich stehen wir noch unter dem Eindruck der entsetzlichen Bilder des Anschlags von Nizza, bei dem erneut so viele unschuldige Menschen in den Tod gerissen wurden. Unsere Gedanken sind bei den Opfern, den vielen Toten und Verletzten und ihren Angehörigen.
Verehrte Kolleginnen und Kollegen, unsere klare Botschaft lautet: Der Hass wird nicht siegen. Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit wurden angegriffen; aber dies sind die Werte, auf die wir weiterhin gemeinsam vertrauen können und auf die wir bauen. Wir stellen der Gewalt Demokratie und Rechtsstaatlichkeit entgegen, und wir hoffen gemeinsam, dass dies auch für die weitere Entwicklung in der Türkei gilt.
Verehrte Kolleginnen und Kollegen, ich habe mir sehr viele Gedanken gemacht, wie wir unseren heutigen Abend begehen. Nach vielen Gesprächen bin ich zu dem Entschluss gekommen, den Sommerempfang
heute in Schleißheim doch so durchzuführen, wie wir ihn geplant haben. Heute Abend sind viele Menschen da, die Sie eingeladen haben und die so viel Gutes und so viel Wichtiges in unserer Gesellschaft tun. Unter ihnen sind auch viele Menschen, die vor allen Dingen in den letzten Wochen und Monaten Familien, Schwerstverletzten und ihren Angehörigen sowie denen, die um Tote getrauert haben, zur Seite gestanden haben. Ich glaube, wir sind uns alle einig, dass wir diesen Menschen unsere Wertschätzung entgegenbringen wollen und dass sie es verdient haben, heute Abend bei uns zu sein. Sie werden heute stellvertretend für viele, viele in Bayern anwesend sein. Ich gehe davon aus, dass Sie mit mir darin übereinstimmen, dass der Weg, den wir heute Abend gehen werden, richtig ist. – Ich danke Ihnen ganz herzlich.
Ich darf noch einen herzlichen Gruß nach oben richten; mittlerweile sind die ersten Gäste da. Ich darf auf der Ehrentribüne ganz herzlich Frau Britta Stark, die Präsidentin des Landtags Brandenburg, begrüßen. Seien Sie uns ganz herzlich willkommen. Wir freuen uns, dass Sie da sind.
Bevor wir in die Tagesordnung eintreten, möchte ich nun noch einen Glückwunsch aussprechen. Wir gratulieren dem Kollegen Ernst Weidenbusch, der heute seinen Geburtstag feiert. Einen herzlichen Glückwunsch, alles Gute und Gesundheit!
Aktuelle Stunde gem. § 65 BayLTGeschO auf Vorschlag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN "Riedberger Horn: Die Schönheit Bayerns bewahren. Für einen glaubwürdigen Alpenschutz entscheiden."
Ich erteile als Erstem Herrn Kollegen Thomas Gehring für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN das Wort. Bitte schön, Herr Kollege.
Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich stehe öfter auf dem Gipfel des Riedberger Horns. Es befindet sich in "meinem" Tal, gehört also zu "meinen" Bergen. Das Riedberger Horn ist immer eine schöne Bergtour; ich kann sie Ihnen allen empfehlen, zu jeder Jahreszeit. Wenn ich dort oben stehe, will ich eigentlich gar nicht mehr weg. Ich stehe dort und schaue bis in die Alpen. Die Aussicht ist wunderbar. Ich sehe hinüber zur Schesaplana, zum Gottesackerplateau und ins Alpenvorland
Richtung Bodensee. Ich sage Ihnen, die Aussicht ist beeindruckend. Obwohl man dort oben selten ganz allein ist, kommt man zur Ruhe. Dann denke ich mir: Bei uns ist es doch eigentlich schon ganz schön – und das ist gut so.
Aber, liebe Kolleginnen und Kollegen, nichts ist gut. Mit der Ruhe ist es vorbei – mit meiner Ruhe heute und auch mit der Ruhe am Riedberger Horn. Mit dem Bau einer Bergbahn und einer Piste am Riedberger Horn würde die Ruhezone, die Schutzzone C des Alpenplans verletzt. Mit der Ruhe dort oben wäre es dann vorbei. Doch der bayerische Landesentwicklungsplan schließt den Bau von Bergbahnen dort eigentlich aus.
Doch, liebe Kolleginnen und Kollegen, was ist heute aus dem Kabinett gekommen? Ist das eine Politposse? Ist das ein Skandal? – Auf jeden Fall ist es ein schwarzer Tag für unsere Berge und für unsere Heimat.
Stichwort Politposse: Was soll das denn sonst sein? – Da heißt es, jetzt solle in zwei Gemeinden ein Bürgerentscheid kommen, in Obermaiselstein und in Balderschwang. Damit soll dann Landesrecht und internationales Völkerrecht ausgehebelt werden? Wo sind wir denn eigentlich, liebe Kolleginnen und Kollegen?
Hier geht es um verbindliche Regeln, hier geht es um Vertrauen. Hier geht es nicht um eine unverbindliche Empfehlung, die einfach missachtet werden kann. Hier geht es um Zuständigkeiten. Zuständig dafür, den Landesentwicklungsplan umzusetzen und diesen Antrag abzulehnen, ist die Landesebene. Missbrauchen Sie hier nicht die kommunale Ebene und die Menschen vor Ort.
Die Rechtslage ist eindeutig. Wir sprechen hier von der Alpenkonvention, vom Naturschutzprotokoll. Sie fordern, dass Ruhezonen ausgewiesen werden. Bayern und der Bund haben damals angegeben, dass die Alpenplan-Schutzzone C eine Ruhezone ist. Dort ist kein Eingriff, dort ist kein Bergbahnprojekt möglich. Unsere Tiroler Kollegen haben das respektiert und haben die Skischaukel am Kalkkögel nicht gebaut, weil das gegen internationales Recht verstoßen würde. Das ist auch durch Gutachten ganz klar belegt worden.
Sie würden mit einem Bau gegen internationales Recht verstoßen. Damit ist dieses Projekt nicht möglich.
Zum Zweiten macht die Alpenkonvention klar, dass in labilen Gebieten, wo Erosion droht, keine Pisten gebaut und planiert werden dürfen. Das Landesamt für Umwelt hat ganz deutlich gemacht, dass es am Riedberger Horn Richtung Balderschwang um ein labiles Gebiet geht. Dort wird es Erosion geben, wenn gebaut wird.
Der Ministerpräsident hat letzte Woche gesagt, man könne ja eine Buckelpiste anlegen. Liebe Kolleginnen und Kollegen, offensichtlich war er schon länger nicht mehr beim Skifahren. Ich finde Buckelpisten ja ganz gut, aber Skifahren heißt heutzutage: planieren, trassieren, Bagger, künstlicher Schnee und Beschneiungsteiche. Das heißt Skifahren heute, und das würde die Erosion dort befördern. Deswegen ist dieses Projekt nach der Alpenkonvention nicht möglich und nicht machbar.
Jetzt kommt der nächste Vorschlag, die Alpenplan-Zone C einfach in Richtung Wannenkopf – das ist der nächste Berg – zu verschieben. Dazu muss man sagen: Das ist ein absurder Vorschlag. Wenn der Wannenkopf fachlich in die Alpenschutzzone gehört, muss er aufgenommen werden. Außerdem ist ein großer Teil dieses Gebiets schon in dieser Alpenschutzzone.
Dann muss man schon sagen: Diese Idee ist ein alter Hut. Dieser Hut ist so alt, dass er schon dreimal aufgefressen worden ist. Die Idee ist schon vor über zehn Jahren in den Kommunen präsentiert worden, und die Kommunen Bolsterlang und Blaichach haben diesen Vorschlag damals abgelehnt. Wollen Sie jetzt auch die Bürgerinnen und Bürger in Bolsterlang und Blaichach fragen? Wollen Sie sie fragen: Wollt ihr das Schutzgebiet, das die Balderschwanger nicht mehr haben, und ihr verzichtet dann auf eure Liftprojekte?
Liebe Kolleginnen und Kollegen, was Sie da tun, schürt höchstens den Unfrieden in den Dörfern rund ums Riedberger Horn, führt aber zu keiner Lösung. Das ist absurd. Es ist tatsächlich eine Politposse, was Sie da vorhaben.
Das Projekt greift in geschützte Biotope und FFH-Gebiete ein und verstößt damit auch gegen EU-Recht. Es ist eine Verletzung des Vogelschutzes. Wir haben dort Birkhühner – eine Vogelart, die in Deutschland stark gefährdet ist. Allein in den Alpen hat sich der Bestand in den letzten Jahren halbiert. Birkhühner sind besonders geschützt. Wenn das ein Vogelschutzgebiet ist – was es faktisch ist –, bekommen wir Probleme mit dem EU-Recht. Sie können dieses Projekt dann nicht umsetzen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, wenn es jetzt heißt, die Bürgerinnen und Bürger von Obermaiselstein und Balderschwang könnten entscheiden, dann ist das doch eine Farce. Natürlich haben beide Gemeinderäte einstimmig den Antrag an das Land gestellt, den Landesentwicklungsplan zu öffnen, ein Zielabweichungsverfahren durchzuführen. Aber es ist doch Aufgabe des Landes zu entscheiden, ob die Kriterien erfüllt sind oder nicht. Das ist nicht Aufgabe der Bürgerinnen und Bürger vor Ort.
Die Bürgerinnen und Bürger von Obermaiselstein und Balderschwang werden sich am Ende des Tages von Ihnen missbraucht fühlen; das sage ich Ihnen.
Was die Menschen vor Ort meinen, kann ich Ihnen sagen. Die Meinungen sind tatsächlich geteilt. Die Leute klingeln bei mir an der Haustür und sagen: Du, ich muss mit dir mal übers Riedberger Horn reden. – Da gibt es Befürworter, aber es sind auch immer mehr Leute dabei, die dagegen sind. Die fangen dann an und sagen als Erstes: Ich bin jetzt gewiss kein Grüner, aber dahinten ein solches Projekt zu machen, das geht überhaupt nicht. Das sind Älpler, das sind Landwirte, das sind Leute aus dem Forst, und das sind Jäger. Die sagen: Ich beachte die Naturschutzauflagen, aber der Staat missachtet sie. Was hat denn mein Naturschutz für einen Wert? Warum soll ich mich daran noch halten? – Die Glaubwürdigkeit, die Sie hier bei den Menschen verlieren, können Sie nicht wiederherstellen. Der Glaubwürdigkeitsschaden, den Sie bei den Menschen vor Ort anrichten, ist immens hoch.
Ist diese Bergbahn, ist diese Skischaukel das tatsächlich wert? "Skischaukel" ist ein schönes Wort. Der Ministerpräsident wird, wenn er dem Beispiel der Trassen folgt, von Monsterskitrassen reden. Aber sei‘s drum.
Auf jeden Fall: Das ist es nicht wert. Es wird Klagen geben. Es wird Gerichtsverfahren geben. Der Himmel hängt voller Klagen, wenn dieses Projekt kommt. Es wird Jahre dauern, bis das entschieden ist. Den Menschen ist damit nicht gedient.
Das Riedberger Horn ist natürlich ein Präzedenzfall, und das Projekt ist ein Sündenfall, den Sie nicht ungeschehen machen können. Machen wir uns doch nichts vor: Die Pläne für weitere Projekte in den Schutzgebieten liegen in den Schubladen. Es sind Pläne für Skischaukeln, für große Events und für Hotelburgen. Sie werden das nicht mehr abwenden können. Aber wir wollen keinen Ballermann hier im Alpenland. Das kann ich Ihnen sagen.
Es liegt an uns, das zu verhindern, und dieses Haus ist dafür verantwortlich. Eigentlich ist die Lage bei der Bayerischen Staatsregierung klar: Das Umweltministerium hat eine klare Stellungnahme abgegeben, eins a und fachlich begründet. Auch das Landwirtschaftsministerium hat sich dagegen entschieden. Die Entscheidung kann nur im Einvernehmen getroffen werden. Aber wir haben einen Heimatminister Söder, der keine Haltung zur Heimat hat. Er hat keine Haltung zu dieser schützenswerten Heimat, ihm ist der Schutz der Heimat egal. Deswegen kann er sich nicht entscheiden. Er kann sich nicht entscheiden, diesen Antrag abzulehnen. Er hat es einfach nicht im Kreuz.
Die Heimat braucht diesen Schutz. Die Antwort auf dieses Projekt kann nur ein klares Nein sein. Auch die Befürworter warten jetzt auf die Entscheidung. Ein Nein würde auch bei den Gemeinden für Klarheit sorgen. Wenn das Nein kommt, wird Grasgehren die Lifte erneuern, und Balderschwang wird den Weg des naturgerechten Tourismus weitergehen. Wir unterstützen die Gemeinden dabei. Ich hoffe, auch Sie werden sie dabei unterstützen.
Diejenigen, die den Ärger und letztendlich die Probleme haben werden, sind die Vertreter der Allgäuer CSU. Die Allgäuer CSU hat die Betreiber immer wieder in das Projekt hineingetrieben. Sie hat gesagt: Macht das, finanziert ruhig teure Gutachten. Wir werden das in München irgendwie durchbringen. – Liebe Kolleginnen und Kollegen, von diesem Trip müssen Sie herunterkommen, Sie werden das Projekt nicht durchbringen. Aber Sie werden den Schaden haben, und Sie sind für den Schaden, der angerichtet worden