Protokoll der Sitzung vom 13.10.2016

Wenn man so wie Sie die Schulden ohne die Schulden der Landesbank berechnet – Sie rechnen die Schulden der Landesbank gar nicht mit ein – und in Ihrem Tempo tilgt, sind wir trotzdem erst im Jahr 2054, nicht im Jahr 2030 so weit.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Wenn man die Schulden der Landesbank mit hineinrechnet – das wäre, glaube ich, ziemlich legitim –,

dann sind wir bei diesem Tempo im Jahr 2072. Also wird es nichts mit der Schuldentilgung bis 2030.

Wenn man schon Ihren Plan verfolgt, müssten Sie wenigstens die Zinsen, die durch diese Schuldentilgung frei werden, in die Pensionsrücklage stecken, anstatt auch die noch einfach im Haushalt verschwinden zu lassen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Unser Haushaltsentwurf will den kommenden Generationen einfach Gestaltungsspielraum lassen, Stichwort Generationengerechtigkeit; denn unseren Kindern einen Staatshaushalt mit dieser Unterfinanzierung für die Zahlung der Pensionen zu hinterlassen, ist einfach nur verantwortungslos.

Sehr geehrte Staatsregierung, wenn wir jetzt die Schulden und das Minus in der Pensionsrücklage nehmen, dann sind wir exakt bei dem Schuldenstand, den wir hatten, als Sie angefangen haben zu tilgen, nämlich bei 32 Milliarden Euro. Und sorry: Dafür wollen Sie sich doch nicht ernsthaft feiern lassen, wenn Sie doch beim gleichen Schuldenstand sind wie damals, als Sie angefangen haben zu tilgen, oder? – Also, Ihr Entwurf zum Staatshaushalt 2017/2018 heißt in Kurzform: volle Kassen, aber keinerlei Wille zu gestalten.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Gleichzeitig erleben wir ein Phänomen beim Finanzminister, das wir auch heute wieder gesehen haben, seine Vorgehensweise: einfach mal populistisch platt draufhauen, ohne zu schauen, was die Folgen sind. Wir kennen schon die Schelte auf Mario Draghi, den Chef der Europäischen Zentralbank, die es auch heute wieder gegeben hat: heftig draufhauen; er geht ans Sparbuch der armen Frau, er geht an das Konstrukt der Sparkassen. – Das mag ja alles stimmen, aber gleichzeitig verschweigt der Finanzminister, dass er von genau dieser Zinspolitik profitiert, und zwar nicht wenig.

(Peter Winter (CSU): Was soll denn das? – Hans Herold (CSU): Keine Ahnung, die Frau!)

Das heißt: Im Jahr 2008 hatten wir Zinsausgaben in Höhe von 930 Millionen Euro; am Ende dieses Doppelhaushaltes, im Jahr 2018, sind wir bei 370 Millionen. Genau diese Zinsersparnis aufgrund der absolut schlimmen, immer wieder gescholtenen Politik von Mario Draghi verschwindet einfach so im Haushalt. Trotzdem kann die CSU ihren Haushaltsentwurf nur mit einem kräftigen Griff in die Haushaltsrücklage von mehr als einer Milliarde Euro finanzieren. So viel will die CSU vom Sparbuch Bayerns abheben. Dass Mi

nisterpräsident Seehofer zur gleichen Zeit die größte Steuersenkung aller Zeiten verspricht, lieber Peter Winter, ist genauso wenig seriös wie ein Steuerkonzept der FREIEN WÄHLER.

(Beifall bei den GRÜNEN – Bernhard Pohl (FREIE WÄHLER): Wir haben eben ein anderes Weltbild als Sie!)

Es zeigt, wie wenig faktenorientiert die CSU daherredet. Doch, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, eines kann ich Ihnen versprechen: Es bleibt nicht bei diesem Haushaltsentwurf. Ich habe zwar erst ein Wahljahr hier in diesem Hohen Haus erleben dürfen, aber ich kann Ihnen versprechen: Im Wahljahr wird der Nachtragshaushalt nochmal massiv und kräftig ansteigen,

(Peter Winter (CSU): Ja, wenn es notwendig ist!)

weil landauf, landab die Wahlgeschenke verteilt werden müssen. An dieser Stelle sage ich: Hören Sie endlich damit auf, Bedürftige gegen Bedürftige auszuspielen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Ich möchte noch einmal daran erinnern: Der Nachtragshaushalt für das Wahljahr 2013 ist um 7 % gestiegen – 7 %! 2013 war das, lange, bevor die vielen Geflüchteten bei uns angekommen sind. Hören Sie auf, die Rentnerin gegen einen minderjährigen Geflüchteten auszuspielen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Wenn Sie etwas für die arme Rentnerin tun wollen, dann schaffen Sie mit uns gemeinsam das Ehegattensplitting ab, am besten morgen mit Bestandsschutz. Da sind wir dabei.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Also: Obwohl dieser Haushalt bereits jetzt in den Ausgaben wahllos ansteigt, bleiben weitere und wirklich wichtige zukunftsweisende Projekte wie Energiewende und Klimaschutz massiv unterfinanziert. Ideenlosigkeit in Schwarz. Dem Haushalt fehlt eine Ausrichtung in die Zukunft. Wo ist denn Ihre Energiewende? – Tatsächlich – schade, Frau Aigner ist jetzt nicht da – gibt es mehr Beamte im Ministerium. Das ist doch lächerlich. Wir wissen, wie Energiewende geht. Sie müssen sie umsetzen. Wir brauchen keine Beamten im Ministerium, um die Energiewende umzusetzen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Gleichzeitig werden Investitionen in Energiewende und Klimaschutz sträflich vernachlässigt. Wo ist denn

die dringend notwendige Förderung ökologischer Landwirtschaft? – Die Nachfrage nach Bioprodukten steigt jedes Jahr. Das wissen wir alle. Bayern schafft es nicht mal, die Nachfrage nach Biomilch zu decken. Bei konventioneller Milch haben wir eine Überproduktion von 170 %. Was machen Sie in Ihrem Haushaltsentwurf? – Nichts, null Komma null. Hier wollen wir von der konventionellen Landwirtschaft in die Biolandwirtschaft umschichten, auch bei der Vermarktung. Wir setzen nicht auf den massenhaften Export konventioneller Produkte. Wir wollen mehr Bio für Bayern.

(Peter Winter (CSU): Mehr Biobier!)

Die Nachfrage ist in Bayern da.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Wie wollen Sie Verkehrsprobleme in den bayerischen Ballungszentren lösen, etwa mit einem einzigen Projekt, nämlich der Stammstrecke in München, mit dem zweiten Tunnel? Und wie wollen Sie dann irgendwo im Land noch etwas finanzieren? Es ist völlig unsinnig, so an die Verkehrsprobleme in der Fläche heranzugehen, sie etwa mit einer dritten Startbahn für München zu lösen oder mit der Förderung des Nahluftverkehrs, die immer noch im Haushalt steht. Auch diese muss gestrichen werden. Natürlich brauchen wir mehr Geld für den öffentlichen Nahverkehr, für Investitionen in der Fläche, genau da brauchen wir es, um gleichwertige Verhältnisse in Bayern schaffen zu können. Der Radverkehr muss viel mehr gefördert werden.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Das sind zwei wichtige Punkte, die einfach mal im Haushalt umgesetzt werden müssen.

Wo ist Ihre Offensive für den Wohnungsbau? – Das ist wirklich eines der drängendsten Probleme. Sie haben es zumindest jahrelang, man kann schon fast sagen: über Jahrzehnte, verschlafen und gehen es jetzt leider wieder nur halbherzig an. Der Bund stellt für den sozialen Wohnungsbau zusätzlich pro Jahr knapp 200 Millionen Euro zur Verfügung. Was machen Sie? – Sie kürzen die Landesmittel von rund 154 Millionen Euro auf gut 80 Millionen Euro und untergraben damit das Ziel, ausreichend bezahlbaren Wohnraum in Bayern zu schaffen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Aber bei dem Thema Wohnen sind Sie wahrscheinlich zurzeit recht empfindlich; das würde ich auch verstehen. Erzählen wir die Geschichte doch mal von Anfang an – kurz; denn nachher kommt noch unser Dringlichkeitsantrag dazu. Aber weil Sie bei der Lan

desbank ein totales Desaster herbeiführen, muss man angeblich – das ist noch als "angeblich" zu sehen – die quasi staatseigenen Wohnungen verkaufen, die GBW. Aber wie Sie das handhaben, Herr Finanzminister, Sie als jemand, der sehr interessiert an soliden Einnahmen für unser Land sein müsste, wie Sie das so handeln, wenn internationale Konzerne oder ein Konsortium wie im Fall der GBW auf Steuervermeidung aus sind, ist auf jeden Fall erklärungsbedürftig. Bei Apple haben Sie schon öffentlich bekundet, dass Sie vollstes Verständnis für diese Haltung haben. Aber dann wären Sie als Finanzminister völlig fehl am Platz. Sie sind nicht Sprecher von Wirtschaftsunternehmen, sondern Sie müssen zusehen, dass ein jeder und eine jede seine bzw. ihre Steuern anständig zahlt. Damit würden Sie für Gerechtigkeit sorgen.

Beim Thema Steuergerechtigkeit gibt es – ich gebe es zu – auch etwas Positives: Sie haben endlich befolgt, was die Oppositionsfraktionen jahrein, jahraus, tagein, tagaus gesagt haben, und endlich mehr Anwärterstellen im Bereich der Finanzverwaltung ausgebracht. Es wurde aber auch Zeit. Wir haben heute schon gehört, dass es auch mehr Polizisten gibt. Ja, jetzt sind wir bei dem Stand, den wir hatten, bevor Stoiber den Sparkurs eingeschlagen und den ganz großen Rotstift angesetzt hat. Jetzt sind wir erst wieder bei dem, was damals eingespart wurde. Jetzt haben wir wieder mehr Lehrkräfte. Alles richtig, aber warum erst jetzt? – Vor allem frage ich mich: Kann sich noch jemand daran erinnern, wie es war, als Ministerpräsident Seehofer 2013 seine erste Regierungserklärung in dieser Legislaturperiode abgegeben hat? Hier war er gestanden – dort oben saß der Chef des Beamtenbundes – und hat fast schon drohend nach oben gesagt: Lieber Herr Habermann, in dieser Legislaturperiode wird es keine einzige neue Stelle geben. Kann sich daran noch jemand erinnern? Ich kann mich daran noch ziemlich gut erinnern, und ich habe auch gesehen, wie Herr Habermann, der Chef des Beamtenbundes, reagiert hat. Aber so war es nicht, und es ist auch gut, dass es nicht so war, weil wir die Stellen brauchen. Aber dann müssen Sie endlich auch richtig für die Beamtenpensionen vorsorgen.

Was wir vor allem nicht brauchen, sind 700 zusätzliche Stellen, damit ein selbsternannter Heimatminister seinen Plan durchbringen kann, Teilbehörden irgendwohin ins Land zu bringen. Fakt ist: Die Beamtinnen und Beamten wollen nicht dorthin ziehen, und Sie müssen 700 Stellen zusätzlich schaffen, damit dieser Plan umgesetzt werden kann. Das ist ein Armutszeugnis.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Wir schichten natürlich auch diese Stellen zu etwas Sinnvollem um. Es ist wirklich erschreckend, dass Sie mit so viel Geld so wenig anfangen können.

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, jetzt spreche ich noch einen Punkt an, bei dem gerade die Sozialpolitikerinnen und -politiker unter Ihnen, wie ich finde, eigentlich nur peinlich berührt sein können. Wir sprechen von einem Haushaltsvolumen von 58 Milliarden Euro; 58 Milliarden Euro enthält der Haushalt 2017. Aber Sie schaffen es nicht, die Kürzungen im Landesbehindertenplan – er betrifft ältere Menschen mit Behinderung –, die es einmal gab, auszugleichen. Wir sprechen bei 58 Milliarden Euro von 3 Millionen Euro, die Sie immer noch nicht aufbringen wollen. Ich finde, das muss Ihnen unangenehm sein; etwas anderes kann ich mir nicht vorstellen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Wir strukturieren den Haushalt um, zum Beispiel bei dem Unsinn weiterer Transferleistungen wie des Betreuungsgeldes. Da wird Geld dafür ausgegeben, dass jemand eine öffentliche Einrichtung nicht in Anspruch nimmt. Wenn jemand nicht in die Oper geht, geben wir ihm in Zukunft auch Geld dafür, dass er nicht in die Oper geht. Wir schichten dieses Geld um und stecken es in die frühkindliche Bildung.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Hohe Ausgaben für neue Staatsstraßen und Subventionen für Unternehmen schichten wir zugunsten des Klimaschutzes um. Wir investieren ordentlich in solide Kommunalfinanzen und in Bildung. Wir schichten mit unserem grünen Entwurf um, auch wenn wir uns damit nicht bei jedem und jeder lieb Kind machen können und auch wenn Sie dann nicht einen eigenen Wahlkampf als Ministerpräsidentenkandidat führen können. Aber es ist auch nicht Aufgabe der Politik, überall lieb Kind zu sein, sondern unsere Aufgabe ist es, zu gestalten und Rahmenbedingungen zu schaffen. Deswegen schichten wir das Geld um.

Wir schichten das Geld von den Transferleistungen um und stecken es in bessere Qualität im vorschulischen Bereich. Alle Studien zeigen, dass genau das der richtige Weg ist. Ich finde, Sie sollten endlich das Gleiche tun und nicht immer nur mangelnden Integrationswillen beschwören. Wir setzen in unserem Entwurf auf mehr Qualität und bessere Betreuung. Unser Haushaltsentwurf setzt auf Generationengerechtigkeit. Statt auf PR-mäßige Schuldentilgung mit falschen Versprechen und falschen Zahlen zahlen wir in den Pensionsfonds, wie es das alte Gesetz vorgesehen hat. Wir setzen auf Nachhaltigkeit, und wir investieren ordentlich in die Energiewende. Da müssen wir den Kommunen unter die Arme greifen. Deswegen

gibt es mehrere Sonderprojekte, -titel und -ideen. Wir sagen: Ihr Kommunen müsst jetzt wirklich Geld in die Hand nehmen, um eure Gebäude zu sanieren. Aber zusätzlich gibt es einen höheren Anteil am Steuerverbund für die Kommunen, langfristig 15 %. Wir setzen auf ein partnerschaftliches Miteinander mit den Kommunen und legen ihnen keine goldenen Zügel an.

Wir setzen auch auf unsere Kinder. Geld fließt sowohl in die Vorschule und eine bessere Schulversorgung als auch in ein besseres Angebot an Schulpsychologen und eine Extremismusprävention. Dafür haben Sie fast keine Landesmittel vorgesehen, sondern geben einfach nur das weiter, was der Bund zahlt. Wir setzen auf Mobilität abseits vom Auto, auf öffentlichen Nahverkehr und auf Radwege.

Ich fasse zusammen: Mit unserem Haushaltsentwurf denken wir an die Kinder von heute, die Erwachsenen von morgen, weil wir ihnen mit genug Vorsorge für den Bauunterhalt und die Beamten keinen riesigen Berg an verdeckter Verschuldung überlassen. Unser Haushaltsentwurf ist gegengerechnet, nachhaltig und generationengerecht.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Danke schön. – Nächster Redner ist der Kollege Mistol.