Vielen Dank, Frau Kollegin Osgyan. – Damit ist die Aussprache geschlossen. Ich schlage vor, den Gesetzentwurf dem Ausschuss für Wissenschaft und Kunst als federführendem Ausschuss zu überweisen. Besteht damit Einverständnis? – Dann ist das so beschlossen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, es geht auf 19 Uhr zu. Wir müssten aber den nächsten Tagesordnungspunkt noch behandeln, und das kann vielleicht ein wenig über 19 Uhr hinausgehen. Die Geschäftsordnung lässt das zu. Der Punkt ist wichtig; wir können ihn nicht noch weiter schieben.
Gesetzentwurf der Staatsregierung zur Errichtung einer Vereinigung der bayerischen Pflege (Drs. 17/13226) - Erste Lesung
Werter Herr Präsident, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich freue mich, dass wir den Gesetzentwurf hier im Hohen Hause heute noch einbringen dürfen. Pflegekräfte in Bayern müssen ihre Belange besser vertreten können, weil Pflegekräfte bei uns wirklich unwahrscheinlich viel leisten. Es ist notwendig, dass sie ein besseres Gehör in Gesellschaft und Politik finden können.
Die Frage, welcher Weg dafür der richtige ist, beschäftigt uns schon seit Jahren und hat auch dieses Hohe Haus in Form von Petitionen und Anträgen schon mehrfach beschäftigt. Der Gesetzentwurf zur Errichtung einer Vereinigung der bayerischen Pflege ist das Ergebnis einer mehrjährigen intensiven Diskussion mit allen Beteiligten, auch mit den Befürwortern einer klassischen Pflegekammer.
In meiner Verantwortung als Pflegeministerin ist seit 2014 an einem Runden Tisch mit Arbeitsgruppensitzungen, in vielen Einzelgesprächen und nicht zuletzt in der Gründungskonferenz, die uns beim Gesetzentwurf beraten hat, so einiges auf den Weg gebracht worden. Bei dieser Gründungskonferenz ist schließlich der Gesetzentwurf, so wie ich ihn heute einbringe, entstanden. Zu dieser Gründungskonferenz waren auch klassische Pflegekammerbefürworter eingeladen; sie haben daran teilgenommen. Während des gesamten Prozesses war es mir immer wichtig, im Gespräch mit allen Beteiligten zu bleiben, deren Argumente zu hören und zu überlegen, was davon umgesetzt werden kann.
Ausgangspunkt unserer Überlegungen war eine repräsentative Befragung der Pflegekräfte. Drei Jahre lang ausgebildete Pflegekräfte in allen Arten von Pflegeeinrichtungen, in allen Regionen Bayerns konnten sich daran beteiligen, und sie haben sich auch beteiligt. 50 % der Pflegekräfte waren dafür, in Bayern eine Pflegekammer einzurichten; zugleich lehnten in einer weiteren Frage 48 % eine Pflegekammer aufgrund einer Pflichtmitgliedschaft ab. 51 % der Befragten lehnten einen Zwangsmitgliedsbeitrag ab. Als Ergebnis war insoweit klar, dass sich die bayerischen Pflegekräfte eine Interessenvertretung wünschen, aber ohne Pflichtmitgliedschaft und ohne Beitragspflicht, so wie es in einer klassischen Kammer der Fall wäre.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, dieses Votum haben wir aufgegriffen und ein Alternativmodell dazu entwickelt, nämlich eine Interessenvertretung in Form der Vereinigung der bayerischen Pflege. Die Vereinigung soll als Körperschaft des öffentlichen Rechts organisiert sein, um dieselbe Rechtsform wie die klassischen Kammern zu erhalten und mit ihnen auf Augenhöhe zu stehen.
In unserer Körperschaft des öffentlichen Rechts ist es aber so, dass die einzelnen Pflegekräfte und Berufsverbände freiwillig Mitglied werden können. Ein Pflichtbeitrag ist im Gesetz nicht vorgesehen; vielmehr wird die Vereinigung über den bayerischen Staatshaushalt finanziert und steht damit auf einem soliden finanziellen Fundament.
Die Mitgliedschaft steht nicht nur Pflegekräften mit dreijähriger Ausbildung offen, sondern auch Pflegefachhelfern, was die Kammerbefürworter übrigens kritisch sehen und es entsprechend ablehnen. Die Körperschaft soll das Recht auf Selbstverwaltung erhalten; das heißt, sie kann ihre eigenen Angelegenheiten wie eine Kammer durch eine Satzung selbst regeln. Da wollen wir als Staat nicht hineinregieren.
Eine wichtige Aufgabe der Körperschaft wird die Weiterentwicklung der Qualität in der Pflege sein. Hier kann es zum Beispiel darum gehen, Leitlinien für bestimmte Pflegesituationen zu erarbeiten und zu entwickeln. Die Vereinigung der bayerischen Pflege soll die Interessen des Berufsstands der Pflegenden gegenüber Staat und Gesellschaft vertreten, auch im Rahmen von Gesetzgebungsverfahren. Ich habe da überhaupt keine Bedenken, wenn es eine starke Interessensvertretung gibt, die sich einbringt und ihre Meinung laut und deutlich artikuliert.
Die Vereinigung der bayerischen Pflege soll durch ein ehrenamtliches Präsidium nach außen vertreten werden. Daneben wird es eine Geschäftsstelle mit hauptamtlichen Mitarbeitern geben. Die Mitglieder werden durch eine Mitgliederversammlung oder bei einer Größe von mindestens 1.000 Mitgliedern durch eine Delegiertenversammlung repräsentiert, die über die grundlegenden Angelegenheiten der Körperschaft beschließt.
Im Präsidium sowie in der Mitglieder- oder Delegiertenversammlung werden ausschließlich Pflegekräfte vertreten sein. Daher gibt es keine Fremdbestimmung der Pflege, wie es als Argument von Kritikern immer wieder ins Feld geführt wird. Die Politik jedoch erhält einen einheitlichen und kompetenten Ansprechpartner in allen Belangen der Pflege.
Die Pflegekräfte bekommen dadurch eine Anlaufstelle, wenn es um berufsrechtliche oder berufsethische Fragen geht.
Wir haben überdies vor, einen Beirat einzurichten, in dem neben Pflegekräften auch Vertreter der Pflegeeinrichtungen im Bereich der Fort- und Weiterbildung an Entscheidungen der Körperschaft mitwirken. Dort werden wir einen unabhängigen Vorsitz einbringen. Im Beirat können im Vorfeld von Beschlüssen gewisse Argumente beider Seiten gehört und abgewogen werden. In meinen Augen erhöht dies die Akzeptanz der späteren Entscheidungen. Daher finde ich es notwendig und halte es für eine gute Sache. Der Beirat ist weder Organ der Körperschaft noch eine Art von Kontrollgremium. Er kann selbst keine bindenden Entscheidungen treffen. Auch hier kann keine Rede sein
Mit diesem Gesetzentwurf legen wir die Basis, den Pflegekräften in Bayern eine starke Stimme zu verschaffen. Ich kann Ihnen sagen: Mit dieser Interessenvertretung betreten wir Neuland, weil sie auf Freiwilligkeit beruht. Wir sind davon überzeugt, dass dieser bayerische Weg der richtige ist. Andere Bundesländer blicken nach Bayern und wollen wissen, wie wir das Vorhaben umsetzen.
Ich bin davon überzeugt: Wenn wir es schaffen, dass sich möglichst viele Pflegende an diesem Konzept aktiv beteiligen – ich kann die Pflegekräfte nur auffordern, diese Chance zu nutzen –, dann ist es genau das, was wir wollen, nämlich eine gewinnbringende Lösung für alle. Es geschieht auf Basis dessen, was wir in vielen Gesprächen mit Pflegekräften erfahren durften. In diesem Sinne freue ich mich, heute diesen Gesetzentwurf einbringen zu können. Ebenso freue ich mich auf die Diskussionen, die hier im Landtag dazu noch stattfinden werden.
Danke schön, Frau Staatsministerin. – Ich eröffne die Aussprache. Das Wort erhält Frau Kollegin Sonnenholzner.
Herr Präsident, Kollegen und Kolleginnen! Die Wertschätzung für die Pflege – das meine ich tatsächlich sehr ernst – kann man gar nicht oft genug hervorheben. Ich sage immer gleich dazu, dass es hier mit Sonntags- oder Plenarreden nicht getan ist, sondern da müssen auch Taten folgen.
Das Thema Pflege steht derzeit mit sehr vielen Facetten in der Diskussion, sowohl im Bund als auch hier in Bayern. Natürlich ist es richtig und wichtig, gute Ausbildungs- und Arbeitsbedingungen zu schaffen und für eine vernünftige Bezahlung zu sorgen. Das alles ist uns als Sozialdemokraten ganz besonders wichtig. Die Umsetzung scheint an dieser Stelle jedoch schwieriger zu sein als anderswo.
Dabei liegt dies selbstverständlich im Interesse der Beschäftigten – das muss man immer wieder betonen –, und es ist ebenso wichtig für uns alle; denn wir befinden uns bereits in einem riesigen Pflegenotstand, der sich nicht zuletzt durch den demografischen Wandel noch weiter verschärfen wird. Wir sind davon abhängig, auch in der Zukunft ausreichend Pflegekräfte zu finden.
Deswegen ist es wichtig, dass die Pflege eine starke Vertretung findet. Daran hat nie jemand einen wirkli
chen Zweifel gehabt, bei allen abweichenden Meinungen. Auch die Ziele, die die Befürworterinnen und Befürworter einer Pflegekammer in den Raum gestellt haben, wurden von niemandem in Zweifel gezogen. Die SPD ist trotzdem davon überzeugt, dass die Pflegekammer nicht der richtige Weg ist, um diese Ziele zu erreichen. Ein Pflegering ist übrigens auch nicht der richtige Weg, da er keine Pressure-Group für die Interessen der Beschäftigten ist, sondern eine Körperschaft des öffentlichen Rechts, in der Aufgaben des übertragenen Wirkungskreises wahrzunehmen sind. Bei den Themen, um die es geht, helfen solche Organisationsformen nicht weiter.
Die SPD hält den Weg eines Pflegerings prinzipiell trotzdem für den richtigen, auch wegen des schon angeführten Arguments, dass die große Mehrzahl der Pflegenden Pflichtbeiträge ablehnt. Wir halten somit diesen Gesetzentwurf im Grunde für richtig. Trotzdem sehen wir an der einen oder anderen Stelle noch Nachbesserungsbedarf. Im Laufe der Jahre hatten wir immer wieder Petitionen, die sich gegen die Errichtung einer Pflegekammer ausgesprochen haben. In der letzten Sitzung haben wir Petitionen behandelt, in denen die Errichtung einer Pflegekammer gefordert wurde und in denen sich die Petenten gegen den Gesetzentwurf für die Errichtung eines Pflegerings ausgesprochen haben. In diesen Petitionen ging es beispielsweise um die Frage, ob die Sozialpflege in einem Pflegering richtig aufgehoben wäre. Eine zweite Frage bezog sich auf den Beirat.
Frau Ministerin, Sie haben zu Recht gesagt, dass der Beirat nur beratend tätig sei. Deshalb verstehe ich es nicht so ganz, dass Sie mit der Besetzung des Vorsitzenden durch das Ministerium undemokratisch durchregieren wollen. Ich möchte das einmal so pointiert ausdrücken. Bei den Beratungen im Ausschuss werden wir uns mit diesem Gesetzentwurf kritisch und wohlwollend auseinandersetzen, auch unter Berücksichtigung der Stellungnahmen.
Damit möchte ich über die Tribüne an alle diejenigen appellieren, die ihre Stellungnahme noch nicht an die Abgeordneten geschickt haben, ihre Stellungnahmen den Abgeordneten zukommen zu lassen. Wenn Sie Ihre Stellungnahme nur an das Ministerium geschickt haben, werden wir Abgeordnete diese Stellungnahme nicht automatisch bekommen. Wir werden uns mit Ihren Stellungnahmen auseinandersetzen und uns vorbehalten, den einen oder anderen Änderungsantrag zu stellen. Ich möchte bei der Mehrheitsfraktion schon jetzt um Sympathie für diese Änderungsanträge werben. Ich glaube, uns allen sollte es darum gehen, diesem Thema so gut wie möglich gerecht zu werden. Ich hoffe, dass hier die Devise gilt: Am Ende
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte meinen Beitrag mit einem Dank an alle Pflegekräfte beginnen. Einig sind sich alle Fraktionen dieses Hohen Hauses darin, dass wir wissen, welche Herausforderungen in diesem Thema stecken. Einige Vertreter der Verbände sitzen heute auf der Tribüne. Ich richte deshalb meinen Blick nach oben und sage: Wir alle wissen, dass wir den Pflegekräften zu großem Dank verpflichtet sind.
Wir alle müssen daran arbeiten, die Situation und die Rahmenbedingungen zu verbessern. Die Themen, die die Pflegekräfte bewegen, sind bessere Bezahlung und andere Arbeitszeiten. Jeder von uns, der immer wieder Pflegeeinrichtungen besucht, weiß, dass dies die Themen sind, die Pflegekräfte bewegen. Ich denke auch an die Themen Gesundheit und betriebliches Gesundheitsmanagement. Was kann getan werden, um den Pflegekräften gerecht zu werden? – Das sind wichtige und zentrale Themen. Unser Pflegebeauftragter Hermann Imhof hat vor Kurzem einen Tag der Pflegeangehörigen veranstaltet, die ebenfalls eine wichtige Gruppe darstellen. Dabei hat er wieder einmal festgestellt, wie wichtig diese Themen sind und wie groß der Informationsbedarf ist.
Damit komme ich zum Thema. Frau Staatsministerin Huml hat in ihrer Einbringung schon dargestellt, dass es sich hier um einen langen Prozess handelt. Wir ringen um eine gute und richtige Lösung. Die Vereinigung der bayerischen Pflege soll die starke Stimme für die Pflegekräfte werden. Die CSU-Fraktion hat angeregt, dieser Vereinigung den Namen "Vereinigung der bayerischen Pflegenden" zu geben. Wir werden dazu einen entsprechenden Änderungsantrag einbringen. Alle sind aufgefordert, dabei mitzumachen. Bei der Beratung der Petitionen im Ausschuss habe ich immer wieder gesagt: Hier handelt es sich um einen eigenen bayerischen Weg. Alle haben die Chance, diesen Weg mitzugehen. Dieser Weg zeichnet sich dadurch aus, dass er keine Pflichtmitgliedschaft vorsieht, sondern dass die Mitgliedschaft auf Freiwilligkeit beruht.
Dazu haben Diskussionen mit dem Datenschutzbeauftragten stattgefunden. Wir suchen hier nach Möglichkeiten, da dieses Thema sehr wichtig ist. Wir wollen alle mitnehmen. Eine starke Stimme für die bayerischen Pflegekräfte zu schaffen, setzt aber auch voraus, dass wir ein Stück weit aufeinander zugehen. Die Ministerin hat es in dem Verfahren verstanden, die Türen zu öffnen. Diese Türen sind immer noch offen. Beide Seiten müssen aufeinander zugehen.
Dieser bayerische Weg ist eine Option. Möglicherweise werden wir in zwei Jahren feststellen, dass wir noch nachjustieren müssen. Diese Möglichkeit muss bei einem so wichtigen Thema gegeben sein. Allerdings müssen auch diejenigen, die sich vehement für die Schaffung einer Pflegekammer einsetzen, Bereitschaft zeigen, diesen Weg mitzugehen. Ich appelliere an Sie: Gehen Sie diesen Weg mit! Nutzen Sie die Chance! Stehen Sie nicht an der Seite! Ich möchte noch einmal ausdrücklich feststellen: Jetzt ist die Zeit, mitzumachen und sich auf den bayerischen Weg einzulassen. Wir wollen mit der Vereinigung der bayerischen Pflegenden das Beste erreichen. Ich möchte dieses ehrliche Angebot noch einmal unterstreichen.
Hier geht es nicht um parteipolitisches Kalkül, sondern um ein zentrales Thema. Natürlich wird die vorgesehene Regelung nicht alle Probleme lösen, sondern sie bezieht sich nur auf einen Bereich. Über die Einzelthemen, zum Beispiel über die Frage des Beirats, werden wir in den Ausschussberatungen selbstverständlich noch im Einzelnen diskutieren. Dabei ist es wichtig, dass wir alle Seiten anhören, einbinden und aus den Beiträgen die richtigen Schlüsse ziehen.
Ich halte es für wichtig, dass wir jetzt aufeinander zugehen. Die Türen dazu sind offen. Ich habe heute die Stellungnahme des Bayerischen Landespflegerates und auch das juristische Gutachten, das er beigefügt hat, bekommen. Ich sage dazu: Bei dem Weg über ein juristisches Gutachten müssten wir uns zuerst die Frage stellen, ob es sich bei der Pflegekammer um eine klassische Kammer wie zum Beispiel die Rechtsanwaltskammer oder die Ärztekammer handelt. Damit kämen wir in eine Diskussion, die für keinen von uns förderlich wäre. Wir müssten dann über Versorgungswerke und viele andere Themen reden. Wir wollen doch für die Pflegekräfte etwas auf den Weg bringen.
Wir haben ein Gesetz erarbeitet. Der Freistaat übernimmt die Finanzierung. Ich sehe es nicht so, dass die Vereinigung vom Freistaat abhängig wäre, sondern ich sehe es als große Wertschätzung, dass der Freistaat bereit ist, Mittel einzubringen. Dabei geht es nicht um irgendeinen Dirigismus. Das ist vielmehr ein
Signal, dass wir dieses Geld in die Hand nehmen wollen, weil uns die Vereinigung der bayerischen Pflegenden wichtig ist.
Noch einmal bitte ich Sie und appelliere an Sie: Gehen Sie diesen Weg mit! Nutzen Sie die Chance! Lassen Sie uns nicht über einzelne Paragrafen streiten! Wir wollen zusammen mutig ein Signal für die Pflegekräfte setzen. Ich habe hohen Respekt vor denjenigen, die in der Pflege tätig sind. Wir wollen für die Pflegekräfte das Beste und werden darum in den Ausschussberatungen ringen.
Vielen Dank. – Die nächste Wortmeldung: Herr Professor Dr. Bauer von den FREIEN WÄHLERN. Bitte sehr.