Protokoll der Sitzung vom 10.11.2016

Echte Selbstbestimmung für die Pflege sieht anders aus. An den anderen Kammern für Apotheker, Ärzte usw. kann man das klar erkennen. Aus diesem Grund bin ich sehr erfreut, dass wir FREIEN WÄHLER zusammen mit den GRÜNEN – herzlichen Dank dafür, lieber Uli – eine Expertenanhörung zustande gebracht haben. Dank auch an die SPD- und die CSU-Fraktion, die sich angeschlossen haben. Dadurch wird die Möglichkeit eröffnet, dieses ganze Konstrukt noch einmal auf den Prüfstand zu stellen. Ich erwarte mir von den Experten, von ihrer Sachkompetenz, dass diese gravierende Fehlentwicklung noch verhindert werden kann. Noch ist es Zeit, den Hebel umzulegen. Noch ist es Zeit, die Weichen richtig zu stellen. Das erwarte ich mir von der Expertenanhörung.

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, was will man schon erwarten, wenn ein Ministerium wenig Wert auf die Fachkompetenz im eigenen Haus legt? – Im Staatsministerium für Gesundheit und Pflege gibt es nach den Angaben in der Antwort der Staatsregierung gerade einmal zwei Stellen mit pflegefachlicher Expertise. Dabei wird leider gar nicht darauf eingegangen, um welche Qualifikationsebene es sich handelt. Ich bitte Sie deshalb, die Information, in welcher Qualifikationsebene sich diese Mitarbeiter befinden, als Ergänzung zur Interpellation noch nachzuliefern. Es ist ganz wichtig, dass wir das wissen; denn dann sehen wir, welchen Einfluss und welche Gestaltungsmöglichkeiten diese Mitarbeiter haben.

Die negative Einstellung der Staatsregierung zeigt sich auch bei der Beantwortung der Frage nach der Haltung der Staatsregierung zu den unterschiedlichen Regelungen in den einzelnen Bundesländern, zu den Pflegezeiten und zum Personalschlüssel. Es kann

doch nicht angehen, dass eine Pflegehandlung in einem Bundesland mehr Zeit in Anspruch nehmen darf als in einem anderen. Ausschlaggebend müssten doch immer die individuellen Pflegebedürfnisse der zu Pflegenden sein, unabhängig vom Bundesland. Diese Einsicht hätte ich von der Staatsregierung erwartet. Eigentlich habe ich vorausgesetzt, dass Sie das so klar ausdrücken.

Ein wichtiges Problem für die ambulanten Pflegedienste gerade im ländlichen Raum sind die längeren Wegstrecken, die zum einen mehr Zeit erfordern, zum anderen höhere Kosten verursachen, beispielsweise durch die Kraftstoffkosten. Die Vergütung der Fahrtkosten ist gegenwärtig nicht ausreichend. Das kritisieren wir FREIEN WÄHLER an dieser Stelle noch einmal ganz deutlich. Es ist schon erstaunlich, dass die Staatsregierung davon ausgeht, dass es hier keine Probleme gibt, weil keine Schiedsverfahren eingeleitet wurden. Hier zeigt sich deutlich entweder die mangelnde Fachkompetenz oder der fehlende Wille zum Verständnis. Bitte bedenken Sie, wenn wegen aller Finanzierungsmängel Schiedsverfahren angestrengt würden, käme die Pflege wohl völlig zum Erliegen. Darüber hinaus muss man auch berücksichtigen, dass die Macht der Gegenseite, der Kassen, bedacht werden muss, wenn man etwas durchsetzen will.

Ich sehe, die Zeit ist schon sehr weit fortgeschritten, weshalb ich ein bisschen abkürzen muss. Ich komme deshalb zur Zusammenfassung unserer Forderungen aufgrund der Antwort der Staatsregierung:

Erstens. Wir brauchen eine echte Pflegekammer. Wir FREIEN WÄHLER haben das nötige Vertrauen in die Pflege und sind fest davon überzeugt, dass eine starke Stimme der Pflege nur mit einer echten Pflegekammer erreicht werden kann.

Zweitens. Wir brauchen eine deutliche Verbesserung der Rahmenbedingungen in der Pflege. Dazu müssen eine bessere Bezahlung, aber auch bessere Fortbildungs- und Qualifizierungsmöglichkeiten geboten werden.

Drittens. Wir brauchen eine gesetzliche Personalbemessung, um die zunehmende Arbeitsbelastung der Pflegekräfte zu mindern, damit wir gleichzeitig den Beruf attraktiver gestalten können.

Viertens, dieser Punkt ist mir besonders wichtig: Wir brauchen eine Fachkraftquote in der Nacht, die auch eingehalten werden muss. Es muss alles dafür getan werden, damit auch die Fachkraftquote in der Nacht sichergestellt ist.

Fünftens. Wir brauchen eine deutliche Beschleunigung der Entbürokratisierung in der Pflege. Dazu ge

hört zum einen die verbesserte Zusammenarbeit zwischen MDK – Medizinischer Dienst der Krankenversicherungen in Bayern – und Heimaufsicht, und zum anderen brauchen wir Anreize für die Pflegeheime und für die ambulanten Pflegedienste zur Teilnahme an erfolgversprechenden und vor allem rechtssicheren Entbürokratisierungsmaßnahmen.

Pflege geht uns alle an, früher oder später. Die Profession Pflege ist das soziale Gesicht und das soziale Gewissen Bayerns. Ziel der Pflegepolitik der FREIEN WÄHLER ist es, den Sozialstaat Bayern zu erhalten und zu stärken. Mitmenschlichkeit, Mitgefühl und Empathie dürfen nicht wegen finanzieller Engpässe auf der Strecke bleiben. Arbeiten wir gemeinsam an diesem Ziel! Wir FREIEN WÄHLER sind dazu bereit.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN und Abge- ordneten der GRÜNEN)

Danke schön, Herr Kollege. – Als Nächster hat Herr Kollege Imhof von der CSU das Wort. Bitte schön, Herr Kollege.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Lieber Herr Kollege Bauer, ich fange mit der Anerkennung für die Fraktion der FREIEN WÄHLER an; denn ich meine in der Tat, es hilft uns allen, dass es diese Interpellation gibt, nicht nur deswegen, weil du zu Recht gesagt hast, wie notwendig es ist, das Thema Pflege mehr und mehr in das Bewusstsein zu rücken, nicht nur der Politiker, sondern der Gesamtgesellschaft. Ich glaube, auf Dauer haben wir hier ein wertvolles Nachschlagewerk, und zwar nicht, um darin zu blättern, sondern um Impulse aufzunehmen. Deshalb mein ganz ausdrücklicher Dank an die FREIEN WÄHLER.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Ein Dankeschön geht auch an die Kolleginnen und Kollegen im Gesundheitsausschuss, die es unter sehr sachorientierter Führung der Vorsitzenden und ihres Stellvertreters schaffen, in den wichtigen Themen überwiegend einen Konsens herzustellen. Der liegt bei 80 bis 90 %, vielleicht verschätze ich mich da auch. Ich finde, es ist wichtig, nach draußen zu dokumentieren: Ja, da sitzen Kolleginnen und Kollegen, die sind an der Sache, also am Menschen, interessiert und versuchen, die Weichen zu stellen, wenn auch im politischen Wettbewerb.

Ich danke auch dem Gesundheitsministerium. Ich habe mich mit dieser Interpellation ausführlich beschäftigt. Herr Dr. Opolony und seine Mitarbeiter sind auch im Raum. Ich glaube, Sie sind mit dieser Interpellation unglaublich sorgfältig umgegangen; das zei

gen auch die Antworten. Das belegt auch, wenn Sie sagen, diese Fragen können wir noch nicht beantworten, denn da stellen sich auch uns noch Fragen, oder: Das hängt mit dem Bund zusammen. – Auch Ihnen ein Dankeschön.

Meine Damen und Herren, Kolleginnen und Kollegen, die Bayerische Staatsregierung war in der Bundesgesetzgebung ganz maßgeblich an allen wichtigen Punkten vorne mit dabei, ob das die Pflegestärkungsgesetze sind oder die Fragestellung der Refinanzierung echter tariflicher Kosten, die die Ministerin bei Herrn Gröhe initiiert hat. Ich sage das nicht als Selbstlob. Es ist wichtig und dem Stellenwert der Sache angemessen, dass wir ein Ministerium für Gesundheit und Pflege haben.

Ich sage da auch zu meiner Funktion – in der Interpellation stehen alle Antworten, und Sie können gerne weiter nachfragen – als Patienten- und Pflegebeauftragter: Ich freue mich über die große Akzeptanz im Land: Es hat etwas mit Vertrauen zu tun, wenn die Beteiligten sich entsprechend beim Patienten- und Pflegebeauftragten rückkoppeln, der doch vom Ministerpräsidenten ein ganzes Stück Unabhängigkeit zugesprochen bekommen hat.

Herr Kollege Bauer, Sie haben zu Recht gesagt, was die zentralen Dinge sind und warum es zu wenige Fachkräfte gibt. Ich sage Ihnen: Das eine hängt mit dem anderen unmittelbar zusammen. Es gibt deswegen zu wenige Fachkräfte und eine zu geringe Nachfrage nach dieser Ausbildung, weil die Rahmenbedingungen nach wie vor unzureichend sind. Sie sind unzureichend. Ich behaupte, dass junge, hoch motivierte, engagierte, empathische, fachlich kompetente Leute für diesen Beruf viel schneller – natürlich nicht über Nacht, nicht morgen – gewonnen werden könnten, wenn diese Rahmenbedingungen deutlich verbessert würden. Davon bin ich felsenfest überzeugt. Deswegen bin ich der Frau Ministerin auch dankbar dafür, dass sie die Frage des Personalschlüssels – im Krankenhaus heißt das Personalbemessung – im Landespflegeausschuss und in den Kommissionen, auch im Bund, immer wieder diskutiert. Das ist doch das A und O. Wenn sich die Pflegekräfte die Seele aus dem Leib rennen, meine Damen und Herren, und am Ende ihrer physischen und psychischen Kräfte sind, brauchen wir uns doch nicht darüber zu wundern, dass in den Familien die Frage deutlich gestellt wird: Soll mein Kind in einen so schwierigen Beruf gehen? – Pflegekräfte sind tatsächlich bei all der positiven Erfahrung, die sie mit nach Hause nehmen, oft am Ende ihrer Kräfte.

(Beifall bei der CSU)

Diese Erfahrung mache ich jeden Tag in diesem Land. Deswegen sage ich als Allererstes den Pflegekräften meinen Dank und spreche ihnen meine Anerkennung aus. Wir müssen die Rahmenbedingungen und den Personalschlüssel weiter in Angriff nehmen. Bayern steht zwar in der Bundesrepublik an erster Stelle und ist deutlich besser als viele andere. Aber, Frau Ministerin, ich glaube, wir beide bleiben dran. Das gilt übrigens auch für die Träger. Ich lasse es nicht durchgehen, meine Damen und Herren, wenn mir Träger sagen: Wir bekommen sowieso keine Kräfte; wieso sollen wir den Personalschlüssel verbessern? – Wenn die Träger die Politik erst auffordern und von den erreichten Möglichkeiten nur begrenzt Gebrauch machen, ist das in höchstem Maße kontraproduktiv.

(Beifall bei der CSU und Abgeordneten der SPD und der FREIEN WÄHLER)

Bei der Gewinnung von Fachkräften müssen wir den Fünf-Punkte-Plan der Ministerin, den die Kollegen aus dem Fachausschuss im Einzelnen kennen, mit Vehemenz weiterverfolgen. Wir müssen die HerzwerkerKampagne weiterführen; sie war sehr, sehr erfolgreich. Wir müssen sie vielleicht noch stärker differenzieren. Das ist der eine Punkt.

Ein weiterer Punkt ist mit Sicherheit die Entbürokratisierung. Wir sind schon mitten drin: Eine frühere bayerische Sozialministerin, Frau Christa Stewens, steht mit an der Spitze dieser Bemühungen. Sie versucht, zusammen mit den Beteiligten – später kann sich keiner mehr rausreden, Kolleginnen und Kollegen –, den Kostenträgern, den Einrichtungsträgern, den Leistungsträgern eine Entbürokratisierung im Land hinzukriegen, die diesen Namen tatsächlich verdient. Ich bin, ehrlich gesagt, ein Stück weit optimistisch, dass das gelingt, weil jetzt alle am gleichen Strang ziehen. Wenn die Pflege dann Zeit, Luft und Atem für ihre tatsächlichen Aufgaben hat, dann kann man von einer gelungenen Entbürokratisierung sprechen, die den Kräften Zeit lässt, sich wirklich um die Menschen zu kümmern.

Ein Drittes, und auch das ist ein Musterbeispiel für die Arbeit in diesem Haus, im Gesundheitsausschuss: Wir haben endlich – ich weiß, es ist schon sehr spät – die Umlage hinbekommen, die seitens Bayern initiiert wurde. Damit meine ich: Wir lassen diejenigen, die nicht bereit sind auszubilden, sich also dieser wichtigen Aufgabe entziehen, in Zukunft eine Umlage bezahlen. Diese Umlage fließt in die Finanzierung einer späteren Generalistik hin, zu der ich sagen kann: Die CSU-Fraktion steht voll und ganz hinter einer generalistischen Ausbildung, weil die Erfordernisse, die auf die Pflege zukommen, dies bedingen. Ich weiß, dass es da noch Fragezeichen gibt, dass noch nachjustiert

werden muss; ich kenne die Ängste der Altenpflege. Aber es führt kein Weg daran vorbei, die Frage der Professionalität in der Generalistik stärker zum Ausdruck zu bringen.

Es geht auch um ausländische Kräfte. Es wird nicht die Lösung der Probleme im Land sein, ausländische Kräfte zu rekrutieren, aber wir brauchen sie, und natürlich müssen wir an dem Projekt "Triple win" teilnehmen. Wir müssen darauf achten, dass das Sprachniveau in Ordnung ist. Es nützt uns überhaupt nichts, Kolleginnen und Kollegen, wenn wir dann auf den Stationen eklatante Fehler in der Kommunikation mit Betroffenen und Angehörigen erleben. Wir brauchen ein hohes Sprachniveau, und die Frage der Anerkennung ausländischer Qualifikationen wird ein Stück weit bei den Regierungen nun forciert. Sie erhalten personelle Verstärkung; das ist notwendig!

Meine Damen und Herren, eine Vereinbarung zur fairen und gerechten Bezahlung steht kurz bevor. Seit zwei Jahren kümmere ich mich in meinem Job speziell darum. Ich bin der Meinung: Wenn wir uns jetzt mit – da habe ich nie Vorbehalte – Ver.di, der Arbeiterwohlfahrt, mit den großen Verbänden wie dem BRK zusammenschließen, um einen flächendeckenden Ausbildungstarifvertrag hinzukriegen, sollten wir das schaffen. 1.000 Euro sind da nicht zu viel. In der Industrie, in der Wirtschaft verdienen die jungen Leute mindestens so viel. Wertschätzung hat etwas mit exzellenter Bezahlung zu tun. Ich bin optimistisch, dass wir nächste Woche einen Aufschlag machen. Das Verfahren hat jetzt zwei Jahre gedauert – es hätte nur ein Jahr sein sollen. Die Ver.di-Leute, der Landesverband der Arbeiterwohlfahrt, das Bayerische Rote Kreuz sind dabei, und die kirchlichen Verbände stehen dem Anliegen jetzt positiv gegenüber.

Ein weiterer wichtiger Punkt sind für mich noch die pflegenden Angehörigen. Wir hatten hier im Maximilianeum einen Tag der pflegenden Angehörigen, an dem 250 Menschen teilgenommen haben. Die Kolleginnen und Kollegen, die dabei waren, haben mir danach gesagt: Es war wichtig, dass dieser Tag stattgefunden hat. Ich sage Ihnen ganz offen: Die massive Betroffenheit und die Befindlichkeiten von pflegenden Angehörigen in ihrem Dilemma zu erleben, waren ein starker Eindruck. 70 % pflegen noch zu Hause, sie übernehmen die Hauptpflegeleistung. Da müssen wir weiter stärken, weiter stützen. Da brauchen wir einen weiteren Ausbau von Tagespflege, von Kurzzeitpflege, und – das ist meine Vision, die ich auch bei den FREIEN WÄHLER schon gehört habe – wir müssen zusehen, dass wir ähnliche Rahmenbedingungen wie bei der Kinderbetreuung entwickeln. Die Pflegenden brauchen nicht nur ein bisschen mehr Rentenversi

cherung, sondern echte Unterstützung in Form eines Pflegegeldes.

(Beifall des Abgeordneten Prof. (Univ. Li- ma) Dr. Peter Bauer (FREIE WÄHLER))

Das ist jedenfalls angedacht. Das sage ich Ihnen ganz konkret; diese mittelfristige Lösung kostet sehr viel Geld. Ich sage das frank und frei. Aber wir müssen die Pflegenden gleichbehandeln, und wir haben die Gesellschaft auch seinerzeit im Nacken – das meine ich im positiven Sinne – gehabt, als es um den Ausbau der Betreuung von Kindern unter drei Jahren ging. Dieselbe Entwicklung stelle ich mir für das Bewusstsein unserer Gesellschaft vor, um für diejenigen etwas zu tun, die jeden Tag über viele Jahre hinweg am Bett stehen, den Rollstuhl schieben, liebevollste Pflege leisten. Wir brauchen die Angehörigen an unserer Seite; ohne sie geht überhaupt nichts, Kolleginnen und Kollegen. 70 % der Pflegebedürftigen werden von ihren Angehörigen zu Hause gepflegt.

Die Pflegeberatung, so gut sie ist, wird jetzt um die kommunale Beratung ergänzt. Die Bürgermeister und die Gemeinderäte wissen am allerbesten, was sich in der Infrastruktur einer Gemeinde abspielt und was noch benötigt wird. Wir müssen die Pflegestützpunkte, egal in welcher Form, ganzheitlich ausbauen. Nennen wir die Sache einmal beim Namen, wenn ich auch weiß, dass das ein Stück tabu ist. Daran führt kein Weg vorbei. Die Modelle sind zwar gut und schön, aber wir müssen vor allem den Ausbau forcieren. Ohne diese Dinge wird es in Zukunft nicht gehen.

Insgesamt, Kolleginnen und Kollegen, stellt sich die Frage, was uns eine menschenwürdige, eine humane Pflege wert ist. Umgekehrt gilt auch die Frage: Was sind uns die Pflegekräfte in unserem Land wert? Wenn uns die Pflegekräfte in unserem Land das wert sind, was wir verbal immer wieder artikulieren, dann ist auch dort in jeder Weise eine Verbesserung der Leistungen und der Rahmenbedingungen notwendig.

In dem Sinn danke ich für Ihre Aufmerksamkeit. Ich könnte den ganzen Tag über Pflege reden. Ich tue das leidenschaftlich gern und glaube, dass die Pflege zum zentralen Thema im Land werden muss. – Herzlichen Dank für eure Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CSU)

Danke schön, Herr Kollege. – Als Nächste hat Frau Kollegin Waldmann von der SPD das Wort. Bitte schön, Frau Kollegin.

Sehr geehrtes Präsidium, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Auch ich

möchte mich erst mal für die Initiative dieser Interpellation und die umfangreiche Beantwortung bedanken. Ich glaube, es ist gut, dass wir eine gemeinsame Bestandsaufnahme haben, über die wir reden können.

In einer solchen Aussprache besteht aber gleichzeitig auch ein gewisses Dilemma; denn es geht um alles. Auch wenn die Redezeiten ein wenig verlängert worden sind, ist es natürlich in einer Debatte schwierig, im Schweinsgalopp durch alle wichtigen Punkte des Zukunftsthemas Pflege durchzukommen. Ich glaube, von diesem Anspruch müssen wir uns alle wahrscheinlich verabschieden und stattdessen die wichtigsten Punkte herausgreifen. Wir haben ja die Interpellation und die Antworten als Material.

Bei den Wünschen, die die Menschen zur Zukunft der Gesellschaft haben und die sie auch für ihre persönliche Zukunft benennen, steht ein Thema immer ganz oben: Die meisten Menschen wünschen sich, im Alter möglichst lange selbstbestimmt zu Hause leben zu können. Außerdem möchten sie auch, dass ihre Eltern und später auch sie selber einmal in gute Hände geraten, wenn sie pflegebedürftig sind. Sie wünschen sich auch in Pflegeeinrichtungen möglichst lange möglichst viel Selbstbestimmung und Freiräume. Das ist einer der zentralen Lebenswünsche und eine der Erwartungen, die die Bürger an uns haben, und deswegen auch eine unserer wichtigsten Aufgaben, die wir politisch zu lösen haben.

Gleichzeitig besteht aber kein Zweifel daran, dass der Aufwand und die Kosten für die Pflegeleistungen in der Zukunft deutlich ansteigen werden. Immer mehr Pflegebedürftige erwarten zu Recht eine gute Versorgung in Würde und Selbstbestimmung. Das heißt, dass die Politik in Land und Bund gemeinsam Lösungen schaffen muss und auch, dass es dabei gerecht zugehen muss.

Nur wenn der Pflegeberuf deutlich attraktiver wird, werden auch mehr junge Menschen diesen Beruf ergreifen. Wir stellen aber fest, dass die Verweildauer im Beruf leider sehr kurz ist. Viele Menschen haben sich auf den Weg gemacht, haben die schwierige und langwierige Ausbildung auf sich genommen, haben Erfahrungen gesammelt und entscheiden sich dann nach einiger Zeit doch dafür, aus diesem Beruf auszusteigen, weil sie es nicht mehr schaffen, weil ihnen die Belastung zu hoch wird. Oft ist dies auch eine Doppelund Mehrfachbelastung, weil hauptsächlich Frauen als Pflegende in diesen Berufen tätig sind, die gleichzeitig daheim eine Familie mit kleinen Kindern und/ oder vielleicht pflegebedürftig werdende Eltern und sonstige Angehörige haben. Dieser Beruf ist auch noch zusätzlich belastend durch die Schichtarbeit,

durch die Zunahme der Arbeitsdichte und der Aufgaben.

In der Interpellation ist bislang nur zu den Abbrüchen in den Ausbildungen Stellung genommen worden. Diese wurden für vergleichsweise unauffällig erklärt, weil es auch in anderen Ausbildungsberufen Abbrüche gibt. Das Thema der Verweildauer im Beruf ist aber noch nicht ausreichend abgebildet.

Neben der Tatsache, dass wir junge Menschen aktiv ansprechen müssen, dass wir Patenschaften zwischen Schulen und Pflegeeinrichtungen brauchen, wollen wir auch der Generation mittleren Alters, besonders Frauen nach der Familienphase, nach der Kindererziehungsphase, den Einstieg in die Pflege als zweiten Berufsweg eröffnen. Ich meine, hierin liegt ein großes Potenzial.

Gleichzeitig ist klar: An der Fachkraftquote von 50 % im stationären Bereich und von 80 % im ambulanten Bereich dürfen wir nicht rütteln; denn eine gute Pflege bekommen wir nur mit mehr Personal, nicht mit weniger. Deswegen müssen wir auch darauf achten, dass die Pflegehilfskräfte nicht durch weniger Fachkräfte kompensiert werden. Das ist auch ein ganz zentraler Punkt.