Protokoll der Sitzung vom 08.12.2016

Neu ist allerdings, dass es nunmehr eine ganze Reihe zusätzlicher Forderungen an Migranten gibt. Ich gebe Ihnen ein Beispiel: Erziehungsberechtigte – gemeint sind Migranteneltern – müssen dafür sorgen, dass ihr Kind an einer Sprachstandserhebung teilnimmt. Ich frage Sie: Warum gilt das nicht für deutsche Eltern? Auch hier betrifft es viele Kinder.

(Zurufe von der CSU: Das gilt für alle!)

Warum schreiben Sie es dann in dieses Gesetz für die Migranteneltern hinein?

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Die Antwort ist: Auch hier ist wieder der Geist eines Ausgrenzungsgesetzes erkennbar. Das wird hier wiederum deutlich.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

So klappt Integration nicht. Wir brauchen dieses Gesetz nicht. Ich möchte Ihnen jetzt einen vernünftigen Vorschlag machen, was wir stattdessen brauchen. Sie können es gerne in unserem Änderungsantrag auf Drucksache 17/13211 nachlesen, den wir später zur Abstimmung stellen werden. Darin heißt es: "Die Bildungseinrichtungen", also unter anderem Kitas, "fördern die Integration von Kindern … Gezielte, individuelle und ausreichende Angebote zum Erwerb der deutschen Sprache sind sicherzustellen." Gerade dieses Sicherstellen ist wichtig. Wir brauchen in den Kitas eine ausreichende Spracherziehung. Diese ist leider nicht immer gegeben. Dafür gibt es zwar unterschiedliche Programme, aber nicht überall. Daher gilt es, Kita-Einrichtungen und das Erlernen der deutschen Sprache zu fördern. Da müssen wir ansetzen und beginnen. Hierzu sind die Kitas mit dem notwendigen pädagogischen Personal auszustatten. Auch dazu lese ich bei Ihnen nichts.

Des Weiteren formulieren wir in unserem Antrag – da sind wir einer Meinung –, dass die Sprachstandserhebungen stattzufinden haben.

Aber noch ein Wort zu dem Thema Vorkurse, das mir besonders wichtig ist.

Frau Kollegin, kommen Sie bitte zum Ende. Sie haben nun wegen der Zwischenintervention von Herrn Vogel wieder zwei Minuten bekommen.

Die Vorkurse sind sicherlich gut. Aber nicht jedes Kind kann daran teilnehmen; denn oft müssen Wege organisiert werden.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Herr Vogel, bitte, zu einer Zwischenintervention.

Frau Kollegin Strohmayr, ich möchte Sie korrigieren, weil Sie vorher in Ihren Ausführungen behauptet haben, dass die Sprachkurse nur für Migrantenkinder seien. In Artikel 5 Absatz 2 des Gesetzentwurfs der Staatsregierung heißt es:

Ab der ersten Hälfte des vorletzten Kindergartenjahres vor Eintritt der Vollzeitschulpflicht wird bei allen Kindern zur frühzeitigen Feststellung und Förderung einer entsprechenden Entwicklung für die spätere Leistungsfähigkeit in der Schule der Sprachstand erhoben.

Das bedeutet also: bei allen Kindern. Vorher war dies nicht der Fall. Jetzt wird durch das Integrationsgesetz der Sprachstand bei allen Kindern erhoben. Deshalb ist das, was Sie sagen, falsch.

(Beifall bei Abgeordneten der CSU)

Außerdem zeichnen Sie ein sehr kritisches Bild der Situation in bayerischen Kindertagesstätten. Deshalb frage ich Sie: Ist Ihnen bekannt, dass Bayern im Jahr 2003 als erstes Bundesland die Sprachförderung und interkulturelle Erziehung in den Erziehungs- und Bildungsplan aufgenommen hat, dass also die interkulturelle Erziehung und die Sprachförderung seit über 15 Jahren gefördert werden, dass wir im Jahr 2014 in Zusammenarbeit mit den Grundschulen durch Fortbildungsmaßnahmen die Sprachkurse/ Vorkurse Deutsch extra fördern, dass in den Kindertagesstätten Migrantenkinder 30 % mehr Förderung erfahren, um ihnen den Spracherwerb zu ermöglichen?

(Hans-Ulrich Pfaffmann (SPD): Sehr gut! Der Kollege macht einen Filibuster! Die Vorsitzende ist sauer!)

Ist Ihnen bekannt, dass beispielsweise ein Programm in Höhe von 6 Millionen Euro auf den Weg gebracht worden ist, um die Kindertagesstätten zu unterstützen, den Zusammenhalt zu fördern, die Integration zu stärken und den Kindertagesstätten Arbeitsmaterialien zur Sprachförderung zur Verfügung zu stellen? Ist Ihnen bekannt, dass Bayern als einziges Bundesland 81 pädagogische Qualitätsbetreuer eingeführt hat, die den Schwerpunkt darauf legen, wie die Sprachförderung und Integration von Migrantenkindern in unseren Kindertagesstätten zu erfolgen hat?

Zusammenfassend muss ich feststellen: Bayern ist bei den Leistungen, die Kindertagesstätten zur Unterstützung der Kinder von Migrantenfamilien erhalten, nicht hinten dran, sondern Vorreiter. Ist Ihnen das bekannt?

(Beifall bei der CSU)

Sehr geehrter Herr Vogel, ich möchte Ihnen zunächst einmal Ihren eigenen Gesetzestext vorlesen. In Absatz 2 heißt es: "In den Fällen des Satzes 3 müssen die Erziehungsberechtigten dafür sorgen, dass ihr Kind an der Sprachstandserhebung teilnimmt."

(Unruhe – Glocke der Präsidentin – Peter Winter (CSU): Lesen können wir selber! – Harald Güller (SPD): Verstehen könnt ihr gar nichts!)

So viel zu Ihrem eigenen Gesetz. Es gilt wohl auch hier: zwei Juristen, drei Meinungen. Ich muss feststellen, dass dieses Gesetz nicht klar genug formuliert ist, wenn Sie meinen, dass alle dazu verpflichtet sind. Ich meine, dass genau das Gegenteil der Fall ist.

(Beifall bei der SPD)

Sehr geehrter Herr Vogel, über eine Sache möchte ich Sie noch aufklären. Ich bin 2003 in den Bayerischen Landtag gekommen. Das BayKiBiG ist das Gesetz, das ich von der ersten Stunde an hier im Bayerischen Landtag begleitet habe. Ich war damals Sprecherin meiner Fraktion für dieses Gesetz. Mir ist sehr wohl bekannt, welche Regelungen das BayKiBiG enthält. Mir ist auch sehr wohl bekannt, dass es noch sehr viele Defizite gibt. Ich stelle fest, dass in Artikel 5 wiederum ein krasses Missverhältnis zwischen Fördern und Fordern besteht.

(Beifall bei der SPD)

Ich nenne Ihnen ein weiteres Beispiel. Die Erziehungsberechtigten des Kindes können durch die zuständige Stelle über Fördermaßnahmen informiert werden. Ich frage Sie: warum denn "können"? Warum sind sie denn nicht zu informieren? Es kann doch nicht sein, dass ich auf der einen Seite jemanden verpflichte, sein Kind zu Sprachstandserhebungen zu bringen, dass ich ihn auf der anderen Seite aber über seine Rechte überhaupt nicht informieren muss. Das ist doch ein Ungleichgewicht. Das kann doch nicht sein.

(Beifall bei der SPD)

Bitte kommen Sie zum Ende. – Ich bitte um etwas Ruhe.

Ja, gerne. Ich stelle fest, dass Artikel 5 des Bayerischen Integrationsgesetzes völlig überflüssig ist. Es gibt viele Regelungen in den anderen Gesetzen. Wir brauchen keine Sonderregelung.

Frau Dr. Strohmayr, bitte kommen Sie zum Ende.

Über das Wichtigste, die zusätzliche Förderung in Kitas, steht im Gesetz nichts drin.

(Beifall bei der SPD)

Danke schön. – Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Damit ist die Aussprache geschlossen. Wir kommen jetzt zur Abstimmung.

Vorweg ist über die Nummer 6 des Änderungsantrags der SPD-Fraktion auf Drucksache 17/13211 abzustimmen. Mit der Nummer 6 des SPD-Antrags soll Artikel 5 neu gefasst werden. Inhaltlich verweise ich auf die Drucksache. Der federführende Ausschuss empfiehlt die Ablehnung. Wer entgegen dem Ausschussvotum der Nummer 6 des SPD-Änderungsantrags zustimmen möchte, den bitte ich jetzt um sein Handzeichen. – Das sind die SPD, FREIE WÄHLER und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Gegenstimmen? – Das ist die CSU-Fraktion. Gibt es Stimmenthaltungen? – Keine Stimmenthaltungen. Die Nummer 6 des SPD-Änderungsantrags ist abgelehnt.

Zu Artikel 5 empfiehlt der federführende Ausschuss Zustimmung. Wer dem Artikel 5 zustimmen möchte, den bitte ich nun um sein Handzeichen. – Das ist die CSU-Fraktion. Gegenstimmen? – SPD, FREIE WÄHLER und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Gibt es Stimmenthaltungen? – Keine Stimmenthaltungen. Dann ist es so beschlossen.

Nun rufe ich auf:

Artikel 6 "Frühkindliche Bildung"

Hierzu liegen keine Änderungsanträge vor. Die Gesamtredezeit beträgt 24 Minuten. Ich eröffne die Aussprache. Erster Redner ist der Kollege Unterländer.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Im Gegensatz zur Opposition sind wir der Meinung, dass ein Integrationsgesetz, das quasi aus einem Guss ist, auch die Bestimmungen, die mit der Ausführungsverordnung zum Bayerischen Kinderbildungs- und -betreuungsgesetz und dem Kinderbildungs- und -betreuungsgesetz an sich korrespondieren, erwähnen und aufführen soll. So ist es hier im Artikel 6 der Fall, in dem es darum geht, dass in den Kindertageseinrichtungen die zentralen Elemente der christlich-abendländischen Kultur zu erfahren sind. Herr Kollege Schindler hatte in der Ausschussberatung im federführenden Ausschuss gefragt, ob man damit alle katholisch machen will. Selbstverständlich will man das nicht, sondern es geht darum, dass die Konzepte auch hinsichtlich der Entwicklung von freiheitlich-demokratischen, religiösen, sittlichen und sozialen Werthaltungen im Rahmen der Vermittlung der Werte durch die Erzieherinnen und Erzieher verwirklicht werden. Dies wird durch den Artikel 6 noch einmal dokumentiert.

Wir müssen auch feststellen, dass wir den Kindertageseinrichtungen dafür mehr als 6 Millionen Euro zusätzlich als Förderung geben. Deswegen glaube ich, dass wir hier mit der Bestimmung über die frühkindliche Bildung, die inhaltlich deckungsgleich mit der Ausführungsverordnung ist, auf einem guten Weg sind. Ich bitte um Zustimmung zu Artikel 6.

(Beifall bei der CSU)

Herr Unterländer, bei aller Euphorie, Sie müssen noch einmal zurück. Wir haben eine Zwischenbemerkung der Kollegin Petersen. – Namentliche Abstimmung ist von der SPD-Fraktion auch beantragt. Damit kann die Uhr jetzt schon zu laufen beginnen. Bitte, Frau Petersen.

Herr Kollege Unterländer, in Artikel 6 Satz 1 heißt es: "Alle Kinder in Kindertageseinrichtungen sollen zentrale Elemente der christlichabendländischen Kultur erfahren." Was heißt das für Kindergärten, die keinen christlichen Träger haben? Ich weiß, es gibt sehr viele kirchliche Träger von Kitas oder kirchliche Wohlfahrtsverbände. Es gibt aber auch Kitas, die weltanschaulich neutral sind. Wie weit gehen dann diese Elemente der christlich-abendländischen Kultur? Dabei muss man auch noch darauf hinweisen – das kommt selbst in diesem Integrationsgesetz zum Ausdruck –, dass unsere Kultur nicht nur von einer christlich-jüdischen Tradition, die es ohne Zweifel gibt, geprägt ist, sondern auch von Humanismus und Aufklärung. Davon lese ich hier nichts. Ich frage mich, wie weltanschaulich neutrale Kitas dies bewerkstelligen sollen. Wo ist dann die Nächstenliebe, von der auch die Rede ist und die den Respekt vor den religiösen Überzeugungen anderer erfordert? Wie ist das eine mit dem anderen zu vereinbaren?

(Beifall bei der SPD)

Frau Kollegin Petersen, ich empfehle Ihnen, sich den Bildungs- und Erziehungsplan anzuschauen.

(Kathi Petersen (SPD): Den kenne ich!)

Dort sind diese Inhalte dokumentiert, die auch von weltanschaulich neutralen Einrichtungen erfüllt werden müssen.

(Beifall bei der CSU – Hans-Ulrich Pfaffmann (SPD): Was ist das für eine Antwort?)