Protokoll der Sitzung vom 15.12.2016

in Anspruch nehmen. In dieser Antwort wurde festgestellt, dass das Betreuungsgeld nur vorübergehend in Anspruch genommen wird. In dem Schreiben des Ministeriums heißt es weiter: Eltern haben zwar vielfach das Betreuungsgeld für den gesamten Zeitraum beantragt, nehmen aber dann doch die Kinderbetreuung in Anspruch. Das ist die Aussage aus der Bevölkerung. Ich sage dazu eines: Sparen wir uns doch diesen ganzen Verwaltungsaufwand! Sparen wir uns das Geld für diese Bürokratie, und stecken wir das Geld direkt in die Kinderbetreuung!

(Beifall bei der SPD)

Ein weiteres Beispiel für gut investierte Euros sind die Frauenhäuser, die notwendigerweise unterstützt werden müssen. Wir müssen die Frauen in Not und die Frauenhäuser besser unterstützen. Das Sozialministerium hat zu diesem Thema Gott sei Dank eine Studie in Auftrag gegeben, die bestätigt, was diejenigen, die sich mit diesem Thema beschäftigen, schon immer festgestellt haben: Die Dunkelziffer ist viel höher, und die Realität ist viel schlimmer als das, was tatsächlich angesprochen wird.

Diese Studie wird aber letztlich nicht ernst genommen. Die Zahl der Fälle liegt doppelt so hoch. Im Haushalt stehen jedoch gegenüber dem Ansatz aus dem Jahr 2016 nur wenige 100.000 Euro mehr zur Verfügung. Diese Mittel müssen verdoppelt werden, weil sich auch die Zahl der Fälle verdoppelt hat. Leider sind der Herr Fraktionsvorsitzende Kreuzer, Frau Präsidentin Stamm und Herr Innenminister Herrmann nicht da. Sie waren bei der Veranstaltung der "Sternstunden" dabei und haben Beifall geklatscht, als das neue Frauenhaus in Passau gefördert wurde. Klatschen Sie bitte weniger im Fernsehen, und heben Sie dafür hier im Parlament die Hand für mehr Geld für die Frauenhäuser! Das wäre unsere Aufgabe!

(Beifall bei der SPD – Harald Güller (SPD): Das können sie nachher bei der namentlichen Abstimmung tun!)

Meine Damen und Herren, wenn wir hier nicht helfen, werden wieder die Kommunen belastet, die in solchen Fällen oft tätig werden müssen. Ohne die Kommunen würde hier überhaupt nichts gehen. Rund 10 % der Mittel, die die Frauenhäuser benötigen, bekommen sie von kommunalen und staatlichen Einrichtungen. Die restlichen Mittel müssen sie aus Spenden zusammenbekommen. Eines muss uns klar sein: Gewalt gegen Frauen passiert jeden Tag und in jeder Gemeinde. Keine Gemeinde und keine Gesellschaftsschicht ist davon ausgeschlossen. Wir müssen hier etwas tun, nicht zuletzt, weil wir dadurch Prävention betreiben. Die Kinder, die Jungen und Mädchen, die

es erleben müssen, dass der Vater schlägt und die Mutter dies hinnimmt, laufen Gefahr, dass sie dieses Verhalten als normal bewerten und es später wiederholen. Hier müssen wir entgegenwirken, weil auch das Geld kosten wird!

(Beifall bei der SPD)

In diesem Zusammenhang möchte ich noch etwas ansprechen. Es geht um etwas, was kein Geld kostet, Frau Ministerin, was sich aber ändern müsste. Was ich nämlich immer wieder höre, ist Folgendes: Wenn eine Frau in der Nacht vor der Gewalt des Mannes flüchtet, in ein Frauenhaus kommt, aber nicht alle Unterlagen dabei hat, die sie bei der Antragstellung braucht, dann bekommt das Frauenhaus für die Nächtigung der nächsten Tage keine Erstattung bezahlt. Da muss sich doch etwas ändern. Es muss doch, wie in anderen Bereichen auch, möglich sein, dass die Frau dann, wenn sie da ist, einen Antrag stellt und anschließend die Unterlagen bringt. Wenn die Frau am Abend vor den Schlägen des Mannes davonläuft, dann wird sie doch nicht zu ihm sagen: Lass mich noch schnell an den Büroschrank, ich muss dort noch die und die Papiere herausnehmen, damit ich etwas machen kann. – Ja, wo sind wir denn?

(Beifall bei der SPD)

Meine lieben Kolleginnen und Kollegen, noch ein Punkt, Herr Kollege Fackler hat ihn zwar erwähnt, aber wir haben noch keine zufriedenstellende Lösung. Wir haben schon gesagt, es gibt ein paar Feigenblattanträge und Regelungen von der CSU im Haushalt. Es geht um das Blindengeld für hochgradig Sehbehinderte und hochgradig Gehörgeschädigte. Da wird gesagt, man hat vielleicht im Jahr 2018 Geld. Ja, warum denn nicht gleich 2017, lieber Herr Kollege? – Die Leute haben doch jetzt das Problem und nicht irgendwann in der Zukunft. Das ist doch der Auftrag, den wir eigentlich haben: den Leuten zur Seite zu stehen. So viel Geld kostet das doch nicht,

(Dr. Hans Jürgen Fahn (FREIE WÄHLER): Zwölf Millionen!)

dass wir den Menschen, die besonders hart betroffen sind, nicht helfen.

(Beifall bei der SPD)

Dazu passt vielleicht auch, dass wir das Versprechen der Staatsregierung haben, die Barrierefreiheit kommt bis 2023. Auch in dieser Frage sollte man ehrlich sein. Wenn man nämlich den Haushalt betrachtet, erkennt man, dass wir das bestenfalls bis 2053 schaffen. Dann ist es aber auch zu spät. Es ist ein Stück Glaubwürdigkeit, die wir gegenüber dem Bürger wahren

müssen. Dieser Haushalt zeigt doch auch, wie wir mit den Menschen umgehen, die in unserer Gesellschaft benachteiligt sind, die im Leben vor einer besonderen Situation stehen, die sie meistern müssen. Sie müssen später natürlich auch für sich sorgen, so gut das eben geht. Wir müssen ihnen aber zur Seite stehen.

(Beifall des Abgeordneten Bernhard Roos (SPD))

Ich nehme die Artikel 151 und 118 der Bayerischen Verfassung ganz, ganz ernst. Diese Artikel sollten wir alle hinaustragen. Es nicht nur schön, Bayer zu sein, wenn man groß ist, wenn man jeden Tag ins Fitnesscenter gehen kann und so weiter, sondern man ist auch Bayer, wenn man krank ist, wenn man blind ist, wenn man behindert ist. Dann gehört man auch dazu. Auch um diese Menschen müssen wir uns kümmern.

(Beifall bei der SPD – Bernhard Roos (SPD): Bravo! Bravo Günther!)

Bei der Gelegenheit möchte ich mich auch bei Ihnen, Frau Ministerin, bedanken. Ich weiß, dass Sie sich sehr engagieren. Sie sind eingebunden in eine Regierung, die das eine oder andere manchmal nicht zulässt. Ich hoffe, wir können uns mit vielen Anträgen durchsetzen, und zwar in einer kürzeren Zeit als bisher. Der Ministerpräsident hat gesagt: Ziele erreicht man, wenn man Geduld hat. – Wir von der SPD-Fraktion haben sicher Geduld. Die Ziele haben wir auch vor Augen. Wir werden darum kämpfen, diese Ziele diese zu erreichen, im Interesse der Menschen.

(Beifall bei der SPD)

Deshalb möchte ich mich nicht nur bei Ihnen und bei den Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen im Ministerium, in den Landratsämtern und den Regierungen und so weiter bedanken. Ich möchte mich auch bei meinen Kolleginnen und Kollegen bedanken, insbesondere bei Ruth Waldmann, Doris Rauscher, Angelika Weikert und Uli Pfaffmann. Sie bringen sich mit außerordentlichem Engagement und großer Sachkenntnis in die Arbeit des Sozialausschusses ein. Sie arbeiten dort ganz hervorragend. Ich danke ihnen dafür. Ihr seid ein Schwerpunkt in diesem Ausschuss!

(Beifall bei der SPD – Bernhard Roos (SPD): Bravo!)

In diesem Sinne hoffe ich, dass es uns bald gelingt, unsere Bayerische Verfassung zu verwirklichen.

Danke schön. – Nächster Redner ist Herr Kollege Dr. Fahn.

Frau Präsidentin, meine

Damen und Herren! Auch ich bedanke mich, und zwar beim ganzen Sozialausschuss für die gute und konstruktive Arbeit im letzten Jahr. Ich möchte in meinen Dank grundsätzlich alle einbeziehen.

Nun zum Sozialhaushalt. Wir haben 23 Anträge gestellt. Alle 23 Anträge wurden leider abgelehnt. Sie werden verstehen, dass wir diesem Teilhaushalt leider nicht zustimmen können.

Das erste Beispiel, und das möchte ich hier ganz deutlich aufzeigen, ist das Blindengeld für die schwerbetroffene Gruppe. Es ist kein positives Zeichen, wenn dieses Geld erst 2018 bezahlt werden soll. Ich zitiere immer die Frau Ministerin, die sagt: Die Stärke einer Gesellschaft erkennt man daran, wie sie mit den Schwächsten umgeht. – Gerade die Gruppe der schwer Sehbehinderten mit einem Sehvermögen von 2 bis 5 % ist hier konkret betroffen, Frau Ministerin. Es geht nur um 166 Euro pro Monat. Das hätte die Staatsregierung machen müssen. Ich finde das ganz wichtig. Das hat die Staatsregierung aber nicht hinbekommen. Deshalb ist das ein schwacher Start für das Jahr 2017.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Ein zweites Beispiel, hier geht es um das Ehrenamt. Herr Hintersberger sollte besonders zuhören. Bayern ist das Land des Ehrenamtes. 47,5 % der Bürger engagieren sich. 2009 waren es nur 36 %. Wir sagen, das Ehrenamt ist der Kitt, der unsere Gesellschaft zusammenhält. Ehrenamtliche engagieren sich sehr stark, das taten sie vor allem auch im letzten Jahr bei der Flüchtlingshilfe. Das möchten wir immer wieder betonen. Wir wissen, dass wir in Bayern eine Anerkennungskultur haben. Diese Anerkennungskultur müssen wir aber verbessern.

Zunächst zur Ehrenamtskarte: Sie wissen, es gibt 120.000 Bürger, die diese Karte bekommen haben. Die Karte gibt es in 79 von 96 Landkreisen, es gibt sie aber leider nicht in München. Wir müssen deshalb überlegen, was wir tun können, damit auch in München die Ehrenamtskarte eingeführt wird. Es gibt 5.000 Akzeptanzpartner, die in den Kommunen und so weiter diese Vorteile anbieten. Allerdings, wenn ein Landkreis eine Ehrenamtskarte einführt, bekommt er vom Freistaat nur 5.000 Euro. Das ist zu wenig. Die Landkreise müssen nämlich Leute einstellen, und in der Regel stellt jeder Landkreis dafür eine hauptamtliche Kraft ein. Ich meine, die Ehrenamtskarte ist das Aushängeschild des Freistaats. Der Freistaat muss deshalb die Kommunen stärker unterstützen. Herr Staatssekretär, das ist ein ganz wichtiger Punkt. Die Karte wird nämlich in den Kommunen umgesetzt, deshalb brauchen wir eine stärkere Unterstützung der

Kommunen durch den Freistaat. Auch dazu haben wir einen Antrag eingebracht.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Wie kann das ehrenamtliche Engagement gesteigert werden? – Da möchte ich Sie zitieren, Herr Hintersberger. Sie sagten vor einigen Wochen:

Besonders beeindrucken mich zudem Schulen, die fachliches Lernen mit gesellschaftlichem Engagement von Schülern verbinden nach dem Motto: "Lernen durch Engagement". Dies geschieht als Teil des Unterrichts und eng verbunden mit dem fachlichen Lernen. Das halte ich für einen zukunftsweisenden Weg

In Bayern gibt es aber leider nur 20 Schulen, die solches Service Learning anbieten, das wissen Sie, Herr Hintersberger. Wir brauchen solche Vorzeigeschulen in Bayern aber flächendeckend und nicht nur Modelle an 20 Schulen. Sie waren das letzte Mal bei unserem "Runden Tisch Ehrenamt" am 12.11.2016 dabei. Da wurde das Modell des Gymnasiums in Bamberg besprochen. Ich möchte Sie bitten, solche guten Modelle zu unterstützen. Das ist ganz wichtig. Ich begrüße es deshalb ganz ausdrücklich, dass das Sozialministerium im Jahr 2017 das Thema Service Learning zum Schwerpunktthema machen will. Dieses Thema müssen wir dann aber auch konkretisieren. Wir unterstützen Sie dabei. Wir brauchen dann allerdings auch viel mehr Schulen, die das machen. Dafür müssen wir auch Gelder einsetzen, Herr Staatssekretär. Das ist ganz wichtig. Wir verstehen deshalb nicht, weshalb ein Antrag der FREIEN WÄHLER zur Erhöhung der Mittel für das Landesnetzwerk Bürgerschaftliches Engagement von der CSU abgelehnt wurde. Das passt einfach nicht zusammen. Sie wollen das Ehrenamt fördern. Wir wollen das Ehrenamt fördern. Wir wollen die Schulen einbeziehen. Dafür muss man dann aber auch mehr Geld ausgeben.

Integration ist eine Daueraufgabe, auch noch nach der Marathonsitzung letzte Woche. Wir haben die Flüchtlingskrise zwar gut gemeistert. Das gelang aber dank der vielen Ehrenamtlichen, die sich engagiert haben, und dank der Kommunen, die sich massiv eingesetzt haben, aber auch dank der Landräte und der Bürgermeister. Deshalb möchte ich mich dafür ganz herzlich bedanken.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Das Integrationsgesetz wurde letzte Woche beschlossen. Wir wollen mal schauen, wie die Umsetzung erfolgt. Wir hoffen, dass die Kommunen ausreichend finanzielle Mittel erhalten und dass es nicht zu einer

Politik nach Kassenlage wird. Das haben wir immer wieder kritisiert.

Auch das Beispiel Deutschkurs möchte ich hier noch einmal nennen. Deutschkenntnisse sind sehr wichtig. Die Sprache ist der Schlüssel zur Integration. Jeder, der Deutsch lernen will, muss auch Unterstützung vom Staat bekommen. Das muss in Bayern flächendeckend geschehen. Das ist bisher nicht der Fall.

Ein neuer Aspekt: Wir haben eine neue Integrationsbeauftragte, Frau Kerstin Schreyer. Sie ist leider nicht hier. Herr Unterländer, Sie geben meine Hinweise weiter. Frau Schreyer tritt erst im März ihren Dienst an und hat gesagt, sie will vorher zu diesem Thema nichts sagen. Lassen wir es mal so stehen.

Ich habe einige Wünsche an die neue Integrationsbeauftragte. Frau Schreyer, berufen Sie einen Integrationsrat ein, der effektiv arbeitet! Circa 80 Mitglieder hat er nach dem aktuellen Stand. Das sind einfach zu viele. Machen Sie zeitliche Vorgaben zur Zahl der jährlichen Sitzungen! Bisher gab es die überhaupt nicht. Die eingerichteten sogenannten Ad-hoc-Ausschüsse boten keine optimalen Lösungen, weil man von den Ergebnissen fast nie oder nur rein zufällig erfuhr.

Nehmen Sie den Integrationsrat wirklich ernst, und fassen Sie regelmäßig Beschlüsse! Wenn Sie nachsehen und nachfragen, merken Sie, der Integrationsrat in Bayern hat den letzten Beschluss im Jahr 2013 gefasst. Die Mitglieder des Integrationsrates fühlten sich dadurch nicht ernst genommen. Wir wollten zum Beispiel auch über das Integrationsgesetz abstimmen. Ein Vertreter des Ministeriums hat dazu gesagt, das bräuchten wir nicht, es genüge, wenn wir eine Diskussion ohne Abstimmung führen.

Weiter bitte ich Sie: Geben Sie einen regelmäßigen Integrationsbericht im Sozialausschuss und warten Sie nicht fünf Jahre! So kann man das Integrationsgesetz nämlich auch interpretieren. Das wäre viel zu spät. Machen Sie es regelmäßig, einmal im Jahr. Das ist wichtig, gerade bei einem so bedeutenden Zukunftsthema.

Nutzen Sie die Erfahrungen der 26 Integrations- und Ausländerbeiräte! Informieren und motivieren Sie, damit die Wahlbeteiligung steigt. Es wird oft kritisiert, dass sie zu gering ist.

Nutzen Sie den Spielraum, den Ihnen das neue Gesetz bietet! Binden Sie alle Mitglieder des Integrationsrates sozusagen als "freiwilliges Muss" in Ihren Entscheidungsprozess ein!

Mein Wunsch an Frau Schreyer, die nicht da ist – –

(Die Abgeordnete Kerstin Schreyer (CSU) erhebt sich und winkt dem Redner zu)

Oh, da ist sie!