Abstimmung über eine Europaangelegenheit und Anträge, die gemäß § 59 Abs. 7 der Geschäftsordnung nicht einzeln beraten werden (s. Anlage)
Hinsichtlich der jeweiligen Abstimmungsgrundlagen mit den einzelnen Voten der Fraktionen verweise ich auf die Ihnen vorliegende Liste.
Wer mit der Übernahme seines Abstimmungsverhal tens bzw. des jeweiligen Abstimmungsverhaltens sei ner Fraktion entsprechend der aufgelegten Liste ein verstanden ist, den bitte ich jetzt um sein Handzeichen. – Das sind die CSUFraktion, die SPD Fraktion, die FREIEN WÄHLER und BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN. Gegenstimmen? – Keine Gegenstim me. Gibt es Stimmenthaltungen? – Keine Stimment haltung. Damit übernimmt der Landtag diese Voten. Wir fahren in der Tagesordnung fort.
Antrag der Abgeordneten Dr. Herbert Kränzlein, Harald Güller, Günther Knoblauch u. a. (SPD) Meldepflicht für Nebentätigkeiten von Beamten (Drs. 17/14419)
Ich eröffne die Aussprache und teile mit, dass die Ge samtredezeit der Fraktionen 24 Minuten beträgt. Die Redezeit der Staatsregierung orientiert sich dabei an der Redezeit der stärksten Fraktion. Erster Redner ist der Kollege Dr. Kränzlein.
Sehr geehrte Frau Prä sidentin, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Im ver gangenen Jahr hat die Zeitschrift "WirtschaftsWoche" eine Ausgabe mit einem großen Artikel aufgemacht, der die Überschrift trug: "Diener vieler Herren". Das Dienstrecht, heißt es darin, erlaubt Staatsdienern luk rative Nebenjobs. Dann werden besonders Schäubles Finanzbeamte vorgeführt, die zum Teil hohe fünfstelli ge Beträge mit Vorträgen bei Rechtsanwaltskanzleien, Wirtschaftsverbänden und Ähnlichem verdienen. Die Zeitung fragt dann nach vielen Beispielen: Geht das auf Kosten der Unabhängigkeit unserer Beamten? – Ferner steht in diesem Artikel: Besonders verschlos sen zeigt sich das Bayerische Finanzministerium. – Dort haben sie nämlich keine Auskunft erhalten.
Das hat uns dazu gebracht, dass wir erst einmal eine Anfrage gestellt haben, wie es denn in Bayern aus sieht. Interessanterweise wurde auch uns Abgeordne ten gesagt: Darüber haben wir keine hinreichenden Erkenntnisse, keine Aufzeichnungen usw. – Unser Antrag ist gestellt worden, damit diese Anzeigepflicht der Beamten etwas genauer angeschaut wird.
Wir wissen: Viele der Nebentätigkeiten, viele der Vor träge, viele der Gutachten und Ähnliches mehr sind vernünftig und notwendig für den Wirtschaftskreislauf, zum Teil, weil sie steuernd und regelnd bestimmte Entscheidungen in den privatwirtschaftlichen Berei chen beeinflussen. Wir wissen aber auch – und darum machen wir uns Gedanken –, dass Beamte eine arbeitsrechtliche Sonderstellung haben. Es gibt ein eigenes Beamtenrecht mit besonderen Rechten – dazu gehören die Unkündbarkeit und die Alimentation – und mit besonderen Pflichten: Loyalität gegenüber dem Staat und den Bürgern. Diese Pflicht zur Loyali tät bedeutet, dass sie über die berufliche Tätigkeit hi nausgeht und auch bei privaten Auftritten und Hand lungen eine Rolle spielt.
Nebenbeschäftigungen gehören im Prinzip zum priva ten Bereich der Beamten. Ich meine nicht die geneh migungspflichtigen Nebentätigkeiten; die sind ordent lich geregelt. Es geht um die genehmigungsfreien Nebentätigkeiten. Die sind nämlich nicht gescheit ge regelt. Genehmigungsfreie Tätigkeiten dürfen nur aus geübt werden, heißt es in der Antwort, wenn dienstli che Pflichten nicht verletzt werden. Aber wie soll der Dienstherr überhaupt erfahren, ob dienstliche Pflich ten verletzt werden, wenn er nicht einmal erfährt, ob so eine Nebentätigkeit des Beamten ausgeübt wird? – Der Dienstherr kann damit keinen Einfluss nehmen, allenfalls, wenn die Angelegenheit durch Dritte in die Öffentlichkeit getragen und skandalisiert wird.
Darum reicht es nicht, wenn die Staatsregierung sagt: Wir haben keine Erkenntnisse darüber, welche Vorträ ge unsere Beamten in ihrem Privatleben halten, wie viel Geld sie dafür bekommen und Ähnliches mehr. – Es genügt auch nicht, wenn sie sagt: Für den Fall, dass etwas schieflaufen würde, hätten wir ein rechtli ches Instrumentarium, den Artikel 82 Absatz 2 Satz 2 des Bayerischen Beamtengesetzes. – Denn dieses Instrumentarium kann man nur anwenden, wenn man weiß, dass etwas schiefläuft. Beispielsweise kann eine bei einer großen, wichtigen Rechtsanwaltskanz lei gegebene Auskunft über Vorgänge im Ministerium mit entsprechenden Hintergrundinformationen dort geldwerte Möglichkeiten eröffnen. Das Instrumentari um kann nur dann angewandt werden, wenn von dem Dienstherrn geprüft werden kann, ob er überhaupt will, dass das in die Öffentlichkeit gelangt.
Die Konsequenzen sollen nicht ins Leere gehen. Damit auf Verfahren, Gesetze und Diskussionen über Regelungsnotwendigkeiten kein Einfluss genommen wird, soll gerade das berufliche Wissen nicht an ge neigte Dritte weitergegeben werden, damit nicht Rechtsanwaltskanzleien, Wirtschaftsverbände und Lobbyverbände dadurch einen Vorteil erringen, den sie nicht haben sollen. Daher muss der jeweilige Be
amte die Nebentätigkeit dem Dienstherrn mindestens anzeigen. Damit die Bürokratie nicht zu groß wird, soll das nur für Beamte von der dritten Qualifika tionsebene an gelten; 75 % aller Nebentätigkeiten werden nämlich von Beamten von der dritten Quali fikationsebene an ausgeübt. Dann weiß der Dienst herr, dass der Beamte eine Nebentätigkeit ausübt, kann überlegen, zu welchen Bedingungen er das tun darf, und kann überhaupt erst tätig werden.
Dies scheint uns notwendig, weil die bayerische Be amtenschaft einen sehr guten Ruf hat und mit ihrer Arbeit ganz wesentlich zum Erfolg beiträgt. Sie ge währleistet nicht nur die Handlungsfähigkeit des Staa tes und der Kommunen, sondern steht auch für Zu verlässigkeit, Neutralität und Gemeinwohlorientierung. Damit gar nicht erst der Verdacht aufkommt, dass Lobbyisten oder Interessenvertreter auf undurchsichti ge Weise Einfluss auf Exekutivorgane nehmen kön nen, wollen wir die erweiterte Anzeigepflicht über Ne bentätigkeiten von Beamten. Ich habe schon gesagt: Keine Bürokratie in unnötiger Höhe; die Pflicht soll ab der dritten Qualifikationsebene bestehen. Es geht uns dabei – auch das sage ich – um Transparenz; denn Transparenz schafft Vertrauen. Die Offenheit, um die es geht, brauchen wir zum Schutz und zum Ansehen unserer Beamten in der Öffentlichkeit.
Sehr geehrte Frau Präsi dentin, werte Kolleginnen und Kollegen! Übt jemand neben seinem Beruf eine Nebentätigkeit aus, hat der Arbeitgeber damit in der Regel wenig oder gar kein Problem, solange die Leistung bei der Arbeit stimmt. Es geht jetzt um Beamte, aber nicht, weil man plötz lich über die Leistung, den Fleiß, das Engagement und vielleicht auch ihr Fachwissen erstaunt ist, son dern weil man Sorge hat vor Kumpanei, Korrumpie rung oder gar Korruption.
Auch ich habe den interessanten und sicher reißeri schen Beitrag in der "WirtschaftsWoche" gelesen, die ich für ihre Recherchen und Ausführungen grundsätz lich schätze. Beim Leser kommt es natürlich gut an, wenn man suggestiv Kumpanei vorwirft bzw. dem Ganzen unterschwellig ein Geschmäckle mitgibt. Bei Ihnen von der SPD kommt es natürlich ganz gut an – das haben Sie vorhin auch ausgeführt –, wenn ausge rechnet der Freistaat Bayern als mit seinen Auskünf ten besonders verschlossen dargestellt wird.
Sie, werter Herr Kollege, und Sie, werte Frau Kollegin von der SPD, greifen diese Unterstellungen gerne auf und erwecken mit Ihrem Antrag deswegen bei mir den Eindruck
das ist ein Eindruck –, dass Sie kein Vertrauen in den bayerischen Beamten haben, der eine bestimmte Nebentätigkeit ausübt, weil Sie ihm unterschwellig Amtsmissbrauch unterstellen. Sie haben auch kein Vertrauen in ein funktionsfähiges Berufsbeamtentum und einen Dienstherrn, der die Aufsicht über den Be amten ausübt, weil die aus Ihrer Sicht ohnehin nichts machen, sondern Kumpanei auch noch fördern.
Sie werden sagen: Vertrauen ist gut, Kontrolle ist bes ser; das ist mir schon klar. Aber ich sagen Ihnen: Misstrauen vergiftet jede Geschäftsbeziehung und verdirbt ganz allgemein die Freude am Leben.
Aufzeichnungen und Dossiers führen nun einmal zu Misstrauen, und ich werde Ihnen sagen, warum. Jeder Beamte hat einen Amtseid geleistet, dass er die Gesetze einhalten wird, und es gibt auch die Verhal tenspflicht für den Beamten, dass das Vertrauen in seine Unabhängigkeit nicht gefährdet werden darf. Beide Komponenten verpflichten ihn – das haben Sie ja auch gesagt – zu Unparteilichkeit, Unbefangenheit und Sensibilität, damit dienstliche Interessen nicht be einträchtigt werden. Das gilt auch bei der Ausübung von Nebentätigkeiten.
Ihr tiefes Misstrauen führt nun dazu, dass Sie nicht nach den Begleitumständen von Nebentätigkeiten fra gen. Stattdessen reden Sie von Transparenz. Aber ich bin bass erstaunt, was Sie alles ausblenden.
Hören Sie lieber zu und babbeln Sie nicht rein! – Nebentätigkeiten sind grundsätzlich erlaubt, finden ty pischerweise außerhalb der Arbeitszeit statt und sind damit im Grundsatz eine private Angelegenheit des Beamten. Wollen Sie wirklich über private Dinge Auf zeichnungen führen?
(Markus Rinderspacher (SPD): Nennen Sie mir einen Arbeitgeber, der nicht über Nebentätigkei ten – –)
Außerdem sind Nebentätigkeiten deswegen genehmi gungsfrei, weil sie auch von den Grundrechten und den Grundfreiheiten betroffen sind. Das wissen Sie als Jurist ganz genau. Es gibt die Freiheit der Persön lichkeit, es gibt die Freiheit der Wissenschaft, und es gibt auch die Freiheit des Berufes. Das sind alles ge schützte Rechtsbereiche. Artikel 5 Absatz 3 des Grundgesetzes erlaubt Vortragstätigkeiten und schrift stellerische Tätigkeiten. Das sind vorbehaltlose Grundrechte, die nur unter strengen Prinzipien einge schränkt werden können.
Im Übrigen bestehen – das habe ich Ihnen auch schon gesagt – wirksame Instrumente für die Dienst aufsicht im Rahmen der geltenden Rechtslage, um vor allem herausragenden Einzelfällen, die Grund zur Nachfrage bieten, nachgehen oder schon im Vorfeld eine Genehmigung abverlangen zu können. Das heißt, der kritische Bereich bei Nebentätigkeiten un terliegt der Genehmigungspflicht. Kein Vorgesetzter wird einfach tatenlos zusehen und den Beamten ge währen lassen.
Es gibt auch – das wissen Sie – soziale Strukturen in den Ämtern. Das heißt, es spricht sich herum, was ein Beamter macht. Einmal im Haus, das bekommt man nicht mehr heraus. Das wissen Sie vielleicht auch. Beamte sind grundsätzlich korrekte Menschen und dulden es nicht, wenn einer unbotmäßig aus der Reihe tanzt und sich möglicherweise auch noch berei chert; Sie haben von lukrativen Posten gesprochen.
Ich komme zu einem weiteren Punkt. Außerdem haben das Halten von Vorträgen und das Schreiben von Aufsätzen oder Kommentaren auch eine Berech tigung. Das Fachpublikum ist in der Regel froh darü ber,
Er wird damit auch zum Aushängeschild der Verwal tung. – Das haben Sie nicht gesagt. Ich halte es auch für wichtig, dass sich die Verwaltung in speziellen Ma terien in die rechtliche Diskussion einbringt und die Dinge aus der Perspektive der Verwaltung darlegt. Für den Bürger ist damit klar, dass er, wenn er sich daran hält und der herrschenden Meinung in der Ver waltung folgt, auf der sicheren Seite ist, womit der Be
amte einen Beitrag zur Rechtsklarheit und Rechtssi cherheit leistet. Damit bringt das Ganze auch einen Mehrwert und erspart dem Staat vielleicht so man ches langwierige Rechtsverfahren. Nehmen Sie das Steuerrecht als Beispiel; das haben Sie auch gesagt. Das Steuerrecht ist heute kein einfaches Handwerk, sondern sicher eine vergeistigte Wissenschaft. Da reicht es nicht mehr, wenn man Steuerpapst ist, da muss man schon Steuergott sein, um zu wissen, was richtig und was falsch ist, gerade in so komplizierten Materien wie der Abgeltungssteuer oder dem Invest mentsteuerrecht.
Ich denke auch nicht, dass ein Beamter mit einem sol chen Vortrag das Vertrauen in seine Unabhängigkeit gefährdet oder Dienstgeheimnisse ausplaudert. Sie werden sagen: nicht mit dem Vortrag, sondern mit sei ner Vergütung. Aber jede Vergütung oder jede Leis tung hat auch ihren Wert, noch dazu, wenn sie außer halb der Dienstzeit erbracht wird und damit zu einer privaten Angelegenheit wird. Dass der Beamte hier im Wettbewerb mit anderen Referenten steht, die mit hö heren Stundensätzen abrechnen können, kann man ihm doch weder zum Vorwurf machen noch ihm ver übeln, es sei denn, man verlangt, dass er seine Fach kompetenz unter Wert verkaufen muss. Aber es geht auch leider nicht, den Hinzuverdienst zu beschränken; ich habe vorher die Grundfreiheiten genannt. Denn da würde jedes Gericht und insbesondere das Verfas sungsgericht einen Strich durch die Rechnung ma chen.
Wir lehnen Ihren Antrag ab, weil er überzogen und überflüssig ist. Er fordert eine unverhältnismäßige Aufzeichnungspflicht, obwohl es um herausragende Einzelfälle geht, denen die Dienstaufsicht nachgehen kann. Wir lehnen ihn ab und freuen uns über jeden fleißigen und kompetenten Beamten, weil wir Vertrau en in ihn haben. Wir haben auch Vertrauen in ein funktionierendes Berufsbeamtentum – im Gegensatz zu Ihnen.
Frau Präsidentin, sehr geehrte, liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir leh nen diesen Antrag auch als überzogen ab. Lieber Kol lege Dr. Kränzlein, bei allem Respekt: Dass Sie den Berufsbeamten ein solches Gefahrenpotenzial unter stellen, halte ich für weit daneben.
(HansUlrich Pfaffmann (SPD): Keiner unterstellt hier irgendwas! – Dr. Herbert Kränzlein (SPD): Wir wollen sie schützen!)
Das beruht in der Tat auf einem reißerischen Artikel, den ich mir in den vergangenen Tagen zu Gemüte ge führt habe. In diesem Artikel werden im Übrigen nur Bundesbeamte als Beispiele genannt.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, wenn es in der Dis kussion um die Angemessenheit von Vortragshonora ren geht, fallen mir zunächst einmal zwei Namen ein: Hillary Clinton und Peer Steinbrück.