Herbert Kränzlein
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Herr Präsident, Herr Finanzminister, liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Freller, gleich ein Wort vorweg an Sie. Ich erlebe Sie im Haushaltsausschuss immer als sehr still, sehr verträglich und leicht resignativ.
Aber hier habe ich den Eindruck, dass Sie Ihre Existenzberechtigung als stellvertretender Fraktionssprecher immer wieder nachweisen müssen, und da hauen Sie drauf und treffen weit, weit daneben.
Wir haben im Haushaltsausschuss detailliert über die einzelnen Anträge gesprochen. Darum will ich jetzt auch mehr den großen Bogen schlagen. Nach dem, was hier gesprochen wurde, gehe ich kurz einmal auf die Metaebene, wenn Sie so wollen, also auf die Frage ein, wie gute Finanzpolitik, die sich schließlich im Haushalt niederschlägt, eigentlich ausschauen muss und wie man das am bayerischen Haushalt erklären kann.
Wenn Sie auch nur grundlegende Kenntnisse der Volkswirtschaft hätten, was ich Ihnen wünschen würde, und vielen anderen Finanzpolitikern,
dann wüssten Sie
Religionslehre allein reicht nicht, um als Finanzpolitiker auftreten zu können –, dann wüssten Sie, dass die Politik der Schuldenfreiheit eines Staates von allen Ökonomen, ob konservativ, fortschrittlich, liberal oder sozialdemokratisch,
als blanker Nonsens bezeichnet wird.
Hören Sie sich das einmal an: Was hat der Freistaat Bayern – und das weiß der Herr Freller wahrscheinlich nicht – für eine Staatsverschuldung? – Wir haben in Bayern eine Staatsverschuldung von 4 % bezogen auf das Bruttoinlandsprodukt. Wir haben dabei bestimmte Dinge nicht einmal gegengerechnet; eigentlich wäre sie noch niedriger. Die Schuldengrenze in Europa ist auf 60 % festgelegt. Ich bin in Seminare gegangen, zu denen auch die Abgeordneten der CSU eingeladen waren, zum Beispiel beim ifo Institut, wo der für mich sehr geniale Carl Christian von Weizsäcker, einer der angesehensten Ökonomen dieser Republik, genau das ausgeführt hat: Bayern wurde von der EU – und Bayern ist ganz wesentlich dafür ausschlaggebend, dass wir einen hohen Exportüberschuss haben – genau dafür gerügt, dass wir mit dem Geld, das wir haben, eben nicht genug Investitionen tätigen, die wir tätigen müssten. Das ist sträflich; denn Bayern mit seinem extrem niedrigen Schuldenstand müsste Geld hernehmen, um genau das zu finanzieren, was wir momentan leisten müssten. Natürlich haben die bayerischen Firmen einen großen Anteil an dem Exportüberschuss. Herr Freller, der Staat ist eben nicht die schwäbische Hausfrau. Aber genau so argumentieren Sie; denn Sie wollen hier Hausfrauenpolitik machen. Da tut man den Hausfrauen sogar unrecht.
Die Investitionen des Staates, Herr Freller, müssen wir in Bildung, in Forschung, in Wissenschaft, in Infrastruktur und in Zukunftstechnologie tätigen. Ein kaum verschuldeter Staat, der das nicht macht, sichert nicht die Zukunft ab. Er macht die Zukunft unsicher. Rentable Schulden, die wir machen müssten und machen könnten, würden zum Beispiel im ganz Kleinen verhindern, dass wir Lehrer nur befristet anstellen und für die Ferien sechs Wochen ausstellen. Das ist Ihre Politik.
Für eine Politik, bei der man auch in große Investitionen geht, hat der Kollege Güller unzählige Beispiele gebracht, deren Verwirklichung wir uns wünschen würden. Da schaffen wir Arbeitsplätze, schaffen in Zukunft höhere Steuereinnahmen ohne Steuererhöhung und stärken die Wettbewerbsfähigkeit der Wirtschaft. Genau da wollen wir hin. Aber Sie sparen an der falschen Stelle, und Sie geben an der falschen Stelle Geld aus. Da wurden Ihnen vom Kollegen Güller Beispiele genannt. Nehmen Sie nur pars pro toto den Wohnungsbau. Nehmen Sie die Studenten. Im Minimum eine Million Studenten werden sich in einem
Ballungsraum keine Wohnung mehr leisten können, und zwar nicht einmal zur Miete. In München kosten 25 m² inzwischen 750 Euro. Das zeigt doch: Wir brauchen Geld für die Studentenwerke, damit sie Studentenwohnungen bauen. Das ist die wohnungspolitische Seite.
Es hat auch etwas mit Bildungsgerechtigkeit zu tun. Wo können denn bei diesen finanziellen Möglichkeiten die vielen Studenten noch studieren? Und wenn sie studieren können, müssen sie die Hälfte der Zeit für Nebenjobs aufwenden. Das ist genau die fehlgeleitete Sparpolitik, die Sie gemacht haben und für die Sie verantwortlich sind.
Schauen Sie sich einmal an, wie Sie die Hochschulen geschwächt haben. Schauen Sie sich einmal an, wie der Mittelbau an den Hochschulen ausgestattet ist: finanziell sträflich vernachlässigt. Die Lehrbeauftragten haben Hungerlöhne, und die Grundfinanzierung der Universitäten fehlt völlig. Sie leben inzwischen stärker vom Firmensponsoring als von der staatlichen Grundfinanzierung. Es kann doch bei einem Staat mit diesen finanziellen Möglichkeiten nicht sein, dass er so wenig dafür aufbringt.
Da könnte ich Ihnen jetzt ewig Weiteres benennen. Zum Beispiel könnte man den ÖPNV und zwar nicht nur in den Ballungsräumen, enorm ertüchtigen. Das wäre unglaublich wichtig auch für den Umweltschutzbereich – Smog und Ähnliches ist das Thema. Sie geben Geld an der falschen Stelle aus und sparen an der falschen Stelle. Das Familiengeld wurde genannt. Ich gönne es allen, wenn sie gut verdienen. Aber wer in Bogenhausen oder in Grünwald wohnt, der braucht kein Familiengeld, und die anderen, die es brauchen, bräuchten etwas mehr, als man ihnen gibt. Nicht mit der Gießkanne übers Land ziehen, sondern intelligent investieren. Das haben Sie nie gemacht, und das werfen wir Ihnen vor.
Als Letztes fast ein persönliches Anliegen von mir. Vom Kollegen Güller wurde Ihnen schon einiges vorgehalten: Grenzpolizei, Reiterstaffel, Landesamt für Asyl. Alle diese Dinge machen Sie zu dem vermeintlichen Zweck, der AfD das Wasser abzugraben. Aber faktisch leiten Sie Wasser auf die Mühlen der AfD.
Vor dieser schwierigen Situation in diesem Land stehen wir heute.
Es muss Sie doch nachdenklich machen, wenn man durch München fährt, dass man viele Plakate der AfD hängen sieht, auf denen steht: AfD – Wir halten, was die CSU verspricht! – Ich sage Ihnen nur: Machen Sie alle miteinander, auch die Finanzpolitiker, in den Ferien einen volkswirtschaftlichen Grundkurs; das schadet nicht.
Einen Wunsch für die neue Legislaturperiode haben wir: Gehen wir auf einer gemeinsamen demokratischen Basis in diese neue Legislaturperiode, damit die AfD mit ihren weitgehend verfassungsfeindlich, rassistisch und autoritär denkenden Mitgliedern nicht das Projekt Europa, nicht diese freiheitliche Demokratie und nicht den guten Ruf Deutschlands in der Welt zerstört.
Ich kenne die Thematik seit vielen Jahren. Ich war schon als Bürgermeister der Nachbargemeinde damit befasst. Ich muss sagen, dass alle Argumente, die von den FREIEN WÄHLERN und den GRÜNEN hier vorgetragen wurden, stichhaltig sind.
Bei dieser Planung sind so viele Fehler passiert, dass man der Planung eigentlich nicht hätte folgen dürfen. Herr Zellmeier, schon das erste Kurzak-Gutachten war so grottenschlecht, dass Sie sich auf den Gutach
ter gar nicht hätten berufen sollen. Auch die Entlastung, die er genannt hat, ist falsch. Ich will die Debatte in der Tat nicht wiederholen.
Das ist kein parteipolitisches Thema. Wenn Sie sich vorstellen, dass CSU, SPD, GRÜNE – wer immer dort war in den Nachbargemeinden Gröbenzell und Eichenau – einstimmig oder mit einer Gegenstimme gegen dieses Projekt gestimmt haben und jetzt noch Petitionen eingereicht wurden, dann können Sie sehen, dass hier ein wichtiges verkehrspolitisches Konzept, das wir im Landkreis hatten, das Tangentenviereck, kaputtgemacht wird. Sie können sehen, dass die Landschaft kaputtgemacht wird, dass die Kosten deutlich steigen werden und dass wir damit allen anderen Kommunen bei einem Kosten-Nutzen-Verhältnis, bei dem kaum ein anderes Projekt jemals in die erste Dringlichkeitsstufe kommen würde, einen Tort antun. Ich habe eine Anfrage gestellt, und da sagt die Staatsregierung selber, eigentlich braucht man einen Bewertungsfaktor von 4,3. Dort hat man einen Bewertungsfaktor von 2,3. Trotzdem wurde es reingeschoben. Mir ist unverständlich, wie das passieren konnte, und darum habe ich, was mir leid tut, gegen meine Fraktion stimmen müssen, weil die richtige Entscheidung gewesen wäre, die von den FREIEN WÄHLERN geforderte Überprüfung einzuleiten.
Herr Kollege Freller, Sie haben Krokodilstränen wegen des Länderfinanzausgleichs vergossen. Ich hätte es spannend gefunden, wäre die Klage nicht zurückgenommen worden. Das Bundesverfassungsgericht hätte aufklären können, was da wirklich los war. Schließlich haben Sie den Länderfinanzausgleich auf den Weg gebracht, ihn selber verabschiedet, ihn gutgeheißen und dann bitter darüber geweint.
Vielleicht ist Ihnen das nicht bekannt. Ist Ihnen bekannt, dass der Länderfinanzausgleich in einem dreistufigen Verfahren abläuft? – Sie schimpfen auf NRW. Bei genauer Betrachtung haben wir jedoch einen Mehrwertsteuervorwegausgleich, bei dem NRW am Ende gar nicht schlechter dasteht als Bayern. Falls Sie es nicht wissen: Es gibt in der Landtagsbibliothek hervorragende Literatur dazu. Lesen Sie sich das durch. Dann merken Sie, dass Ihre Klagen völlig unbegründet sind.
Herr Präsident, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Dass der Ministerpräsident seine Fraktion nicht mehr sehen will, steht in der Zeitung.
Dass der Finanzminister bei einer Haushaltsberatung überhaupt nicht mehr im Saal ist, genauso wie er nicht im Saal war, als wir im Ausschuss debattiert haben, das ist eine Respektlosigkeit.
So unambitioniert sein Verhalten hier ist, so unambitioniert ist auch dieser Nachtragshaushalt. Dort, wo Gestaltungsmöglichkeiten gegeben sind, haben Sie überhaupt nicht sachgerecht auf die drängenden gegenwärtigen Probleme reagiert, sondern mit Feigenblattanträgen alleine die anstehenden Wahlen und dabei Ihren Machterhalt im Auge gehabt.
Der Kollege Güller hat schon einige Beispiele genannt. Die Kreismusikschulen sind ein typisches Bei
spiel. Die anderen Fraktionen, vor allem wir, drängen schon seit Jahren auf eine angemessene Finanzierung. Da kommen Sie dann nach einigen Jahren mit einem Bruchteil hinterher. Ähnlich ist es bei den städtischen Theatern. Bei den Pflegestützpunkten und der Verbesserung der Hochschulfinanzierung ist es besonders tragisch. Überall dort haben Sie als Reaktion auf unsere Anträge versucht, den Anschein zu erwecken, Sie hätten das Thema auch auf der Agenda und würden nun handeln. Aber tatsächlich lagen Ihre eingesetzten Summen immer lediglich im symbolischen Bereich, und dort werden sie relativ wirkungslos bleiben. Für den Kollegen Herold, der anschließend etwas sagen muss, ein Beispiel, damit er darauf eingehen kann: Herr Kollege König hat in der Aktuellen Stunde auf eine kräftige Erhöhung beim Wohnungsbau hingewiesen. Wissen Sie, wie bei Ihnen die kräftige Erhöhung ausgesehen hat? – Sie haben von 20 Millionen auf 25 Millionen Euro, also um 5 Millionen erhöht. Bei der Verpflichtungsermächtigung für die kommenden Jahre haben Sie nichts gemacht. Auf diesem Gebiet hat die SPD eine Aufstockung um 365 Millionen gefordert; denn genau diese Summe wäre notwendig, um in dieser Region die Wohnungsnot auch nur annähernd wirkungsvoll zu bekämpfen.
Sie betreiben eine Placebo-Politik. In der Gesundheitspolitik und auf ärztlichem Gebiet können Placebos manchmal ein bisschen wirken. Aber Ihre Placebo-Politik wirkt so, dass sich die Zustände verschlimmern. Wir haben heute im Wohnungsbau die Problematik, dass ein Drittel der Bevölkerung, wenn sie in einem Raum wie München umziehen müsste, in München nicht mehr leben könnte. Sie kennen vielleicht die dortigen jüngsten Daten zur Verschuldung der Haushalte. Die Situation ist so brisant, dass man politisch reagieren muss. Diese politische Reaktion fällt bei Ihnen aus.
In der Aktuellen Stunde wurde bisher hierzu einiges gesagt, aber nicht richtig beleuchtet. Die staatliche Wohnungsbaugesellschaft ist eine wunderbare Idee, aber diese kommt von uns. Staatssekretär Füracker musste auf unsere Nachfrage, was er sich zu dieser staatlichen Wohnungsbaugesellschaft vorstelle, bezüglich der Prämissen, der Ziele, der konkreten Ausgestaltung und der Frage, wo im Haushalt Geld stecke, passen und sagen, das komme später. Genau diese Politik können wir nicht brauchen. Bleiben Sie bei Ihrer Absicht, den Wohnungsbau voranzutreiben, und orientieren Sie sich an einem gut ausgewogenen Antrag, den wir gestellt haben, der zielführend ist und den Sie in Wirklichkeit bereits kopiert haben.
Neben dem sozialen Wohnungsbau, dem Genossenschaftswohnungsbau und der Hilfe für kommunale Gesellschaften – Bereiche, die wir stärken müssen –
brauchen wir im Wohnungsbau diese neue Säule, um mit öffentlichen Geldern die Kommunen einzubeziehen; denn nur Letztere können die Grundstücke vernünftig zur Verfügung stellen. Es wäre an der Zeit gewesen, dass Sie bei diesem Haushalt etwas konkret dazu sagen. Wie gesagt, Sie haben nichts gemacht.
Ein anderes drängendes Problem ist Folgendes: Ein Drittel der bayerischen Bevölkerung fährt mit dem System der Münchner S-Bahn. Ein Drittel der bayerischen Bevölkerung braucht diese S-Bahn, kann sich aber darauf nicht mehr verlassen. Das ist in diesen Tagen wieder deutlich zu bemerken. Die Staatsregierung hat es nämlich seit vielen Jahren versäumt – das haben wir ihr immer wieder vorgehalten –, die Modernisierung und Erweiterung insofern auf den Weg zu bringen, als wir angesichts der stark gestiegenen Fahrgastzahlen auf der Höhe der Notwendigkeiten sind. Aber was erleben wir in dem Bereich: eine permanente Politikverweigerung des zuständigen Verkehrsministers.
Sehen wir uns als Letztes ein paar Kleinigkeiten in Bezug auf den Zehn-Punkte-Plan des künftigen Ministerpräsidenten an, wozu Herr Kollege Güller Ausführungen gemacht hat. Der künftige Ministerpräsident spricht von Revitalisierung von Ortskernen. Gleichzeitig erstellt er ein Landesentwicklungsprogramm, das in Wirklichkeit die Ortskerne eher in den Dornröschenschlaf versenkt, indem er alle wichtigen Ansiedlungen nach draußen drängt, auch in nahe an der Autobahn liegenden Kommunen. Die weiter hinten liegenden Kommunen bleiben sowieso auf der Strecke. Was wir erleben, ist also genau das Gegenteil, nämlich ein Sterben der Ortskerne. Von Revitalisierung ist bisher überhaupt nichts zu sehen.
Bei allem Respekt könnte ich Ihnen weitere Beispiele aufzählen, etwa dass Sie die Palliativmedizin gerade nicht fördern, während wir es beantragt haben, und dass Sie keine Pflegestützpunkte fördern, während wir es ebenfalls beantragt haben. Die Aufzählung ließe sich unbeschränkt fortsetzen.
Sie haben es aber zuwege gebracht, alle Anträge der Opposition abzulehnen, und das in aller Regel ohne jede sinnhafte Begründung. Souveränität schaut anders aus. Sie haben sich als Abgeordnete als nicht souverän erwiesen.
Dieser Nachtragshaushalt, über den wir heute abstimmen, ist mutlos und uninspiriert. Er setzt nicht einmal falsche Akzente – er setzt überhaupt keine Akzente. Darum lehnen wir ihn ab.
Frau Präsidentin, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Die Erbschaftsteuer ist immer ein sehr emotionales Thema. Wenn wir uns erinnern: Das Bundesverfassungsgericht hat das alte Erbschaftsteuergesetz für verfassungswidrig erklärt, weil die übermäßige Verschonungsregelung für Firmenvermögen grundgesetzwidrig war. Dann hat die
GroKo einen Gesetzentwurf des Hauses Schäuble vorgelegt, der genau dem Rechnung getragen hat. Durch Intervention der CSU-Fraktion wurde dieser Entwurf dann noch einmal verwässert, und es wurde ein Erbschaftsteuergesetz in die Welt gesetzt, dem die SPD-Bundestagsfraktion ohne Koalitionseinbindung gar nicht hätte zustimmen können. Zur Handhabung des neuen Gesetzes haben die begünstigten Bundesländer einen gemeinsamen Anwendungserlass erarbeitet. 16 Bundesländer! Auch hier – das ist einmalig in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland – ist die CSU ausgeschert und hat diesen Erlass in wesentlichen Teilen für die bayerischen Finanzbehörden aufgekündigt. Dagegen hat sogar der Bundesfinanzminister bei seinem bayerischen Kollegen Söder protestiert. So weit die augenblickliche Situation.
Bis heute fehlen immer noch die zu erarbeitenden Erbschaftsteuerrichtlinien, ohne die die Finanzämter in der Luft hängen, wenn sie Erbschaften steuerrechtlich behandeln müssen. Es ist ein Unding, was momentan gilt. Firmenvermögen werden in Deutschland völlig verschieden bewertet, je nachdem, wo die Steuer veranlagt wird. Sind die einen Erben in Bayern und die anderen nicht in Bayern, dann werden bei den Veranlagungen unterschiedliche Steuersätze erhoben. Die Steuerberater haben über ihre Berufsvertretungen deutlich erklärt, dass sie diese Handhabung und übrigens auch das Gesetz schon wieder für verfassungswidrig halten, weil eben die Verschonung so übermäßig ausgefallen ist.
Was will Bayern erreichen? Immer das Gleiche, man will Steuerflüchtlinge nach Bayern locken, um sich Sondervorteile herauszuschinden. Dafür nimmt man massiven Flurschaden in anderen Bundesländern in Kauf. Ein völliges Unding, das wir so nicht akzeptieren sollten!
Die beiden zu behandelnden Anträge zielen genau darauf ab, diesen unhaltbaren Zustand zu beenden und die Bayerische Staatsregierung anzuhalten, sich bundestreu und solidarisch zu verhalten. Wenn das nicht gemacht wird, dann prophezeie ich Ihnen, dass spätestens die Gerichte diesen bayerischen Sonderweg wieder aus der Welt schaffen werden.
Liebe CSU-Abgeordnete, ihr sollt euch durchaus vor Augen halten, dass Artikel 14 des Grundgesetzes nicht nur eine Eigentums- und Erbschaftsgarantie beinhaltet, sondern auch die Sozialbindung, die Verantwortung von Eigentum regelt. Wenn schon durch Arbeit verdientes Geld besteuert wird, muss erst recht leistungslos durch einen Erben erworbenes Vermögen
einer gerechten Besteuerung zugeführt werden. Das deutsche Steuerrecht ist sowieso recht maßvoll. Halten Sie sich einmal vor Augen, dass von 400 Milliarden vererbtem Vermögen dem Staat 6 Milliarden verbleiben. Da sind die Erträge aus der Tabaksteuer dreimal so hoch. Die Verschonung im Erbschaftsteuerrecht ist schon gigantisch.
Auch wir wollen weiterhin das Firmenvermögen nicht unverhältnismäßig besteuern, wenn es zur Erhaltung der Firma und für Investitionen in den Betrieb notwendig ist. Wir wollen Arbeitsplätze genauso schützen, aber wir wollen clevere Vermögensverschiebungen zwischen Firmen- und Privatvermögen verhindern. Wir wollen, dass von unproduktiven Firmenkonstruktionen, die sich ununterbrochen mithilfe von Steuerberatern zur Vermeidung von Erbschaftsteuer bilden, Abstand genommen wird.
Der Artikel 123 Absatz 3 der Bayerischen Verfassung hat Sie noch nie so richtig beeindruckt. Die Vermeidung von Riesenvermögen ist Ziel dieser Bestimmung. Das ist Verfassungsrecht.
Es gibt auf jeden Fall zu viele Möglichkeiten, Steuern zu vermeiden. Das gesamte Steuerberatungssystem ist darauf ausgerichtet, weniger Geld zu zahlen und sich nicht mehr zu engagieren …
Manche Reiche sind sich sehr wohl ihrer Verantwortung bewusst, aber hängen das nicht an die große Glocke. Andere … kümmern sich vor allem um Steuervermeidung und nutzen Lücken im Steuergesetz radikal aus …
Für mich steht die Frage im Vordergrund, wie wir unser Sozialsystem adäquat entwickeln. Der Kapitalismus hat die Eigenschaft, Geld nach ganz oben zu schmeißen. Insofern muss man es von dort nehmen.
Dieses Zitat stammt von einer Frau, die sozialdemokratischer Umtriebe nicht verdächtig ist. Dies hat Ise Bosch, die Enkelin des Firmengründers Robert Bosch, gesagt. Sie hat damit wirklich den Nagel auf den Kopf getroffen. Da geht es nicht um Neidkomplexe, sondern einfach darum, dass Gerechtigkeit hergestellt wird, indem auch etwas von oben nach unten umverteilt wird, damit die Schere zwischen Reich und Arm, die viel zu weit offen ist, wieder ein Stück geschlossen wird. Stimmen Sie unseren Gesetzentwürfen bitte zu.
Herr Staatssekretär, es ist eineinhalb Jahre her, da war Minister Herrmann in Eichenau. Ich nehme das jetzt Pars pro Toto für ein Problem, das ich bei dieser Staatsregierung sehe, und versuche, das einmal ohne Polemik darzustellen. Dabei geht es um den Westarm der S 4. Weil Herrmann in Eichenau war, hat er wieder versprochen: Ende 2017 Planfeststellungsbeschluss für das dritte Gleis. Ein paar Monate vorher ist er von Bruck nach München gefahren und hat ebenfalls versprochen: Es gibt kein Junktim zwischen der zweiten Stammstrecke und diesem dreigleisigen Ausbau; das kann gleichzeitig gemacht werden. Ich kann Ihnen noch viele andere Zitate sagen. Er hat dort auch gesagt, dass er, als er das Verkehrsministerium übernommen hat, dort nichts anderes als ganz allgemeine Ankündigungen vorgefunden hat. – Das geht an die FDP.
Aber auch Sie machen jetzt wieder – noch einmal Pars pro Toto bei dieser Strecke – eine ganz allgemeine Ankündigung. Sie haben jetzt wieder betont: Erst die zweite Stammstrecke macht eine Ertüchtigung der Außenäste sinnvoll. Das ist Unfug; da fährt der Fernverkehr Richtung Zürich, da fährt der Regionalverkehr und daneben die S-Bahn. Sie alle fahren auf dieser beengten Strecke und produzieren permanent große Verspätungen. Das ist genau die Strecke mit dem höchsten Verkehrsaufkommen im S-Bahn-Bereich, von einem bestimmten Teil der Flughafenlinie abgesehen.
Das heißt: Auch Sie haben in all den Jahren – das ist inzwischen über zwanzig Jahre her; ich war lange Zeit Bürgermeister und habe mir die Ankündigungen angehört; am Anfang habe ich sie sogar geglaubt – immer wunderbare Ankündigungen gemacht, aber Sie haben in dieser Zeit nichts verwirklicht. Da ich hier auch vor allem Ankündigungen sehe, muss man Sie daran messen, was Sie später machen, oder daran, was Sie jetzt nicht gemacht haben. Das Ergebnis Ihrer Leistungen schaut da leider grottenschlecht aus.
Frau Präsidentin, Kolleginnen und Kollegen! Eigentlich reden wir von einer puren Selbstverständlichkeit. Es geht darum, dass der Finanzausschuss – er wird ausdrücklich erwähnt, im Hintergrund steht selbstverständlich das Plenum, das dann zu entscheiden hat – umfassend und rechtzeitig informiert wird, und zwar nicht über alles, sondern über besonders gewichtige Vorhaben, in diesem Fall der mittelbaren Staatsverwaltung, damit wir ordentlich entscheiden können. Eigentlich möchte man meinen, so weit, so klar. Warum muss man da überhaupt reden?
Eine Regierung – in diesem Fall geht es nicht um die Verwaltung in einem Ministerium, da geht es um den zuständigen Minister, dieser ist dafür verantwortlich – sollte eigentlich so viel Respekt vor einem Parlament und vor einem Ausschuss haben, dass sie von sich aus die notwendigen Informationen frühzeitig, umfassend und genau gibt. Wenn sie es nicht macht, dann läge es im Selbstverständnis der Parlamentarier, die darauf ein Recht haben und die das erwarten dürfen, dass sie das einfordern können. Da es nicht geklappt hat – da war das Deutsche Museum ein Beispiel –, kam der Antrag der FREIEN WÄHLER, eine logische Konsequenz aus einer Fehlhaltung der Regierung.
Nun hat sich der Herr Herold auch schon im Finanzausschuss so geäußert: War ja alles kein Problem, alles gut, wir haben alles gehört. – Ich habe mir das mal angeschaut, was man gehört hat. Wir im Finanzausschuss hören sowieso alles recht spät. Im zustän
digen Kulturausschuss stand zum Beispiel der Prof. Heckl da und hat von 1.500 Quadratmetern gesprochen. Mehr nicht. Das hat er sogar gesagt: Das ist der Bedarf, den wir haben. – Sie wissen: Danach ist das deutlich in die Höhe gegangen. Bei der Anfrage der GRÜNEN – die SPD hat auch Anfragen gestellt – hat sich die Regierung eigentlich wie so oft mit Nichtwissen herausgeredet: alles noch unklar, alles unbestimmt, alles nicht so genau bekannt. – Die Jahresmieten – das habe ich im letzten Moment gehört – sind von 1,3 Millionen auf 2,5 Millionen Euro gestiegen.
Dann denke ich mir: Da kann man doch nicht sagen, wir sind gescheit informiert worden. Die Sommerdebatte hat doch bis weit in Ihre Fraktion hinein gezeigt – dass Sie Ihre Regierung nicht direkt kritisieren, sei Ihnen ja zugestanden –, dass Sie selber total verblüfft waren, wie wenig wir gewusst haben und wie forsch man da vorangeschritten ist. Von daher muss ich sagen: Es ist ein berechtigter Antrag der FREIEN WÄHLER. Es ist richtig, dass die anderen beiden zugestimmt haben. Es ist mir unerklärlich, dass Sie, wenn Sie selber als Parlamentarier Respekt gegenüber der Regierung einfordern sollen, nur wieder die üblichen Verteidigungsreden halten. Diese sind hier nicht angebracht.
Herr Präsident, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Es ist kein Zufall, dass wir heute schon zum zweiten Mal über das Wohnen sprechen; denn das ist ein elementares Grundbedürfnis. Inzwischen haben in diesem Land Hunderttausende Probleme, eine geeignete und bezahlbare Wohnung zu finden. In dieser Frage dürfte bei uns Übereinstimmung herrschen. Wir müssen uns deshalb Gedanken darüber machen, wie wir uns diesem Thema nähern und was wir politisch tun können.
Die Problematik besteht darin, dass bei vielen Maßnahmen die zugrunde liegende Analyse falsch ist. Neoliberale Lösungen, die angedacht werden, werden immer zu kurz greifen. Aufgrund der EZB-Politik des billigen Geldes und der niedrigen Zinsen können wir seit langen Jahren das Ausweichen derer, die ein größeres Vermögen haben, in das sogenannte Betongold beobachten. Diese Leute investieren in Wohnungen und Häuser. Diese große Nachfrage steigert automatisch den Preis für Wohnungen. Neben diesen enormen Preissteigerungen für die Neubauten, die auch dadurch entstehen, dass die Bauwirtschaft ausgelastet ist und mehr nehmen kann, sind gefährliche Mitnahmeeffekte eingetreten; denn die Altbauten und die großen Wohnungsbestände von Genossenschaften heben die Mieten auf Marktniveau. Das ist in einer Marktwirtschaft normal. Die momentanen Bedingungen, die wir haben, stellen jedoch ein partielles Marktversagen dar. Das ist hochgefährlich.
Grund und Boden sind nicht beliebig vermehrbar. Das ist eine Selbstverständlichkeit. Allerdings sind auch die Kommunen nur in relativ geringem Maße bereit, Bauland neu auszuweisen oder Verdichtungen vorzunehmen. Die Gründe dafür sind zum Teil recht vernünftig; denn die Kommunen müssten in diesem Fall auch die Infrastruktur bereitstellen und die Bodenversiegelungsproblematik im Auge behalten. Die Kommunen haben oft eine Verkehrssituation, die nicht dazu geeignet ist, die Zahl der Wohnungen zu vermehren. Das ist gerade im Ballungsraum München der Fall. Daneben haben die Bürgermeister der Kommunen oft das Problem von Egoismen bei bereits ansässigen Bürgern, die oft gar nicht wollen, dass neues Bauland ausgewiesen wird.
Aus all dem folgt, dass die Mietpreise für Neubauten bei 12 Euro pro Quadratmeter beginnen. Das ist in relativ vielen Teilen Bayerns der Fall. Ausnahmen bestehen nur in wenigen Landkreisen. In den Großstädten, in denen der Wohnungsmarkt angespannt ist, gehen die Preise noch dynamischer nach oben. Wir müssen uns deshalb überlegen, was wir tun können. Ein Großteil der Bevölkerung ist von dieser Entwicklung betroffen. Dort zehren die Mieten in unerträglicher Weise einen Großteil der Familieneinkommen auf. Rentner, Auszubildende, Studenten, Fachhandwerker, viele Akademiker und junge Familien haben Probleme, auf diesem Markt überhaupt noch angemessene Mietpreise zu finden, die sie als Berufsanfänger und auch später bezahlen können.
Wir müssen etwas gegen diese Misere tun. Wir haben dazu die klassischen Instrumente, die wir auch weiterhin benötigen werden: Steuererleichterungen, Abschreibungen, die Grunderwerbsteuerfreibeträge, die Wohnbauförderung und den sozialen Wohnungsbau.
Diese Instrumente sind richtig und gut, aber sie reichen nicht. Wir merken jetzt schon, dass trotzdem immer noch größere Gruppen durch das Raster fallen und keine Wohnungen bekommen. Wir haben deshalb einen wohldurchdachten Vorschlag gemacht. Wir wollen eine staatliche Wohnungsbaugesellschaft gründen, die, anders als beim sozialen Wohnungsbau, Wohnungen nicht nur baut, sondern sie dauerhaft in staatliche und kommunale Besitzverhältnisse überführt. Damit könnte diese Wohnungsbaugesellschaft nachhaltig auf den Mietmarkt einwirken.
Herr Kollege Weidenbusch hat zu diesem Vorschlag gesagt, ob das staatliche Gesellschaften überhaupt könnten. In Nürnberg gibt es bereits eine solche Gesellschaft, bei der der Staat dabei ist. Wir haben die Stadibau. Wir können in ganz Bayern auf vorhandene Strukturen zurückgreifen. Wir haben Ihnen in unserem Antrag detailliert aufgelistet, wie das gehen könnte, nämlich über die Stadibau, die IMBY und die BayernGrund, die zusammengespannt werden könnten. Dazu müssten ein paar rechtliche Rahmenbedingungen geändert werden. Wir würden damit Kompetenzen bündeln, eine schlagkräftige Organisation schaffen und die Strukturen anpassen.
Das hätte massive Vorteile. Wir hätten einen Dienstleister für die kommunalen Bauverwaltungen. Viele Kommunen nehmen das Geld aus der zweiten Säule des Wohnungspakts Bayern in Anspruch, weil ihre Bauverwaltungen überfordert sind. Die Infrastruktur dieser Kommunen ist schon ausgelastet. Außerdem sind auf dem Markt nicht genügend junge Architekten oder überhaupt Architekten zu bekommen.
Wir hätten mit diesem Modell eine Hilfe für die Kommunen. Die großen Städte brauchen eine solche Hilfe nicht. Sie können sich selbst helfen. Dieses Modell würde den Umlandkommunen helfen, die etwas tun könnten, aber das aus den genannten Gründen unterlassen. Für die Kommunen, die das Bauland ausweisen und dies den Bürgern gegenüber vertreten müssen, entstünde folgender Anreiz: Diese Kommunen könnten für einen Teil dieser Wohnungen dauerhafte Belegrechte erhalten. Sie könnten Menschen, die in den Kommunen besonders geschützt und gefördert werden müssen, zum Beispiel Leute, die in der Pflege und der Erziehung beschäftigt sind, Facharbeiter und junge Familien, in diese Wohnungen bringen. Der Staat hätte finanzielle Rückläufe und müsste nicht in dem Maße auf eine Rendite achten wie andere.
Leider muss ich es sehr kurz machen. Bei diesem Modell würden keine Ghettos entstehen. Das beweisen die Genossenschaftsbauten der Jahrhundertwende. Dies wäre ein sehr günstiges und sehr gutes Modell, bei dem verschiedene Leute aus sehr
verschiedenen Gruppen nebeneinander leben könnten.
Sofort. Uns geht es vor allem darum: Bezahlbares Wohnen braucht neue Antworten zu den alten Antworten. Dies ist eine neue Antwort.
Überwinden Sie bitte Ihren normalen Reflex der automatischen Ablehnung. Gehen Sie diesen Weg mit uns, wenn schon nicht heute, dann vielleicht morgen mit einem eigenen Antrag.
Herr Kollege Weidenbusch, Sie bringen immer Beispiele, die eigentlich falsch sind. Die Erbschaftsteuer und die chinesischen Investoren? – Das ist ja ein Witz. Keine Baugesell
schaft bei uns, keine Genossenschaft usw. wird mit der Erbschaftsteuer belegt.
Das ist die falsche Denkweise. Ich habe mir die Mühe gemacht, die Zahlen nachzuprüfen, die Sie im Ausschuss zur Wohnbauförderung genannt haben. Sie haben da für 2016 379 Millionen Euro angegeben, ohne Bund wohlgemerkt. Tatsächlich sind es 259 Millionen Euro. Für 2017 haben Sie 420 Millionen Euro angegeben. Es sind ausweislich des Doppelhaushalts 237 Millionen Euro. Da können Sie reinschauen. Dann belegen Sie mir mal, dass es anders ist, selbst wenn Sie Studentenwohnungen mit 35 Millionen Euro dazuzählen.
Ich komme zum billigen Baugrund. Da liegen Sie völlig falsch. Ich habe als Bürgermeister 24 Jahre lang vorausschauende Bodenpolitik gemacht. Das kann Ihnen in Puchheim jeder bestätigen.
Dazu haben wir den städtebaulichen Vertrag. Wir haben die privaten Umlegungsverfahren, und die Kommunen, die wollen und dann auch können, weil sie Hilfe bekommen und diese Instrumente anwenden. Sie kommen dann zu Bauland, mit dem man sehr viel machen kann.
Das haben wir übrigens auch gemacht.
Auf diesem Weg kämen wir ein deutliches Stück weiter. Zusätzlich braucht man keine Rendite in dem Umfang wie Privatinvestoren, eventuell auch deswegen, weil man, wenn man die anderen fördert, in diesem Bereich auch den staatlichen Wohnungsbau fördern kann. Wenn Sie recht hätten, müssten wir den Wohnungsbau durch Stadibau einstellen, wobei dieser nicht von bayerischen Beamten durchgeführt wird, sondern dort werden Aufträge an die Bauwirtschaft vergeben, was auch diese staatliche Gesellschaft macht. Sie müssten dann im Prinzip als Staat auch die Nürnberger Gesellschaft bald verlassen, weil dort genau das in kleinem Umfang gilt, was wir in großem Umfang wollen. All die Probleme, die man noch ausräumen muss – der Herr Glauber hat ein paar angesprochen; von den GRÜNEN hat es Herr Mistol gesagt –, könnten wir miteinander lösen, wenn wir diesen Reflex, dass die einen das, was die anderen machen, nicht gut fin
den können, aufgeben. Die Idee ist richtig, wichtig und gut.
Frau Präsidentin, Hohes Haus! Die SPD begrüßt die Errichtung einer Zweigstelle des Deutschen Museums in Nürnberg. Wir verlangen aber ein geordnetes Verfahren, an dem das Parlament mitwirkt und in dem es ernst genommen wird und das eine rechtzeitige umfassende Einbindung, volle Informationen und das Finden tragfähiger Entscheidungsgrundlagen ermöglicht.
Das ist im vorliegenden Fall eben nicht geschehen. Stattdessen haben wir eine Söder’sche Politik nach Gutsherrenart erlebt, die schon aus früheren Verfahren bekannt ist. Als Beispiel nenne ich nur AEG. Projekte, die wir für sehr wichtig halten und hinter denen wir stehen – Obersalzberg, Gärtnerplatztheater oder die Zweigstelle des Deutschen Museums in Nürnberg seien als Beispiele genannt –, laufen immer wieder aus dem Ruder, weil sie auf der Exekutivebene versemmelt werden.
Ganz knapp zu den Fakten, damit jeder weiß, worüber wir hier überhaupt reden: Im August 2014 gab es die vernünftige Nordbayern-Initiative. Ein Projekt darin war das Deutsche Museum in Nürnberg. Genannt wurden 8 Millionen Euro, die für die Finanzierung notwendig seien. Danach gab es einige Anfragen zum Plenum und Anfragen der Fraktionen der GRÜNEN und der SPD, so zum Beispiel im Oktober 2014, im Juli 2015 und im Januar 2016. Immer wieder war die Antwort – das zog sich noch bis in den Juni 2016 hinein, also ziemlich lang –, man habe noch keine ordentliche Projektplanung, man habe noch keine Grundlagen, man könne zu den Kosten nichts sagen. Eine tragische Geschichte, wenn man bedenkt, dass man ein Projekt auf den Weg bringt, der Projektträger selber, das Deutsche Museum, aber bis heute noch nicht in der Lage war, ein endgültiges Konzept vorzulegen. Das ist deswegen problematisch, weil mit dem Startschuss ein Projekt auf den Weg gebracht wurde, das nur schwer wieder zu bremsen ist, obwohl die Grundlagen einfach falsch waren.
Innerhalb relativ kurzer Zeit haben wir gehört, dass man von einer Ausstellungsfläche von 4.000 Quadratmetern, einer Museumseröffnung im Jahr 2019 und
Kosten in Höhe von 11 Millionen Euro ausgehe. Das war eine Aussage Söders bei einer Pressekonferenz am 10. Juni 2016, nachzulesen in einer "dpa"-Nachricht. Es gab dann eine Steigerung der Ausstellungsfläche auf 5.500 Quadratmeter. Die Aufbauphase sollte auf einmal 27,6 Millionen Euro kosten, und im Haushalt 2017/2018 wurden dann 64 Millionen eingestellt. Genannt wurde auch eine Miete von 1,8 Millionen. Alles das, was hier gemacht wurde, nämlich bewusst billig einzusteigen, dann die Kosten sukzessive zu steigern und damit Verteuerungen herbeizuführen, ist uns aus vielen Hochbauprojekten der Vergangenheit bekannt. Diese bittere Erfahrung mussten wir im Finanzausschuss leider immer wieder machen.
Hinter dem Projekt stehen inzwischen viele Fragezeichen, denn nun beträgt die Miete 2,8 Millionen Euro im Jahr. Die Personalkosten sind in dem Betrag wohl nicht enthalten. Erst am 5. Juli 2017 haben wir Antworten bekommen, die aber noch viele Fragen und Ungereimtheiten im Raum stehen lassen. Was ist mit dem Mietvertrag? Was steht denn wirklich in diesem Vertrag? Sind wir jetzt schon gebunden, oder können wir aus dem Vertrag noch raus, wenn das Parlament bei der Beratung zum Beispiel zu dem Ergebnis kommt, dass dieser Mietvertrag schlecht ist? Wir haben keine Ahnung davon, wie die Vereinbarung zwischen Deutschem Museum und Freistaat Bayern lautet. Wir haben keine Ahnung davon, was der Projektträger wirklich vorhat und ob das Deutsche Museum wirklich hinter dem Projekt steht.
Ich lese Ihnen einmal ein Zitat vor, das ich spannend finde. Minister Herrmann hat schon vor einigen Jahren versucht, eine Außenstelle des Deutschen Museums bei der Maxhütte unterzubringen. Er hat diesen Vorschlag strukturpolitisch begründet. Darauf hat das Deutsche Museum sehr kühl geantwortet:
Das Deutsche Museum zeichnet sich vor allem dadurch aus, dass wir viele Disziplinen an einem Ort vereinen … Es sei deshalb nicht das Ziel, Spezialmuseen in der Umgebung zu eröffnen. Zudem habe man angesichts der Sanierungspläne genug zu tun.
Die haben Herrn Herrmann damals also schön abblitzen lassen. Herr Söder ist jetzt in Vorlage gegangen. Das Deutsche Museum folgt ihm zwar brav, aber es legt nicht vor, was es will.
Den gleichen Unfug haben wir übrigens beim Konzertsaal in München erlebt. Auch da hat man zuerst einen Standpunkt für absolut erklärt. Dann hatten wir eine schlechte Verhandlungsgrundlage. Dann wurden sündteure Abschlüsse gemacht. In München wurde ein aberwitziger Erbpachtvertrag geschlossen. In
Nürnberg macht man einen aberwitzigen Mietvertrag; man muss sich das genau anschauen. Darum beantragen wir, mit diesem Projekt in den Ausschuss zu gehen. Obwohl das Finanzministerium zum Konzertsaal in München noch vor einigen Monaten gesagt hat, dass der Freistaat Bayern Anmietungen eigentlich nicht nahetreten wolle oder sogar ablehne, weil der Staat damit keine hinreichende Kontrolle über das Projekt habe, wird jetzt ein Mietvertrag abgeschlossen. Der Mietvertrag bindet uns doch nicht nur 25 Jahre lang. Sie können mit einem Museum doch nicht nach 25 Jahren ausziehen und woanders hingehen. Sie haben einen einzigen Vertragspartner, mit dem Sie über den Mietvertrag verhandeln können. Der kann dann verlangen, was er will. Wenn Sie es hochrechnen, hat er mit diesem Mietvertrag schon jetzt eine Rendite von 14 %. Das müssen Sie irgendwo sonst suchen. Das bekommen Sie nur, wenn der Freistaat Bayern mit Geld um sich wirft, wie es hier der Fall ist.
Es gibt jede Menge weiterer Probleme, über die wir sprechen müssen. Wir haben keine vernünftige Abwägung mit anderen Standorten, uns wurden auch keine Alternativstandorte in Nürnberg benannt. Das wurde nur pauschal beantwortet, ohne dass man nachvollziehen kann, was wirklich dahintersteckt.
Darüber hinaus haben wir neben der abenteuerlichen Kostenentwicklung nach wie vor keine ordentlichen Grundlagenermittlungen. Wir wissen gar nicht genau, wohin die Reise geht. Wir wissen zum Beispiel, dass die Stadt München jährlich Betriebskostenzuschüsse für das Deutsche Museum zahlt und einen Erbpachtvertrag zu Null für das Deutsche Museum hat. Das macht der Freistaat Bayern bei einem Erbpachtvertrag sonst nirgendwo.
Das ist eine deutliche Subventionierung der Stadt München für das Deutsche Museum. Das wirft die Frage auf, wie sich zum Beispiel die Stadt Nürnberg an diesem Museum beteiligt. All diese Fragen sind offen. Alles, Herr Söder, wird nur gemacht, weil Sie wieder mit einem Schnellschuss vorangehen und zeigen wollten, wie tüchtig Sie sind, und das möglichst noch vor den Wahlen.
Das stinkt mir überhaupt nicht. Ärgerlich ist nur, dass Sie damit hohe Kosten verursachen, die wir,
wenn wir sie im Finanzausschuss absegnen, kompensieren müssen, indem wir andere wichtige Vorhaben zurückstellen.
Viele Dinge, die wir eigentlich machen müssten, können dann nicht gemacht werden.
Lassen Sie mich, weil die Zeit hier ziemlich knapp ist, noch etwas sagen. Das muss einfach mal gesagt werden, weil der Widerstand – das wissen Sie genau – auch aus Ihrer Fraktion intern kommt. Ihre Fraktion findet das auch nicht gut. Da zitiere ich jetzt mit außerordentlicher Freude den Herrn Goppel, der gesagt hat: Wer sich das ausgedacht hat, der spinnt. – Das haben Sie sich ausgedacht.
Ich muss sagen: Wo Herr Goppel recht hat, da hat er einfach recht. Legen Sie also erst alle Unterlagen auf den Tisch, und gehen Sie damit in den Finanzausschuss. Dann schauen wir uns mal an, was man da noch retten kann und ob man überhaupt noch etwas retten kann. Dieses Chaos-Tandem Söder/Spaenle, dem jede haushaltspolitische Vernunft abhandengekommen ist, ist eigentlich nicht geeignet, solche Maßnahmen ohne parlamentarische Kontrolle durchzuführen.
Der CSU-Antrag hierzu ist geradezu peinlich; darin wird eine uneingeschränkte Umsetzung dieses Projekts verlangt. Sie wissen doch noch gar nicht, was dieses Projekt überhaupt ausmacht, und trotzdem wollen Sie es uneingeschränkt absegnen. Dann bitten Sie untertänigst, dass Ihnen die Regierung vielleicht mal sagt, was da los ist. Hey, wo sind wir denn? Wir sind das Parlament! Die Staatsregierung hat gefälligst zu berichten, und zwar rechtzeitig, frühzeitig, umfassend und richtig. Das haben Sie nicht gemacht. Darum stehen wir heute hier.
Herr Kollege Freller, ist es Ihnen bewusst, dass wir am Museum in Nürnberg keinerlei Kritik geübt haben? Wir finden dieses Museum genauso wichtig wie Sie und unterstützen es in vollem Umfang.
Ist es Ihnen bewusst, dass Herr Jörg zur Verteidigung völlig falsche Zahlen aufgefahren hat? Ich lese Ihnen das einmal vor. Angefangen hat es damit, dass gesagt wurde, die Konzeptidee unterstelle derzeit einen Bedarf von rund 1.500 Quadratmetern Ausstellungsfläche. Das wurde anlässlich einer Plenaranfrage der SPD vom 15. Oktober 2014 gesagt. Ein belastbares Konzept sollte bis zum Ende des Jahres 2015 vorgelegt werden.
Herr Kollege Jörg hat von einer fachlichen Begleitung gesprochen. Das Deutsche Museum hat seit drei Jahren noch kein Museumskonzept vorgelegt. Herr Kollege Muthmann hat es gesagt: Wie kann sich der Haushaltsausschuss, der einen Dauerärger mit den Bauten hat, hinter ein solches Projekt stellen, wenn bekannt ist, dass ohne Konzept und ohne Grundlagen immer alles aus dem Ruder gelaufen ist? Auch hier wird es wieder aus dem Ruder laufen. Es gibt keinen Grund, dies zu verteidigen.
Alle wollen dieses Museum. Ich habe Herrn Kollegen Dr. Goppel so verstanden, dass er sich bereits selbst ans Hirn langt und fragt, wer auf eine so hirnrissige Idee gekommen ist. Für den Konzertsaal in München wurde auch angeboten, dass das Haus von einem Investor gebaut wird und der Staat es nur mietet. Das Finanzministerium hat daraufhin gesagt: Das kommt nicht infrage. Wir brauchen die Kontrolle. – Die Halbwertszeit Ihrer Aussagen muss mittlerweile mit einer Stoppuhr gemessen werden, so schnell ändern Sie Ihre Aussagen.
Herr Staatsminister, habe ich Sie richtig verstanden, dass bei der Standortauswahl viele Kriterien geprüft wurden, aber offensichtlich nicht die Kostenfrage? – Ich kann Ihnen aus eigener langjähriger Erfahrung als Bürgermeister sagen: Wenn ich nur ein bestimmtes Grundstück will und ich das dem sage, der dieses Grundstück hat, dann bin ich in der allerschlechtesten Verhandlungsposition. Das heißt: Selbst wenn ich ein bestimmtes Grundstück will, lasse ich zwei oder drei andere Grundstücke im Verfahren und ermittle die Kosten, damit ich einen Vergleich habe. Wir haben nie gehört, dass ein solcher Kostenvergleich angestellt wurde.
Noch einmal: Dieses Museum wollen wir. Dieses Museum wollen wir auch in Nürnberg, aber dieses Museum wollen wir zu annehmbaren, vernünftigen wirtschaftlichen Bedingungen.
Genau das Gleiche ist nämlich mit dem Konzertsaal am Ostbahnhof passiert. Als man den einen Standort als den richtigen benannt hat und dann in die Verhandlungen ging, ist genau das herausgekommen, was wir auch jetzt wieder erleben. Seinerzeit war es ein unglaublich teurer Erbpachtvertrag, hier ist es ein unglaublich teurer Mietvertrag, den man übrigens erst noch einmal genau anschauen muss, mit einer Wahnsinnsrendite für den Vermieter. Sie werden kaum jemanden finden, der eine so hohe Rendite erzielt. Genau zu diesen Punkten hätten wir in Ihrer Rede gerne etwas gehört.
Ja, es geht nicht ohne Geduld, gerade bei dem Thema. Da braucht man mehr Geduld, als ich inzwischen habe. Uns wurde vor einigen Jahren ein Bahnknotenkonzept vorgestellt. Uns wurde ein 13-Punkte-Sofortprogramm vorgestellt. Jetzt wurde uns gerade das Drei-Phasen-Programm in der Weiterentwicklung genannt. Nun steht also ein Programm "Bahnausbau Region München" an. Das ist nicht einmal alter Wein in neuen Schläuchen, das ist saurer Wein in einem neuen Schlauch, der fahrgast- und wählertäuschend abgefüllt wird. Ich schlage Ihnen vor, wenn Sie jetzt wieder so ein Programm schreiben, es einfach so zu nennen: "Wir schaffen das – irgendwann einmal."
In diesem Drei-Phasen-Programm wird umgeschichtet, Maßnahmen werden verschoben, aber Überfälliges wird nicht angepackt.
Eine umfassende ÖPNV-Strukturverbesserung – den Vorwurf können wir Ihnen nicht ersparen – wurde schlichtweg verschlafen. Das geht schon mit dem Minister Huber an und hört bei Ihnen nicht auf. Ich nenne neben den bereits genannten Projekten beispielsweise das Projekt zum Ausbau der S4. Die S4 fährt auf einer der meistbefahrenen Strecken. Seit dreißig Jahren ist der Ausbau im Gespräch, und seit dreißig Jahren geht nichts voran. Jetzt sind wir in der Phase 3 – 2030. Das hat selbst dem Kollegen Bocklet offensichtlich die Zornesfalten auf die Stirn gebracht; denn er hat – so die Zeitung – gesagt, das letzte Wort darüber sei noch nicht gesprochen. Ich gehe auch davon aus, das kann so nicht sein. Wir brauchen hier mehr Dynamik. Wir brauchen prägnante, belastbare Festlegungen. Darum haben wir unsere Anträge eingereicht.
Herr Herrmann, wenn ich mir überlege, wie Sie immer argumentieren, gewinne ich den Eindruck, die Verantwortlichkeiten werden bewusst verwischt und zwischen dem Eisenbahn-Bundesamt, der Deutschen Bahn und der Eisenbahngesellschaft verschoben. Es wird aber auch zu wenig in den Mittelpunkt gerückt, dass wir zuständige Minister für alles haben. Es mag wenige Planer im Bund und andernorts geben; wir mögen auch keine Fachleute haben; in Ihrem Ministerium gibt es sie offensichtlich auch nicht. Aber eines ist klar: Verantwortlich in Berlin ist Dobrindt; verant
wortlich hier sind Sie. In der Zeit, in der Sie Verkehrsminister sind, gab es nichts anderes als eine Ankündigungspolitik.
Würden Sie mit dem gleichen manchmal überbordenden Elan, mit dem Sie hier für innere Sicherheit streiten, endlich auch einmal für diese ÖPNV-Projekte streiten und in Ihrem Haus ein bisschen Dampf machen, stünden wir nicht jährlich da und überlegen uns, warum Sie permanent Ankündigungen nicht einhalten, sondern alles nach hinten verschieben. Selbst zur Verbesserung der Anbindung an MUC 2, die ja wirklich wichtig ist, steht im Drei-Phasen-Programm: 2030. Es ist Volksverdummung und Wählertäuschung, wenn Sie meinen, dass Sie damit über die Wahlen kommen. Die wissen: Das ist verschlafen, das ist ein Fehler der Regierung. Ich wünsche Ihnen viel Glück in Berlin; aber ich hoffe, dass der neue Verkehrsminister hier mehr Elan, mehr Dampf in die Sache bringt. In diesem Bereich waren Sie kein guter Minister.
Meine Damen und Herren, Ihr Unmut ist verständlich. Jeder will in die Ferien. – Herr Minister Herrmann, Sie müssen Herrn Kollegen Ganserer einen Geschenkkorb überreichen. Sie haben sich an ihm als Pappkameraden abgearbeitet, sind aber all den Themen, die wirklich brennen und bei denen Sie etwas tun müssten, aus dem Weg gegangen.
Ich nenne nur die Engstelle Pasing. Das ist eine traurige Angelegenheit; denn dort kommt nicht nur die SBahn ins Trudeln, sondern der gesamte Fernverkehr und der Regionalverkehr ins Allgäu. Diese Engstelle konnte bisher nicht beseitigt werden, weil keine Planungen gemacht wurden. Auf der ganzen Strecke der S4 wurden die Gleise ausgetauscht. Aber an dieser Stelle, obwohl es eine lange Unterbrechung gab, mussten die Bauarbeiten beendet werden. Das hätte gleich miterledigt werden können. Dieses Thema kam in Ihrer Antwort leider nicht vor.
Zur S4: Dr. Wiesheu hat im Jahr 1988 oder früher ein Versprechen abgegeben, nämlich den viergleisigen Ausbau der S4. Beim Büro Obermeyer wurde zu diesem viergleisigen Ausbau eine Planung gemacht. Die ist verschwunden. Alle Minister haben in schönem Abstand immer wieder betont, dass dieser Ausbau erfolgt. Sie sind demonstrativ von Bruck nach München
gefahren, haben das Junktim zwischen Stammstrecke und viergleisigem oder dreigleisigem Ausbau aufgehoben, und dann wurden Vorplanungen angekündigt. Ich habe dazu vier Anfragen gestellt. Wir sind immer noch bei den nicht gemachten Vorplanungen. Sagen Sie das doch einmal den Leuten an der Strecke und den Bürgermeistern an der Strecke. Die wollen das alle, angefangen von Bruck über Eichenau und Puchheim bis München. Dort werden Ihnen keine Hindernisse aufgestellt, und von dort bekommen Sie keine Klagen. Machen Sie da etwas. Erklären Sie mir, warum Sie da nichts machen.
Sie wollen das Gleiche wie ich: Wir wollen milde gestimmt in die Ferien gehen. Darum werden wir dieses Mal Ihrem Berichtsantrag zustimmen, auch wenn wir meinen, dass er etwas müde und schwachbrüstig daherkommt. Wir wissen, dass die CSU-Politiker von Ihnen sehr viel mehr wünschen, als Sie machen, aber sie dürfen es nicht sagen. Dafür klatschen sie am Ende Ihrer Reden immer recht laut, auch wenn Sie zur Sache eigentlich nichts gesagt haben.
Sehr geehrte Frau Prä sidentin, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Im ver gangenen Jahr hat die Zeitschrift "WirtschaftsWoche" eine Ausgabe mit einem großen Artikel aufgemacht, der die Überschrift trug: "Diener vieler Herren". Das Dienstrecht, heißt es darin, erlaubt Staatsdienern luk rative Nebenjobs. Dann werden besonders Schäubles Finanzbeamte vorgeführt, die zum Teil hohe fünfstelli ge Beträge mit Vorträgen bei Rechtsanwaltskanzleien, Wirtschaftsverbänden und Ähnlichem verdienen. Die Zeitung fragt dann nach vielen Beispielen: Geht das auf Kosten der Unabhängigkeit unserer Beamten? – Ferner steht in diesem Artikel: Besonders verschlos sen zeigt sich das Bayerische Finanzministerium. – Dort haben sie nämlich keine Auskunft erhalten.
Das hat uns dazu gebracht, dass wir erst einmal eine Anfrage gestellt haben, wie es denn in Bayern aus sieht. Interessanterweise wurde auch uns Abgeordne ten gesagt: Darüber haben wir keine hinreichenden Erkenntnisse, keine Aufzeichnungen usw. – Unser Antrag ist gestellt worden, damit diese Anzeigepflicht der Beamten etwas genauer angeschaut wird.
Wir wissen: Viele der Nebentätigkeiten, viele der Vor träge, viele der Gutachten und Ähnliches mehr sind vernünftig und notwendig für den Wirtschaftskreislauf, zum Teil, weil sie steuernd und regelnd bestimmte Entscheidungen in den privatwirtschaftlichen Berei chen beeinflussen. Wir wissen aber auch – und darum machen wir uns Gedanken –, dass Beamte eine arbeitsrechtliche Sonderstellung haben. Es gibt ein eigenes Beamtenrecht mit besonderen Rechten – dazu gehören die Unkündbarkeit und die Alimentation – und mit besonderen Pflichten: Loyalität gegenüber dem Staat und den Bürgern. Diese Pflicht zur Loyali tät bedeutet, dass sie über die berufliche Tätigkeit hi nausgeht und auch bei privaten Auftritten und Hand lungen eine Rolle spielt.
Nebenbeschäftigungen gehören im Prinzip zum priva ten Bereich der Beamten. Ich meine nicht die geneh migungspflichtigen Nebentätigkeiten; die sind ordent lich geregelt. Es geht um die genehmigungsfreien Nebentätigkeiten. Die sind nämlich nicht gescheit ge regelt. Genehmigungsfreie Tätigkeiten dürfen nur aus geübt werden, heißt es in der Antwort, wenn dienstli che Pflichten nicht verletzt werden. Aber wie soll der Dienstherr überhaupt erfahren, ob dienstliche Pflich ten verletzt werden, wenn er nicht einmal erfährt, ob so eine Nebentätigkeit des Beamten ausgeübt wird? – Der Dienstherr kann damit keinen Einfluss nehmen, allenfalls, wenn die Angelegenheit durch Dritte in die Öffentlichkeit getragen und skandalisiert wird.
Darum reicht es nicht, wenn die Staatsregierung sagt: Wir haben keine Erkenntnisse darüber, welche Vorträ ge unsere Beamten in ihrem Privatleben halten, wie viel Geld sie dafür bekommen und Ähnliches mehr. – Es genügt auch nicht, wenn sie sagt: Für den Fall, dass etwas schieflaufen würde, hätten wir ein rechtli ches Instrumentarium, den Artikel 82 Absatz 2 Satz 2 des Bayerischen Beamtengesetzes. – Denn dieses Instrumentarium kann man nur anwenden, wenn man weiß, dass etwas schiefläuft. Beispielsweise kann eine bei einer großen, wichtigen Rechtsanwaltskanz lei gegebene Auskunft über Vorgänge im Ministerium mit entsprechenden Hintergrundinformationen dort geldwerte Möglichkeiten eröffnen. Das Instrumentari um kann nur dann angewandt werden, wenn von dem Dienstherrn geprüft werden kann, ob er überhaupt will, dass das in die Öffentlichkeit gelangt.
Die Konsequenzen sollen nicht ins Leere gehen. Damit auf Verfahren, Gesetze und Diskussionen über Regelungsnotwendigkeiten kein Einfluss genommen wird, soll gerade das berufliche Wissen nicht an ge neigte Dritte weitergegeben werden, damit nicht Rechtsanwaltskanzleien, Wirtschaftsverbände und Lobbyverbände dadurch einen Vorteil erringen, den sie nicht haben sollen. Daher muss der jeweilige Be
amte die Nebentätigkeit dem Dienstherrn mindestens anzeigen. Damit die Bürokratie nicht zu groß wird, soll das nur für Beamte von der dritten Qualifika tionsebene an gelten; 75 % aller Nebentätigkeiten werden nämlich von Beamten von der dritten Quali fikationsebene an ausgeübt. Dann weiß der Dienst herr, dass der Beamte eine Nebentätigkeit ausübt, kann überlegen, zu welchen Bedingungen er das tun darf, und kann überhaupt erst tätig werden.
Dies scheint uns notwendig, weil die bayerische Be amtenschaft einen sehr guten Ruf hat und mit ihrer Arbeit ganz wesentlich zum Erfolg beiträgt. Sie ge währleistet nicht nur die Handlungsfähigkeit des Staa tes und der Kommunen, sondern steht auch für Zu verlässigkeit, Neutralität und Gemeinwohlorientierung. Damit gar nicht erst der Verdacht aufkommt, dass Lobbyisten oder Interessenvertreter auf undurchsichti ge Weise Einfluss auf Exekutivorgane nehmen kön nen, wollen wir die erweiterte Anzeigepflicht über Ne bentätigkeiten von Beamten. Ich habe schon gesagt: Keine Bürokratie in unnötiger Höhe; die Pflicht soll ab der dritten Qualifikationsebene bestehen. Es geht uns dabei – auch das sage ich – um Transparenz; denn Transparenz schafft Vertrauen. Die Offenheit, um die es geht, brauchen wir zum Schutz und zum Ansehen unserer Beamten in der Öffentlichkeit.
Frau Präsidentin, Frau Staatsministerin, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Der Einzelplan 14 eignet sich aus meiner Sicht, wenn man sich die haushalterische Seite und die Hintergründe anschaut, die hinter Haushaltstiteln stehen, nicht zu einem großen Schlagabtausch und einem großen Gefecht; da bin ich mit dem Kollegen Kühn durchaus noch einig. Fast alle Punkte, die wichtig sind, wurden angesprochen. Aber bei Ihnen gab es wie immer den Pawlowschen Reflex: Wenn Sie ans Rednerpult treten, muss Bayern in jeder Beziehung immer perfekt und gut sein. Auch im Krankenhauswesen sind wir perfekt und gut. Dieser Blickwinkel ist einfach verengt. Wir sollten einen rationalen Diskurs führen, wie ihn bei der Weihnachtsfeier des Landtags der junge Mann angemahnt hat, der für das Maximilianeum gesprochen hat. Dann würden wir vielleicht auch von der Regierungspartei das eine oder andere Mal hören, dass etwas doch noch deutlich besser gemacht werden könnte und gemacht werden müsste und dass manches eben nicht so gut ist, wie es dargestellt wird, weil man es immer unter dem genannten Blickwinkel betrachtet. Wir haben uns im Ausschuss auch über kontroverse Themen ordentlich und anständig unterhalten. Vielleicht schaffen wir das hier auch.
Da wurde einmal erklärt, Bayern habe eine hervorragende Gesundheitsversorgung. Nein, das haben wir nicht. Wir haben an zwei Stellen ein großes Problem. Wir haben bei den Hausärzten, vor allem auf dem Lande, ein Problem. Das ist einfach eine Tatsache. Als Sie, Frau Ministerin, beim Ärztetag in Deggendorf aufgetreten sind, haben Sie es ja eingeräumt, auch im Ausschuss. Ein Drittel der Hausärzte wird in den nächsten Jahren aufhören, und es wird nicht ohne Weiteres eine Praxisnachfolge geben. Wir haben noch keine vernünftigen Ansätze, wie wir das wirklich verbessern können. Eines ist klar – ich mache diese Vorbemerkung, um dann auf die Krankenhäuser zu kommen –: Das Problem der Überalterung der Hausärzte und der fehlenden Praxisnachfolge ist nicht mit Geld zu lösen; das ist keine Frage der guten oder schlechten Gehälter. Es ist ein Problem der Überlastung.
Da haben wir jetzt ein Problem: Wenn sie überlastet sind, muss man sie entlasten. Entlasten kann man sie natürlich mit Ambulatorien und Polikliniken, von mir aus auch mit Zahnarztbussen oder fahrbaren Einrichtungen zur Behandlung durch praktische Ärzte, die
vom ärztlichen Versorgungsstandpunkt her entvölkerte Gebiete besser abdecken können. Aber dann kann man nicht gleichzeitig – dieses Problem kennt die Bundespolitik auch – bei den Kliniken beliebig abbauen. Da muss man an einem bestimmten Punkt aufbauen, damit die Überlastung in den Polikliniken oder, wie immer Sie sie nennen wollen, abgebaut werden kann. Wenn es nun zu viele Kliniken gibt, dann mag die abstrakte, übergeordnete Vernunft, die in Berlin oder von mir aus auch in München herrscht, sagen: Da müssen Betten weg. Im Landkreis ruft das so großen Widerstand hervor, dass ihm kaum ein Landrat bisher standgehalten hat. Da kann ich alle CSU-Landräte als Zeugen benennen; der Landkreis Berchtesgadener Land ist dafür ein typisches Beispiel. Es gibt ja auch gute Gründe, beispielsweise, dass man diese oder jene Klinik mit bestimmten Versorgungsleistungen braucht, die von niedergelassenen Ärzten nicht mehr erbracht werden können.
Bei den Kliniken haben wir bisher aber auch eine deutliche Überlastung. Momentan gehen eigentlich die falschen Leute zum Notdienst, weil es die Ambulatorien gar nicht gibt. Darunter sind Leute, die eigentlich auf eine Praxis oder auf ganz andere Behandlungsmöglichkeiten verwiesen werden müssten. Diese Kliniken fahren alle, gerade wenn sie in kommunaler Hand sind, in die roten Zahlen hinein. Selbst relativ gute Kliniken sind schwer in den roten Zahlen.
Die privaten Kliniken betreiben immer mehr Rosinenpickerei. Durch kräftige Synergien im Hinblick auf ihre Großorganisation können sie vorübergehend einmal Vorteile bringen, die aber dazu führen, dass die – an sich gewünschte – Grundversorgung in Gefahr gerät.
Die Kommunen haben doch folgendes Problem: Die europäische neoliberale Politik hat dazu geführt, dass man im Hinblick auf den Wettbewerb der Freien sagt: Es darf nicht subventioniert werden.
Am Ende können wir das gerne bereden.
Eine Subventionierung hätte folgenden Vorteil, wenn der Landkreis das machen dürfte – versteckt geschieht es oft sowieso, indem Grundstücke etc. umsonst überlassen werden –: Dann könnten wir die Grundversorgung ohne Rosinenpickerei mit all den notwendigen Angeboten, die man vor Ort eben braucht, etwas besser auf den Weg bringen. Doch das ist uns untersagt – übrigens mit der Gefahr, dass immer mehr kommunale Kliniken in private Hand ge
raten. Damit wird eine Entwicklung eingeleitet, die wir so eigentlich nicht wollen.
Ich sage nur am Rande: Wir sind auch bei einigen konkreten Punkten im Zusammenhang mit der Klinikfinanzierung nicht ganz glücklich. Klar, es muss umstrukturiert werden. Wenn dann für die Umstrukturierung im Klinikbereich aber Finanzen gefordert werden – Sie haben das übrigens selbst gesagt, Frau Ministerin –, dann wird das Geld in der kommenden Zeit eigentlich aufgefressen von Großbaumaßnahmen, die notwendig sind. Sie haben Nürnberg, Ingolstadt und München genannt; wahrscheinlich fallen einem noch andere Kliniken ein. Das bedeutet: Bei dieser Umstrukturierung fehlt Geld. Der Antrag auf eine erhöhte Aufstockung, der bei uns im Ausschuss behandelt wurde, wurde auch mit den Stimmen der CSU abgelehnt.
Abgelehnt wurde, nur am Rande gesagt, auch die Förderung von Küchen in Kliniken, was eigentlich Dummheit ist. Man kann natürlich sagen, eine Klinik könne sich ja von außen versorgen lassen; das ist das Argument. Wenn aber Kliniken in einer bestimmten Größenordnung mit einer bestimmten Art von Patienten, die ganz bestimmte Essen brauchen, diese Leistung auf dem Markt nachfragen, finden sie keine Nahversorgungsangebote von außen. Sie lehnen den Bau von Küchen ab. Das führt dazu, dass bei Neubauten von Kliniken der Neuaufbau manchmal einfach in eine falsche Richtung stattfindet, nämlich ohne Küchen – mit den daraus folgenden Problemen.
Wir haben ferner – auch das scheint mir ganz wichtig zu sein – ein Problem bei der Pflege. Das wurde hier vom Kollegen Kühn kein einziges Mal genannt. Wo sitzt er denn überhaupt, damit ich ihn einmal anschauen kann? Ist er noch da? –
Wir haben einen veritablen Pflegenotstand. Das kann man einfach nicht leugnen. Da mache ich zunächst gar keine Schuldzuweisungen; das ist Fakt. Wir haben den Pflegenotstand unter anderem auch deshalb, weil die gesellschaftliche Anerkennung fehlt. Die Leute, die in der Pflege arbeiten, werden relativ schlecht bezahlt. Heute Vormittag wurde gesagt, die SPD mit ihren bösen Steuerplänen wolle die Leistungsträger schädigen: Leistungsträger sind unter anderem die Pflegenden, und das sind sehr viele. Die wollen wir nicht schädigen, sondern entlasten.
Wenn Sie die richtigen Fragen stellen würden, kämen Sie selbst darauf, dass bestimmte Umverteilungen in
dieser Gesellschaft vorhanden sind. Wenn Sie nur die Winterkorns und die Ackermanns – ich könnte Sie jetzt der Reihe nach aufzählen – als die Leistungsträger einer Gesellschaft verstehen, dann brauchen Sie sich nicht zu wundern, wenn die Gesellschaft auseinanderdriftet.
Mein nächstes Thema geht weit darüber hinaus, wird aber, weil man es nur über mehrere Ministerien hinweg anpacken kann, zu wenig gesehen: Wir brauchen Wohnungen für Krankenschwestern und Pfleger – gerade für jene Pflegenden, die in Ballungsgebieten arbeiten. Mit ihrem Gehalt können sie sich hier schlichtweg nichts mehr leisten. Weil wir nicht genügend Wohnungen gebaut haben – das ist ja keine Frage von einem Jahr oder zwei Jahren; diese Wohnungen fehlen dauerhaft –, haben wir auf bestimmten Gebieten auch Probleme, überhaupt noch Leute zu bekommen.
Das gilt auch für ausländische Kräfte: Ich bin, wie gesagt, lange Jahre im Verwaltungsrat des Krankenhauses Fürstenfeldbruck gewesen. Wir sind nach Spanien und überall hingefahren, um Pflegekräfte zu bekommen. Aber das Angebot, das man dann machen kann – von der notwendigen Qualifizierung im sprachlichen Bereich abgesehen –, führt eben nicht zu großen Erfolgen. Da werden wir wirklich eine neue Initiative brauchen, sonst wird der Pflegenotstand nicht kleiner, sondern größer. Das ist meine feste Überzeugung.
Ein weiteres Problem, das Sie nicht angesprochen haben, beruht mehr oder weniger auf einer Verwaltungsänderung, die dazu geführt hat, dass die Richtlinien für die Zimmer in Pflegeheimen verändert wurden. Das Einbettzimmer muss jetzt auf einmal 2 Quadratmeter größer sein: 16 statt 14 Quadratmeter. Das bedeutet unglaubliche Mehrkosten beim Umbau. Außerdem haben wir die Problematik, dass Zweibettzimmer auf einmal überhaupt nicht mehr gewünscht sind oder nur noch zu einem kleinen Anteil. Damals, als das Altenheim bei uns gebaut wurde, haben wir für Einbettzimmer keine Förderung bekommen, da wurden nur Zweibettzimmer gefördert. Das war ungefähr im Jahr 1988. Jetzt sollen es also weitgehend Einbettzimmer sein. Das erhöht natürlich die Kosten und bedeutet, dass Altenheime, die noch gar nicht sehr alt sind – gut, es gibt eine Übergangsfrist; darauf haben wir uns verständigt –, enorme Aufwendungen haben, weil die Modernisierung fast das Gleiche kostet wie ein Neubau. Das hängt mit den Sanitäranlagen und Ähnlichem zusammen.
Wir haben Probleme, die einfach nicht gelöst sind und nicht angepackt worden sind. Übrigens gibt der Staat hier zu wenig bis gar kein Geld. Die Arbeitsgemein
schaft der Freien Wohlfahrtspflege hat Alarm geschlagen und gesagt: Ihr lasst die Kommunen allein. Im Münchner Stadtrat hat die CSU-Fraktion zusammen mit den anderen Fraktionen geäußert: Das dürfen wir dem Landtag nicht durchgehen lassen; die müssen das ändern. Aber dieser Ruf ist bei Ihnen nicht angekommen. Ihre Wünsche, was besser werden soll, sind eigentlich in den Wind gesprochen, wenn sie nicht hinterlegt sind, oder aber sie gehen zulasten anderer, die das tragen müssen. Das ist nicht fair.
Dort, wo man ebenfalls entlasten müsse, nämlich in der Familienpflege, tun Sie viel zu wenig. Familienpflege ist eine Möglichkeit, die an sich sehr teuren stationären Einrichtungen – teuer auch für die Betroffenen; das geht ja nicht alles über die Pflegeversicherung – ein wenig zu entlasten. Die Kassen zahlen nach wie vor 21 Euro für eine Stunde Familienpflege; die faktischen Kosten betragen aber 35 Euro. Die Differenz muss privat getragen werden. Viele Leute, die gerade diese Familienpflege brauchen, die oft allein sind und Ähnliches mehr, haben das Geld nicht. Dort braucht man mehr Geld. Andernfalls werden die Leute auf anderen Wegen oder gar nicht gepflegt – oder auch teuer subventioniert in stationären Einrichtungen.
Es gibt viele Beispiele, die ich nennen könnte. Wir würden 60 Pflegestützpunkte brauchen, da sind wir uns einig. Neun haben wir bisher. Die Anträge, diesbezüglich mehr zu tun, kommen nicht voran.
Das alles sind Probleme, die man nicht parteipolitisch aufzuladen braucht, die man aber gemeinsam lösen muss. Da können Sie nicht einfach sagen: Wenn die Anträge von der falschen Seite kommen, sind es Anträge, die haushaltspolitisch nicht unterzubringen sind.
Da mache ich Ihnen jetzt gleich eine Rechnung auf, weil ja immer darüber gesprochen wird, wer welche Deckungen bringt.
Jetzt bin ich an diesem Punkt gerade aus meinem Konzept gekommen.
Wir waren bei der Finanzierung. Sie sagen immer, es sei kein Geld da. Diese kleine Abschweifung erlauben Sie mir: Sie haben für Elmau 140 Millionen Euro zur Verfügung gestellt, für einen G-7-Gipfel, den Sie hoch gepriesen haben und der die Welt angeblich verändert hat. Faktisch ist gar nichts passiert; denn die Beschlüsse sind, was die Umweltpolitik angeht und wie Sie selbst wissen, in Paris vollzogen worden und nicht in Elmau. 140 Millionen Euro! Die gleichen Staatspräsidenten haben sich ein paar Monate später in Berlin getroffen – zum Abschied von Obama. Es war genau die gleiche Zahl, fast die gleichen Leute, vernünftige Verhandlungen; alles war gut. Das Ganze hat mit Sicherheit wahrscheinlich nur 1 % davon gekostet. Wer also die falschen Schwerpunkte in seinem Haushalt setzt, hat bei den richtigen Problemen dann natürlich kein Geld mehr. Das ist die Folge davon.
Ich könnte Ihnen noch viele weitere Aspekte nennen, aber ich habe die Uhr heute genau im Blick. Auf das Hospiz komme ich aber noch.
Wir müssen im Hospizbereich mehr tun. Wir haben zu wenige Hospizplätze. 170 stationäre Hospizplätze sind es, habe ich in irgendeiner dieser Unterlagen gelesen. Es mögen inzwischen mehr sein, aber es sind immer noch wenige. Sie werden nur zu 90 % gefördert. Die restlichen 10 % werden nicht überall aufgebracht. Wir brauchen Vernetzungsarbeit, Erfahrungsaustausch und Ehrenamtsschulung. Das muss auf eine ganz breite Basis gestellt werden. Ziel muss eine flächendeckende Versorgung mit Hospizen sein. Da dürfte gar kein Unterschied zwischen uns bestehen; denn wir wollen beide eine würdige und taugliche Sterbebegleitung statt aktiver Sterbehilfe. Dazu muss das Hospizwesen deutlich verbessert werden. Ich weiß nicht, warum Sie unsere Anträge ablehnen. So viel Geld wäre es zum Teil gar nicht gewesen. Zumindest hätten von Ihnen Teilbeträge aufgebracht werden können. Zum Teil kommen sie interessanterweise auch aus der Fraktionsreserve, aber immer nur alibimäßig und auch oft eine Woche, nachdem unsere Anträge eingereicht worden sind.
Die Organtransplantation wurde ebenfalls genannt. Sie ist im Keller. Wir haben eine ganz miese Situation im Land. 14,6 postmortale Organentnahmen entfallen auf eine Million Einwohner. Diese Zahl ist im Hinblick auf die Wartelisten grausam. Da gebe ich dem Kollegen Kühn übrigens Recht, mir wäre auch die Widerspruchsregelung sehr viel lieber gewesen, damit man diesem Notstand abhelfen kann. Wir haben aber jetzt die Situation, dass auch an den Kliniken nicht alles in
Ordnung ist, dass man da genau hinschauen muss, und das leider auch in Bayern und in München. Das zeigen die Probleme, die wir bei der Organentnahme und der Reihenfolge der Empfänger haben. Auch da liegt viel Arbeit vor uns.
Ich möchte es nicht zu weit strapazieren und meine letzten Minuten nicht unbedingt überziehen. Angesprochen wurde auch die Verlagerung des Ministeriums. Ich will gar nicht auf den konkreten Fall eingehen. Wer ein Ministerium aus strukturpolitischen Gründen verlagern will, muss sich im Klaren sein, dass im Prinzip nahezu alle Ministerien verlagert werden können. Warum wird nur das eine und nicht das andere verlagert? Da fehlt eine klare Linie, ein klares Konzept. Es wurde eigentlich nach einem alten Muster gehandelt. Stoiber hat alles heruntergefahren. Ich habe beim Justizhaushalt daran erinnert. Er hat einfach 15 Amtsgerichte oder Nebenstellen von Amtsgerichten aufgelöst und hat damit in kleinen Orten einen schweren Schaden angerichtet, und Sie haben mit Sicherheit alle Beifall geklatscht.
Wer weiß, was sonst noch aufgelöst worden ist. Jetzt haben Sie auf einmal eine Wendung um 180 Grad gemacht. Das gibt es bei Ihnen oft. Zuerst wird das Personal heruntergefahren, und das war gut so. Jetzt wird es hochgefahren, und das ist dann die große Rettung. So ist es bei vielen Projekten. Sie haben den Wohnungsbau verkommen lassen, und jetzt meinen Sie, Sie wären die Weltmeister im Wohnungsbau. Sie sind nicht Weltmeister, aber Sie machen ein bisschen Wohnungsbau. Das ist auch in Ordnung. Wenn wir das ansprechen, ist es kein Schlechtreden, sondern es ist der Wunsch, dass alles besser wird, als es heute ist.
Aber gerne, Herr Kollege Steiner. Der Hinweis auf die Berchtesgadener Kliniken hat damit zu tun, dass das Berchtesgadener Land mein Betreuungsstimmkreis ist. Er hat aber noch viel mehr damit zu tun, dass mein Schwiegersohn lange Jahre in einer dieser Kliniken als Chirurg gearbeitet hat. Deshalb hat es mich sehr interessiert, wie in Berchtesgaden, in Bad Reichenhall oder in Freilassing – natürlich gehören auch die Verbundkliniken dazu – die finanzielle Entwicklung verlaufen ist und ob dort ein finanzieller Notstand aufgetreten ist. Ich war auch selber einige Male dort und habe mit Chefärzten und Verwaltungsmitarbeitern reden können. Wir haben dort Probleme. Freilassing könnte nach den Plänen, die in Berlin zur Betteneinsparung gemacht wurden, nicht mehr aufrechterhalten werden. Ich verstehe, warum sowohl der Bürgermeister als auch der Landrat das nicht mitmachen wollen. Sie wissen ganz genau, dass im Hintergrund Salzburg mit einer großen Bettenkapazität liegt. Umgekehrt aber können die Österreicher aus Gründen der Bezahlung nicht nach Deutschland kommen. Deshalb sind die Kliniken inzwischen notleidend geworden. Gerade in Bad Reichenhall stimmt der alte Witz über Ehefrauen von Chirurgen, der wie folgt lautet: Sie sind Witwen, deren Mann im Krankenhaus noch lebt. Zu unmöglichen Bedingungen und unmöglichen Bezahlungen, die aber nicht auf Berchtesgaden beschränkt sind, wird an solchen Kliniken eine Totalausbeute gemacht.
Herr Kollege Seidenath, ich würde mir niemals erlauben, die Tarifautonomie infrage zu stellen. Das kommt ja überhaupt nicht in Frage. Ich habe bei den Medizinern vermutlich den Anschein erweckt, als würde ich das wollen. Aber ich wollte etwas ganz anderes sagen. Vor allem bei den Klinikmedizinern, wenn sie noch nicht ganz oben auf der Karriereleiter stehen, wäre ich manchmal schon froh, wenn die Tarife eingehalten würden. Das wäre manchmal schon ein Fortschritt. Viele Dinge, die den Ärzten nach Tarifrecht zustehen würden, werden in Not leidenden Krankenhäusern sehr seltsam vorenthalten. Ich kann Ihnen dazu noch Einzelfälle nennen. Ich war lange Bürgermeister, sodass ich weiß, dass man in bestimmten Fällen Not hat, Personal zu bekommen. Da kann man bei den Tarifverträgen nichts machen. Ich habe dann bei den Wohnungen angesetzt. Ohne die Tarifautonomie zu gefährden, können Sie in der Tat Pflegekräfte gewinnen, wenn Sie Wohnungen für Pflegekräfte bereitstellen. Das geht, wenn Sie in dieser Richtung etwas unternehmen und das nicht nur auf die Kommunen schieben. Wenn Sie die Kommunen schon längst dazu befähigt hätten, dies zu tun, dann könnten Sie mit diesem schönen Zuckerl in den Ballungsräumen sehr gut um Pflegekräfte werben. Das war meine Anmerkung.
Frau Präsidentin, Herr Minister, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Herr Bausback, Sie hatten ja ein trauriges Schicksal, bevor Sie in diesen Landtag kamen. Sie mussten als Professor in Wuppertal leben. Aus CSU-Sicht liegt Wuppertal sozusagen in Dunkeldeutschland.
So klingt es doch immer, wenn Sie NRW erwähnen. – Sie haben dann jetzt wieder allen Grund, das Hohelied auf Bayern zu singen, wie wir es heute schon gehört haben. Da ich Ministrant war, und zwar leidenschaftlicher Ministrant, und während dieser Zeit einige Erfahrungen mit dem Weihräuchern gemacht habe, weiß ich, dass das Schlimmste die Selbstbeweihräucherung ist. Das trübt nämlich den Blick auf die vorhandenen Probleme, und davon gibt es genügend. Ihr Justizhaushalt ist ein Beispiel dafür.
Er ist ein Haushalt mit wenig Licht und mit sehr viel Schatten. Ich will vorweg – damit stelle ich das Angenehme an den Anfang – einen Dank an all diejenigen aussprechen, die bei den Gerichten und bei den Staatsanwaltschaften im Vollzug und im Ministerium arbeiten und gute Dienste leisten. Sie tragen zu einem hohen Stellenwert der bayerischen Justiz in der Öffentlichkeit bei. Darüber sind wir uns sicher einig. Die Anträge, die wir stellen, stellen wir nicht, weil wir die Opposition sind und gewaltsam Opposition betreiben wollen.
Die Anträge resultieren aus der Rücksprache mit den Interessenverbänden, mit den Gewerkschaften und denjenigen, die vor Ort den Blick auf die Probleme richten und uns die diese Probleme genauso unterbreiten wie Ihnen. Wir gehen darauf ein. Ich will mit der Personalfrage beginnen und diese ganz kurz streifen. Sie wurde bereits im Fachausschuss, dem
Haushaltsausschuss, sehr detailliert angegangen. Es sprechen aber ganz wichtige Gründe dafür, die Personalsituation zu beleuchten. Sie ist nicht so gut, wie sie von Ihnen jetzt dann dargestellt werden wird.
Wir wissen, dass der Richterverein die Qualität der Arbeit gefährdet sieht, da Personalmangel Einbußen bei der Qualität bedeutet. Das wiederum bedeutet Schaden für den Rechtsstaat. Diese Personalmängel werden gesehen. Außerdem können Haftentlassungen wegen zu langer Verfahrensdauer nicht abgeschafft werden. In der Öffentlichkeit wird diese Tatsache dann ganz schnell auch als Politik- und Systemversagen gebrandmarkt. Hier müssen wir einen Riegel vorschieben, indem wir die Gerichte und die Staatsanwaltschaften so ausstatten, dass dies nicht vorkommt.
Noch gravierender ist, dass wir inzwischen erhebliche Verzögerungen beim Rechtsschutz haben. Die Zeiten werden immer länger, bis Entscheidungen fallen. Das wird an den Landgerichten und Oberlandesgerichten besonders deutlich. Das ist den Bürgern nicht zuzumuten. Das ist für den Rechtsstaat nicht gut. Diese Verzögerung beim Rechtsschutz bringt Unzufriedenheit und schürt Staatsverdrossenheit. Die Justiz in Bayern ist ein Standortfaktor. Wenn die Justiz gut ist, dann ist das gut für den Standort. Für Unternehmer und Bürger ist das ein Qualitätsmerkmal für eine funktionierende Demokratie. Der Richterverein weist weiter darauf hin, dass wir eine Spezialisierung und eine Stärkung des Kammerprinzips bräuchten. Dort muss ein Gegengewicht geschaffen werden. Es gibt Leute mit großen finanziellen Mitteln, die, wenn sie vor Gericht stehen, sich teure Verteidiger und Berater leisten können und damit andere Möglichkeiten haben als andere. Hier muss adäquat dagegen gehalten werden. Es gibt die Beispiele wie Ecclestone, Engelhorn usw. Solche Schwächen sind aufgrund der nicht hinreichenden Spezialisierung und der unzulänglichen Unterstützung der Kammern entstanden. Diese Schwächen sehen wir.
Große Sorgen muss Ihnen und uns der Servicebereich machen. Ohne funktionierende Zuarbeit arbeitet auch die Rechtsprechung nicht perfekt. Besonders schlimm sieht es im Moment bei den Gerichtsvollziehern aus. Wenn Leute titulierte Forderungen haben, dann haben sie einen Anspruch darauf, dass ihre Forderungen schnell durchgesetzt werden. Das findet aber nicht statt. In diesem Bereich gibt es zu wenig Nachwuchs. Die Gerichtsvollzieher haben in einer nachvollziehbaren Weise bei uns darüber geklagt, dass sie im Schatten des Justizministers stünden und nicht die entsprechende Unterstützung hätten. Außerdem gibt es wichtige neue Herausforderungen, die die Justiz auch meistern muss. Hier seien nur die Be
kämpfung der Cyberkriminalität und die Tausende von Vormundschaftsverfahren für unbegleitete Jugendliche genannt. Aber es gibt noch viel mehr.
Deshalb haben wir Stellenmehrungen gefordert, die über das hinausgehen, was Sie vorher erwähnt haben. In Ihrer Vorlage gibt es zwar auch einen gewissen Aufwuchs an Stellen, aber dieser ist eben nicht genug. Wir haben bei den Richtern und Staatsanwälten 150 Stellen gefordert. Wir haben bei den Justizoberwachtmeistern, Bewährungshelfern, Gerichtsvollziehern, Rechtspflegern und -anwärtern und bei den Justizsekretären und -anwärtern mehr Stellen gefordert. Für diese Stellenforderungen ist übrigens nach der Genderkorrektheit auch die weibliche Form bindend. Wir haben dafür die entsprechenden Anträge gestellt. Außerdem haben wir den Wegfall diverser kw-Vermerke gefordert.
Auch beim Strafvollzug haben wir genau hingeschaut. Sozialinspektoren, die im Strafvollzug Sozialdienste organisieren, fehlen. Regierungsinspektoren, Obersekretäre und vor allem Oberwerkmeister fehlen. Das hat viel mit Resozialisierung zu tun. Es fehlen die Leute, die als Handwerker und Meister in der freien Wirtschaft sehr viel mehr verdienen, wenn sie mit Privatkunden arbeiten, als wenn sie in der Justizvollzugsanstalt arbeiten. All diejenigen, die dort fehlen, reißen eine Lücke für die armen Gefangen hinsichtlich der Hinführung zu Arbeit und zu einem Leben in Freiheit. Diese Gefangenen erfahren in den verschiedenen JVAs nicht mehr genügend Anleitung.
In diesem Bereich ist mir auch wichtig zu betonen, dass vor allem bei den Krankenpflegern und Krankenschwestern nichts gemacht wurde. Das ist ein Skandal. In den Justizanstalten haben wir teilweise zu wenig Personal. Außerdem sind die Krankenpfleger und Krankenschwestern unterschiedlich auf die einzelnen Justizanstalten verteilt. Es gibt große Anstalten, die oftmals deutlich weniger Personal als kleine Anstalten haben. Es gibt dort keinen funktionierenden Nachtdienst. Oftmals gibt es überhaupt keinen Nachtdienst. Auch gibt es keinen Wochenenddienst. Das belastet wiederum die Justizwachtmeister. Diese müssen die Gefangenen zu Krankenhäusern oder zu niedergelassenen Ärzten bringen. Aber diese sind wiederum so schwach besetzt, dass diese Leistungen nicht erbracht werden können. Insofern wurde eindringlich an Sie appelliert, etwas zu machen. Aber geschehen ist nichts, obwohl es eine entsprechende Zusage von Ihnen gibt. Unser Antrag, 40 Planstellen zu schaffen, wurde abgelehnt.
In einem interessanten Zeitungsartikel vom August 2016 schreibt Heribert Prantl über den Strafvollzug im Süden und im Norden der Republik. Wer
immer in einem JVA-Beirat sitzt, kann es nachverfolgen. Prantl sagt, im Süden der Republik seien Sicherung und Abschreckung vorrangig, Wiedereingliederung spiele eine untergeordnete Rolle. Prantl bringt dies anhand vieler Beispiele ziemlich genau auf den Punkt, beginnend bei den Besuchszeiten bis zum offenen Vollzug und zu den hier bereits länger diskutierten Themen wie die mögliche IT-Nutzung im Gefängnis. Diese Schwachstelle erscheint insofern verständlich, als man damit in der Öffentlichkeit nicht punkten kann. Es gibt keinen Beifall, wenn man sich in einem neuen Anlauf für eine verbesserte Resozialisierung stark macht. Aber das ist der einzige Weg, um Kriminalität dauerhaft reduzieren zu können. Da fehlen wirklich alle Impulse.
Sie haben auch einmal geltend gemacht, dass Sie durch verschiedene Verlagerungen mithelfen, in Bayern Strukturpolitik und Heimatstrategie zu betreiben. Im Grundbuchwesen oder Ähnlichem gab es in der Tat die eine oder andere Verlagerung. Dafür verschweigen Sie, dass in der Vergangenheit mindestens 35 Amtsgerichte oder Dependancen, also 35 Einrichtungen der öffentlichen Hand, aufgelöst wurden, die für die jeweiligen Orte wichtig waren. Sie sind nicht die Erfinder einer vernünftigen Strukturpolitik. Ich bin mir sicher, dass Sie vorher das Einsparen all dieser Stellen gefeiert und sich selber gerühmt und beklatscht haben, wie toll diese Einsparungen sind. Jetzt sehen Sie die Gegenstrategie als das Alleinseligmachende. Sie können für die Strukturpolitik etwas tun, indem Sie einen Teil dieser Amtsgerichtsstandorte wieder öffnen. Damit haben Sie auch für die Heimatstrategie etwas erreicht.
Es gibt noch folgenden weiteren interessanten Beitrag, warum bei Ihnen keine ausreichende empathische Heranführung von Strafgefangenen an ein Leben in Freiheit möglich ist. "Gnadenbringende Weihnachtszeit" stand in der Zeitung. In fast allen Bundesländern werden die Leute etliche Wochen vorher entlassen, in Bayern wartet man dagegen offensichtlich auf den Tag vor Heiligabend. Das heißt, die Leute werden in einem Moment entlassen, in dem sie zum Beispiel bei der Wohnungssuche und bei Behördengängen keine Ansprechpartner mehr finden. Fast die ganze Republik macht das anders. Nur in Bayern und Sachsen geht man davon aus, dass der Entlassungstermin einen Tag vor Weihnachten ausreichend sei. Das ist eine traurige Geschichte. Diesbezüglich wird zu Recht ein großer Jurist, nämlich Gustav Radbruch, genannt, der diesen Weg der Gnade ein "gesetzloses Wunder" innerhalb der juristischen Gesetzeswelt nennt. Dieses Wunder der Gnade ist in Bayern offensichtlich nicht vorgesehen.
Diese Praxis bringt viele unnötige Härten mit sich. Kein Mensch nimmt diese Härten wahr, nur die paar Betroffenen. Aber es ist eigentlich eine bittere Geschichte; denn die Leute kommen heraus, aber Sie tun nichts für die Entlassenenfürsorge. Wir haben dazu Anträge gestellt. Es wird viel zu wenig Nachsorge betrieben. In den ersten Wochen und Monaten ist die Zahl der Rückfälle und der Gefährdungen der Entlassenen am höchsten. Aber von Ihnen wird nichts getan. Ein Übergangsmanagement wäre notwendig, das gibt es aber nicht.
Ein besonders trauriges Kapitel ist der Opferschutz. Aus gut erwogenem Grund haben wir uns im Ausschuss sehr genau über Stalking unterhalten und darauf hingewiesen, dass nicht nur Strafrechtsänderungen, sondern auch Beratungsstellen notwendig sind. Wir haben momentan allenfalls auf ehrenamtlicher Basis eine Beratung für Stalking-Opfer. Diese Stellen müssen sich jeden Euro mühsam zusammenkramen. Daher haben wir zu wenig Beratung und Hilfe, was für die Opfer schrecklich ist; denn die Folgen der Tat sind nach der Verurteilung des Täters nicht aus der Welt geschafft. Oft werden gerichtliche Auflagen nicht eingehalten und geht die Belästigung weiter, verbunden mit schweren psychischen Belastungen. Überall da werden die Entlassenen und die Beratungsstellen, die momentan ehrenamtlich und freiwillig ohne entsprechende Hilfe arbeiten, allein gelassen.
Wir haben es hier mit einer Deliktform zu tun, die in ihrer Dimension und neuen Form durchaus in die höchste Gefährlichkeitsstufe hochgerutscht ist, weil es dort bereits zu Totschlagsdelikten gekommen ist. Dort wollen wir deutlich mehr machen als Sie.
Lassen Sie mich am Ende noch auf ein paar Kleinigkeiten zu sprechen kommen, die mir auffallen. Auch im Bereich der Forschung, in dem Sie die Justiz ein Stück weit voranbringen könnten, haben Sie alles abgelehnt. Wir haben bei gerichtlichen Verfahren, etwa bei vormundschaftlichen Verfahren an Familiengerichten, ein Gutachterunwesen. Die Pressemeldungen überschlagen sich: Verfahren sind zu schnell, Gutachten zu schludrig und teilweise falsch erstellt. Zu sagen, da sind wir nicht zuständig, ist, ehrlich gesagt, zu kurz gegriffen.
Wir haben beantragt, die Richter und Staatsanwälte auf diesem Gebiet zu schulen und Forschungsvorhaben in Gang zu bringen, damit alle diese Fehlurteile, die auf Fehlgutachten zurückzuführen sind, endlich angegangen werden. Wir haben für den Strafvollzug die Evaluierung von Jugendarresten und Alternativen
zum Jugendstrafvollzug angemahnt. Aber bei Ihnen stößt so eine Forderung prinzipiell auf taube Ohren.
Die Frage, was mit Ersatzfreiheitsstrafen geschieht, ist ebenfalls ein ziemlich trauriges Kapitel, weil es vor allem diejenigen trifft, die niemanden im Hintergrund haben, um Geldstrafen zu zahlen. Die Technik "Schwitzen statt Sitzen" ist eine vernünftige Sache. Aber dazu bedarf es gemeinnütziger Träger, die Mittel brauchen. Wenn dafür keine Mittel bereitgestellt werden, fehlen diese Träger. Dann ist das Verfahren, das wir planen und Sie mittragen, nicht möglich; dann läuft das Ganze ins Leere. Auch dazu haben Sie unsere Anträge ohne Not und ohne Sinn abgelehnt.
Lassen Sie mich schließlich Folgendes sagen: Der Ministerpräsident hat am Anfang dieser Legislaturperiode in seiner Regierungserklärung angekündigt, im Dialog mit der Justiz ein Gesetz zur Beschleunigung von Gerichtsverfahren vorzulegen. Vielleicht können Sie uns erklären, was er damit gemeint hat und was Sie gedenken, da auf den Weg zu bringen. Das kann allenfalls eine Bundesratsinitiative sein. Wir können uns nicht vorstellen, wohin diese Reise gehen soll. Das ist ein Versprechen ohne Basis.
Herr Minister, lassen Sie mich auch noch sagen, dass in Ihrem Haus die Prüfung von Gesetzen offensichtlich nicht ordnungsgemäß stattfindet. Da haben Sie meines Erachtens eine ganz persönliche Verantwortung.
Dies sind meine letzten Bemerkungen, dann komme ich zum Ende.
Genau. – Sie haben bei der Bürgerbefragung ein verfassungswidriges Gesetz nicht entsprechend beanstandet, und Sie haben gegen das Integrationsgesetz, das nicht nur von seinen Motiven und Zielen her fragwürdig, sondern wahrscheinlich auch in seiner Machart sogar teilweise verfassungswidrig ist, kein Veto eingelegt. Das ist Ihre persönliche Verantwortung.
Der vorgelegte Haushalt dieser Regierung enthält in diesem Bereich einige Verbesserungen. Alles andere wäre auch ein Skandal. Die Zustimmung der CSUFraktion zu unseren Anträgen hätte den Einzelplan Justiz zu einem guten Haushalt gemacht. Sie haben wieder einmal eine Chance vertan.
Frau Kollegin, ich bin gerne und oft bei Polizeiinspektionen zu Gast und weiß, wie deren Personalausstattung aussieht. Ich weiß, dass dort die notwendige Beratungsleistung bei Weitem nicht gewährleistet ist. Das sieht die Polizei selber. Opfer sollten nicht erst ab dem Moment, in dem ein Schaden bereits eingetreten ist, beraten werden. Fachveröffentlichungen ist zu entnehmen, dass die Betroffenen schon zu Beginn, wenn sie den Eindruck haben, dass demnächst etwas passiert, bestimmte Informationen erhalten sollten, mit denen ihnen bestimmte Wege aufgezeigt werden. Übrigens erkennen die Täter sehr wohl im Vorfeld, dass sie krankhafte Neigungen haben. Deshalb ist es wichtig, den Tätern anonymisierte Anlaufstellen zur Verfügung zu stellen, damit man so auf sie einwirken kann.
Schauen Sie sich bei der Polizei um. Wenn Sie glauben, dass reicht, was hier bisher geschieht, haben Sie die Probleme bisher nicht hinreichend erkannt. Das tut mir leid.
Frau Kollegin Wittmann, manchmal ist ein Faktencheck ganz gut. Wir haben ganz schnell im Internet recherchiert und die offiziellen Zahlen gefunden, die der baden-württembergische Justizminister für die Strafvollzugsbediensteten auswirft. Sie liegen bei 2.471. Die Herkunft Ihrer Zahl haben Sie vorhin relativ dubios begründet. Vielleicht sollten wir der Geschichte aber nachgehen. Ich habe nämlich den Eindruck, dass hier ganz locker andere Bundesländer in die Pfanne gehauen werden, damit man selbst gut ausschaut. Bei genauem Nachschauen bleibt von dieser Argumentation aber nicht mehr viel übrig.
Herr Minister, es war ganz spannend, Ihnen zuzuhören und sich die Fakten noch einmal anzuschauen. Ich übergebe Ihnen die Stellungnahme des Bayerischen Richtervereins zum Doppelhaushalt 2017/18. Alle Punkte habe ich referiert, und wenn Sie nur Lobesworte für Bayern gehört haben, muss Ihnen irgendjemand etwas Falsches eingeblasen haben. Vielleicht hat er zu viel Hochachtung vor dem Amt gehabt. Was der Bayerische Richterverein schriftlich niedergelegt hat, können Sie von mir haben. Das sind genau die Punkte, die ich genannt habe.
Zum Faktencheck: Ich habe wirklich einen gewissen Ehrgeiz gehabt, herauszufinden, was in Baden-Württemberg los ist. Jetzt habe ich die offiziellen Zahlen. Dort gibt es insgesamt über 3.000 Stellen im Strafvollzug und 2.471 Stellen im Bereich der Justizwachtmeister im Strafvollzug. Die anderen, die hier immer genannt werden, sind die, die bei den Gerichten Ordnung schaffen. Sie vergleichen hier immer ganz unterschiedliche Zahlen. Das heißt, Baden-Württemberg als Negativbeispiel vorzuführen, trägt nicht.
Als Drittes zu der Frage Amnestie oder Gnadenerlass. Das ist ja nicht auf meinem Mist gewachsen. Ich habe der Zeitung entnommen, was hier in Bayern gemacht wird. Die 14 Bundesländer gewähren ja nicht eine Generalamnestie über viele Monate, sondern über wenige Tage bis vielleicht zu vier Wochen. Hintergrund ist folgender, und das ist nicht irgendwie gegen die Gerechtigkeit gerichtet: Strafgefangene, die am Freitag oder von mir aus am Donnerstag vor Weihnachten entlassen werden, schauen bei der Wohnungssuche, bei Behördengängen und Ähnlichem schlichtweg mit dem Ofenrohr ins Gebirge, weil da alles ruht oder überlastet ist. Da könnte Bayern jenseits der Gerechtigkeit sehr wohl unter dem Gesichtspunkt der Resozialisierung und der Wiedereingliederung ein klein wenig gnädiger sein. Ein bisschen Weihnachtsgnade wäre angebracht.
Frau Präsidentin, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Herr Minister, wir von der SPD wollen, dass gerade der Hochschul- und Wissenschaftsstandort Bayern als bedeutendes Aushängeschild für unseren Freistaat und als Motor der Zukunftsfähigkeit für unser Land deutlich gestärkt wird.
Wir wollen die Förderung einer vielfältigen Kulturlandschaft; denn auch das ist ein Aushängeschild. Ich werde bei den einzelnen Punkten darauf zu sprechen kommen. Der vom Wissenschaftsministerium vorgelegte Haushalt wird diesen Anforderungen nur teilweise gerecht. Ein paar Beispiele: Die Grundfinanzierung an den Hochschulen ist nach wie vor notleidend. Da gibt es die Kritik des Wissenschaftsrates, und trotz großzügiger Bundesfördermittel wird nicht das getan, was die Eigenständigkeit der Hochschulen – ich komme bei der Drittmittelförderung dazu – hinreichend stärkt. Wir haben das Programm zur Aufnahme von Studienanfängern in der Vergangenheit nicht umgesetzt. Haushaltsreste in dreistelliger Millionenhöhe sind liegengeblieben. Das ist ein Armutszeugnis. Sie sagen immer: Bayern geht es gut, den Menschen geht es gut; das war ja in der gestrigen Debatte der Haupttenor.
Schauen wir uns bei dieser Frage einfach einmal den universitären Mittelbau an. Der Kollege Piazolo hat schon diejenigen Menschen genannt, die etwa als Lehrbeauftragte an Musikhochschulen arbeiten. Das sind hochqualifizierte Musiker, die die Hälfte des gesamten Unterrichts an Musikhochschulen stemmen. Dafür kriegen sie für die gehaltene Stunde nur die genannten 36 bis 45 Euro. Diese Lehrbeauftragten müssten eigentlich streiken. Aber sie haben so wenig Geld, dass sie nicht einmal streiken können. Wenn diese Lehrbeauftragten einmal nicht mehr mitmachten, dann läge der Hochschulbetrieb lahm. Und was haben Sie für diese Leute im Haushalt vorgesehen? – Gar nichts.
Das ist die Wahrheit, die bei Leuten ankommt, die dieses schöne Bayern, das Sie immer verkünden, in dieser Form einfach nicht sehen können. Sie malen sich immer eine Welt, die nichts mit der Wirklichkeit derer zu tun hat, denen es in Bayern schlecht geht. Es geht
nicht jedem gut. Es geht vielen gut, aber nicht allen Menschen, nicht jederzeit und nicht an jeder Stelle. Darauf wollen wir schauen.