Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich eröffne die 65. Vollsitzung des Bayerischen Landtags. Presse, Funk und Fernsehen sowie Fotografen haben um Aufnahmegenehmigung gebeten. Diese wurde wie immer vorab erteilt.
In der vergangenen Woche ereignete sich in der Nähe von Bad Aibling ein furchtbares Zugunglück. Bei dem Zusammenprall zweier Regionalbahnen kamen elf Menschen ums Leben. Über 80 wurden dabei verletzt, einige davon sehr, sehr schwer.
Wir alle sind zutiefst bestürzt und betroffen von diesem schrecklichen Unglück. Heute sind unsere Gedanken und unser tiefes Mitgefühl bei den Angehörigen, bei denen, die ihre Liebsten auf so tragische Weise verloren haben. In dieser schwierigen Zeit wünschen wir ihnen Kraft, und wir wünschen ihnen vor allen Dingen Menschen, die ihnen zur Seite stehen.
Wir denken auch an die vielen Verletzten, denen wir von Herzen baldige und möglichst vollständige Genesung wünschen.
Unser innigster Dank gilt heute den vielen haupt- und ehrenamtlichen Helferinnen und Helfern vor Ort, aus den Nachbarregionen und aus Österreich. Hunderte Kräfte waren im Einsatz, und alle haben das Menschenmögliche getan, um zu helfen. Sie sind in dieser Ausnahmesituation über sich hinausgewachsen.
Beeindruckt hat uns auch – dafür danke ich in dieser Stunde auch für den Bayerischen Landtag – die große Anteilnahme der Menschen vor Ort, in ganz Bayern und darüber hinaus. Wir danken auch für die spontane Bereitschaft zur Blutspende. Nicht nur in Bayern ist die Solidarität groß. Tagtäglich erreichen mich Briefe von Kolleginnen und Kollegen aus dem In- und Ausland, die in Gedanken bei den Opfern, den Verletzten und deren Familien sind.
Nichts kann den Schmerz nehmen, den die Betroffenen des Zugunglücks empfinden. Aber das Mitfühlen von so vielen Menschen und das Zusammenstehen vor Ort in diesen schlimmen Stunden können die Schwere des Leids vielleicht ein wenig lindern.
Der Bayerische Landtag trauert mit den Angehörigen der Opfer und wird den Toten ein ehrendes Gedenken bewahren. Allen Verletzten noch einmal gute Genesung, nicht nur der körperlichen Wunden, sondern auch der vielen seelischen Wunden! Das gilt natürlich
Liebe Kolleginnen und Kollegen, Sie haben sich zum Gedenken an die Opfer des Zugunglücks von Ihren Plätzen erhoben. Ich danke Ihnen und unterbreche die Sitzung für zehn Minuten.
Verehrte Kolleginnen und Kollegen, ich nehme die Sitzung wieder auf und darf zunächst noch Geburtstagsglückwünsche aussprechen, und zwar die besten Wünsche für den Herrn Kollegen Dr. Gerhard Hopp, der am 13. Februar einen halbrunden Geburtstag gefeiert hat. Einen herzlichen Glückwunsch, alles Gute, vor allen Dingen auch Gesundheit!
Dann darf ich Ihnen noch mitteilen, dass es in der Fraktion der FREIEN WÄHLER turnusgemäß Neuwahlen gegeben hat. Ich gratuliere den Herren Kollegen Professor Dr. Peter Bauer und Alexander Muthmann zu ihrer Wahl zu stellvertretenden Vorsitzenden. Dem bisherigen Vorsitzenden, Kollegen Aiwanger, und seinem Stellvertreter Thorsten Glauber sowie dem Parlamentarischen Geschäftsführer Florian Streibl gratuliere ich ebenfalls.
Antrag der Staatsregierung auf Zustimmung zum Neunzehnten Staatsvertrag zur Änderung rundfunkrechtlicher Staatsverträge (Neunzehnter Rundfunkänderungsstaatsvertrag) (Drs. 17/9700) - Erste Lesung
Der Staatsvertrag wird vonseiten der Staatsregierung begründet. Ich darf hierzu Herrn Staatsminister Dr. Marcel Huber das Wort erteilen. Bitte schön, Herr Staatsminister.
Frau Präsidentin, werte Kolleginnen und Kollegen! Schon wieder habe ich die Ehre, zu einem Rundfunkänderungsstaatsvertrag sprechen zu dürfen, inzwischen zum Neunzehnten. Immer, wenn ich an dieser Stelle zu diesem Thema spreche
Sie können sich daran noch erinnern –, weise ich darauf hin, dass der starke demokratische Grundkonsens in unserer Gesellschaft, hier in Bayern und in
Deutschland, maßgeblich durch die Qualität unserer Medienlandschaft getragen wird. Diese Qualität wollen wir auch halten und fördern. Mit dem Neunzehnten Rundfunkänderungsstaatsvertrag machen wir einerseits den öffentlich-rechtlichen Rundfunk nochmals attraktiver und erleichtern andererseits auch Wirtschaft und Verwaltung das Leben.
Was ist der Inhalt? – Wir schaffen zum einen die rechtlichen Grundlagen für ein neues, online-basiertes Jugendangebot von ARD und ZDF. Das hochwertige Angebot wird, wie man heute so schön sagt, crossmedial Fernseh- und Radiobeiträge mit Online-Foren verknüpfen. Das ist der Tatsache geschuldet, dass sich ein großer Teil der jungen Menschen garantiert nicht um 20.00 Uhr vor dem Fernsehen versammelt, um gemeinsam die "Tagesschau" anzuschauen; das ist wohl die Ausnahme. Junge Menschen wenden sich zunehmend von den klassischen Fernsehangeboten ab und Online-Angeboten zu.
Mit dem neuen Jugendangebot wirken wir damit auch dem gefürchteten Generationenabriss wirksam entgegen und stellen sicher, dass der Grundversorgungsauftrag alle Generationen umfasst. Wenn ich "alle" sage, dann meine ich das auch wirklich so. Für uns ist klar: Auch in Zukunft muss der öffentlich-rechtliche Rundfunk wirklich für alle Menschen in unserem Land attraktiv bleiben, für Junge, aber eben auch für Ältere. Die Diskussion der letzten Wochen zum Stellenwert der Volksmusik im Bayerischen Rundfunk hat ja gezeigt, dass es auch um die Interessen der älteren Generation gehen muss; wir müssen das genau im Auge behalten. Wir werden uns heute zu diesem Thema noch unterhalten.
Wir modernisieren zum anderen unsere Rundfunkordnung beim Jugendmedienschutz. Wir bieten hier Lösungen zum Zusammenwachsen von Geräten, Verbreitungswegen und Inhalten. Wir wollen also die Konvergenz der Medien abbilden. Ich nenne als Beispiel Fernsehen auf dem Smartphone. Wir harmonisieren endlich die Altersfreigabe für einerseits Trägermedien und andererseits Telemedien. Es ist überhaupt nicht nachzuvollziehen, warum unterschiedliche Bewertungsmaßstäbe angelegt werden. Wir bringen den technischen Jugend- und Medienschutz mit zeitgemäßen Anforderungen an Jugendschutzprogramme auf den neuesten Stand.
Schließlich und letztens: Ein wesentlicher Punkt ist die Umsetzung der ersten Ergebnisse der Evaluation des Rundfunkbeitrags. Ich spreche jetzt nicht vom KEF-Gutachten – das ist eine andere Baustelle.
pfeiler der Erhebung unterscheiden sich nicht wesentlich vom System der Rundfunkgebühren. Jetzt geht es um den Feinschliff bei den einzelnen Aspekten und um die geplanten Änderungen, die man schon absehen kann, zum Beispiel darum, soziale Einrichtungen wie Kindergärten etc. besserzustellen und auch die kleinen und mittleren Unternehmen in ihrer Arbeit zu unterstützen. Das ist etwas, das wir anpacken müssen.
Wie Sie wissen, wird von vielen Seiten die Beitragsreduzierung für Kfz im gewerblichen und öffentlichen Bereich angemahnt. Ich bin mir ganz sicher, dass dieses Thema im Zusammenhang mit der Behandlung des 20. KEF-Berichtes von den Regierungschefinnen und Regierungschefs noch einmal aufgerufen werden wird.
Mit dem neuen, Neunzehnten Rundfunkänderungsstaatsvertrag machen wir, wie ich glaube, den öffentlich-rechtlichen Rundfunk noch attraktiver und machen ihn fit für die Zukunft. Ich werbe daher um Ihre Zustimmung zu dem vorgeschlagenen Neunzehnten Rundfunkänderungsstaatsvertrag.
Vielen Dank, Herr Staatsminister. – Für die SPD-Fraktion darf ich jetzt Frau Kollegin Fehlner das Wort erteilen. Bitte schön, Frau Kollegin.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Dem vorliegenden Neunzehnten Rundfunkänderungsstaatsvertrag der Länder können wir grundsätzlich zustimmen. Der Vertrag enthält gegenüber den bisherigen Regelungen wesentliche Veränderungen, Vereinfachungen und Verbesserungen. Er trägt der sich wandelnden Medienlandschaft, dem veränderten Medienverhalten der Gesellschaft und der Konvergenz der Medien Rechnung.
Noch kurz möchte ich auf einige uns wichtig erscheinende Eckpunkte der sechs verschiedenen Elemente des Staatsvertrages eingehen. Richtig und wichtig ist unserer Meinung nach das gemeinsame digitale Jugendangebot von ARD und ZDF, ausgerichtet auf die Zielgruppe der 14- bis 29-Jährigen, die im Internet vor allem mit ihren Smartphones unterwegs sind. Deshalb wird dieses Angebot unter dem Motto "only online" entsprechend der Zielgruppe auch nur im Internet verbreitet. Dabei geht es einerseits darum, eine bessere Erreichbarkeit der jungen Zielgruppe zu ermöglichen, und andererseits um den Auftrag des öffentlich-rechtlichen Rundfunks, keinen Generationenabriss entstehen zu lassen. Das heißt: Der Rundfunk muss sich auch kontinuierlich verjüngen. Ziel muss es sein, dass
das Gesamtangebot von ARD und ZDF zukünftig in größerem Maße als bisher generationenübergreifend genutzt wird. Das ist ja auch das deutliche Signal der Länder an den öffentlich-rechtlichen Rundfunk.
Wichtig ist die Feststellung, dass durch das neue Jugendangebot für die Beitragszahler keine zusätzlichen Kosten entstehen und nach sorgfältigem Abwägen und dem Hinzuziehen eines wissenschaftlichen Gutachtens die privaten Anbieter auch in Bayern keine nennenswerten Auswirkungen zu erwarten haben. Eingestellt werden im Gegenzug die bisherigen Spartenprogramme EinsPlus und ZDFkultur. Die Aufwendungen für das neue Jugendangebot bleiben auf 45 Millionen Euro jährlich begrenzt.
Ein zweites wichtiges Element des Rundfunkänderungsstaatsvertrags ist die Umsetzung der Evaluierung des Rundfunkbeitrags. Mit der Einführung des Rundfunkbeitrags haben wir die Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks ja auf komplett neue Beine gestellt. Im vergangenen Jahr wurde der Beitrag um 48 Cent auf 17,50 Euro gesenkt – ein Meilenstein, der den Sendern im vergangenen Jahr einen Mehrertrag von 1,2 Milliarden Euro gebracht hat. Es muss noch darüber entschieden werden, wie dieser Mehrertrag verwendet wird. Wie die Medien seit einigen Tagen berichten, soll es bereits einen Vorschlag der KEF, der Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs der Rundfunkanstalten, geben.
Entscheidend für uns ist, dass die Ergebnisse der Evaluierung das Rundfunkbeitragssystem sowohl in rechtlicher Hinsicht als auch mit Blick auf die wirtschaftlichen Auswirkungen im Wesentlichen bestätigt haben. Deshalb ist es gut, dass durch die Änderungen und Nachjustierungen nun die Verfahren vereinfacht und bürokratische Hürden abgebaut werden.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, bei der Beitragsregelung geht es, wie gesagt, auch um eine bessere Differenzierung im Hinblick auf die Beitragsgerechtigkeit. Daher begrüßen wir es, dass mit dem neuen Vertrag nun die Kommunen und gemeinnützige Einrichtungen wie Kitas und Schulen und Einrichtungen für Menschen mit Behinderungen entlastet werden. Die Mehrbelastung der Kommunen wird durch die Absenkung auf einen Drittelbeitrag kompensiert. Auch die höhere Veranlagung von Betriebsstätten mit zahlreichen Teilzeitkräften wird durch das Wahlrecht – bisher wurde ja nach Köpfen abgerechnet, egal ob Vollzeitkräfte oder Teilzeitkräfte – abgemildert.
Wichtig ist, dass der Rundfunkänderungsstaatsvertrag das Thema Jugendmedienschutz berücksichtigt und die dort fixierten Regelungen den Jugendschutz auf der Basis der freiwilligen Selbstkontrolle sichern sol
len. Mit der Änderung des JugendmedienschutzStaatsvertrags soll der Schutz von jungen Menschen in der Medienwelt verbessert werden und zugleich eine Angleichung der Regelungen an Vorschriften des Bundes und der EU erfolgen. Gut ist daher, dass die Novellierung des Rundfunkänderungsstaatsvertrags die Altersstufen des Jugendschutzgesetzes auch für Rundfunk und Telemedien übernimmt. Dies schafft die Grundlage für eine einheitliche, alle elektronischen Medien umfassende Alterskennzeichnung.
Eine wichtige politische Aufgabe bleibt die Förderung der Medienkompetenz in allen pädagogischen Handlungsfeldern, von der Kita über die Schule bis hin zur Erwachsenenbildung. Das ist natürlich nicht zum Nulltarif zu haben. Hier brauchen wir mehr Investitionen, und diese sind auch gut angelegt. Es gibt zu wenig Angebote. Der Medienführerschein und das Medienkompetenznetzwerk reichen hierfür nicht aus.
Kolleginnen und Kollegen, der öffentlich-rechtliche Rundfunk hat eine besondere Stellung und Verantwortung. Wichtig ist, dass er seinen Auftrag nachhaltig erfüllen kann, und entscheidend ist auch, dass die Sender sorgsam mit dem Geld der Beitragszahler wirtschaften und dass Programmqualität und Programmvielfalt gesichert sind. Wir brauchen auch in Zukunft einen starken, unabhängigen öffentlich-rechtlichen Rundfunk. In diesem Sinne halten wir den Neunzehnten Rundfunkänderungsstaatsvertrag für eine sinnvolle Weichenstellung in die Zukunft.
Vielen Dank, Frau Kollegin. – Für die CSU darf ich nun Herrn Kollegen Blume das Wort erteilen. Bitte sehr.
Frau Präsidentin, Herr Ministerpräsident, meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Ich stehe hier als dritter Redner, und eigentlich ist vom Staatsminister Huber und auch von der Kollegin Fehlner alles gesagt worden, was zu diesem Neunzehnten Rundfunkänderungsstaatsvertrag zu sagen ist. Ich darf mich deshalb den Ausführungen der beiden Vorredner explizit anschließen und möchte mich lediglich darauf konzentrieren, drei Elemente herauszuarbeiten, von denen ich glaube, dass ihnen durch die Änderung besonders stark Rechnung getragen wird.
Erstens. Wir bekommen ein Stück weit zusätzliche Transparenz in der Finanzierung der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten und sind dadurch in der Lage, mit dieser Novelle die eine oder andere Feinjustierung in diesem finanziellen Bereich durchzuführen. Ich weise explizit darauf hin, dass mit dieser Änderung auch dem Begehren des Bayerischen Landtags
Rechnung getragen wird – dazu gab es Anträge der verschiedenen Fraktionen –, dass bei der Evaluierung des Rundfunkbeitrages an manchen Stellen eine gewisse Feinjustierung notwendig ist. Die Stichworte Sozialeinrichtung, gemeinnützige Einrichtung sind schon gefallen. Diesem Anliegen wird nun mit der Änderung dieses Rundfunkstaatsvertrages Rechnung getragen.
In diesem Zusammenhang möchte ich erwähnen, dass mit der Novelle auch das Thema der Programmbeschaffungskosten von ARD und ZDF aufgegriffen wird. Dieses Thema berührt den Filmstandort Bayern hinsichtlich seiner Produzentenvielfalt. Wir wissen aus vielen Gesprächen, dass die Rundfunkanstalten die ihnen zur Verfügung gestellten Mittel nicht in dem Ausmaß zur Programmgestaltung bei den freien Produzenten unterbringen, wie man das möglicherweise erwarten würde. Um hier etwas Licht ins Dunkel zu bringen, ist es gut, dass mit diesem Rundfunkänderungsstaatsvertrag nun klargestellt wird, wie die Kosten öffentlich und transparent verteilt werden. Damit wird verhindert, dass Ähnliches geschieht wie in der Programmperiode von 2009 bis 2012, als mehr als 235 Millionen Euro an Programmmitteln nicht für das Programm genutzt wurden. Hier müssen wir dafür sorgen, dass im Sinne der Produzenten und der Filmschaffenden die Mittel, die für das Programm zur Verfügung gestellt werden, auch dafür verwendet werden.
Neben der Transparenz der Finanzierung ist der zweite wichtige Punkt für mich die Konvergenz der Regulierung. Dieses Anliegen hat der Herr Ministerpräsident mit seinem Runden Tisch erstmals in der medienpolitischen Debatte aufgebracht. Auch diesem Begehr trägt dieser Rundfunkänderungsstaatsvertrag Rechnung. Es ist gut, es ist richtig und wichtig, dass der Jugendmedienschutz nicht mehr eine Frage des Ausspielwegs ist, sei es ein Tonträger, sei es ein Online-Kanal. Dass wir in Zukunft hier einheitliche Regelungen haben, ist für mich der einzig gangbare Weg.