Protokoll der Sitzung vom 09.03.2017

Zur Behandlung von pechhaltigem Straßenaufbruch gibt es in Bayern einschlägige Vorschriften und Regeln, wovon besonders das LfU-Merkblatt 3.4/1 zu beachten ist. Darauf möchte ich hinweisen. Dieses Merkblatt fasst auf der Grundlage und in Ergänzung

des Technischen Regelwerks der Bund/Länder-Arbeitsgemeinschaft Abfall, der LAGA, die Hinweise zu den wasserwirtschaftlichen Anforderungen an Aufbereitungsanlagen sowie an die Lagerung und Verwertung von pechhaltigem Straßenaufbruch zusammen. Diese Regeln haben sich in Bayern im Vollzug bewährt. Ich kann auch gerne auf die im Antrag aufgeführten einzelnen Punkte eingehen.

Der Einbau von aufbereitetem pechhaltigen Straßenaufbruch soll laut Antrag nur im Rahmen größerer Baumaßnahmen mit mehr als 5.000 Tonnen pechhaltigem Straßenaufbruch erfolgen dürfen, wobei Grundeigentümer und Bauherr ausschließlich die öffentliche Hand sein soll. Die bayerischen Regelungen sehen bereits vor, pechhaltigen Straßenaufbruch bevorzugt bei größeren Baumaßnahmen einzubauen und bei Baumaßnahmen, bei denen pechhaltiger Straßenaufbruch ausgebaut wird beziehungsweise auf Verkehrsflächen, bei denen nicht mit häufigem Aufbruch bei Ausgrabungen zu rechnen ist, wieder einzubauen.

Zum privaten Einbau, liebe Kollegin Steinberger: Der Einbau auf Privatwegen außerhalb von Industrie- und Gewerbegebieten ist durch bestehende Regelungen bereits ausgeschlossen. Sie bringen immer wieder das Beispiel Hutthurm und die 16 weiteren Fälle in Passau. Sie treffen sicher zu. Aber bitte nennen Sie mir Beispiele, die inzwischen noch hinzugekommen sind.

Der Einbau in Privatwege ist ausgeschlossen; das habe ich schon gesagt. Eine Festlegung, dass pechhaltiger Straßenaufbruch nur noch ab einer Menge von mindestens 5.000 Tonnen eingebaut werden darf, hat zur Folge – das kann sich jeder ausmalen –, dass man ihn auf der einen Seite mit einer Absicherung nach unten und einer Abdeckung von oben sicher lagern muss. Die andere Folge ist, dass man den pechhaltigen Aufbruch durch die Gegend fahren, an einer bestimmten Stelle lagern und dann wieder einbringen muss. Das ist mit Sicherheit alles andere als umweltfreundlich, weil damit hohe CO2-Ausstöße verbunden sind.

Der Antrag fordert auch, dass vor dem Einbau nachzuweisen ist, dass der Straßenaufbruch an einem unbedenklichen Standort, also nicht in Wasserschutzgebieten, in von Überschwemmung gefährdeten Gebieten, in Karstgebieten und dergleichen, zu verwenden ist. Das ist geregelt, und ich darf noch einmal auf das LfU-Merkblatt verweisen, wo das eindeutig geregelt ist. Die Dokumentation ist im Informationssystem der Bayerischen Straßenbauverwaltung, dem sogenannten BAYSIS, hinreichend ausgewiesen. Da wird ein Katastersystem geführt, in dem die Stellen

dokumentiert sind, sodass auch später darüber verfügt werden kann.

Meine Damen und Herren, ich darf zusammenfassen und sagen: Es gibt über das hinaus, was bereits bekannt ist, keine wesentlichen neuen Erkenntnisse. Ich kann nur wiederholen: Es gibt in Bayern Regelungen, und über sie hinaus sind keine weiteren notwendig. Insofern muss ich feststellen, dass wir den Antrag zum dritten Mal ablehnen.

(Beifall bei der CSU)

Herr Dr. Hünnerkopf, bleiben Sie bitte am Rednerpult. Die Frau Kollegin Steinberger hat sich zu einer Zwischenbemerkung gemeldet. Bitte schön, Frau Kollegin, Sie haben das Wort.

Lieber Herr Kollege Hünnerkopf, in der Umweltausschusssitzung haben Sie sich noch ein bisschen anders angehört. Da hatte ich das Gefühl, Sie sind schon kurz vor dem Umschwenken auf unsere Linie. Jetzt sind Sie wieder komplett in der Ablehnung. Das tut mir sehr leid. Natürlich werden wir diesen Antrag immer wieder stellen, bis der Missstand endlich beseitigt ist. Dann dauert es eben noch ein Jahr oder zwei, bis auch die Staatsregierung und die CSU-Fraktion merken, dass hier Altlasten in Bayern verteilt werden, über die wir keine Kontrolle haben.

Sie haben gesagt, was wir wollen, ist Bürokratie. Fragen Sie einmal den Landrat von Passau Franz Meyer, mit welchen bürokratischen Hemmnissen er zu tun hatte und welche Gerichtsverfahren er gegen den Recyclingunternehmer geführt hat, bis das teerhaltige Material endlich ausgebaut worden ist. Fragen Sie einmal Herrn Meyer, was er von Bürokratieabbau hält. Mit einer einfachen Regelung – nie mehr in privater Hand – wäre die ganze Bürokratie ein für alle Mal zu Ende.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Noch etwas. Sie sagen, es gibt keine neuen Erkenntnisse. Zu den neuen Erkenntnissen gehören zum Beispiel die 16 zusätzlichen, völlig unbekannten, den Behörden völlig dubiosen Einbaustellen im Landkreis Passau. Sie sagen mir, ich soll Ihnen weitere nennen. Bin ich als Landtagsabgeordnete verpflichtet, Ihre Altlasten zu finden? Nicht einmal die Behörden im Freistaat Bayern wissen, wo diese Altlasten sind. Aber ich soll Ihnen sagen, wo sie sind. Das ist in höchstem Maße lächerlich und auch fahrlässig, Herr Hünnerkopf.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Danke schön, Frau Kollegin Steinberger. – Herr Dr. Hünnerkopf, Sie haben das Wort. Bitte schön.

Kollegin Steinberger, vielleicht habe ich mich etwas missverständlich ausgedrückt. Ich wollte sagen, die Ursachen für Hutthurm und die 16 Beispiele, die Sie immer wieder bringen, liegen etliche Jahre zurück, sind also nicht aktuell. Gerade aufgrund der Ereignisse in Hutthurm bin ich mir sicher, dass teerhaltiges Material nicht mehr in dieser Form eingebaut wird, weil jeder – sowohl der Unternehmer als beispielsweise auch der Landwirt, der sich darauf einlässt, solches Material einzubauen – weiß, was auf ihn zukommt. Wenn man weiß, dass damit der Ruin der eigenen Existenz verbunden ist, wird man sich hüten, solches Material noch einmal in ähnlicher Form an der Legalität vorbei einzubauen.

Danke schön, Herr Kollege. – Als Nächster hat der Kollege Scheuenstuhl von der SPD das Wort. Bitte schön, Herr Kollege.

(Vom Redner nicht auto- risiert) Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Lieber Kollege Otto Hünnerkopf, für die SPD gilt: Umweltschutz vor Bürokratieabbau. Das müssen wir heute einfach feststellen. Für uns ist nicht so wichtig, ob einmal ein Papier mehr oder weniger ausgefüllt werden muss, wenn wir die Menschen schützen können. Kein Bürokratieabbau auf Kosten der Gesundheit unserer Bürgerinnen und Bürger!

(Beifall bei der SPD)

Werte Kolleginnen und Kollegen, beim Abbau eines Aussiedlerhofes in Hutthurm wurden 10.000 Tonnen teerhaltigen Straßenaufbruchs vergraben. Während das zuständige Landratsamt anfangs offenbar keine Einwände gegen den Einbau des giftigen Materials hatte, kam ein Gutachten zu dem Ergebnis, dass der teerhaltige Straßenaufbruch ein "sehr hohes Gefährdungspotenzial für die Natur" darstelle und entfernt werden müsse. Die Kosten gehen in die Millionen.

Allein im Landkreis Passau sollen 15 weitere Fälle bekannt sein. In Aichach-Friedberg erstattete das Landratsamt Anzeige gegen den Beschluss eines Gemeinderats, eigenmächtig ungeprüftes kontaminiertes Asphaltmaterial auf zwei Feldwege ausbringen zu lassen. Das Verfahren wurde später gegen Auflagen eingestellt. Im Landkreis Würzburg hat ein Schotterwerksbetreiber jahrelang illegal Abfall beseitigt, unter anderem anscheinend auch Teer und pechhaltigen Asphalt. Die Umweltverstöße hatte nicht etwa die zu

ständige Kontrollbehörde, das Landratsamt, sondern ein ehemaliger leitender Mitarbeiter aufgedeckt. Wie die Beispiele aus Niederbayern, Schwaben und Unterfranken zeigen, landet der pechhaltige Straßenaufbruch nicht immer dort, wo er eigentlich landen sollte.

Gerade der Fall des Schotterwerks in Aub, der vor einigen Wochen im Umweltausschuss Thema war, Herr Kollege Hünnerkopf, hat gezeigt, dass Kontrollen nicht nur ausbleiben, sondern sich Behörden aktiv nicht an der Aufklärung des Falls beteiligen. Obwohl die konkrete Situation in jedem dieser Fälle etwas anders gelagert sein mag, offenbaren alle diese Fälle doch zumindest, liebe Kolleginnen und Kollegen, dass Handlungsbedarf besteht, wie das der Kollege Hünnerkopf im Ausschuss – ich darf das bestätigen – erwähnt hat.

Angesichts der Tatsache, dass das Bindemittel von pechhaltigem Asphalt, die sogenannten polycyclischen aromatischen Kohlenwasserstoffe, kurz PAK, gesundheitsgefährdend und umweltschädlich ist, muss die gegenwärtige Handhabung in Bayern zumindest hinterfragt werden. Jetzt kommt etwas ganz Besonderes. Künftig wird es nämlich nicht mehr erlaubt sein, pechhaltiges Material in Staats- und Bundesstraßen einzubauen. Das heißt, der Freistaat Bayern bzw. der Bund – da war es der Bundesrechnungshof – erhöht den Druck und sagt: Diesen Einbau wollen wir nicht mehr. Bereits im Jahr 2006 hat der Bundesrechnungshof den Umgang mit belastetem Straßenaufbruch gerügt. Das Problem ist, dass das Material, wie heute üblich, meistens erneut für den Straßenbau genutzt und auf diese Weise das belastete Material vermehrt wird, und zwar von einer Tonne auf 1,32 Tonnen.

Was nun aber auf Staats- und Bundesstraßen aus gutem Grund nicht mehr erlaubt sein soll, wird im Freistaat bei Privatpersonen nach wie vor erlaubt, unter anderem auch beim Einbau in Gewerbeflächen. Bayern ist das einzige Bundesland, das dies macht. In anderen Bundesländern dürfen Privatpersonen kein pechhaltiges Material auf privatem Grund und Boden entsorgen. Es ist doch schizophren, wenn sich der Staat bei Bundes- und Staatsstraßen – die Auskunft stammt übrigens vom Ministerium; das haben wir im Ausschuss erfahren, außer es ist widerrufen worden – davon verabschiedet und Privatpersonen es nach wie vor machen dürfen.

Es wäre doch paradox, wenn wir hier nicht etwas unternehmen würden. An dieser Stelle hat Kollege Hünnerkopf – er hat sich bereits zu Wort gemeldet – darauf gedrungen, dass etwas getan werden muss. Auf der anderen Seite lehnt die CSU die Anträge aber alle ab. Das ist für uns unverständlich.

Ich hoffe, Sie können es uns verzeihen, dass wir nicht darauf warten, bis sich die Staatsregierung dieses Themas annimmt und der Antrag dann obsolet sein wird, wie Sie, Herr Dr. Hünnerkopf, es schon im Ausschuss formuliert haben. Wenn wir als Opposition keinen Druck machen, passiert hier nämlich gar nichts. Das Material wird in Bayern weiter munter verteilt.

Deswegen werden wir, weil bei uns der Umwelt- und der Schutz des Menschen vor einem Bürokratieabbau stehen, dem Antrag der GRÜNEN selbstverständlich zustimmen.

(Beifall bei der SPD)

Herr Kollege Scheuenstuhl, bleiben Sie bitte am Rednerpult. Kollege Dr. Hünnerkopf hat sich für eine Zwischenbemerkung gemeldet. Bitte schön, Herr Dr. Hünnerkopf, Sie haben das Wort.

Kollege Scheuenstuhl, Sie sagen pauschal, dass ich im Ausschuss gesagt hätte, dass Handlungsbedarf besteht. Daran sieht man wieder einmal, wie Dinge vermischt werden oder wie durch Weglassen bestimmter Dinge der Sachverhalt wesentlich verändert wird. Bezogen auf Aub – nur bezogen auf Aub – habe ich gesagt, dass für mich diesbezüglich die Erkenntnisse noch nicht erschöpfend sind und weiter untersucht werden muss, damit wir Klarheit bekommen. Das war nur bezogen auf Aub und nicht allgemein gesprochen. Sie stellen es so dar, als ob ich im Ausschuss grundsätzlich der Meinung von SPD und GRÜNEN gewesen wäre und hier etwas anderes gesagt habe. Ich wollte das nur klarstellen.

(Beifall bei der CSU)

Danke schön, Herr Dr. Hünnerkopf. – Herr Kollege Scheuenstuhl, Sie haben das Wort.

(Vom Redner nicht auto- risiert) Herr Kollege Dr. Hünnerkopf, ich habe gedacht, Sie bekommen die Kurve und werden sich dazu hinreißen lassen, heute zu sagen: kein Verteilen von – ich betone es noch einmal: – giftigem Material auf irgendwelchen Flächen! Darum geht es doch heute.

(Beifall bei der SPD)

Wenn Sie heute Ihre – "Tat" hätte ich jetzt beinahe gesagt, aber das ist falsch – Erschrockenheit, die Sie genauso wie ich, denn auch ich war erschrocken – – Wir diskutieren hier fleißig und munter über teerhaltiges Material und dann kommt das Ministerium – ich weiß es leider nicht genau, ich nehme an, es war das

Ministerium – und erklärt uns, dass der Freistaat Bayern in Zukunft darauf verzichtet. Ich erinnere mich noch an Ihr Gesicht – wenn ich einen Spiegel gehabt hätte, hätte ich wahrscheinlich gesehen, dass ich genauso ausschaue –, wie erschrocken Sie geschaut haben. Wir streiten hier über die Abgabe von Material an Privatpersonen, die es dann irgendwo verstreuen – im vorgegebenen Rahmen der Gesetze natürlich – ,

(Zuruf von den GRÜNEN: Oder auch nicht!)

und dann kommt der Mann vom Staat und sagt: Wir verzichten darauf, weil es uns zu gefährlich und zu teuer ist. Bei den Fällen, die ich genannt habe, Herr Kollege, geht um Millionen. Hutthurm ist ein ganz klassischer Fall. Wer bezahlt das zum Schluss? Das zahlt doch der Steuerzahler, wenn die Firma pleitegegangen ist, der arme Bauer, der es – ich sage einmal, in gutem Glauben – gemacht hat, weil er vielleicht sogar an den Einbau als Recyclingmaterial gedacht hat. Dabei geht es doch um Millionen. Darauf müssen wir doch reagieren. Das muss doch ein Ende haben.

Der Freistaat sagt, er macht es nicht mehr, es ist ihm zu teuer. Ich sage, das ist mir alles zu unsicher: die Giftigkeit und die Kosten – weg damit. Sie sagen zum Privatmann: Nimm es ruhig! Passiert nichts! – So geht es nicht. Schluss damit!

(Zuruf von der SPD: Bravo! – Beifall bei der SPD)

Danke schön, Herr Kollege. – Als Nächster hat Kollege Zierer von den FREIEN WÄHLERN das Wort. Bitte schön, Herr Kollege.

(Unruhe – Glocke des Präsidenten)

Sehr geehrtes Präsidium, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Heute geht es um einen Antrag, den die GRÜNEN vor zweieinhalb Jahren schon einmal eingereicht haben. Auch damals haben wir im Plenum darüber gesprochen. Die Argumente sind dieselben.

Es ist völlig unstrittig, dass die kohlestämmigen Peche krebserregend und erbgutverändernd sind. Heutzutage würde man diese Peche dem Asphaltgut nicht mehr beimischen und auch nicht mehr verwenden. Aber da man das Zeug in den Achtzigerjahren verwendet hat, ist es nun einmal vorhanden. Wir haben bereits damals gesagt, dass es eine Ungeheuerlichkeit ist, was in Hutthurm passiert ist. Ich glaube, in dieser Bewertung sind wir uns parteiübergreifend einig. Wir können dem Antrag der GRÜNEN in vielen Punkten zustimmen. Insbesondere – ich glaube, auch hierin sind wir uns parteiübergreifend einig – bei der

Dokumentationspflicht muss nachgesteuert werden. Die Dokumentationspflicht ist wichtig und muss geregelt sein.

(Zuruf von den GRÜNEN)

Ja. Wenn es kriminelle Anflüge bei gewissen Unternehmen gibt, dann werden wir das mit keiner Regelung unterbinden können. Das ist leider so.

Wir sind stimmen jedoch Ihrer Forderung nicht zu, dass ausschließlich die öffentliche Hand diesen Straßenausbruch verwenden soll; denn wenn beim Bau bzw. beim Umbau von großen Gewerbe- und Industrieanlagen asphaltiert wird, dann sehen wir nicht, was daran schlimmer sein soll, als wenn es die öffentliche Hand tut. Bei einer vernünftigen Dokumentation, wenn ich an große Gewerbebetriebe denke, ist es vernünftiger, wenn es auch der Privatunternehmer einbaut.

Wir wollen auch nicht, dass das Material über ganz Bayern verteilt wird. Das macht auch niemand; denn dafür gibt es Vorschriften. Aber der Einbau in Privatwege außerhalb von Gewerbe- und Industrieanlagen ist bereits jetzt verboten, und wenn sich Leute nicht daran halten, können wir hier beschließen, was wir wollen. Das Gleiche gilt für Wasserschutz- und Überschwemmungsgebiete. Das ist auch gut so.