Es kann keine Zwischenbemerkung werden, denn meine Rede ist abgeschlossen, aber selbstverständlich genehmige ich eine Zwischenfrage!
Vielen Dank! Herr Senator, stimmen Sie mit mir überein, dass wir, um diese Effekte zu erreichen, die Sie geschildert haben, durchaus auch einfach nur mit dem Ordnungsmaßnahmenkatalog und mit ähnlichen Konsequenzen arbeiten können, die auch teilweise schon bestehen und nur nicht richtig angewandt werden, statt gleich das Schulgesetz zu ändern?
Ich erfahre aus dem ständigen Dialog mit Lehrerinnen und Lehrern und mit Schulleitungen aus der Praxis, dass ihnen solche starken Grenzen gesetzt sind, dass das allein nicht genügt. Deshalb will ich das auf den Prüfstand bringen. Ich möchte übrigens auch, das wissen Sie, andere Punkte auf den Prüfstand setzen, aber ich will jetzt nicht abschweifen. Ich möchte diesen Punkt überprüfen lassen, ob das richtig ist, ob das konsequent ist oder ob die Schülerinnen und Schüler nicht stärkere pädagogische Konsequenzen zeitnäher spüren müssen.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die Rede von Willi Lemke, von Senator Lemke, aber Willi heißt er ja trotzdem, hat mich doch noch einmal motiviert, mich zu Wort zu melden. Herr Senator Lemke, wenn mein Name Scherf wäre, würde ich Sie jetzt für das, was Sie in den letzten Minuten Ihrer Rede ausgeführt haben, umarmen.
Ich weiß nicht, ob Sie es beobachtet haben, Herr Senator Lemke, in den letzten fünf Minuten Ihrer Rede haben Sie sechs Mal von der CDU-Fraktion Applaus bekommen und einmal von der SPD-Fraktion.
(Beifall bei der CDU — Widerspruch bei der SPD — Abg. M ü t z e l b u r g [Bündnis 90/Die Grünen]: Dafür hat er gestern nur von den Grünen Applaus bekommen!)
Ich möchte doch die eine oder andere Bemerkung machen. Wir sind da vollkommen d´accord, wenn Sie den letzten Punkt noch einmal nehmen, dass es natürlich nicht angehen kann, dass ein Schüler drei, fünf, zehn, 15, wir kennen sogar auch Fälle, 38 oder 40 Mal Verfehlungen begangen hat, die irgendwo eingetragen sind, und es gibt für diese Verfehlungen keine Konsequenz. Aber ich sage es noch einmal ganz deutlich, Herr Lemke, bringen Sie eine Änderung des Schulgesetzes ein! Die Unterstützung der CDU-Fraktion ist Ihnen in diesem Punkt sicher.
(Beifall bei der CDU — Abg. M ü t z e l - b u r g [Bündnis 90/Die Grünen]: Welchen Paragraphen sollen wir ändern?)
Herr Mützelburg, Sie können jetzt hier natürlich Paragraphenreiterei machen, das weiß ich wohl, das können auch die Grünen! Es geht um das Zeichen, das wir nach außen politisch setzen wollen. Der Rest kann in der Bildungsdeputation geregelt werden.
Herr Senator, ich unterstreiche auch voll und ganz, wenn Sie sagen, dass eine Schule nicht nur Fun sein kann, sondern dass ein Schüler auch merken muss, dass zu einer Schule auch Leistung gehört und dass, um diese Leistung erbringen zu können, man sich manchmal auch auf den Hosenboden setzen und hart arbeiten muss.
Aber, Herr Senator, haben Sie auch das vernommen, was Frau Jansen uns vorhin über Zeugnisse gesagt hat? Meinen Sie nicht, dass das im genauen Gegensatz steht? Herr Lemke ist auf der einen Seite als Senator für die Sonntagsreden zuständig, und die SPD-Bildungspolitik ist für die konkrete Politik zuständig. Das ist der Spagat, den man uns hier vorführen will, meine Damen und Herren!
Ich begrüße auch ausdrücklich, wenn hier gesagt wird, wir müssen an den Schulen umbauen und natürlich Naturwissenschaften stärken. Das haben Sie gerade in Ihrer Rede gesagt. Wenn das konkret in Forderungen gekleidet gestern Herr Bürger ausspricht für die gymnasiale Oberstufe, dann spricht Frau Jansen hier von Mobbing. Das ist SPD-Politik im Konkreten!
Sehr geehrte Damen und Herren, Herr Senator Lemke hat auch Recht in der Aussage, jede Gesellschaft hat die Schülerinnen und Schüler, die sie verdient. Wir müssen uns nach 30 Jahren SPD-Bildungspolitik auch fragen, ob diese Zustände, die wir hier teilweise beschrieben bekommen haben, nicht auch das Ergebnis dieser SPD-Bildungspolitik sind.
Eine Bemerkung noch zum Abschluss: Sehr geehrte Damen und Herren, ich fand es schon sehr beeindruckend, ich will das auch ganz deutlich sagen, als wir diese Schule besucht haben, Frau Jansen war ja auch dabei, dass die Lehrer, die vor 20 Jahren noch Unterricht erteilt und gesagt haben, wir müssen immer alles ganz liberal lösen, wir dürfen sozusagen den Schülern gegenüber nicht deutlich machen, wo ihre Grenzen sind, jetzt die Politik zu Hilfe rufen und sagen, helft uns, wir brauchen neue Konzepte, wir kommen nicht mehr damit zurecht,
diese Philosophie, die wir selbst vor 20 Jahren hatten, ist gescheitert. Gibt es wirklich bessere Kronzeugen dafür, dass wir in der konkreten Bildungspolitik da auch einmal die Zügel anziehen und etwas ändern müssen? Die CDU ist dazu bereit. Ich hoffe, dass unser Koalitionspartner mitzieht. — Vielen Dank!
Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Jetzt bekommt die Debatte ja doch noch die für meine Begriffe etwas unanständige Wendung, die hier eigentlich nicht hineingehört, weil ich finde, das ist kein Thema, um so platt und billig hineinzuhauen, wie Sie das gemacht haben, Herr Eckhoff.
Sie sprechen Lehrerinnen und Lehrer meiner Generation an, die vor 20 Jahren etwas gelernt haben in einem gesellschaftlichen Kontext, der sich heute völlig verändert hat und deswegen auch völlig andere Antworten erfordert als die, die vor 20 Jahren richtig waren. Da dann einfach zu sagen, seht, das ist alles gescheitert, ist dermaßen billig und plump, dass sich das selbst entlarvt.
Das Grundelement dieser Gesellschaft ist Konkurrenz. Wer in dieser Konkurrenz scheitert, wird ausgesondert. Das Ziel sozialer Marktwirtschaft ist genau, diese Folge abzufedern. Bei Ihnen spürt man davon nichts mehr. Sie wollen Konkurrenz pur, Manchesterkapitalismus auf allen gesellschaftlichen Ebenen.
(Abg. E c k h o f f [CDU]: Deshalb holen Sie die ausländischen Spezialisten ins Land, um den inländischen eine Perspektive zu bieten!)
Lieber Herr Eckhoff, das sind Krokodilstränen, und so platt wie ein Krokodil sind auch Ihre Argumente!
Nehmen wir nur einmal die Oberfläche am Beispiel der Zeugnisse! Da wird ein Popanz aufgebaut. Sie behaupten allen Ernstes, man kann einen Menschen beurteilen in einem bestimmten Sektor, indem man eine Ziffer in den Raum stellt. Das weiß jedes Unternehmen, dass das nicht geht. In jedem Unternehmen gibt es differenzierte Beurteilungen, die ganz klare Entwicklungen in der Arbeitsweise hervorhenen, Schwächen hervorheben, Leuten Hinweise geben, wo sie sich ändern sollen, damit sie zur Zufriedenheit des Unternehmens arbeiten. Jetzt kommen Leute auf die Idee und sagen, warum machen wir nicht so etwas in den Schulen auch, und schon stellen Sie sich hin und sagen, die anderen wollen die Noten abschaffen. Das ist Ideologie und nicht sachgerecht, es sei denn, Sie unterstellen den Unternehmen linksradikale Ideologien, weil die es auch so machen!
Genauso ist das mit Spaß und angstfrei. Lieber Herr Senator, jeder weiß, dass Menschen in Situationen, in denen sie mit Freunde an eine Aufgabe herangehen und sich mit einer Aufgabe identifizieren, keine Angst haben müssen, besser lernen, als wenn dies durch Druck erfolgt. Dass natürlich Zielsetzungen Anstrengungen erfordern, damit man sie erreicht, ist doch völlig klar, aber der Knüppel ist der schlechteste Pädagoge, und ich finde, das sollten wir hier auch so sagen.
Dann die Aussage, Lehrer könnten nicht mit Gewalt an den Schulen umgehen! Natürlich haben sie Grenzen. Das, was wir in unserer Generation gelernt haben, sind Instrumente, die heute nicht mehr greifen, teilweise sogar kontraproduktiv sind. Das ist völlig klar, und das akzeptiere ich auch sofort. Deswegen ist der Appell, mehrere Generationen von Lehrern an der Schule zu beschäftigen, völlig richtig, und ich hoffe nur, dass wir jetzt nicht den Fehler machen, wieder nur die nächste Eingenerationsschule zu produzieren, indem wir jetzt wieder eine Generation Lehrer flächendeckend einstellen und das Problem fortschreiben.
Ich setze Ihnen aber als These gegen diese Aussage, die Sie gemacht haben, Folgendes: Sie können mit den Problemen nicht umgehen und reagieren in weiten Bereichen hilflos. Viele Probleme haben ihre Ursache nicht darin, dass die Instrumente, sprich der Ordnungsmaßnahmenkatalog oder Ähnliches, nicht in Ordnung sind, auch eine zeitnahe Reaktion ist immer möglich, wenn man es will. Das ist einfach so. Da versteckt sich irgendjemand hinter irgendetwas, es wird Verantwortung weitergescho
ben. Man kann zeitnah reagieren, man muss es nur wollen. Es gibt dazu die Konferenz in der Schule, es gibt die Gremien in der Schule, es gibt manchmal Streitschlichter, es gibt den Schulpsychologischen Dienst. Man bekommt viel hin, wenn man nur will.
Dies sage ich Ihnen aus eigener Erfahrung nach 18 Jahren Unterrichtstätigkeit, und insofern finde ich, man muss nicht auf der übergeordneten Ebene anfangen zu diskutieren. Schulgesetze sind Ergebnis eines langen Prozesses. Mit dieser Diskussion geben sie Leuten an der Basis womöglich die Legitimation, auch weiterhin wegzuschauen. Das ist die falsche Konsequenz. Die richtige muss sein hinschauen, konkret abarbeiten, konkret intervenieren, eigene Regeln aufstellen, sie durchsetzen in der Schule, und ich glaube, dann ist ein großer Teil des Gewaltproblems schon deutlich minimiert. — Vielen Dank!