Dies wird allerdings gar nicht so einfach, denn der Weg nach Großbritannien oder in die USA wird aus traditionellen Gründen von den meisten IT-Kräften viel eher beschritten und ist überdies allein vor dem Hintergrund, dass hierzulande bereits mit ausländerfeindlichen Floskeln reagiert wird, ein viel attraktiverer.
(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen — Abg. Frau L i n n e r t [Bündnis 90/Die Grünen]: So ist es!)
Zwischenfazit: Die Green Card als eine Maßnahme im Rahmen eines ganzen Maßnahmenbündels ist eine Notwendigkeit, um Versäumnisse der Vergangenheit auf allen Seiten, Herr Dr. Kuhn, das sehen wir genauso, wiedergutzumachen. Der zuweilen geäußerte Vorwurf, die Bundesregierung würde im Stil eines Kolonialherren durch die Wegakquisition der Leistungsträger die hiervon betroffenen Volkswirtschaften schädigen, ist bei der Zahl von insgesamt maximal 20.000 Fachkräften über sämtliche Länder hinweg wohl kaum haltbar.
Das Gegenteil ist der Fall! Durch die bereits genannte Möglichkeit der Kooperation mit ihren einheimischen Firmen im Rahmen des befristeten Aufenthalts hier in Deutschland wird die Entwicklung in beiden davon berührten Ländern gefördert. Des Weiteren scheinen die ausländischen Volkswirtschaften zum momentanen Zeitpunkt noch nicht ausreichend attraktive Beschäftigungsmöglichkeiten zu bieten. Dieser Zustand kann gerade durch Maßnahmen, wie die Green Card eine darstellt, verändert werden. Wer dem so nicht zustimmen kann, sollte sich noch einmal generell Gedanken über Sinn und Zweck internationaler Austauschprogramme machen.
Die Unternehmen im Bund und auch in Bremen wollen die Green Card und haben sich dazu bereit erklärt, die zu geringen Ausbildungsbemühungen der Vergangenheit durch künftig verstärkte Ausbildungsaktivitäten zu kompensieren, was, wie eben bereits dargestellt, schon in die Praxis umgesetzt wird. Der als Alternative zum Hochschulstudium geforderte Gehaltsnachweis von 100.000 DM wird von den Unternehmen, insbesondere von den Firmengründern und den Klein- und Mittelbetrieben, allerdings als zu hoch eingeschätzt. Hier käme als Kriterium schon eher die Beitragsbemessungsgrenze der gesetzlichen Krankenversicherung in Frage, wie unter anderem auch vom Arbeitgeberpräsidenten Dieter Hundt gefordert. Das wären im Westen um die 75.000 DM und in den neuen Bundesländern um die 65.000 DM im Jahr. Dieses monetäre
Es bleibt das Problem, wie auch Herr Dr. Kuhn bereits aufgezeigt hat, der Befristung auf zunächst fünf Jahre, welches zum Beispiel in den USA nicht besteht. Zwar wissen diejenigen, die kommen, dass sie sich auf diese Befristung einlassen, außerdem wird ihnen der Wechsel des Arbeitgebers ebenso ermöglicht wie die Gründung einer selbständigen Existenz, auch können Familienangehörige von Anfang an mit nach Deutschland kommen, dennoch kann die Befristung, eine erfolgreiche und ausreichende Akquisition vorausgesetzt, zu Problemen führen.
Wie die Gastarbeiter in den sechziger und siebziger Jahren werden sich einige der akquirierten ITExperten vermutlich schnell als Bürger dieses Landes fühlen und werden hier Zukunftsperspektiven entwickeln wollen. Wie eingangs gesagt, ist dieses weniger ökonomisch, sondern eher sozial und ethisch geprägte Problem kein triviales und sollte hinsichtlich der Verknüpfung mit einer angemessenen Integrationspolitik noch einmal fachlich diskutiert werden.
Erörtert werden müsste in diesem Zusammenhang übrigens auch, ob der Weggang einer größeren Zahl ausländischer IT-Fachkräfte nach fünf Jahren für diese Branche ohne weiteres zu verkraften wäre. Niemand kann heute vorhersehen, wie sich diese so sehr dynamische Branche in den nächsten fünf Jahren entwickeln wird. Aus diesen Gründen beantragen wir die Überweisung des Antrags der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen an die entsprechenden Fachdeputationen für Wirtschaft und Häfen sowie für Arbeit und Gesundheit. — Herzlichen Dank!
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Es ist ja ganz spannend, wie sich die Debatte jetzt entwickelt, und ich glaube, dass es doch überraschend ist, wenn man das eine oder andere Argument in dieser Debatte auch bisher gehört hat. Herr Kottisch, Sie haben die ganze Zeit von der Green Card gesprochen, nur nicht davon, dass wir hier Begriffe miteinander verwechseln. Die Green Card, und darüber hat wahrscheinlich auch Herr Schildt immer wieder bei seinen
Amerika-Gesprächen gesprochen, ist in Amerika etwas ganz anderes als das Modell, das wir im Moment gerade nach dem Pressebesuch von Herrn Schröder auf der CeBIT besprechen. Die Green Card in Amerika sagt zwei konkrete Sachen: Erstens, sie wird blanko erstellt, das heißt, ohne dass ein konkreter Arbeitsplatz nachzuweisen ist, und zweitens, sie ist unbefristet.
Herr Beckmeyer, Sie wissen es ja hoffentlich auch seit Ihren zahlreichen Treffen mit Bill Clinton, was die Green Card in Amerika ist.
Die Green Card wird in Amerika unter vier Voraussetzungen erteilt, und zwar erstens bei Heirat mit einem amerikanischen Staatsbürger, zweitens bei der Investition von einer Million US-Dollar in die amerikanische Wirtschaft, drittens auf Antrag eines konkreten Arbeitgebers, wenn er spezifisch den Bedarf nachweisen kann, und viertens durch das sicherlich allen bekannte Lotterieverfahren. Das ist der Punkt Green Card in der Debatte, der sozusagen die tatsächliche Green Card darstellt.
Wie sieht es in Deutschland aus? Die Situation in Deutschland ist, glaube ich, unstrittig. Im Moment fehlen mindestens 75.000 IT-Spezialisten. Die Zahl wird in den nächsten Jahren dramatisch ansteigen, da müssen wir uns überhaupt nichts vormachen, wenn wir auf diesem Marktsegment weiter erfolgreich sein werden. Wie viele haben sich denn bisher gemeldet? Da sagt die Statistik der ZAV: Bis zum 25. April haben sich bei der ZAV, das ist die Stelle, die die Meldungen von Ausländern für inländische Arbeitsplätze entgegennimmt, 1090 Personen gemeldet. Das ist sozusagen die erste Resonanz auf die
Wie werden die Bedarfe entsprechend definiert? Wer soll diese Analyse der Bedarfe machen? Wie sieht es in anderen Berufszweigen aus? Es ist doch völlig klar, dass weitere Branchen folgen werden. Zum Beispiel der Bereich der Biotechnologie, dort wird es in den nächsten Wochen und Monaten spätestens erhebliche Konflikte geben.
Frau Hövelmann, dieser Zwischenruf „Das hat Kohl auch verpennt!“ aus Reihen von Leuten, die jahrelang dafür gesorgt haben, dass die Biotechnologie ins Ausland abwandert, das ist doch Hohn, was wir hier erleben, liebe Frau Hövelmann!
Was passiert im Bereich der Pflegeberufe, wenn es zum Beispiel Veränderungen gibt durch die Reduzierung beim Ersatzdienst? Auch das ist eine Frage, die wir stellen müssen. Wollen wir dann auch in diesem Bereich, da wird es den Mangel auch geben, die entsprechenden Anwerbeversuche starten?
Liebe Mitglieder des Parlaments, der Entwurf der Bundesregierung sieht Folgendes vor: Er sieht vor fünf Jahre Befristung, er definiert ein Mindesteinkommen, er definiert, dass mitreisende Familienangehörige nach zwei Jahren arbeiten dürfen und, das ist mittlerweile neu aufgenommen, dass auch der Arbeitsplatz innerhalb dieser fünf Jahre gewechselt werden darf. Das war im ersten Entwurf von Herrn Riester nicht vorgesehen. Die Frage ist: Hätte es überhaupt dieser großen Debatte bedurft, beziehungsweise wie sehen die bisherigen gesetzlichen Regelungen aus? Es gibt einen Paragraphen 5 sowohl in der Arbeitsaufenthaltsverordnung als auch in der Anwerbestopp-Ausnahmeverordnung, das sind schwierige Wörter, darin steht bisher schon —
das ist dann der Amtsschimmel, Frau Hövelmann, der solche Begriffe dann entsprechend prägt —: „Eine Aufenthalts- und Arbeitsgenehmigung erhalten auch Fachkräfte, die eine Hochschul- oder Fachhochschulausbildung besitzen, wenn wegen ihrer besonderen fachlichen Kenntnisse ein öffentliches Interesse besteht.“
allen Dingen sind es Scheinlösungen, die Sie versuchen, meine Damen und Herren, der Öffentlichkeit zu verkaufen!
Was wir heutzutage brauchen, und da sind wir, glaube ich, Herr Dr. Kuhn, gar nicht so weit auseinander, sind langfristig greifende Regelungen. Wir brauchen ein Konzept dazu, wie wir die Probleme lösen, und keine kurzfristigen Lösungen, wie Sie sie hier entsprechend anstreben.
Liebe Frau Adolf, diese 20.000 wollen Sie doch nicht irgendwie auch nur als ein annäherndes Konzept bezeichnen,
Ich will einige Worte dazu sagen! Wir befinden uns heutzutage, und das ist die veränderte Situation, in einem globalen Wettbewerb um die besten Köpfe, und darauf müssen wir die Antworten geben. Wenn ich immer höre, Sie haben das ja angesprochen — —.
(Zuruf des Abg. D r. G ü l d n e r [Bünd- nis 90/Die Grünen] — Abg. T e i s e r [CDU]: Sie verstehen doch unter Einwan- derung etwas ganz anderes!)
Lassen Sie uns doch gleich noch einmal über die Einwanderung sprechen! Ich möchte erst einmal mit Genehmigung des Präsidenten zitieren. Am 28. Januar 2000, das war deutlich nach der Rüttgers-Zeit, stellt der parlamentarische Staatssekretär Gerd Andres, SPD, im Bundestag Folgendes fest:
„Gegenwärtig ist die Bundesregierung nicht der Auffassung, dass die Erteilung von Arbeitsgenehmigungen an ausländische EDV-Spezialisten erleichtert werden soll. Wie in den anderen Bereichen muss auch im Bereich der Datenverarbeitung das Problem der ausreichenden Gewinnung von Fachkräften durch Maßnahmen am inländischen Markt gelöst werden. Die Zulassung von Arbeitnehmern aus dem Ausland würde die Ursachen des Mangels nicht beheben, sondern allenfalls kurzfristig verdecken. Bei immerhin noch knapp vier Millionen Arbeitslosen, darunter auch 31.000 arbeitslosen EDV-Fachleuten Ende Dezember 1999, dürfen die gerade im Bereich