Protokoll der Sitzung vom 16.11.2000

(Abg. Frau H ö v e l m a n n [SPD]: Wieso erstaunlich?)

Erstaunlich, wenn man sieht, wie schlecht der Beruf geredet wird, Frau Hövelmann! Wir haben zu diesem Schuljahr die verlässliche Grundschule eingeführt, und trotz aller Klagen ist sie ein erfolgreiches Modell. Es gibt sicherlich die eine oder andere berechtigte Kritik im Einzelfall, aber im Großen und Ganzen haben wir 72 gut funktionierende verlässliche Grundschulen in Bremen, meine Damen und Herren, und das, finde ich, zeigt, wie engagiert die Arbeit der Lehrerinnen und Lehrer hier ist, und das, finde ich, Herr Mützelburg, muss man dann auch so beim Namen nennen, dass es eben auch die Masse erfolgreicher Politik im Bereich der Bildung gibt!

(Abg. Frau H ö v e l m a n n [SPD]: Das sind nicht nur die Lehrer bei der verlässli- chen Grundschule, die das gut machen, auch die Erzieher!)

Ich komme zu dem Bereich gleich noch, Frau Hövelmann! Zu dem, was zuvor geschildert worden ist, kommt aber auch die Frage, wie wir es denn in Zukunft machen wollen. Wir haben in Bremen immer noch relativ gefestigte Strukturen, und diese kosten Geld. In Zukunft werden wir, wenn wir auch etwas mehr haben wollen, sehen müssen, dass wir das in unserem Budget darstellen. Bei den Strukturen, Frau Hövelmann, finden wir sicherlich noch die eine oder andere Stelle. Ich meine, ich kann verstehen, vor dem Parteitag sagen Sie, wir schaffen es nicht, danach schauen wir noch einmal weiter. Ich glaube schon, und gerade die vergangenen Wochen haben mich da wieder bestärkt, nach fünf Jahren großer

Koalition haben wir in Bremen so eine erfolgreiche Bildungspolitik, da haben Sie sich sehr bewegt. Das hätte ich vor fünf Jahren noch gar nicht geglaubt, und wenn wir die nächste Deputationssitzung hinter uns haben, dann, denke ich, werden wir in der Bildungspolitik auch eine gemeinsame ganz große Koalition haben. Wir werden auch mit dem zwölfjährigen Abitur und anderen Projekten in Bremen einen ganz tollen Bildungsstandort entwickeln, da bedanke ich mich auch bei Ihnen, Sie haben ja doch ein paar Positionen, die Sie früher einmal hatten, aufgegeben. Wir sind manchmal lernfähig, Sie sind ein bisschen mehr lernfähig, das freut mich im Sinne der Schülerinnen und Schüler. Wir haben das Geld angesprochen, Herr Mützelburg, das Geld haben Sie auch angesprochen. Ich habe hier eine Pressemitteilung von Ihnen vom 13. November: SPD-Bildungspolitik ohne Finanzierungskonzept. Von Ihnen habe ich leider vorhin nichts zur Finanzierung gehört. Sie haben die fehlenden Finanzierungsvorschläge des SPD-Bildungspapiers als Armutszeugnis bezeichnet. Ich hätte mir von Ihnen erhofft, dass Sie auch ein wenig zur Finanzierung gesagt hätten. Wir meinen, dass wir mit dem Aufbrechen noch mancher verkrusteten Strukturen ein wenig hinbekommen. Wir wollen verstärkt Praktiker in den Unterricht einbeziehen. Man braucht nicht immer ausgebildete Lehrerinnen und Lehrer, wir wollen zum Beispiel Nativespeaker verstärkt im Fremdsprachenunterricht einsetzen. Wir glauben, dass wir mit dem, was wir in der letzten Deputation in Auftrag gegeben haben, Frau Hövelmann hat das ganz richtig gesagt, nach einer intensiven Beratung, und ich denke, da werden wir uns auch deputationsintern noch das eine oder andere Mal reiben, wie bei vielen anderen Punkten zu einem guten Ergebnis kommen werden, dass wir Ihnen dann hier im Parlament ein Gesamtergebnis vorstellen können, mit dem wir alle zufrieden sind. Meine Damen und Herren, mein alter Lateinlehrer hat mir einmal ein Motto beigebracht: per aspera ad astra, durch Mühe zu den Sternen! Wir müssen uns in der Bildungsdeputation abmühen, und wir werden Ihnen das Ergebnis dann vorlegen. – Vielen Dank!

(Beifall bei der CDU)

Als Nächster hat das Wort der Abgeordnete Mützelburg.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr Kollege Rohmeyer, hic Rhodus, hic salta!

Ja, so ist das mit der Leitkultur, die Bilder wechseln!

(Heiterkeit)

Herr Präsident, meine Damen und Herren, man kann es sich nicht so einfach machen, Herr Kollege Rohmeyer, und die Leute hier veräppeln und sagen, da kommt jetzt einer frisch aus der Bildungsdeputation, nimmt ein Papier mit, das dort vorlag, und hat abgeschrieben.

(Abg. R o h m e y e r [CDU]: Ja, das ha- ben Sie!)

Lesen Sie doch einfach! Wir haben gesagt, dass wir Ihnen hier ein Aktionsprogramm vorlegen. Der Anlass war, das muss ich auch sagen, ich war vorhin so höflich, darauf zu verzichten, dass Sie in der Deputation nicht in der Lage waren, und ich glaube, das ging vor allen Dingen auf die CDU zurück, zu sagen, wir beschließen jetzt hier, dass der Senator den Auftrag bekommt, 100, 120 oder 150 neue Referendare einzustellen, er soll bis zum nächsten Mal eine Vorlage machen, wie das geht, sondern dass Sie gesagt haben, wir müssen erst einmal prüfen, soweit ist es nicht! Ich glaube, Frau Hövelmann hätte dazu sofort ja gesagt, das zu machen. Ich verstehe ja, dass Sie – –.

(Zuruf der Abg. Frau H ö v e l m a n n [SPD])

Ja, deshalb! Dass Sie das in der Koalition nicht können!

Da haben wir vom Bündnis 90/Die Grünen gesagt, so geht das nicht weiter! Macht denen einmal ein bisschen Dampf! Die einen oder anderen mögen ja guten Willens sein, aber es passiert nichts! Deshalb: hic Rhodus, hic salta, wie ich eingangs gesagt habe!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen – Abg. B ü r g e r [CDU]: Wir sind da etwas seri- öser!)

Dann will ich doch noch ein paar Worte zu den Vorschlägen sagen, Herr Kollege Rohmeyer. Ich habe nicht nur vorgeschlagen, und das bin nicht ich allein, sondern das ist die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, die Referendarzahl zu erhöhen, sondern auch die Ausbildung zu verkürzen. Das ist ein Thema, an das Sie sich noch nicht herangemacht haben.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen – Zuruf)

Das haben wir in der Deputation nicht beschlossen! Das geht jetzt nur an Herrn Rohmeyer!

Wir haben vorgeschlagen, den Einstellungskorridor zu erweitern. Frau Hövelmann hat das eben auch vorgeschlagen. Das ist ja in Ordnung. Die CDU hat das bisher nicht vorgeschlagen, und deshalb konnte die Deputation das auch nicht vorschlagen. So schlicht und einfach ist das! Wir haben vorgeschlagen, ein Programm aufzulegen zur Zusammenarbeit mit der Wirtschaft, um auch Leute für den Lehrerberuf zu gewinnen, die jetzt nicht Lehrer sind. Da haben wir verschiedene Maßnahmen angeführt. Ich sage Ihnen dazu, Herr Rohmeyer: Es geht nicht so einfach, dass wir sagen, wir holen hier irgendwelche Leute mit einem Diplom, lassen die jetzt künftig Lehrer spielen und entwerten damit das Lehrerstudium, sondern ich bin schon entschieden dafür, dass niemand in die Schule kommt, der nicht irgendeine pädagogische Qualifikation – vielleicht nicht die gleiche wie die der Lehrer – hat oder diese noch erwirbt, während er in der Schule ist. Sonst kommen wir nämlich wieder zu Hausfrauenlehrern, und die Debatte möchte ich nun wirklich weder den Schulen noch den aktiven Lehrern zumuten!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen – Abg. B ü r g e r [CDU]: In den siebziger Jahren hatten wir ja auch schon einmal Diploman- den!)

Was auch nicht geht, Herr Kollege Rohmeyer, ist, praktisch dadurch hintenherum die Bezahlung der Lehrer abzusenken, indem man sich ein paar Fachhochschuldiplomanden holt und sagt, die machen es ja für A 11!

(Abg. B ü r g e r [CDU]: Das hat doch keiner gesagt!)

Über die Frage der Anreize haben Sie nicht diskutiert! Wir sagen ganz entschieden, und da sind wir mit dem Bildungssenator eigentlich gleicher Meinung, es ist Quatsch, jetzt wieder Lehrer als Beamte in großer Zahl aufzunehmen, denn das sind die Beamten für die nächsten 35 Jahre, die dann die Pensionskosten verursachen.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Dazu haben Sie gar nichts gesagt, auch nicht in der Deputation.

Ich verstehe ja, dass der Bildungssenator im Wettbewerb mit den anderen Bundesländern nicht anders kann, weil diese ihre Lehrer alle verbeamten. Dennoch sollte man ernsthaft darüber nachdenken, für die nächste Zeit das finanzielle Loch auszugleichen, denn ein Beamter hat netto nachher eine Menge mehr in der Tasche als ein Angestellter. Das sind ungefähr 700 DM bei einem verbeamteten Lehrer von A 13 in dem Alter. Ein Lehrer zahlt keine Sozialvericherungsabgaben und so weiter. Da bin ich

schon entschieden dafür, das lieber momentan durch Zulagen auszugleichen, als in einem späteren Abschnitt den Staat die hohen Pensionen zahlen zu lassen.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Mittelfristig muss es eigentlich darüber auch Konsens zwischen den Ländern geben, auch wenn es jetzt noch nicht geht. Herr Rohmeyer, auch dazu haben Sie nichts gesagt, und natürlich hat die Deputation nichts dazu gesagt. Zu den ganzen Kooperationsvorschlägen mit der Wirtschaft haben wir uns gar nicht geäußert, und das mit den EU-Lehrern: Wenn Sie sich gut erinnern, wissen Sie, dass ich diesen Vorschlag überhaupt erst in der Deputation gemacht habe, er stand nämlich nicht im Papier des Bildungssenators, das uns vorgelegen hat.

Kurz und gut: Wenn man über Abschreiben redet, muss man auch lesen können und das verstehen, was auf dem Papier steht. Wenn man das gemacht hat, kann man vergleichen und weiß, was identisch ist. Es gibt identische Inhalte und unsere eigenen Vorschläge! Ich sage ja gar nicht, dass sie alle auf unserem Mist gewachsen sind, sondern wir haben versucht, die Ideen zusammenzufassen, die im Moment im Lande unterwegs sind. Es ist gut, wenn der Bildungssenator diese Ideen aufnimmt, wenn er noch weitere produziert und wir dann hier ein Programm vorgelegt bekommen, das Hand und Fuß hat, meine Damen und Herren!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Jetzt noch zu dem letzten Punkt, das mit dem Geld! Ich habe eingangs gesagt, dass die Bildungspolitik in den letzten Jahren nicht das Gewicht gehabt hat, was sie hätte haben müssen. Bildungspolitik für Personal, das im Bildungsbereich arbeitet, für Lehrer und andere, es gibt auch nichtunterrichtendes Personal, es gibt Lehrmeister, Sekretärinnen und noch eine Menge anderer Leute, die in den Schulen sind und die vielleicht auch demnächst gebraucht werden, ist in den letzten Jahren stiefmütterlich behandelt worden. Frau Hövelmann hat doch gerade klipp und klar gesagt, wie der Personalbestand mit der Begründung Sanierung abgesenkt worden ist.

Ich sage Ihnen, die Zeit ist vorbei! Wer dieses Bundesland sanieren will und immer von Investitionen in die Köpfe redet, muss auch sagen, Investitionen in die Köpfe sind nicht nur naturwissenschaftliche oder ingenieurwissenschaftliche Bauten an der Universität, auch das ist Beton, sondern Geld für die Menschen, die in diesen Berufen arbeiten. Das sind Investitionen in die Köpfe, und Geld für diejenigen, die das studieren sollen, die in der Ausbildung sind, die überhaupt angelockt werden sollen, auszugeben, in der Lage sind wir heute.

Wer Bremen sanieren will und in der Zukunft ausreichend Lehrer in den Schulen, Personal in den naturwissenschaftlichen Berufen – das hatten wir letztes Mal – haben will, der muss jetzt Geld für Köpfe und nicht nur für Beton ausgeben! Das ist der Punkt, und davor können Sie sich auch irgendwann nicht mehr drücken, Herr Rohmeyer, und auch nicht mehr das Bildungsressort hinten und vorn ausquetschen. Es geht hier nicht um eine Stelle, sondern es geht um sehr viel mehr Geld.

Wir haben gesagt, dass das, was wir vorschlagen, etwa mit fünf Millionen DM jetzt zu erledigen ist. Das stand übrigens auch in unserer Pressemitteilung, und wenn es nicht darin stand, habe ich es in der Presse gesagt, im „Weser-Kurier“ konnten Sie das nachlesen. Auf Dauer – das ist natürlich Geld, das jedes Jahr ausgegeben werden muss – und wenn man ein bisschen großzügiger herangeht, wir haben ja noch ein bisschen mehr vor uns als ein Notprogramm, das wir jetzt auflegen müssen, wird die Bildungspolitik in den nächsten Jahren eher 20, 25 oder 30 Millionen DM mehr brauchen und nicht Peanuts, wie es bisher ist. Ich glaube, darüber sind wir uns im Grunde mit der Sozialdemokratie einig. Kernpunkt ist nur, das bei der CDU auch klar zu machen.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Als Nächster hat das Wort der Abgeordnete Rohmeyer.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr Mützelburg, si tacuisses, philosophus mansisses, wir machen mit Latein weiter: Hättest du geschwiegen, wärest du weiter als Philosoph betrachtet worden! Sie haben leider nicht geschwiegen!

(Abg. E c k h o f f [CDU]: Das hätte ich nicht vermutet, auch vorher nicht!)

Ich darf Ihre Aufmerksamkeit auf die Sitzung der Bildungsdeputation vom Juli lenken! Da haben wir uns nämlich schon über die Lehrerausbildung in Bremen und sehr wohl über Nativespeaker unterhalten. Da haben wir auch über eine Verkürzung von Praxissemestern gesprochen und auch zum ersten Mal über die Verbeamtung, damals allerdings auch noch mit dem Kollegen Zachau.

Wir haben als CDU sehr wohl problematisiert, und es ist auch eine noch nicht entschiedene Frage, wenn ich das hier so sagen darf, wie wir zum Beispiel mit der Verbeamtung umgehen. Wir haben hier in Bremen natürlich die Absicht, den öffentlichen Dienst, die öffentliche Verwaltung schlanker zu machen. Wir haben auf der anderen Seite das Problem, dass die anderen Bundesländer Lehrer verbeamten. Wir haben hier Dreiviertelstellen gehabt, meine Damen und Herren, auf der anderen Seite eine volle Beamten

stelle. Was meinen Sie denn, für was sich ein junger Lehrer entscheidet? Im Zweifelsfall nimmt er die volle Beamtenstelle! Darum, Herr Mützelburg, müssen wir das eben nicht so hopplahopp einmal eben hier im Parlament entscheiden. Dafür haben wir den Prüfauftrag in der Deputation gegeben, und darum werden wir erst nächste Woche in der Deputation beraten und dann erst Entscheidungen treffen, und nicht einmal eben hier in so einem blinden Aktionismus, wie Sie es vorgeschlagen haben, ohne die Prüfergebnisse abzuwarten.

(Beifall bei der CDU)

Wir haben viele Punkte besprochen, die Sie angesprochen haben, Herr Mützelburg. Von daher war es falsch, dass Sie gesagt haben, wir hätten da ein, zwei Punkte vielleicht gesagt und uns ansonsten da herausgehalten! Dass Sie sich da mit der SPD einig sind, haben wir damals auch schon festgestellt, aber auch die SPD, Frau Hövelmann, konnte uns nicht genau darstellen, wie wir das denn alles bezahlen. Darum der Prüfauftrag, darum die Strukturen, vielleicht kann Herr Senator Lemke das gleich noch einmal sagen. Ich möchte nur ganz deutlich für unsere Fraktion hier erklären: Wir werden auch in Zukunft eine gute Unterrichtsversorgung für die Schülerinnen und Schüler in Bremen und Bremerhaven sicherstellen, und da werden wir alles auf den Prüfstand stellen, zur Not auch noch einmal alle Strukturen des bremischen Schulsystems. – Vielen Dank!

(Beifall bei der CDU)

Als Nächster hat das Wort der Abgeordnete Bürger.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich mache es für alle verständlich, ohne Latein, Frau Hammerström! Herr Mützelburg, es bedarf nicht Ihres Rates in unsere Richtung. Ich glaube, in der Bildungsdeputation haben wir oft genug bewiesen, dass wir bei bildungspolitischen Entscheidungen Weitblick gehabt haben, auch was Lehrereinstellungen angeht.

Ich möchte zu zwei Punkten, die Sie hier angeführt haben, Stellung nehmen! Das ist zum einen, wie Sie uns unterstellen wollen, dass wir uns für die Einstellung von Diplomanden ausgesprochen haben in Verbindung mit der Absenkung von Lehrergehältern.

(Abg. M ü t z e l b u r g [Bündnis 90/Die Grünen]: Das hat Herr Rohmeyer gesagt!)