Protokoll der Sitzung vom 16.11.2000

Meine Damen und Herren, bevor ich den nächsten Tagesordnungspunkt aufrufe, darf ich herzlich auf der Pressetribüne Herrn Henryk Wozniak, Vizedirektor der Abteilung für internationale Zusammenarbeit im Marschallamt der Woiwodschaft Pommern in Polen, begrüßen. Herzlich willkommen!

(Beifall)

Personalcontrolling Band III

Bericht über die Umsetzung des Landesgleichstellungsgesetzes

Mitteilung des Senats vom 25. Januar 2000 (Drucksache 15/180)

Wir verbinden hiermit:

Personalcontrolling Band III

Bericht über die Umsetzung des Landesgleichstellungsgesetzes

Bericht des Ausschusses für die Gleichberechtigung der Frau vom 17. Oktober 2000 (Drucksache 15/497)

Dazu als Vertreter des Senats Herr Staatsrat Dr. Dannemann.

Die Mitteilung des Senats, Drucksache 15/180, ist von der Bürgerschaft (Landtag) in ihrer Sitzung am 24. Februar 2000 an den Ausschuss für die Gleichberechtigung der Frau überwiesen worden. Dieser Ausschuss legt nunmehr mit der Drucksachen-Nummer 14/497 seinen Bericht dazu vor.

Die gemeinsame Beratung ist eröffnet.

Das Wort hat die Abgeordnete Frau Hoch.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wie eben schon gesagt wurde, überwies die Bürgerschaft in ihrer Sitzung vom 24. Februar 2000 den Bericht über die Umsetzung des Landesgleichstellungsgesetzes, Personalcontrolling Band III, an den ständigen Parlamentsausschuss für die Gleichberechtigung der Frau zur Beratung und zur Berichterstattung. Dieser Bericht liegt uns jetzt vor, und ich möchte die Gelegenheit nutzen, den jetzigen Sachstand in einen angemessenen Zusammenhang zu bringen, und zwar mit einem Blick in die Vergangenheit, aber auch mit einem Blick in die Zukunft. ––––––– *) Von der Rednerin nicht überprüft.

Vor fast genau zehn Jahren, meine Damen und Herren, nämlich am 29. November 1990, hat die Bürgerschaft das Landesgleichstellungsgesetz beschlossen. Dazu wurde ebenfalls festgehalten, dass der Senat jeweils im Abstand von zwei Jahren der Bürgerschaft über die Durchführung dieses Gesetzes Bericht erstattet. Dies ist nun das erste Mal durch den Senator für Finanzen geschehen, vorher wurde dies von der ZGF wahrgenommen. Zehn Jahre Gleichstellungsgesetz hier im Land Bremen, zehn Jahre ein sicherlich nicht einfacher Entwicklungsprozess, da müssen die Fragen erlaubt sein: Was hat sich in diesen zehn Jahren erfolgreich verändert? Welche Teilziele sind erreicht? Gibt es in der Praxis befriedigende Formen der Gleichstellung von Frauen und Männern? Bei der Beantwortung dieser Fragen haben wir alle nicht gerade Grund zum Jubeln. Im letzten Bericht ist zu lesen, dass der Anteil der Frauen, die im höheren Dienst beschäftigt sind, sich nur um 0,5 Prozent erhöht hat, und das auf dem Hintergrund, dass Frauen im höheren Dienst sowieso nur mit 32 Prozent beteiligt sind! Hier liegt ein wesentlicher Grund des Missstandes an der Nichtberücksichtigung von Frauen bei Beförderungen. Die einfache Formel gilt immer noch: Von Frauen wird mindestens das Gleiche verlangt wie von Männern, aber bei der Beförderung stehen Frauen ganz hinten an. Das muss sich in Zukunft schnellstens ändern, meine Damen und Herren!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen, bei der SPD und bei der CDU)

Die Zahl der jungen Frauen, die das Abitur ablegen und ein Studium absolvieren, ist steigend, darum ist es besonders bitter, wenn sie dann kaum Chancen für einen beruflichen Aufstieg haben, und das alles, obwohl Frauen prozentual weitaus mehr an Fortbildungen und Seminaren teilnehmen als Männer! Wie die Situation von Frauen im Wissenschaftsbereich aussieht, das wurde in der letzten Bürgerschaftssitzung sehr deutlich von dem Kollegen Herrn Dr. Käse benannt. Ich möchte mich noch herzlich dafür bedanken, dass er selbstverständlich auch die Frauensicht behandelt hat. Er hört mir gar nicht zu. Herr Dr. Käse, ich lobe Sie, dass Sie selbstverständlich ein Thema auch aus Frauensicht behandelt haben! Das ist für Sie, denke ich, inzwischen eine Selbstverständlichkeit. Vielleicht färbt das auch auf den Koalitionspartner ab. Herr Rohmeyer – nun ist er gar nicht da – hat vorhin selbst gesagt, das Lernen fällt der CDU ein bisschen schwer, oder sie lernt langsamer. Das hat er vorhin gesagt!

(Widerspruch bei der CDU)

Nein? Ich habe das so verstanden.

(Zuruf von der CDU)

Die Lernfähigkeit, gut!

Ich denke, verstaubte und verkrustete Strukturen sind nicht zukunftsfähig, besonders nicht für einen innovativen Wissenschaftsstandort. Es ist dringend an der Zeit, dass in den Köpfen die Veränderungsprozesse auch gewollt werden. Papiere sind geduldig, meine Damen und Herren! Hierbei müssen die Kollegen im öffentlichen Dienst die Vorreiterrolle auch annehmen. Das wird meiner Meinung nach noch nicht ausreichend gemacht.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD)

Nehmen wir hier zum Beispiel die prozentuale Erhöhung des Anteils von Jungakademikerinnen im öffentlichen Dienst! Ich sehe das nicht so positiv, wie der Finanzsenator es darstellt. Schaut man die Zahlen der Frauen an, meine Damen und Herren, dann sind es nur ganz wenige, die eingestellt werden, weil es insgesamt im öffentlichen Dienst nur wenige Neueinstellungen gibt. In diesem Zusammenhang möchte ich an dieser Stelle einen Wunsch äußern: Ich würde es begrüßen, wenn in Zukunft bei den Berichten über Personalveränderungen auch die Personenzahl angegeben würde, also zu den Prozentzahlen auch die absoluten Zahlen. Das erleichtert etliches, wirkt dann auch realitätsnäher, und wir brauchen nicht mehr so stark zu recherchieren.

Zurück zum öffentlichen Dienst und seinen Chancen für die Umsetzung der beruflichen Gleichstellung! Der Personalabbau ging bisher leider auch immer noch zu Lasten der Frauen. Hier wurden die Möglichkeiten verpasst, durch Umstrukturierung den Frauenanteil insgesamt zu verbessern. Personalpolitik sollte nicht, sondern muss langfristig ausgerichtet sein, sonst kommt es intervallmäßig immer wieder zu Problemen, die dann kurzfristig nicht zu beheben sind. Das Desaster haben wir in der letzten Debatte ja gerade beispielhaft im Bildungsbereich gehört. Eine ausgewogene Altersstruktur, gekoppelt mit geschlechtsspezifischen Gleichstellungen, bedeutet auch die optimale Nutzung von Wissen und Ressourcen. Die demographische Entwicklung von Beschäftigten ist doch im Vorfeld klar, von daher kann ich nicht verstehen, dass dann keine langfristige Planung möglich ist.

Doch die Weichen müssen jetzt und richtig gestellt werden. Das bedeutet aber auch, dass die Dienststellen endlich das Landesgleichstellungsgesetz als Selbstverständlichkeit betrachten, ja sogar als Hilfe für eine Zukunftsgestaltung! Daraus würde auch resultieren, dass Zeit- und Zielvorgaben endlich definiert werden müssten. Dann wären wir einen großen Schritt weiter, meine Damen und Herren!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Formale Gleichberechtigung und faktische Gleichstellung dürfen nicht noch Jahre auseinander klaf

fen. Nun kann es sein, dass der Herr Finanzsenator, der heute vertreten wird, oder andere, die diesen Bericht über die Umsetzung des Landesgleichstellungsgesetzes gelesen haben, mir entgegnen, es sei doch eine leichte positive Gesamtentwicklung des Frauenanteils im öffentlichen Dienst vorhanden. Darauf kann ich nur sagen: Ja, aber es ist noch viel zu wenig! Wenn wir genau hinsehen, dann stellen wir fest, dass diese leichte positive Gesamtentwicklung des Frauenanteils im öffentlichen Dienst durch die Verrentung von Männern entstanden ist, von frei werdenden Stellen in Rente gehender Männer und nicht aufgrund einer aktiven Ausgestaltung der bremischen Frauenförderung seitens der senatorischen Behörde, meine Damen und Herren. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Das Wort hat die Abgeordnete Frau Windler.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die Bürgerschaft überwies in ihrer Sitzung am 24. Februar 2000 den Bericht über die Umsetzung des Landesgleichstellungsgesetzes, Personalcontrolling Band III, an den ständigen Parlamentsausschuss für die Gleichberechtigung der Frau zur Beratung und Berichterstattung. Der Ausschuss hat den Bericht in zwei Sitzungen ausführlich beraten.

Wir als CDU-Fraktion begrüßen außerordentlich, dass der Senator für Finanzen über die gesetzlich erforderlichen Daten hinaus weitere Personalkennzahlen in den Umsetzungsbericht von 1997 eingearbeitet hat. Mit der Aufnahme der Berichterstattung zum Landesgleichstellungsgesetz in das Verfahren des Personalcontrollings wurde insgesamt eine bessere Übersicht über die Beschäftigungssituation der Frau im öffentlichen Dienst des Landes Bremen ermöglicht. Der Bericht zeigt auch, dass sich der Frauenanteil bei den Neueinstellungen leicht erhöht und eine wachsende Zahl von Dienststellen Frauenförderpläne erstellt hat. Die CDU-Fraktion bemängelt jedoch, dass nach wie vor eine große Anzahl der Dienststellen keine Frauenbeauftragte hat. Die Beteiligung der Frauenbeauftragten muss so selbstverständlich sein wie die Beteiligung des Personalrats.

Meine Damen und Herren, die CDU-Fraktion begrüßt die Aufnahme der Berichterstattung zum Landesgleichstellungsgesetz in das Personalcontrolling für den Kernbereich der öffentlichen Verwaltung und die Ankündigung, die Betriebe, die Sonderhaushalte sowie die Stadtgemeinde Bremerhaven und die sonstigen nicht bundesunmittelbaren Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts im Lande Bremen spätestens für das Jahr 2000 in die Berichterstattung einzubeziehen.

Wie ich bei der letzten Debatte im Februar dieses Jahres schon gesagt habe, hatte das Land Bremen einen Erwerbsbevölkerungsstand von 447 413 Menschen, davon 220 443 Frauen, das sind 49,3 Prozent im Alter zwischen 18 und 65 Jahren. Von 23 362 Beschäftigten im öffentlichen Dienst sind 11 856 Frauen, also 50,7 Prozent. In der gewerblichen Wirtschaft beträgt der Frauenanteil dagegen nur 43,7 Prozent. Ich glaube also, dass es sich gelohnt hat, dicke Bretter zu bohren. Jede Debatte, die zum Thema Landesgleichstellungsgesetz geführt wird, ist hilfreich.

(Beifall bei der CDU)

Die CDU-Fraktion begrüßt, dass der Anteil der weiblichen Führungskräfte kontinuierlich steigt.

(Beifall bei der CDU)

Frauen haben gleichwertige Hochschulabschlüsse und bewerben sich auch auf Führungspositionen. Meine Damen und Herren, wir dürfen uns aber nicht ausruhen. Wir haben unser Ziel noch nicht erreicht, aber wir sind auf dem richtigen Weg.

Zum Abschluss möchte ich noch bemerken, ich bin gespannt, ob wir wirklich in zehn Jahren einen Mann als Gleichstellungsbeauftragten haben. Es wäre zu begrüßen, denn dann wäre das Landesgleichstellungsgesetz umgesetzt. – Danke für Ihre Aufmerksamkeit!

(Beifall bei der CDU, bei der SPD und beim Bündnis 90/Die Grünen)

Die nächste Rednerin ist die Abgeordnete Frau Wulff.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Durch mein eigenes Verschulden sind wir in der Reihenfolge ein bisschen durcheinander geraten. Ich hätte eigentlich erst als Berichterstatterin des Ausschusses etwas sagen müssen. Ich versuche aber, in meinem Beitrag den Bericht des Ausschusses und die Meinung der SPD-Fraktion miteinander zu verbinden. Ich werde das dann in dem Beitrag jeweils kenntlich machen.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wir haben in der Landtagssitzung am 24. Februar 2000 den Bericht des Senats über die Umsetzung des Landesgleichstellungsgesetzes, abgekürzt LGG, zur Beratung und Berichterstattung an den ständigen Parlamentsausschuss für die Gleichberechtigung der Frau überwiesen. Für den Gleichstellungsausschuss, der den Bericht des Senats zum Personalcontrolling Band III sowie auch dessen Anlagen in zwei Sitzungen eingehend beraten hat, erstatte ich den folgenden Bericht.

Die Ausschussmitglieder haben die Aufnahme der Berichterstattung zum Landesgleichstellungsgesetz in das Personalcontrolling durch den Senator für Finanzen einhellig begrüßt. Dabei wurde insgesamt eine verbesserte Übersicht über die Beschäftigungssituation der Frau im öffentlichen Dienst des Landes Bremen ermöglicht, allerdings bezogen auf den Stand und die Entwicklung bis zum Jahr 1997, auf den sich das Datenmaterial bezog.

Die Mitglieder des parlamentarischen Gleichstellungsausschusses erwarten, dass künftig der aktuelle Datenbestand bei der jährlichen Berichterstattung zugrunde gelegt wird. Bisher war es nach dem Landesgleichstellungsgesetz gefordert, alle zwei Jahre einen Bericht zu erhalten, insofern wird es von allen Mitgliedern des Ausschusses begrüßt, dass wir durch die Aufnahme in das Personalcontrolling möglichst zeitnah und jährlich einen aktuellen Bericht erhalten.

(Beifall bei der CDU)

Danke schön, Herr Teiser, für den Beifall, die anderen dürfen auch klatschen! Dadurch kann der Abstand zwischen der Erhebung und der Erarbeitung des Datenmaterials und der Berichterstattung an das Parlament erheblich verkürzt werden. Das wird unsere Arbeit sicherlich auch erleichtern.

Der Ausschuss für die Gleichberechtigung der Frau teilt die in der Stellungnahme der ZGF zum Landesgleichstellungsbericht formulierte Einschätzung und Kritik in wesentlichen Punkten. So heißt es im Gesetz für die Gleichstellung von Frau und Mann im öffentlichen Dienst des Landes Bremen vom 20. November 1990, so lautet nämlich der vollständige Titel des Landesgleichstellungsgesetzes, dessen zehnjähriges Jubiläum wir ja in Kürze begehen: „Ziel dieses Gesetzes ist die Beschäftigung von Männern und Frauen zu gleichen Teilen.“ So heißt es in Paragraph 4 Absatz 5 des LGG, ich zitiere: „Eine Unterrepräsentation liegt vor, wenn in den einzelnen Lohn-, Vergütungs- und Besoldungsgruppen der jeweiligen Personalgruppe einer Dienststelle nicht mindestens zur Hälfte Frauen vertreten sind.“

Bei der Betrachtung der einzelnen Beschäftigungsebenen und Funktionsbereiche ist nach Auffassung der Mitglieder des Gleichstellungsausschusses eine anhaltende Benachteiligung von Frauen festzustellen. Ich hebe vier Punkte hervor.

Erstens: Von den Gesamtbeschäftigten sind bei den Frauen nur 11,2 Prozent im höheren Dienst beschäftigt. Die entsprechende Vergleichszahl bei den Männern beträgt 24,2 Prozent.