Protokoll der Sitzung vom 24.01.2001

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Sie sollen jetzt gleich eine Änderung des Haushaltsgesetzes beschließen, in dem die Kreditaufnahme für den Kapitaldienstfonds um 73 Millionen DM gegenüber dem Haushaltsgesetz erhöht wird. Der Senat hatte ja schon damals bei der Haushaltsaufstellung angekündigt, dass er keine ganz exakten Daten liefern könne und dass eventuell später Verschiebungen nötig seien. Gegen dieses Verfahren haben wir keine Einwände.

Wir werden dennoch dieser Änderung des Haushaltsgesetzes nicht zustimmen, aber nicht, das muss ich vorwegsagen, weil wir uns im Grundsatz gegen das Instrument einer Kreditfinanzierung aus dem Kapitaldienstfonds wenden, das heißt, dass Investitionen finanziert werden, die über viele Jahre, quasi nach dem Abschreibungszeitraum, abfinanziert werden und jährlich die Haushalte der einzelnen Ressorts in dem Umfang, wie da Zinsen entstehen, belasten. Wir halten das, wenn man eine betriebswirtschaftliche Haushaltsführung macht, durchaus für einen gangbaren Weg und auch für gut, dass dies im Haushalt auftaucht, das ist eben kein Schattenhaushalt.

Wir halten es auch für richtig, dass es dazu ein ausführliches Regelwerk gibt, über das die Fraktionen ja lange gestritten haben und das am Ende dazu geführt hat, dass eine sehr restriktive Regelung durchgesetzt wurde, die dann letztlich zu dem Ergebnis führte, dass der eigentliche Kapitaldienstfonds ––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.

nicht mehr in Anspruch genommen wird. Was Sie nämlich gleich beschließen, in der Vorlage steht 23 Millionen DM Finanzierung aus dem Kapitaldienstfonds 511 – so in etwa, ich habe das jetzt nicht mehr so genau im Kopf –, ist die Zahl für die so genannte Zwischenfinanzierung.

Jetzt bin ich auch schon bei dem Punkt, um den es geht. Ursprünglich hatten offensichtlich viele Ressorts gedacht, eine Kapitaldienstfinanzierung über lange Zeit ist eine Gelddruckmaschine. Nach einem harten Regelwerk, das nämlich die Ressorts auch mit den Folgekosten belastet, haben sie davon Abstand genommen. Danach ist das Instrument der Zwischenfinanzierung erfunden worden, die dazu dient, die Kapitaldienstfinanzierung zu sichern, die vor der letzten Wahl schnell in einer Mai-Sitzung beschlossen worden ist – das waren einmal roundabout 600 bis 700 Millionen DM, so genau konnte man das ja wegen der Zinsen damals nicht mehr feststellen –,

(Abg. Frau L i n n e r t [Bündnis 90/Die Grünen]: Wir haben es ja!)

die das Ressort Wirtschaft so hart belastet, dass alle möglichen jetzt nachträglich ins Gespräch gekommenen geplanten, überlegten Projekte von der Rennbahn, der Space-Park war damals schon bekannt, bis zum Ocean-Park und was alles jetzt in den nächsten Jahren vielleicht auf uns zukommt und wirtschaftlich fragwürdig oder vielleicht auch erfolgreich sein soll, nicht mehr finanziert werden können.

Deshalb muss jetzt für die nächsten Jahre eine Zwischenfinanzierung gemacht werden, damit dann ab 2004, 2005 oder 2006 oder wann auch immer das entweder über den Haushalt oder über andere Kapitaldienstformen abfinanziert wird. Das ist der Versuch, auch noch durch Gesetz und Beschluss dieser Bürgerschaft gedeckt, hier schon zu langfristigen Verschuldungen zu kommen. Auch das ist noch im Rahmen des Haushalts, auch das ist legal, weil Sie das hier mit Ihrer Mehrheit so beschlossen haben. Es weist aber darauf hin, dass man in den Engpässen, in denen sich der Bremer Haushalt aufgrund der Sanierungspolitik befindet, phantasiereich sein muss, um sich Finanzierungsinstrumente auszudenken, und das geht weiter!

Die Bremer Aufbau-Bank ist jetzt gerade gegründet worden, und niemand schließt bisher aus, dass darüber neue Schattenhaushalte existieren. Demnächst wird nach Roland Berger ein so genanntes Mieter-Vermieter-Modell eingeführt werden – wir haben in der letzten Bürgerschaftssitzung darüber diskutiert –, und auch das ist der Auftakt, um neue Kredite und Schulden zur Sanierung von maroden Gebäuden aufzunehmen, auch das ist ein Verfahren, das zusätzliche Zinsbelastungen für die Zukunft aufhäufen wird.

Der Phantasie sind keine Grenzen gesetzt, man kann in andere Bundesländer schauen, diese haben schon weitere Instrumente vorbereitet oder sie auch schon durchgeführt. Im Lande Bremen wird darüber nachgedacht, wie an Geld zu kommen ist, wenn der Haushalt es nicht hergibt. Da ist das, was wir jetzt hier heute mit den Kapitaldienstfinanzierungen machen, nur ein kleiner und noch der legalste Teil.

Wir sagen also, wir lehnen die Kapitaldienstfinanzierung nicht grundsätzlich ab, und wir könnten uns auch damit einverstanden erklären, wir haben ja auch in Einzelfällen sogar zugestimmt, das zu machen, aber Sie reden vom Konzern Bremen, Herr Senator Perschau ja regelmäßig. Wenn man das ernst nimmt, hat ein solcher Konzern auch eine Konzernbilanz, auf der auf der einen Seite die Verbindlichkeiten stehen und auf der anderen Seite das Vermögen steht. Ehe wir nicht eine solche umfangreiche Konzernbilanz haben, die tatsächlich offen legt, welche Verpflichtungen das Land Bremen und die Stadtgemeinde Bremen in der Zukunft haben werden, legal über den Haushalt, legal über den Kapitaldienstfonds und – auch legal, aber nicht mehr im Haushalt – über die vielen Zahlen von Schattenhaushalten, sind wir nicht bereit, dieser Art von Ermächtigungen, Geld zu drucken und Wechsel in die Zukunft auszuschreiben, die unsere nächsten Generationen, auch die nächsten Generationen von Parlamentariern, irgendwie einlösen müssen, zu unterstützen, meine Damen und Herren!

Man kann ein Haus nicht beliebig oft beleihen! Bevor wir nicht wissen, wie viel Beleihungen das Land Bremen, jetzt nicht Beleihungen im Sinne des Beleihungsgesetzes, sondern kreditmäßig, hier aufnimmt, solange das nicht geklärt ist, und das ist nicht geklärt, so lange ist es keine saubere Rechnung.

(Glocke)

Wenn Sie den Konzern Bremen machen wollen, dann legen Sie auch eine saubere Konzernbilanz vor, damit wir wissen können, wie viele Kredite wir bereitstellen können und wie viele Kredite das Land überfordern. Deshalb stimmen wir hier heute nicht zu.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Als Nächster hat das Wort der Abgeordnete Dr. Schrörs.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Mützelburg, ich kann verstehen, dass es der Opposition zunehmend schwerer fällt, die Finanzpolitik, die wir hier in Bremen als große Koalition betreiben, zu kritisieren. Wenn man Ihren Beitrag nimmt, dann stellt man fest, dass Sie von den sieben Minuten, die Sie

geredet haben, sechseinhalb Minuten alles das begrüßt haben, was die große Koalition macht.

(Beifall bei der CDU)

In der restlichen halben Minute haben Sie dann erklärt, was man möglicherweise mit Phantasie machen könnte. Mit den Kapitaldienstfonds und – das erkläre ich ausdrücklich – der Zwischenfinanzierung und dem zugrunde liegenden Regelwerk haben wir ein gutes Instrument zur Zukunftsbewältigung. Sie werden sich daran erinnern, dass Sozial- und Christdemokraten im Haushaltsausschuss sehr viel Wert darauf gelegt haben, dass der Senat seine Schularbeiten bezogen auf das ISP-Nachfolgeprogramm macht. Wir haben gemeinsam im Haushalts- und Finanzausschuss gesagt, dass es ohne ISP-Nachfolgeprogramm keine weitere Kapitaldienstfinanzierung beziehungsweise Zwischenfinanzierung geben wird.

Der Senat hat mittlerweile, nämlich im Dezember, das ISP-Nachfolgeprogramm beschlossen. Nur vielleicht noch einmal zur Erinnerung: Die große Koalition ist bereit, bis zum Jahr 2010 8,6 Milliarden DM für Investitionen auszugeben.

(Abg. Frau L i n n e r t [Bündnis 90/Die Grünen]: Dann regieren Sie doch gar nicht mehr!)

Warten Sie einmal ab! Wenn Sie so weitermachen, werden Sie niemals in die Regierung kommen, Frau Linnert.

(Beifall bei der CDU)

Da ist das ISP-Nachfolgeprogramm, da ist das Grund-WAP, da sind die Wissenschaftsfolgekosten. Dies alles – –.

(Zurufe vom Bündnis 90/Die Grünen – Abg. Frau H ö v e l m a n n [SPD]: Weiß das Herr Eckhoff auch?)

Mit der Politik wie bisher sicher nicht! Das ist völlig klar!

(Zurufe von der SPD – Abg. Frau L i n - n e r t [Bündnis 90/Die Grünen]: Deshalb müssen Sie das Geld jetzt schnell ausge- ben!)

Wir haben mit diesen 8,6 Milliarden DM die Möglichkeit, für Bremen das zu tun, was im investiven Bereich notwendig ist. Ich halte auch die Zwischenfinanzierung, wie sie auch in der Vergangenheit immer gemacht worden ist, für eine wesentliche Voraussetzung, um Zukunftsinvestitionen zu ermögli

chen. Diese Zwischenfinanzierungen laufen schließlich nicht, wie Sie, Herr Mützelburg, eben versuchten darzustellen, ohne Regelwerk, sondern es gibt auch für die Zwischenfinanzierungen ein klares Regelwerk, das wir im Haushalts- und Finanzausschuss beschlossen haben.

Insofern, meine Damen und Herren von den Grünen, wird es Sie sicherlich nicht verwundern, dass die große Koalition diesem Gesetz in erster und dann, wie verabredet, in zweiter Lesung zustimmen wird. – Danke schön!

(Beifall bei der CDU)

Als Nächster hat das Wort Herr Bürgermeister Perschau.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Senat folgt hier natürlich auch dem Wunsch der Deputationen und Ausschüsse, die ganz bestimmte Projekte beschließen.

Das Problem, Herr Mützelburg, ist ja nicht so sehr eine Frage der Phantasie, sondern das Problem besteht darin: Wenn wir Projekte schneller realisieren wollen, als sie im Finanzplan vorgesehen sind, dann muss man eine Zwischenfinanzierung oder eine Vorfinanzierung machen. Wenn wir immer mehr Projekte machen, weil viele Leute kreativ sind und Phantasie haben, Gott sei Dank, dann wird dies ohne Vorfinanzierungen nicht gehen, bis man eben die im Haushalts- und Finanzplan vorgesehenen Mittel zur Verfügung hat.

Herr Mützelburg, ich glaube auch nicht, dass das Problem bei der Konzernbilanz liegt, weil wir natürlich sehr viel Vermögen in der Stadt haben in Form von Straßen, Plätzen, Einrichtungen, Immobilien und so weiter, die man sehr wohl in eine Bilanz auch einstellen kann. Ich möchte eigentlich nicht so gern mit solch einer Bilanz von nicht beliebig beleihbarem und beliebig veräußerbarem Vermögen Begehrlichkeiten im Haus erzeugen, so dass dann viele meinen, man hätte eigentlich doch noch irgendeine Schatztruhe, in die man beliebig greifen kann. So ist es nicht. Insofern ist das Regelwerk für den Kapitaldienstfonds von zentraler Bedeutung. Es ist von genauso zentraler Bedeutung, dass wir dieses Regelwerk für die Zwischenfinanzierungen haben, denn nur dadurch entsteht für sie Transparenz.

(Abg. Frau L i n n e r t [Bündnis 90/Die Grünen]: Und für den Haushaltsgesetzge- ber kein Spielraum!)

Das stimmt nicht, denn im Grunde handelt es sich hier um Projekte, Frau Abgeordnete, die in den De––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.

putationen vorberaten sind. Da sitzen dann immer Teile des Gesetzgebers dabei, die dann nachher hier als Gesamtgesetzgeber mit beachtlicher Mehrheit die Beschlüsse fassen.

Es gab hier die Notwendigkeit der Anpassung der Kreditermächtigung, weil wir das im letzten Jahr nicht so hundertprozentig überblicken konnten, wie in diesem Jahr investiert wird. Deshalb müssen wir die Kreditermächtigung für das Jahr 2001 erhöhen. Wir haben damit jetzt auch zum ersten Mal die Möglichkeit, dies getrennt nach Zwischenfinanzierungen und Kapitaldienstfinanzierungen zu tun. Deshalb bedanke ich mich, wenn dies jetzt beschlossen wird.

Wir haben auch das ISP 2005 bis 2010 als einen Rahmenplan beschlossen, weil es wichtig ist, auch eine projektorientierte Grundlage für einen solchen Kapitaldienstfonds zu schaffen. Ich denke, dass auch dies mit einer großen Solidarität beschlossen worden ist. Von daher ist dies ein ganz notwendiger Schritt auf dem Weg zur Finanzierung der von uns überwiegend gemeinsam gewollten Projekte.

(Beifall bei der CDU)

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Die Beratung ist geschlossen.

Wir kommen zur Abstimmung.

Wer das Gesetz zur Änderung des Haushaltsgesetzes der Freien Hansestadt Bremen für das Haushaltsjahr 2001, Drucksache 15/572, in erster Lesung beschließen möchte, den bitte ich um das Handzeichen!

(Dafür SPD und CDU)

Ich bitte um die Gegenprobe!

(Dagegen Bündnis 90/Die Grünen)

Stimmenthaltungen?

(Abg. T i t t m a n n [DVU])