Protokoll der Sitzung vom 24.01.2001

Ich sehr wohl!

(Heiterkeit bei der CDU)

Bei rationalem Nachdenken kommt man auch zu dem Schluss, dass weiche Instrumente wie die Ökosteuer zur ökologischen Umsteuerung vernünftig sind.

Deswegen fordere ich Sie einfach auf, wir haben ja nächstes Mal noch einmal die Debatte, auf den Boden der Rationalität zurückzukommen und Ökologie nicht nur in Sonntagsreden einmal anzudenken, sondern auch zu versuchen, das im praktischen Handeln umzusetzen!

(Zuruf des Abg. F o c k e [CDU] – Abg. E c k h o f f [CDU]: Selbst da bekommen Sie ja nichts auf die Reihe! – Heiterkeit bei der CDU)

Gerade, wenn man so stark mit den Grünen liebäugelt, wird man an dem Punkt nicht vorbeikommen. – Vielen Dank!

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Als Nächster erhält das Wort der Abgeordnete Mützelburg.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Der Kollege Dr. Schrörs muss ja schon ziemliche Kapriolen hier machen. Es führt ja fast zum Salto mortale, was Sie eben in der Diskussion an Beiträgen gemacht haben, um die Kampagne gegen die Ökosteuer, die sich ja schon fast totgelaufen hat, hier wieder erneut zu beleben.

Sie müssen mit Ihren Kampagnen ein bisschen vorsichtiger sein!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD)

Gestern Plakate kleben, seit heute Mittag in den Papierkorb werfen, das sind Ihre gelungenen Kampagnen. Ich finde es ja gut, dass das Plakat zurückgezogen worden ist, das will ich ehrlich sagen. Es gibt noch ein paar Leute in Ihren Reihen, die Vernunft haben, und, Herr Dr. Schrörs, vielleicht gehören Sie demnächst auch wieder dazu!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD)

Wissen Sie, die Ökosteuerkampagne haben Sie ja im Grunde am Tag vor Silvester schon beerdigt, da haben Sie auch ein Plakat geklebt. Können Sie sich erinnern, wie das hieß? Noch einmal volllaufen lassen!

(Heiterkeit beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD)

Die CDU als Sprit-Partei im doppelten Sinn! Heute haben Sie das Gegenteil erzählt, heute wollten Sie für die Ökologie sein!

Vielleicht noch einmal ein paar Punkte, zu denen Sie hier gesprochen haben! Es geht heute eigentlich in Ihrer Anfrage nicht um die Ökosteuer, sondern darum, welche Belastungen aus den Kompensationsentscheidungen der Bundesregierung für die Länder entstehen. Danach haben Sie gefragt, darauf hat der Senat geantwortet. Er konnte natürlich nicht vollständig und ausreichend antworten, weil zu dem Zeitpunkt, als Sie die Frage gestellt haben, weil das ja in Ihre Kampagne passte, die Sie damals geplant haben, noch gar nicht klar war, was herauskam.

Herausgekommen ist die Entfernungspauschale, die die Länder belastet, und wenn ich Herrn Staatsrat Metz, bei dem ich mich vorhin noch einmal erkundigt habe, glauben kann, sind die tatsächlichen ––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.

Belastungen für Bremen maximal sieben Millionen DM. Da gilt erst recht das, was der Kollege Schuster gesagt hat: Im Rahmen der Solidarität, nicht nur im Rahmen der Solidarität der Länder und des Bundes, sondern insgesamt, wenn es darum geht, gemeinsame Anstrengungen zu unternehmen, temporäre Belastungen, die für bestimmte Gruppen aus der Ökosteuer entstehen können, abzufedern, so ist es ja vom Bundeskanzler gesagt worden, wir können uns über Details da gleich gern streiten, Herr Dr. Schrörs, da haben Sie ja nicht in allen Punkten Unrecht, das will ich ja gar nicht sagen, aber wenn es darum geht, so etwas gemeinsam zu tragen, dann ist es eine Sache zwischen Bund und Ländern gemeinsam. Deshalb haben ja im Bundesrat die meisten Länder, auch CDU-geführte Länder, dieser Entfernungspauschale zugestimmt. Das kann man doch nicht einfach vom Tisch wischen!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD)

Der Bremer Senat hat sich der Stimme enthalten, aber nicht deshalb, weil das Bremen so viel Geld kosten mag, sondern er hat sich der Stimme aus einem ganz anderen Grund enthalten, weil er die Konstruktion dieser Entfernungspauschale nicht für glücklich hält. In der Tat ist es so, dass es für die Stadtstaaten natürlich nachteilig ist, weil in der jetzigen Konstruktion diejenigen, egal, ob Autofahrer, Bahnfahrer – Radfahrer werden ja nicht 60, 70, 80 Kilometer weit fahren – belohnt werden, die weit weg von ihrem Arbeitsplatz wohnen, und bei den Stadtstaaten ist es eben so, dass die Grenzen enger gezogen sind als in einem Flächenland.

Das verstehen wir alle, und deshalb hat sich Hamburg genauso dagegen gewandt, wie sich Bremen dagegen gewandt hat, durch diese Verschärfung, durch diesen Effekt, dass größere Entfernungen sozusagen mehr belohnt werden. Das stimmt, und insofern haben wir, glaube ich, keine Meinungsverschiedenheiten. Wir sehen es alle so, dass die Stadtstaaten davon gewisse Nachteile haben.

Dass es eine Zersiedlungsprämie ist, ist allerdings albern, meine Damen und Herren. Die Entscheidung, wo ich meinen Wohnort habe, wo ich mein Haus baue, hängt nicht entscheidend davon ab, ob ich zehn, fünf oder 15 Pfennig mehr Kilometerpauschale bekomme. Da gibt es ganz andere Gesichtspunkte, die etwas mit Mietpreisen, mit Familienherkunft, mit Angeboten an Schule, an Kindergärten, an Freizeiteinrichtungen zu tun haben, sie haben etwas mit der Lebensqualität zu tun, die in Stadt und Land unter Umständen verschieden ist, mit Lärmbelästigung, Straßenverkehr, mit all diesem zu tun, um das sich die großen Städte kümmern müssen, wenn sie die Leute in ihren Reihen halten wollen.

Die Entfernungspauschale jetzt da zum Verursacher zu machen, ist ziemlich albern!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD)

Herr Dr. Schrörs, ich will noch auf zwei Punkte Ihrer Kapriolen eingehen, weil ich sie einfach nicht verstanden habe! Sie sind eigentlich gegen die Ökosteuer, dann sind Sie aber dafür, dass, wenn es eine Ökosteuer gibt, sie so angesetzt werden soll, dass Energie gespart wird, und schließlich soll dann die Ökosteuer aber eigentlich doch auch vollständig zur Herabsenkung der Rentenversicherungsbeiträge genutzt werden. Also, irgendwie müssen Sie auch einmal klarmachen, was Sie eigentlich wollen. Sagen Sie doch ehrlich, Sie wollen es nicht – –.

(Abg. D r. S c h r ö r s [CDU]: Abschaf- fen, die Ökosteuer!)

Ja, sagen Sie das doch so!

(Abg. D r. S c h r ö r s [CDU]: Das ha- be ich doch gesagt!)

Dann müssen Sie uns aber nicht ernsthaft vorrechnen, wofür wir sie eigentlich hätten benutzen sollen. Das entscheidet die Regierung schon selbst, wofür sie sie nutzt. Das sind dann wirklich ziemlich alberne Beiträge, und dazu will ich jetzt zwei Sachen sagen!

Erstens sagen Sie, der Staat bereichere sich an diesem ganzen Unternehmen Ökosteuer, und er wolle nur, dass sie möglichst hoch ist. Das ist ziemlicher Quatsch!

(Abg. D r. S c h r ö r s [CDU]: Das führt doch im Ergebnis dazu!)

Wenn wir uns ansehen: An den Mineralölpreisen, nehmen wir einmal das Beispiel, betrug im Dezember des Jahres 2000 der Staatsanteil insgesamt, einschließlich dessen, was in die Rentenversicherungsbeiträge geht, 70 Prozent. Im Januar 1997, ich glaube, da regierte rotgrün nicht, damals noch in Bonn, betrug der Staatsanteil an den Spritpreisen 81 Prozent. Da kann jeder rechnen, wer verdient: Verdient haben die Mineralölkonzerne in der Zwischenzeit daran, nicht der Staat. Nicht der Staat holt sich mehr Geld, sondern die Konzerne holen sich durch die Erhöhung der Preise mehr Geld, so schlicht und einfach ist das, Herr Kollege Schrörs!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD – Zurufe von der CDU)

Zweitens: Die Ökosteuer ist eine zusätzliche Belastung. Natürlich ist die Ökosteuer eine zusätzli

che, gewollte Belastung auf Energie. Wir wollen das, aber warum? Der Kollege Schuster hat das ja eben schon angedeutet: Wir wollen es, damit gezielt der Energieverbrauch sinkt, damit die Leute in ihren Wohnungen beim Strom, beim Verkehr, egal, ob beim Autofahren, ob bei der Eisenbahn oder der Straßenbahn, die Techniken nutzen, die möglichst energiesparend sind, die Fahrzeuge benutzen, die möglichst energiesparend sind und durch technische Lösungen besonders gefördert werden und sich besonders technischer Lösungen annehmen, die Energie sparen. Jeder kann der Ökosteuer entgehen, wenn er weniger Energie verbraucht. Das ist der Unterschied zu jeder anderen Steuerbelastung.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD – Zuruf des Abg. D r. S c h r ö r s [CDU])

Über die Spediteure will ich heute nicht noch einmal reden. Darüber haben wir beim letzten Mal geredet und waren uns eigentlich schon einig, was die wirklichen Belastungen der Spediteure sind, Herr Schuster hat darauf hingewiesen. Warum belasten wir die Straßenbahnen, warum belasten wir die Deutsche Bahn AG und alle Eisenbahnen? Deshalb, weil auch in den Verkehrsbetrieben bisher nicht unbedingt auf Stromeinsparungen geachtet worden ist, weil auch – –.

(Zuruf von der CDU: Was?)

Ja, natürlich, meine Damen und Herren! Sie wissen doch selbst, die Bahn AG macht große Anstrengungen, gerade wegen der Ökosteuer. Wenn Sie den ICE III ansehen, den neuen ICE, der jetzt seit wenigen Monaten fährt, gegenüber dem ICE I, dann ist die Stromeinsparung 18 Prozent gegenüber dem vorhergehenden. Das ist Geld, und das hat etwas mit der Ökosteuer zu tun.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen – Abg. K a s t e n d i e k [CDU]: Quatsch!)

Ja, Sie würden sagen, das hat etwas mit betriebswirtschaftlichen Gründen zu tun! Steuer hat immer etwas mit betriebswirtschaftlichen Gründen zu tun!

(Zuruf des Abg. K a s t e n d i e k [CDU])

Noch einmal, Herr Kollege Kastendiek: Alle Betriebe, alle öffentlichen Verkehrsunternehmen bemühen sich, Kosten zu sparen. Auch der Energiesektor ist ein kostentreibender Faktor, also versuchen sie, durch moderne Technologien Energie zu sparen. Die Ökosteuer ist ein zusätzliches Druckmittel, das voranzutreiben, damit die Letzten das auch begreifen, dass sich das lohnt.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD)

Deshalb finde ich auch die Ökosteuer in halber Höhe richtig, Herr Kollege Dr. Schrörs, es ist ja nicht vollständig, das ist ja schon eine Rücksichtnahme auf die Daseinsvorsorge, die diese Betriebe, öffentlichen Verkehrsunternehmen zu leisten haben, das ist ja schon eine Rücksichtnahme, und deshalb finde ich das auch richtig.

Im Übrigen ist es so: Sie wie Frau Linnert, wie Herr Böhrnsen, wir haben alle eine Chance, in unserem Privatleben die entstehenden Kosten durch die Ökosteuer zu minimieren. Es ist unsere Sache, das soll auch passieren, und deshalb ist nicht der Kernpunkt, dass die Einnahmen durch die Ökosteuern steigen, sondern das Interesse der Bundesregierung – und das hat sich auch durch viele andere gesetzliche Maßnahmen mittlerweile gezeigt – richtet sich darauf, dafür zu sorgen, dass der Energieverbrauch sinkt. Das ist leider nur ein kleiner Beitrag zur CO2Reduzierung, weil wir damit ja in Europa zwar nicht ganz allein stehen, aber es ist leider nicht umfassend in Europa und weltweit durchgesetzt. Wenn ich die Politikankündigung des neuen amerikanischen Präsidenten ansehe, dann wird mir da nicht grün vor Augen, sondern eher schwarz, wie die Politik bei dieser großen Weltmacht demnächst im Umweltbereich aussehen wird.

Wenn Sie, Herr Kollege Dr. Schrörs, die Ökosteuer kritisieren, wo wir uns über Details ja unterhalten können, dann erwarte ich auch von einer Regierungspartei in diesem Land oder in einer Oppositionspartei in Berlin, dass sie Vorschläge zur CO2-Reduzierung macht, die tatsächlich wirken, Vorschläge zur Energieeinsparung macht, die noch die Wirkung übertreffen, die die jetzige Bundesregierung vorhat, und es nicht auf europäische oder weltweite Absprachen verschiebt, wie Sie es in diesen Fragen immer tun. Wir haben es ja schon einmal anders gesagt: Wir müssen heute springen, um die Situation für unsere Kinder zu verbessern, und da gibt es keine Zeit abzuwarten.

Wenn Sie sagen, und da greife ich Herrn Schuster auf, in der Wirtschaftspolitik gibt es so viele Übereinstimmungen mit den Grünen, 90 Prozent, in der Bildungspolitik haben Sie die Position der Grünen weitgehend übernommen, da muss ich Ihnen sagen, in der Umweltpolitik, in der Ökologiepolitik sind Sie meilenweit hinter dem zurück, was die Zukunft unserer Kinder erfordert. Das ist das, was die Grünen und was die rotgrüne Bundesregierung in Berlin wenigstens angefangen haben zu tun.

Herr Schröder ist vielleicht nicht der Vorreiter der Umweltpolitik, aber er ist einer, der das entschieden mitträgt. Herr Schrörs, wenn Sie auch nur das Tempo von Herrn Schröder erreichen wollen, müssen Sie noch ganz schnell laufen lernen. Beerdigen Sie Ihre Kampagne, und gehen Sie auf den richtigen Weg!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD)