Protokoll der Sitzung vom 25.10.2001

Meine Damen und Herren, der Terrorismus ist kein militärisches Problem und kann auch nicht mit militärischen Mitteln gelöst und bekämpft werden, er hat politische, soziale und ökologische Ursachen, auf diese muss sich der Kampf gegen den Terror konzentrieren.

Meine Damen und Herren, anstatt deutsche Soldaten möglicherweise für New York in den Tod zu schicken, weil das Bestreben amerikanischer Politiker – diese Meinung wird übrigens auch in den USA von zahlreichen Politikern vertreten –, ihre eigene Version der Kriterien für Gut und Böse zum Maßstab für den Rest der Welt zu machen, kritiklos mitgetragen wird, wäre es nun die Pflicht der Bundesregierung, im nationalen Interesse dahingehend mitzuwirken, dass mehr Gerechtigkeit in der Weltpolitik durchgesetzt wird, denn das ist das beste Mittel gegen die Gewalt und den Terror weltweit und sonst nichts. Der Grundsatz Auge um Auge macht blind.

Jetzt können Sie Ihre Frage stellen!

(Glocke)

Das Kommando gebe ich schon, wenn hier Fragen gestellt und beantwortet werden! Ihre Redezeit ist jetzt abgelaufen, Herr Kollege.

Meine Redezeit schon, aber die im Parlament noch lange nicht. – Ich bedanke mich!

Als Nächster erhält das Wort der Abgeordnete Teiser.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Dieser Antrag kann für dieses Parlament sicherlich nicht Anlass sein, sich in eine Auseinandersetzung mit jemandem zu begeben, der uns hier in relativ wirrer Form einen Geschichtsabriss von Jalta bis New York gegeben hat, bei dem man teilweise nicht mehr ganz nachvollziehen konnte, ––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.

in welcher Zeitepoche er sich gerade befand und was er kommentieren wollte. Ich muss schon sagen, es bedarf auch einer weiten Auslegung der Geschäftsordnung, hier einen solchen Antrag überhaupt zuzulassen. Selbst wenn man formalrechtlich zu dem Ergebnis käme oder kommen muss, dass es noch zulässig ist, ist das, was in diesem Antrag sicherlich nicht behauptet wird, aber in versteckter Unterstellung vorhanden ist, eine Unverschämtheit und Maßlosigkeit, und das sage ich hier auch als CDU-Abgeordneter, gegen die jetzige Bundesregierung, die amerikanische Regierung und andere Beteiligte.

(Beifall bei der CDU, bei der SPD und beim Bündnis 90/Die Grünen)

Die versteckte Behauptung, die Amerikaner würden Kriegsverbrechen planen und diese würden dann von der Bundesregierung gedeckt, Massenvernichtungen würden eingesetzt werden und somit Millionen von Toten in Kauf genommen, lieber Herr Tittmann, das alles ist nicht Tatsache und entspricht nicht dem Verlauf dessen, was wir in den letzten Wochen zur Kenntnis nehmen mussten. Selbst wenn Sie hier mehrfach die Opfer in den Vereinigten Staaten bedauern, sage ich Ihnen, klingt das nicht nur halbherzig, ich nehme Ihnen das auch nicht ganz ab, weil Sie das immer nur zum Einstieg dafür nehmen, um anschließend genau das zu tun, was Sie selbst als Begriff aufgegriffen haben, indem Sie nämlich den Begriff Hass mehrfach benutzt haben.

(Beifall bei der CDU, bei der SPD und beim Bündnis 90/Die Grünen)

Terrorismus begründet sich immer auch auf Hass, und zwar auf Hass auf Einzelne, Gruppen, Systeme und Glaubensgemeinschaften. Das, was Sie mit der Formulierung eines solchen Antrages machen – und ich will nicht einmal so weit gehen zu behaupten, dass Ihnen das eigentlich wirklich bewusst ist –, ist auch eine Form des Hassschürens, das Sie hier betreiben, indem Sie Hass gegen politisch Verantwortliche in Deutschland und den Vereinigten Staaten schüren durch Ihre Unterstellungen, dass sie beabsichtigen und in Kauf nehmen würden, Kriegsverbrechen und Massenvernichtung durchzuführen. Ich kann und muss das hoffentlich nicht nur im Namen unserer Fraktion, sondern im Namen dieses Hauses und auch im Namen der politisch Verantwortlichen in der Bundesrepublik Deutschland und in den USA strikt zurückweisen.

(Beifall bei der CDU, bei der SPD und beim Bündnis 90/Die Grünen)

Als Nächster erhält das Wort der Abgeordnete Tittmann.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr Teiser, eigentlich habe ich von Ihnen auch nichts anderes erwartet. Wenn es auch kaum Sinn macht, von den verantwortlichen Politikern Verantwortungsbewusstsein im Sinne der Wahrnehmung deutscher Interessen zu fordern, für die Deutsche Volksunion ist jedenfalls klar, dass nicht Gewalt, sondern nur Gerechtigkeit zum Frieden führt. Das lehrt uns schon die Geschichte, von der aber viele von Ihnen offenbar keine Ahnung haben.

Meine Damen und Herren, ich kann nur bekräftigen, was in der „Nationalzeitung“, dessen Herausgeber Herr Dr. Frey ist,

(Zurufe von der CDU: Ah!)

jüngst zu lesen war, Herr Präsident, ich darf zitieren: „Man will nicht glauben, was sich in der Bundesrepublik Deutschland gegenwärtig abspielt. Politiker wollen uns in Bombenstimmung bringen. Der gute und politisch korrekte Bundesbürger dieser Tage kann sein Lichterkettenkerzlein getrost entsorgen und den Aufstand der so genannten Anständigen abhaken.“ Hinzufügen möchte ich noch diesbezüglich: Seien Sie bei Ihrer verfehlten Politik bloß froh, dass bis jetzt noch kein wirklicher Aufstand der wirklichen Anständigen stattgefunden hat! Darüber können Sie bloß froh sein.

Weiter heißt es in der „Nationalzeitung“: „Jetzt ist der Kampf gegen den Terror angesagt. Wir, also die Guten, an der Seite des Besseren aus Amerika! Wer jetzt nicht bei jeder eingeschlagenen US-Bombe jubelt, der gilt bereits als merkwürdiger Zeitgenosse. Jeder zweite Deutsche soll schon auf den neuen Kriegskurs eingetrimmt sein, behaupten Meinungsinstitute, um den Rest wollen sich Schröder und Fischer jetzt auch noch kümmern.“

Meine Damen und Herren, wir von der Deutschen Volksunion machen die Kriegsbegeisterung der Parteien nicht mit. Wir wehren uns entschlossen gegen eine vasallenhafte Unterwürfigkeit nach dem Motto: George W. Bush befiehl, wir folgen dir, wenn es sein muss, auch bis in den Tod!

Meine Damen und Herren, der Beitrag des SPDKanzlers Schröder zur Bewältigung des Terrors beschränkt sich auf die gebetsmühlartige Versicherung der uneingeschränkten Solidarität mit den USA. Nach der weitergehenden Übertragung deutscher Souveränität an die Brüsseler EU-Bürokratie hat der Bundeskanzler damit den Rest deutscher Entscheidungsfreiheit auch noch aus der Hand gegeben, so dass man sich fragen muss, zu was er und seine rotgrüne Regierung denn überhaupt noch notwendig sind. Angesichts des kriegspropagandistischen Kurses zugunsten der USA kann man nur sagen: armes Deutschland!

Eines noch! Herr Teiser, nicht jeder, der in der jetzigen Zeit gegen Krieg und Terror ist und diesen amerikanischen Kriegsaktionen nicht entzückt zustimmt und Hurra schreit, ist automatisch auch gleichzeitig ein Terrorist.

Ein deutliches Wort noch zu Bündnis 90/Die Grünen! Meine Damen und Herren, es gibt keinen humanitären Krieg. Es wird auch in Zukunft keinen humanitären Krieg geben, denn ein Krieg ist niemals humanitär. Ihre grüne Basis hat das anscheinend ja begriffen, nur Ihre politisch Verantwortlichen haben das aus einem reinen politischen Selbsterhaltungstrieb immer noch nicht begriffen, denn eines ist doch klar: Wenn mit Tausenden von Bomben flächendeckend jetzt schon wochenlang die Bevölkerung Afghanistans bombardiert wird, so liegt doch klar auf der Hand, dass dabei Tausende unschuldiger Menschen, Frauen und Kinder, ermordet werden, die selbst jahrelang unter dem Taliban-Regime unendlich gelitten haben.

Meine Damen und Herren vom Bündnis 90/Die Grünen, wenn Sie das einen humanitären Krieg nennen, wie er ja oft von den verantwortlichen Politikern vom Bündnis 90/Die Grünen bezeichnet wurde, dann bin ich wirklich froh, dass ich kein Mitglied vom Bündnis 90/Die Grünen bin!

(Abg. Frau L i n n e r t [Bündnis 90/Die Grünen]: Wir auch! Das beruht auf Gegen- seitigkeit!)

Meine Damen und Herren, weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Die Beratung ist geschlossen.

Wir kommen zur Abstimmung.

Wer dem Antrag des Abgeordneten Tittmann, DVU, mit der Drucksachen-Nummer 15/851 seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen!

(Dafür Abg. T i t t m a n n [DVU])

Ich bitte um die Gegenprobe!

(Dagegen SPD, CDU und Bündnis 90/Die Grünen)

Stimmenthaltungen?

Ich stelle fest, die Bürgerschaft (Landtag) lehnt den Antrag ab.

Meine Damen und Herren, wir sind am Ende der Tagesordnung.

Ich schließe die 46. Sitzung der Bremischen Bürgerschaft (Landtag) und wünsche Ihnen noch einen arbeitsreichen Tag.

(Schluss der Sitzung 13.29 Uhr)