Herr Präsident, meine Damen und Herren! Frau Hoch, ich kann ja verstehen, dass langsam der Wahlkampf eingeläutet ist, Ihre Rolle als Oppositionspartei nehmen Sie natürlich zu Recht wahr, so dass Sie hier heute recht kräftig ein bisschen auf den Putz hauen.
(Abg. Frau L i n n e r t [Bündnis 90/Die Grünen]: Wenn es nach uns gegangen wä- re, hätten wir das Thema längst erledigt! Wir haben das nicht in den Wahlkampf ge- zogen!)
Ich hätte es auch schon gern rechtzeitig abgearbeitet, aber es nützt ja nichts, wir können die schönsten Beschlüsse im Gleichstellungsausschuss fassen, die ja auch einstimmig gelaufen sind, wenn wir hier im Parlament dafür keine Mehrheit bekommen, darum müssen wir Überzeugungsarbeit leisten.
(Abg. Frau L i n n e r t [Bündnis 90/Die Grünen]: Und brave Mädchen kommen in den Himmel, böse aber nicht!)
Ich weiß nicht, ob das der richtige Stil war, um die Kollegen und Kolleginnen aller Fraktionen von der
Frau Hoch, es ist auch nicht ganz richtig, dass wir im Ausschuss einstimmig eine unabhängige Fachberatungsstelle gefordert haben, dass wir Ihren Antrag also einstimmig unterstützt hätten, ganz so war es ja nicht! Wir haben uns intensiv mit den Bedarfen befasst, wir haben die Vertreterin der Evangelischen Frauenhilfe gehört, wir haben das Amt für Soziale Dienste gehört, die uns auch gesagt haben, dass sie wohl die Koordinierung der Hilfsangebote machen können, aber auch sich überfordert sehen, jetzt Opfer einzeln persönlich zu begleiten und zu betreuen. Da hat sicher eine unabhängige Fachberatungsstelle auch den Vorteil, dass man nicht diese Schwellenangst hat und Dinge nicht aktenkundig werden, sondern man kann dann ein niedrigschwelliges Angebot wahrnehmen. Das ist schon richtig. Der Bedarf wird zwar von uns allen vermutet, aber er erweist sich ja jetzt ganz konkret, denn die Kirche hat ja ein erstes Beratungsangebot eingerichtet. Die Diakonie macht mit wenigen Stunden zwar erst einmal nur – –.
Die Kirche macht das Angebot jetzt erst einmal, und wir können das nun gut beobachten, wie viele Frauen dieses Angebot wahrnehmen. Es wird dann auch öffentlich bekannt. Der Innensenator hat bereits in der Debatte im August versprochen, die wir zu dem Thema in der Bürgerschaft hatten – er war gerade neu gewählt, und er hat zu diesem Bericht Stellung genommen –, dass er eine ergebnisorientierte Steuerungsgruppe, das zitiere ich jetzt, beim Landeskriminalamt einrichten möchte, die sich nur mit Frauenhandel befasst. Er hat auch versprochen hinsichtlich der schnellen Abschöpfung der durch diese Straftaten erwirtschafteten kriminellen Gewinne, Zitat, „eine Intensivierung bei der Bremer Polizei durchzuführen“.
Das heißt also konkret mehr Beamte, die in diesem Bereich tätig werden. Wir konnten auch nachvollziehen, dass das zuständige Fachkommissariat ja gleichzeitig zum Beispiel die Arbeit der Sonderkommission Adelina zu leisten hatte, also Fälle von Kindern, die Opfer von Verbrechen geworden sind, dass da eben auch dieselben Beamten ermitteln mussten, weil das eben auch eine wichtige Aufgabe ist. Insofern kann man das zwar nachvollziehen, dass diese Beamten nicht alles geschafft haben, aber es wird nun wirklich Zeit, dass dieses Kommissariat verstärkt wird und dass diese Ermittlungen beginnen.
Sie haben angekündigt, wenn ich das der Presse richtig entnommen habe, Herr Dr. Böse, dass das jetzt auch geschehen ist und dass ab April mit verstärkten Ermittlungen zu rechnen ist, und auf Dauer wird
sich dann ja auch eine Gewinnabschöpfung ergeben. Wie schnell Geld zusammenkommt, das kann sicherlich heute keiner von uns beurteilen.
Nun ist es eine richtige Forderung, die ja auch der Gleichstellungsausschuss aufgestellt hat, dass es bei diesem Geld, das durch die Gewinnabschöpfung vereinnahmt wird, gut wäre für die Parlamentarier, Transparenz herzustellen in einer Haushaltsstelle, um zu sehen, wie viel Geld eigentlich hereinkommt. Dann muss natürlich das Parlament im Rahmen seiner Aufgabe als Haushaltsgesetzgeber über die Verwendung dieser Gelder entscheiden.
Ich weiß, dass ich mit dem Kollegen Isola darüber auch eine Debatte hatte. Die Kollegen im Rechtsausschuss haben gesagt, das sei eigentlich Geld des Justizressorts. Das seien Gerichtsgebühren und die Geldstrafen, die vereinnahmt würden, und sie möchten natürlich auch erst einmal Staatsanwälte haben, die auch auf diesem Feld ermitteln und da verschärft aktiv werden. Das ist ja auch eine berechtigte Forderung ebenso wie die Verstärkung bei der Polizei. Ich meine, wenn es jetzt wirklich klappt mit der Gewinnabschöpfung, wenn Gelder hereinkommen, dann könnten doch Millionenbeträge sogar zusammenkommen, und dann müsste zumindest ein Teil für die Betreuung der Opfer dabei übrig sein. Ich finde, das ist doch das Allermindeste.
Insofern, Frau Hoch, ist der Antrag der Koalition so weit nun auch nicht entfernt, wie Sie das dargestellt haben, von dem, was wir im Ausschuss diskutiert haben. Ich meine, worauf es uns doch auch im Gleichstellungsausschuss angekommen ist, ist eine fachkompetente Beratung für die Frauen. Es ging doch nicht in erster Linie um die Schaffung einer Infrastruktur, ein riesiges Büro einzurichten mit viel Personal, sondern es ging doch darum, die vorhandenen Kräfte auch zu bündeln für das, was ein Amt nicht schaffen kann, sondern was eine unabhängige Anlaufstelle leistet, an die sich die Opfer wenden können und nicht von Pontius zu Pilatus geschickt werden, sondern auch wirklich kompetent beraten werden auf einem schwierigen Feld, wo ja auch verschiedene Rechtsgebiete angesprochen sind, strafrechtliche Sachen, aufenthaltsrechtliche Fragen bei vielen Ausländerinnen, die keinen Status hier haben.
Das sind ja alles komplizierte Dinge, einige Frauen sind sogar in Abschiebehaft, die da betreut werden müssen. Das ist sehr kompliziert, und da kommt es auf kompetente Leute an, die die Beratung machen, nicht aber, dass ein riesiges Büro eingerichtet wird. Insofern ist es auch nicht ganz korrekt, wenn Sie sagen, der Ausschuss habe eine Beratungsstelle beschlossen, sondern er hat gesagt, es müsse eine kompetente Beratung vorhanden sein. Wie das dann organisiert ist, ist noch ein weiterer Schritt.
Ich möchte aber auch noch einmal auf die CDUFraktion zu sprechen kommen, die mich doch in dieser ganzen Auseinandersetzung über Monate irritiert hat, denn ich hatte ja schon Senator Böse aus der Debatte im August zitiert, was er ankündigt hat: Ich stehe voll hinter den Zielen. Außerdem weise ich noch einmal darauf hin, dass im Deutschen Bundestag ja auch eine Debatte zu diesem Thema stattgefunden hat im Dezember 2001 anlässlich des Internationalen Tages der Menschenrechte. Dort hat der Bundestag einstimmig, also auch mit den Stimmen der CDU-Fraktion, den Vorschlag der Arbeitsgruppe Frauenhandel, die die Bundesministerien eingerichtet haben, unterstützt, dass die Bundesländer darin bestärkt werden sollen, ich zitiere, „einen Teil der abgeschöpften Vermögenswerte für die kostendeckende Betreuung und Unterstützung der Opfer von Menschenhandel bereitzustellen“.
Ich habe auch die Reden der CDU-Fraktion dazu nachgelesen. Das fand ich alles sehr beeindruckend. Darum hat mich umso mehr verwundert, wie halsstarrig doch einige Kollegen hier in Bremen in der CDU-Fraktion insbesondere mit unserem Antrag auf Einrichtung einer Haushaltsstelle, den wir im Haushaltsausschuss vorgelegt haben, umgegangen sind. Er ist dort ja abgelehnt worden.
Der Flurfunk der Bürgerschaft hat uns ja auch übermittelt, dass es wohl auch sehr lautstarke Debatten zu diesem Thema in der CDU-Fraktion gegeben hat und es auch für meine Kollegin Frau Windler wohl nicht so ganz einfach war, die Position, die sie auch im Ausschuss mit ihren Kolleginnen vertreten hat, dann in der CDU-Fraktion irgendwie mehrheitsfähig zu machen. Deswegen freue ich mich, dass es heute beziehungsweise letzte Woche gelungen ist, einen Koalitionsantrag mit den nötigen Unterschriften der Fraktionsvorsitzenden zustande zu bringen.
Ich sage Ihnen, ich habe auch als Ausschussvorsitzende damit ein Junktim verbunden. Ich habe gesagt, der Forderung der CDU, den Antrag des Parlamentsausschusses hier zurückzuziehen, komme ich nur nach, wenn wir einen Beschlussvorschlag haben. Ich kann doch nicht einen Antrag zurückziehen, und damit ist hier in der Debatte alles verpufft, ich habe gar keinen Beschlussvorschlag, das Parlament beschließt nichts. Dann wären wir genauso weit wie vorher. Darum war mir sehr wichtig, dass ein Beschlussvorschlag der Koalition zustande kommt,
und erst als dieser mit den nötigen Unterschriften vorlag, war ich bereit, in einer Ausschusssitzung dann unseren Antrag zurückzuziehen.
Das ändert aber nichts an der inhaltlichen Position, die ich nach wie vor immer noch für richtig halte, aber gute Dinge brauchen halt manchmal etwas länger. – Danke schön!
Meine Damen und Herren, bevor ich dem nächsten Redner das Wort erteile, begrüße ich auf dem Besucherrang ganz herzlich Mitglieder des SPD-Ortsvereins Weidedamm. – Herzlich willkommen!
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Nach Erkenntnissen der Europäischen Union wird jährlich etwa eine halbe Million Frauen aus Osteuropa, Asien und Lateinamerika zur Zwangsprostitution nach Westeuropa geschleust. Die Bundesrepublik Deutschland ist dabei eines der Länder, das mit am meisten betroffen ist. In der Bundesrepublik agieren neben deutschen Täterbanden verstärkt auch hierarchisch und flexibel organisierte ausländische Zuhältergruppen, die sich durch hohe Gewaltbereitschaft auszeichnen und schnelle Gewinne anstreben. Frauenhandel ist ein wesentlicher Teil des organisierten Verbrechens, das aufgrund seiner Tragweite verstärkte internationale Zusammenarbeit erfordert.
Der Menschenhandel mit Frauen weist unterschiedliche Erscheinungsformen auf. Er ist besonders durch Gewalt, Zwang, Täuschung, Missbrauch, Erpressung, Abhängigkeit, Freiheitsentzug, wenig oder keine Bezahlung und Gewaltandrohung gekennzeichnet. Hier wird eindeutig sichtbar, dass es sich um eine Verletzung der Würde der Frauen sowie der Menschenrechte handelt, die in Deutschland nicht geduldet werden darf.
Frauenhandel ist ein Milliardengeschäft, das einträglicher ist als der Handel mit Drogen. Allein in Deutschland wird der Jahresumsatz auf 50 Milliarden DM geschätzt, jetzt 25 Milliarden Euro. Hinzu kommt, dass der Handel mit Frauen nur mit einem geringen Risiko behaftet ist und oft nur geringe Stra––––––– *) Von der Rednerin nicht überprüft.
fen verhängt werden. Die hohe Dunkelziffer und die geringe Aussagebereitschaft der Opfer wirken erschwerend für die Aufdeckung und demzufolge auch für die Bestrafung von Menschenhandel. Es ist nicht hinnehmbar, dass Frauen wie Sklaven behandelt werden!
Meine Damen und Herren, die CDU-Fraktion ist der Auffassung, dass wir gegen Menschenhändler mit aller Härte vorgehen müssen. Wer Frauen zur Prostitution zwingt, verschleppt und bedroht, muss mit empfindlichen Freiheitsstrafen rechnen.
Die CDU-Fraktion vertritt die Meinung, dass alle Zuhälter, die rechtskräftig verurteilt sind, in ihre Heimatländer abgeschoben werden müssen.
Die Haftverbüßung muss in den Heimatländern erfolgen. Die Haftkosten können und wollen wir nicht tragen.
Meine Damen und Herren, Zwangsprostitution und Menschenhandel kosten uns in Bremen viel Geld, das gebraucht wird, um Bremens Polizeibeamte einzustellen, um Menschenhändler und Zuhälter dingfest zu machen und Beweise zu sichern, Geld, um diese Leute rechtskräftig zu verurteilen, Geld, um die Frauen zu betreuen und in ihre Heimatländer zurückzuführen, Geld, um die Frauen zu schützen. Das Problem dabei ist, dass die Frauen vielfach traumatisiert sind. Deshalb brauchen wir eine unabhängige Beratungsstelle. Es muss sichergestellt werden, dass die Frauen auch psychosozial betreut werden.
Wir als CDU-Fraktion begrüßen, dass es zwei Einrichtungen gibt, die im Moment die Beratung der Zwangsprostituierten übernehmen. Es ist zum einen die Beratungsstelle von Nitribitt, wo seit dem 1. November 2001 eine Diplomsozialpädagogin mit 30 Wochenstunden befristet bis zum 31. Oktober 2002 eingestellt ist. Der Verein Nitribitt wird im Herbst 15 Jahre alt und befasst sich seit seiner Gründung auch mit den Themen Frauenhandel und Zwangsprostitution. Ein Beratungs- und Hilfsangebot dazu konnte allerdings aus finanziellen Gründen nie realisiert werden. Im Moment wird die Stelle von der Bremer Arbeit GmbH mit einer BSHG-19-Stelle bezahlt. Wir als CDU-Fraktion meinen, das geht so nicht. Wir wollen eine unabhängige gesicherte Beratungsstelle.
ner Beratungsstelle für Zwangsprostituierte in Bremen gemacht. Für das auf ein Jahr befristete Projekt in privater Trägerschaft hat die Bremische Evangelische Kirche 5000 Euro bereitgestellt. Weitere 3000 Euro sollen über Spenden gesammelt werden. Auch hier, bei der Evangelischen Kirche, berät eine Mitarbeiterin der Inneren Mission die betroffenen ratsuchenden Frauen wöchentlich fünf bis sechs Stunden. All diese Hilfen gehen sicher nicht ohne eine finanzielle Mithilfe aus den zuständigen Ressorts. Auch sollte man über die Finanzierung durch Wettmittel nachdenken. Deshalb möchten wir den Senat bitten, einen entsprechenden Finanzierungsvorschlag zu entwickeln.